Das Haus des Wissens

Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vom gegenüberliegenden Spreeufer aus gesehen (© DBT/Simone M. Neumann)
Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus knüpft auf der anderen Seite der Spree an das Paul-Löbe-Haus an. Der von Architekt Stephan Braunfels entworfene und im Jahr 2003 eingeweihte Parlamentsneubau zählt zum sogenannten „Band des Bundes“, zu dem auch das Paul-Löbe-Haus und das Kanzleramt gehören.
Diese Gebäude verbinden als Linie über die Spree hinweg die beiden früher durch die Mauer getrennten Teile der Hauptstadt. Der Spreeplatz am westlichen Ufer, auf der Seite des Paul-Löbe-Hauses, der über eine lange, leicht geschwungene Treppe zur Spree hinunterführt, korrespondiert auf der Seite des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses mit einer sich nach oben weitenden Freitreppe.
Das Parlamentarische Gedächtnis
Das 23 Meter hohe Gebäude wird auch „Haus des Wissens“ genannt. Der Parlamentsneubau beherbergt das parlamentarische Gedächtnis und ist zugleich wissenschaftliches Dienstleistungszentrum für die Abgeordneten. Die Parlamentsbibliothek, die Pressedokumentation, das Parlamentsarchiv sowie die Parlamentsdokumentation finden dort Raum unter einem Dach.
Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus befinden sich außerdem die Postdienste, die Reisestelle und der Fahrdienst des Bundestages. Es gibt 600 Büros, Besprechungsräume sowie einen großen Anhörungssaal, der vor allem der Ausschussarbeit dient. Von hier aus geht der Blick über die Spree auf das Paul-Löbe-Haus und auf das Reichstagsgebäude. Unter dem 290 Quadratmeter großen Raum liegt die sogenannte Bramante-Treppe.
Haupthalle und Bibliotheksrotunde
Das Innere des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ist geprägt vom Licht, das durch die Kassettendecke in das Gebäude fährt und die klaren Formen der Haupthalle immer wieder zu verändern scheint. Man kann die rechteckige Halle auf einer umlaufenden Galerie von allen Seiten betrachten. Das Herzstück des Hauses ist die Bibliotheksrotunde am westlichen Ende der Halle.
Unter der Informations- und Beratungsebene des Rundbaus, durch dessen zwei große Fensterfronten der Blick über die Spree zum Reichstagsgebäude geht, ist ein Stück der Berliner Mauer erhalten. Das Teilstück folgt ihrem einstigen Verlauf und verweist somit auf die Geschichte des Ortes. Über der Gedenkstätte sind fünf Ebenen und zwei Lesesäle angeordnet. Aus den Tiefen des Hauses kommen über ein ausgeklügeltes Transportsystem die gewünschten Bücher aus den Magazinen.
Marie-Elisabeth Lüders (1878 bis 1966)
Marie-Elisabeth Lüders wurde am 25. Juni 1878 in Berlin geboren. Sie studierte Nationalökonomie an der Universität Berlin, wo sie 1912 als erste Frau in Deutschland zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Bereits 1909 gründete Lüders den „Verband für handwerksmäßige und fachgewerbliche Ausbildung der Frau“ und übte von 1912 bis 1918 mehrere leitende Funktionen in der Sozial- und Frauenarbeit aus.

Die liberale Politikerin Marie-Elisabeth Lüders gehörte zu den bedeutendsten Sozialpolitikerinnen und wichtigsten Vertreterinnen der Frauenbewegung in Deutschland. (© Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Rolf Unterberg)
Für die Deutsche Demokratische Partei war sie Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung. In den Jahren 1920/21 und von 1924 bis 1930 war Lüders Mitglied des Reichstages, wo sie für die Gleichberechtigung der Frau kämpfte und für eine Verbesserung der Situation der Arbeitslosen, für den Kinder- und den Jugendschutz und eine Reform des Strafrechts eintrat.
1933 belegten die Nationalsozialisten Marie-Elisabeth Lüders mit einem Berufs- und Publikationsverbot. 1937 kam sie für vier Monate in Einzelhaft, aus der sie nach Protesten von internationalen Frauenorganisationen freikam. Nach dem Krieg wurde sie wieder politisch aktiv und gehörte von 1953 bis 1961 dem Deutschen Bundestag an, dessen konstituierende Sitzungen sie als Alterspräsidentin eröffnete.