Digitales

Digitalisierung als Dreh- und Angelpunkt mo­derner Daseinsvorsorge

Der Bundestag hat am Donnerstag, 10. Juli 2025, über Einnahmen und Ausgaben des neuen Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) im laufenden Jahr beraten. Das BMDS kann im laufenden Jahr mit ähnlich hohen Mitteln für seine digitalpolitischen Vorhaben rechnen wie im Vorjahr. Ein Einzelplan für das Haus von Digitalminister Dr. Karsten Wildberger (CDU) liegt im Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 (21/500) allerdings noch nicht vor.

Wildberger: Ernst machen mit dem Bürokratie-Rückbau

Ein moderner Staat sei ein digitaler Staat, machte Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) zu Beginn der Debatte deutlich. Damit der Wandel dahin gelinge, „müssen wir unseren Staat neu denken“, sagte er – effektiv, schlank und lösungsorientiert. Denn entscheidend sei, was bei den Bürgerinnen und Bürgern ankomme, skizzierte Wildberger seine Vision für ein modernes und digitales „Next Germany“. Es gelte voranzukommen bei den digitalen Infrastrukturen, bei Regulierungsfragen, Cybersicherheit, digitaler Souveränität und bei den digitalen Schnittstellen des Staates zu seinen Bürgerinnen und Bürgern, so der Minister. Wildberger kündigte an, noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge für eine „Modernisierungsagenda der Bundesverwaltung“ vorlegen zu wollen. Die Bürgerinnen und Bürger warteten dringend darauf, dass ernst gemacht werde mit dem Bürokratie-Rückbau.

Dafür arbeite sein Haus mit Hochdruck, Motivation und einer ordentlichen Portion Mut, sagte der Minister. Vieles nehme bereits Gestalt an, anderes fehle noch - dazu gehöre auch ein eigener Haushalt für sein Haus, sagte Wildberger. „Wir verhandeln gerade mit dem Bundeskanzleramt und fünf weiteren Ressorts über die Einzelheiten des Organisationserlasses. Erst danach können wir den Einzelplan 24 zusammenfügen“, erläuterte er. Ein „echter Möglichmacher“ für das Ressort sei das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität.

Zustimmung erhielt er von Unionspolitiker Ralph Brinkhaus, der von einem Gründergeist im BMDS sprach. „Digitalisierung ohne Staatsmodernisierung ist nichts. Denn wenn wir einen schlecht funktionierenden Staat digitalisieren, haben wir einen digital schlecht funktionierenden Staat - und das hilft niemanden“, sagte Brinkhaus und legte den Fokus auf die Staatsmodernisierung.

AfD: Wir brauchen einen Hauch von Elon Musk

Starke Kritik kam vom AfD-Abgeordneten Ruben Rupp: Ein Ministerium ohne einen eigenen Einzelplan sei kein Ministerium. Wildberger habe „keinen Plan, keine Kompetenzen und kein Geld“, sagte Rupp und fragte den Minister: „Können Sie überhaupt zusagen, dass der Einzelplan noch dieses Jahr nachgereicht werden kann?“ Zwar seien gute Ansätze sichtbar und der Fokus liege nicht „auf Meinungszensur und linken Projekten“, sondern auf Wachstum und Digitalisierung. Allerdings fehle es Wildberger an Begeisterung: „Was wir bräuchten in Deutschland, wäre ein Hauch von Elon Musk als Digitalminister“, sagte Rupp. 

Mit einer Regierung ohne Willen und Fähigkeiten werde Deutschland den großen Wachstumsmarkt im digitalen Sektor verpassen. Zudem sei ein Wandel in der Energiepolitik hin zu „Kernenergie, Kohleverstromung und günstigem Gas aus Russland“ geboten, um den stark wachsenden Strombedarf zu decken. Ohne eine Antwort darauf, wie der Energiebedarf gedeckt werden könne, seien alle Planungen überflüssig.

SPD äußert „großen Respekt vor der Herkulesaufgabe“ des Ministers

Für die SPD gab Haushaltspolitiker Martin Gerster zu, dass die Debatte über einen Einzelplan, der noch gar nicht vorliegt, auf den ersten Blick „etwas kurios“ wirke. Allerdings stimme die Behauptung, es gebe kein Geld, natürlich nicht. Er habe großen Respekt vor der Herkulesaufgabe des Ministers, der erst seit neun Wochen im Amt sei. Die Erwartungen seien riesig und es gebe viel zu tun, sagte Gerster mit Blick auf die Registermodernisierung, Nachrüstungen von IT-Lösungen sowie Fragen sicherer Identitäten und von Standards. 

Es müsse Schluss sein mit Insel- und Parallellösungen in der öffentlichen Verwaltung, plädierte er. Die Menschen erwarteten zurecht eine Verwaltung, die Anträge online entgegennehme, Informationen bei anderen Behörden einhole und proaktiv über Möglichkeiten aufkläre. Eine gute digitale Verwaltung könne das Vertrauen in den Staat stärken, sagte Gerster. 

Grüne: Europa muss digital auf eigenen Beinen stehen

Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, der Haushalt 2025 müsse so aufgestellt sein, dass er die Freiheit der Vielen verteidige. „Europa muss bei der Digitalisierung auf eigenen Beinen stehen“, sagte Lang mit Blick auf die USA und die Marktmacht von Big Tech. Mit dem Sondervermögen habe Schwarz-Rot die besten Bedingungen, um in Zukunftstechnologien zu investieren und zu verhindern, dass Europa abgehängt werde. 

