Arbeit

Mehr als ein Drittel des gesamten Haushalts für Arbeits- und Sozialetat

Es war der Dauerstreit, während die Ampel regierte: Das Bürgergeld müsse durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzt und diese deutlich billiger werden, hieß es noch im Wahlkampf von der Union; die regierenden SPD und Grünen hielten dagegen. Im nun am Freitag, 11. Juli 2025, erstmals debattierten Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2025 (21/500) steigen jedoch die Ausgaben für die in Misskredit geratene Grundsicherung für Arbeitssuchende erstmal kräftig. Mehr als 29 Milliarden Euro lässt sich der Bund in diesem Jahr das Bürgergeld kosten. Das ist ein Plus von drei Milliarden Euro gegenüber 2024. 

Insgesamt steigt der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sogar um 14 Milliarden Euro (auf 190,3 Milliarden Euro) gegenüber dem Vorjahr, was zu einem großen Teil an den steigenden Rentenkosten liegt. Bundesministerin Bärbel Bas (SPD) kann mit Einnahmen in Höhe von 1,83 Milliarden Euro rechnen (2024: 1,83 Milliarden Euro). Der Einzelplan 11 soll – wie sämtliche Einzelpläne des Bundes – an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. 

Regierung: Die Sozialstaats-Debatte muss entgiftet werden

Als die Debatte über den Einzelplan 11, den mit Abstand größten Einzeletat im Haushaltsentwurf startete, war es Ministerin Bas ein Anliegen, etwas Grundsätzliches klarzustellen: „In die Debatte über unseren Sozialstaat hat sich ein schriller Ton eingeschlichen, der uns nicht guttut. Wir müssen die Debatte entgiften und dürfen nicht zulassen, dass Arbeitnehmer, Arbeitgeber und arbeitslose Menschen gegeneinander ausgespielt werden.“ 

Bas stellte aber klar, dass auch sie Reformbedarf sieht, dafür werde sie eine Kommission zur Reform des Sozialstaats einsetzen und aus dem Sondervermögen Geld in die digitale Infrastruktur der Sozialbehörden stecken.

AfD: Aktive Politik statt neuer Kommissionen

Von einer neuen Kommission war Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) nicht begeistert: „Wir brauchen jetzt eine aktive Politik und nicht eine neue Kommission nach der anderen.“ 

Sie kritisierte außerdem, dass sich der Haushaltsentwurf gegenüber jenem der Ampel-Regierung für 2025 kaum verändert sei und keine eigenen Akzente setze.

Union: Solidargedanke steht für die Koalition ganz oben

An Carsten Linnemann (CDU/CSU) war es, Zuversicht zu verbreiten: Neue Zahlen zeigten, dass es der Wirtschaft wieder besser gehe, das komme auch dem Sozialstaat zugute. „Der Solidargedanke steht für diese Koalition ganz oben“, betonte er. 

Dennoch müsse das Bürgergeld durch eine „neue Grundsicherung“ ersetzt werden, um Menschen, die arbeiten können, stärker in die Pflicht zu nehmen.

Grüne: Für ein Bürgergeld, das an die Menschen glaubt 

Leon Eckart (Bündnis 90/Die Grünen) warf Linnemann deshalb vor, an der von Bas attestierten spaltenden Debatte mitzuarbeiten. 

Die Grünen setzten dagegen auf wirkliche Solidarität. Dazu gehöre ein „Bürgergeld, das an die Menschen an die Hand nimmt und an sie glaubt“.

Linke: Das Problem sind nicht die Sanktionen

Offenbar konnte das Eingangsstatement der Ministerin auch Tamara Mazzi (Die Linke) nicht überzeugen. Denn sie warf der Bundesregierung und explizit auch der SPD vor, mit Verachtung auf arme Menschen zu blicken. 

Wöchentlich höre man in Talkshows die Klagen über fehlende Sanktionen im Bürgergeld, aber: „Sie haben keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit dieser Menschen!“ Die Mehrheit wolle arbeiten, betonte Mazzi.

SPD: Bekenntnis für nachhaltige Beschäftigung

Für Kathrin Michel (SPD) drückt sich in dem Einzelplan „das klare Bekenntnis der Regierung für nachhaltige Beschäftigung, Existenzsicherung und Respekt aus“. 

Natürlich müsse Sozialbetrug verfolgt werden, aber dies beträfe nur einen sehr kleinen Kreis von Menschen. „Daraus eine Systemdebatte zu machen, ist unverantwortlich“, sagte sie.

Rentenversicherung und Grundsicherung im Alter

Der Löwenanteil der Zuweisungen und Zuschüsse entfällt auf die Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dafür sieht der Entwurf 134,38 Milliarden Euro vor (2024: 127,3 Milliarden Euro). Darin enthalten sind die Leistungen an die Rentenversicherung mit 122, 5 Milliarden Euro (2024: 116,27 Milliarden Euro).

Mit 4,77 Milliarden Euro (2024: 5,05 Milliarden Euro) beteiligt sich der Bund an der knappschaftlichen Rentenversicherung. 48,21 Milliarden Euro (2024: 44,85 Milliarden Euro) gehen als Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung, 12,83 Milliarden Euro (2024: 12,02 Milliarden Euro) an die Rentenversicherung in den neuen Ländern. Der zusätzliche Zuschuss des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung beläuft sich auf 32,1 Milliarden Euro (2024: 30,83 Milliarden Euro). Die Beitragszahlungen für Kindererziehungszeiten („Mütterrente“) summieren sich auf 19,2 Milliarden Euro (2024: 18,14 Milliarden Euro). Die Erstattungen des Bundes für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schlagen mit 11,75 Milliarden Euro zu Buche (2024: 10,9 Milliarden Euro). 

Grundsicherung für Arbeitsuchende

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist mit 51,96 Milliarden Euro eingestellt (2024: 46,81 Milliarden Euro). Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung soll von 11,6 Milliarden Euro in 2024 auf 13 Milliarden Euro in 2025 steigen. Einen Aufwuchs gibt es auch beim Bürgergeld: Im Entwurf vorgesehen sind 29,6 Milliarden Euro, 2024 waren noch 26,5 Milliarden Euro. Für die Eingliederung in Arbeit sehen die Planungen 4,1 Milliarden Euro vor (2024: 4,15 Milliarden Euro).

Mit 389,62 Millionen Euro soll die Inklusion von Menschen mit Behinderungen gefördert werden (2024: 523,7 Millionen Euro). Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach dem Bundesteilhabegesetz will die Regierung mit 135,45 Millionen Euro fördern. Im Etat für 2024 waren dafür noch 234,03 Millionen Euro eingestellt. Deutlich gespart wird auch bei Modellvorhaben in den Rechtskreisen SGB II und SGB VI zur Stärkung der Rehabilitation. Hier sinken die Ausgaben auf 67,88 Millionen Euro (2024: 167,04 Millionen Euro). (che/hau/11.07.2025)