Generalaussprache: Heftige Kontroverse zwischen Alice Weidel und Kanzler Merz
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alice Weidel hat die Generalaussprache zum Entwurf des Bundeshaushalts 2025 (21/500) am Mittwoch, 9. Juli 2025, mit ungewöhnlich heftigen Angriffen gegen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eröffnet. Merz befinde sich auf Realitätsflucht durch die Hauptstädte und Gipfel dieser Welt. Derweil sei Deutschland im Sinkflug, obwohl der Kanzler einen Neuanfang versprochen habe. Er setze dagegen die Politik der früheren Ampelkoalition nahtlos fort.
In der sogenannten Elefantenrunde wurde dabei auch der im Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 enthaltene Etat von Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Einzelplan 04), der Ausgaben in Höhe von 3,97 Milliarden Euro (2024: 3,87 Milliarden Euro) vorsieht, beraten. Der Einzelplan 04 wurde nach den bis Freitag, 11. Juli, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes zusammen mit dem Einzelplan 22 des Unabhängigen Kontrollrates an den Haushaltsausschuss überwiesen.
AfD wirft Kanzler Wortbruch vor
Alice Weidel warf Merz wegen der bisher nicht erfolgten Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte einen erneuten Wortbruch vor, nachdem er schon die Schuldenbremse entgegen der Versprechungen im Wahlkampf abgeschafft habe: „Ihr Wort ist nichts wert. Sie sind ein Papierkanzler, der im Ausland Weltmacht spielt, sich aber zu Hause nach Lust und Laune vom Wahlverlierer SPD vorführen lässt.“
Weidel kritisierte die angekündigten, aber noch nicht erfolgten Änderungen beim Bürgergeld: Fast jeder zweite Bürgergeld-Bezieher sei ausländischer Staatsbürger. „Migrantengeld wäre die richtige Bezeichnung.“ Die Grenzkontrollen bezeichnete sie als mangelhaft. Das sei „keine Migrationswende, das ist Volksverdummung“, kritisierte sie und nannte die Verhältnisse angesichts von 80 Messerattacken im Jahr 2024 eine „Hochrisikozone für die einheimischen Bürger“. Doch die Koalition wolle den Bürgern den Mund verbieten. Der SPD warf sie vor, in ihrer „Untergangspanik“ die stärkste Kraft im Bundestag „beseitigen“ zu wollen.
Kanzler: Wende in der Wirtschaftspolitik ist eingeleitet

Mit dem Haushalt 2025 und anderen Maßnahmen wurden Grundlagen für Wachstum gelegt und die Wende in der Wirtschaftspolitik eingeleitet, erklärte Kanzler Merz. (© DBT/Florian Gaertner/photothek)
Bundeskanzler Friedrich Merz wies die Äußerungen von Weidel als „pauschale und undifferenzierte Herabwürdigung der Arbeit der Bundesregierung“ zurück: Zwar müsse sich eine Regierung selbst überzogene und maßlose Kritik anhören. „Aber Halbwahrheiten, üble Nachrede und persönliche Herabsetzungen muss auch in einer Demokratie niemand unwidersprochen hinnehmen“, so der Kanzler. Die Arbeit der Regierung habe seit Anbeginn im Zeichen der Angriffe Russlands auf die Ukraine gestanden. Davon habe er von Alice Weidel jedoch kein Wort gehört. Die Ukraine werde weiter unterstützt, um Frieden, Freiheit und Wohlstand in diesem Lande zu sichern.
Die Regierung habe jetzt mit dem Haushalt 2025 und anderen Maßnahmen erste Grundlagen für Wachstum gelegt und die Wende in der Wirtschaftspolitik eingeleitet, erklärte Merz. Die Stimmung werde besser. Die Asylbewerberzahlen seien im ersten Halbjahr um um 43 Prozent gesunken, stellte Merz fest. „Sie werden Ihr politisches Kampfthema los“, sagte der Kanzler an die Adresse der AfD.
Grüne kritisieren Rückschritt beim Klimaschutz
Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte, noch keine Koalition zuvor habe über so viel Geld verfügen können - „und Sie kriegen es trotzdem nicht hin“. Bestes Beispiel sei die nicht realisierte Absenkung der Stromsteuer, was für alle Unternehmen und für Familien wichtig gewesen wäre. Merz habe hier wieder sein Wort gebrochen.