„Umso verwundernder“ sei es deshalb, wenn bei der Künstlichen Intelligenz gekürzt werde, mit der Begründung, der Bedarf sei geringer, kritisierte Lang. „Der Bedarf für Europas Unabhängigkeit war nie größer als heute. An Europas Souveränität darf nicht gespart werden“, sagte Lang. Scharf kritisierte sie, dass die Transparenzpflichten der Regierung und die Informationsrechte des Parlaments abgebaut würden. Dafür habe ihre Fraktion kein Verständnis. Ebenso dürfe es keinen Abbau bei sozialen und ökologischen Standards geben, mahnte Lang.

Linke: Digitale Infrastruktur ist Daseinsvorsorge

Auch von der Linksfraktion kam Kritik: Sascha Wagner sagte, ein funktionsfähiger Staat, der Dienstleister für seine Bürgerinnen und Bürger sei, sei elementar für die Demokratie und das Vertrauen in den Staat. Er habe jedoch Zweifel daran, was nun mit einem Digitalministerium anders laufe als in den vorherigen Legislaturperioden. 

„Wir hoffen, dass es Ihnen endlich ernst ist und Sie die über Jahrzehnte angestauten Aufgaben unbürokratisch anpacken und lösen“, sagte Wagner. Es sei „vollkommen inakzeptabel“, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung und einer praxistauglichen Verwaltung einem Land wie Estland über 20 Jahre hinterherhinke. Digitale Infrastruktur sei keine Ware, sondern „ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge“, betonte er. 

Breitbandausbau und Digitalisierung

Ein Großteil der Infrastruktur-Investitionen findet sich in der Titelgruppe 06 des Wirtschaftsplans für das neue Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität. Für die Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus sind dort 2,93 Milliarden Euro vorgesehen. Der Breitbandausbau bleibt damit der Ausgabenschwerpunkt. Für die Unterstützung des Mobilfunkausbaus sind im Wirtschaftsplan des Sondervermögens 366,8 Millionen Euro veranschlagt.

Im Bereich der Digitalisierung der Verwaltung, einer der neuen Zuständigkeiten des Hauses, stehen dort für das europäische Identitätsökosystem rund 131 Millionen Euro zur Verfügung, für das Bürgerkonto beziehungsweise die Infrastruktur sind 243 Millionen Euro veranschlagt. Dazu kommen 263 Millionen Euro für die Modernisierung der Registerlandschaft sowie 45 Millionen Euro für Transformation und IT-Dienstleistungen.

Digitale Infrastruktur und Datenpolitik

Im bisher für die digitalpolitischen Projekte relevanten Kapitel 1204 („Digitale Infrastruktur“) des Bundesverkehrsministeriums (vormals: Bundesministerium für Digitales und Verkehr) stehen laut Regierungsentwurf (Einzelplan 12) noch 213 Millionen Euro (2024 Soll: 2,31 Milliarden Euro) für den Ausbau digitaler Infrastrukturen zur Verfügung. Für dieses Jahr sind im Einzelplan 12 Haushaltsreste aus Vorjahren in Höhe von 915,27 Millionen Euro ausgewiesen. Einnahmen sind in dem Kapitel keine vorgesehen.

Für Aktivitäten im Bereich der nationalen und internationalen Datenpolitik stehen Digitalminister Wildberger voraussichtlich 5,66 Millionen Euro (Soll 2024: 7,44 Millionen Euro) zur Verfügung. Für Leistungen an die Bundesnetzagentur zur Durchführung von TK-Aufträgen sind 14,8 Millionen Euro vorgesehen. Für das Gigabitbüro des Bundes sind 3,6 Millionen Euro veranschlagt.

Zuweisungen und Zuschüsse

Die Zuweisungen und Zuschüsse sinken überwiegend; für die Umsetzung der 5x5G-Strategie stehen 2025 nur noch 5,95 Millionen Euro statt vorher 35,87 Millionen Euro zur Verfügung. Für Verwaltungsausgaben der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft stehen 18,6 Millionen Euro (Soll 2024: 21,4 Millionen Euro) bereit. Auch für die Entwicklung und Erprobung neuer softwaregestützter Netztechnologien stehen statt 71,62 Millionen Euro im Vorjahr nun nur noch 4,2 Millionen Euro an Zuschüssen bereit. Für die Förderung eines verkehrsübergreifenden Mobilitätssystems auf Grundlage des automatisierten, autonomen und vernetzten Fahrens sinken die Zuschüsse von rund 84,56 Millionen Euro auf nun 45,47 Millionen Euro.

In der Titelgruppe 01 „Digitale Innovationen“ sind Ausgaben in Höhe von rund 91,35 Millionen Euro ausgewiesen (Soll 2024: 113,25 Millionen Euro). Kürzungen betreffen hier unter anderem den Bereich „Innovative Anwendungen von künstlicher Intelligenz“: Während 2024 noch 60,64 Millionen Euro zur Verfügung standen, sollen es 2025 knapp elf Millionen Euro weniger sein. Ebenfalls gekürzt wird bei Zuschüssen für innovative Forschung im Rahmen der digitalen Infrastruktur wie der Forschungsinitiative „mFUND“: Hier sollen 2025 36,39 Millionen Euro statt 42,1 Millionen Euro wie 2024 zur Verfügung stehen. Das betrifft auch Zuschüsse für innovative Forschung im Bereich unbemannter Luftfahrt wie Drohnen und Lufttaxis für die die Zuschüsse mit 3,7 Millionen Euro im Vergleich zu 7,5 Millionen Euro im Soll 2024 etwas niedriger ausfallen. (lbr/10.07.2025)