Die CDU stehe in der Koalition da wie ein „unsortierter Hühnerhaufen“. Merz sei ein Mann der harten Worte – aber bei Menschen mit Macht und Geld schaue er weg, sagte sie mit Blick auf die Vorwürfe gegen den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn. Beim Klimaschutz gebe es „unfassbaren Rückschritt“. Außerdem warf sie Merz vor, sich nicht für den Schutz queerer Menschen einzusetzen.
SPD: Investitionsprogramm ist gelebte Solidarität
Dr. Matthias Miersch (SPD) warf Alice Weidel vor, eine „hasserfüllte Rede“ gehalten zu haben. Ihre Äußerungen seien ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Rede von Weidel habe gezeigt, dass es ein Verbotsverfahren geben müsse. Zur Regierungspolitik sagte Matthias Miersch, das Investitionsprogramm komme allen zugute: „Das ist gelebte Solidarität.“
Linke: Militarisierung ist ein Spiel mit dem Feuer
Heidi Reichinnek (Die Linke) nannte die Militarisierung ein Spiel mit dem Feuer. Das mache die Linke nicht mit. Jeder Cent, der in Rüstung fließe, fehle an derer Stelle. „Das ist ein Skandal.“
Und das Geld, was noch übrige bleibe, werde von unten nach oben verteilt. Für die Stromsteuersenkung sei kein Geld da. Zur Migrationspolitik sagte sie: Man bekämpfe Rechtsextreme nicht mit rechtsextremer Politik.
Union: Das Land durch die größte Krise geführt
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn, nahm zur sogenannten Maskenaffäre Stellung. Man sei damals völlig unvorbereitet in die Pandemie geraten.
Aus heutiger Sicht seien zu viele Schutzmasken und Impfstoffe beschafft worden, aber wenn man zu wenig gehabt hätte, wäre es noch teurer geworden. Spahn verteidigte sein Handeln: „Wir haben dieses Land durch die größte Krise geführt. Darauf können wir stolz sein.“
Zwei Milliarden Euro für Kultur und Medien
Staatsminister Dr. Wolfram Weimer (parteilos), Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, soll im nächsten Jahr 2,03 Milliarden Euro ausgeben können (2024: 2,06 Milliarden Euro). Die Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsministerin Elisabeth Kaiser (SPD), soll 18,22 Millionen Euro erhalten nach 16,59 Millionen Euro im Jahr 2024. Sie ist nicht mehr dem Bundeskanzleramt zugeordnet, sondern dem Bundesfinanzministerium.
Ebenfalls nicht mehr dem Bundeskanzleramt zugeordnet ist die Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Natalie Pawlik (SPD), die zugleich Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung ist. Ihr Etatposten findet sich nun im Einzelplan 11 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) wieder, in dem dafür 28,4 Millionen Euro eingestellt sind. 2024 standen der damaligen Beauftragten Reem Alabali Radovan 35,7 Millionen Euro zur Verfügung.
Zum Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts gehört der Bundesnachrichtendienst. Im laufenden Jahr soll der Nachrichtendienst 1,2 Milliarden Euro verausgaben können – 111,3 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Für das Bundeskanzleramt sind Ausgaben in Höhe von 240,1 Millionen Euro vorgesehen, 45,6 Millionen Euro mehr als 2024. Der Zuwachs erklärt sich größtenteils durch die Ausgaben für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts, für den 2024 90 Millionen Euro eingestellt waren.
Die „Zentral veranschlagten Verwaltungseinnahmen und -ausgaben des Geschäftsbereichs des Bundeskanzleramts“ (Kapitel 0411) sollen in diesem Jahr 82,7 Millionen Euro betragen – 12,7 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die Steigerung geht nahezu vollständig auf gestiegene Personalausgaben zurück. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung soll in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 144,7 Millionen Euro erhalten. Im Vorjahr waren es 148,2 Millionen Euro.
Unabhängiger Kontrollrat
Der Etat des Unabhängigen Kontrollrates (Einzelplan 22) soll laut Haushaltsentwurf leicht steigen. Für 2025 sind demnach Ausgaben in Höhe von 11,6 Millionen Euro eingeplant (2024: elf Millionen Euro). Einnahmen werden in dem Etat nicht veranschlagt. Personalausgaben von 2,7 Millionen Euro (minus 715.000 Euro) und sächliche Verwaltungsausgaben von 7,1 Millionen Euro (plus 1,4 Millionen Euro) bilden das Gros der Ausgaben.
Unabhängige Kontrollrat wurde 2021 eingerichtet. Er ermöglicht laut Bundesregierung „eine kontinuierliche Rechtskontrolle der technischen Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes mit umfassendem Kontrollzugriff“. (hle/hau/scr/09.07.2025)