Verbraucherkreditverträge und Schuldnerberatungsdienste
Die Bundesregierung will die EU-Richtlinie 2023 / 2225 über Verbraucherkreditverträge umsetzen und zugleich ein neues Stammgesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher schaffen. Der Gesetzentwurf „zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge“ (21/1851, 21/2459) stand am Donnerstag, 9. Oktober 2025, ebenso zur ersten Lesung an wie der Entwurf „über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847, 21/2458). Nach halbstündiger Debatte wurden beide Vorlagen an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz.
Erster Gesetzentwurf der Bundesregierung
Künftig sollen Kleinkredite bis 200 Euro, zins- und gebührenfreie Kredite, Kredite mit einer Laufzeit bis zu drei Monaten sowie sogenannte “Buy now, pay later„-Modelle in die verbraucherschützenden Regelungen für Kreditverträge einbezogen werden. Außerdem werden vorvertragliche Informationspflichten geändert.
Für den Abschluss von Allgemein-Verbraucherdarlehen soll künftig die Textform genügen. Geplant ist zudem, die von der Rechtsprechung entwickelten objektiven Grenzen für sittenwidrig überhöhte Kreditzinsen gesetzlich festzuschreiben und die Frist für den Widerruf bei fehlerhaften Informationen auf maximal zwölf Monate und 14 Tage zu begrenzen.
Änderung mehrerer Gesetze
Ziel ist es, die nach der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie notwendigen Änderungen im nationalen Recht vorzunehmen. Die Umsetzung ist laut Vorlage bis zum 20. November 2025 erforderlich. Laut Bundesregierung sind dazu vor allem Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Einführungsgesetz zum BGB erforderlich. So sollen unter anderem der Anwendungsbereich des Allgemein-Verbraucherdarlehensrechts ausgeweitet und die Schutzvorschriften verschärft werden.
Die Kreditwürdigkeitsprüfung soll verschärft und stärker an die Vorgaben für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge angeglichen werden. Ergänzend enthält der Entwurf Regelungen zu erweiterten Informationspflichten für Kreditgeber sowie zum Widerrufsrecht von Verbrauchern. Änderungen sind dazu auch in elf weiteren Gesetzen und Verordnungen vorgesehen. Zudem soll ein neues Stammgesetz geschaffen werden, das Gesetz zur Aufsicht über Verbraucherkredite im Rahmen der Absatzfinanzierung (Absatzfinanzierungsaufsichtsgesetz).
Zweiter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Entwurf eines Schuldnerberatungsdienstegesetzes (21/1847) sollen Vorgaben der EU-Verbraucherkreditrichtlinie 2023 / 2225 in deutsches Recht umgesetzt werden. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, Zugang zu unabhängigen Schuldnerberatungsdiensten erhalten, für die nur begrenzte Entgelte zu entrichten sind. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die entsprechenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis spätestens 20. November 2025 umzusetzen.
Das Schuldnerberatungsdienstegesetz soll demnach vorsehen, dass die Länder die Verfügbarkeit unabhängiger Schuldnerberatungsdienste sicherstellen. Diese Dienste sollen für Verbraucherinnen und Verbraucher “grundsätzlich kostenlos„ sein. Die Erhebung eines begrenzten Entgeltes ist demnach möglich, sofern es höchstens die Betriebskosten deckt und keine unangemessene Belastung für die Verbraucher darstellt. Vorgesehen sind zudem jährliche Berichtspflichten der Länder an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie des Ministeriums an die Europäische Kommission über die Zahl der vorhandenen Beratungsstellen.
In Deutschland gibt es laut Bundesregierung rund 1.380 Schuldnerberatungsstellen. Verlässliche Daten zu deren geografischer Verteilung, Ausstattung oder Wartezeiten lägen jedoch nicht vor, “auf deren Grundlage sich die Notwendigkeit oder der Umfang eines Ausbaus der Beratungskapazitäten prognostizieren ließe„. Daher lasse sich der finanzielle Mehraufwand auf Seiten der Länder nicht im Vorhinein quantifizieren.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat fordert Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf. In ihrer Stellungnahme (21/2458) warnt die Länderkammer vor “erheblichen Mehrkosten„ für Länder und Kommunen, die sich aus der Pflicht ergeben könnten, Beratungsangebote künftig für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Der Entwurf erweitere den Kreis der Ratsuchenden über die bisherige soziale Schuldnerberatung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch hinaus.
Der Bundesrat kritisiert, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Angaben zu den finanziellen Folgen enthalte, und fordert den Bund auf, “seine Angaben zu den Mehrausgaben, die den Ländern und Kommunen durch das Bundesgesetz entstehen würden, zu konkretisieren„. Sollten sich daraus relevante Mehrbelastungen ergeben, sei “sicherzustellen, dass die aus der bundesgesetzlichen Verpflichtung von Ländern und Kommunen resultierenden Ausgaben durch den Bund kompensiert werden„. Zudem bittet die Länderkammer um eine Übergangsregelung, um den Ländern mehr Zeit für die Umsetzung zu geben.
Darüber hinaus regt der Bundesrat an, private Gläubiger wie Banken, Zahlungsdienstleister oder Inkassounternehmen an der Finanzierung unabhängiger Schuldnerberatungsdienste zu beteiligen. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei es “notwendig, eine finanzielle Beteiligung nach dem Veranlasserprinzip für diejenigen zu prüfen, die einerseits durch bestimmte neue Bezahlmodelle (zumindest teilweise) mit zur Verschuldung beitragen und andererseits von der Schuldnerberatung unmittelbar profitieren„.
Gegenäußerung der Bundesregierung
Die Bundesregierung lehnt die Forderungen ab. Nach ihrer Gegenäußerung entstünden durch das Gesetz keine wesentlichen Mehrkosten, da die Beratungsstrukturen bereits gut ausgebaut seien. “Nach derzeitigem Kenntnisstand und auf Grundlage der vorhandenen Daten entstehen aus den genannten Gründen keine wesentlichen Mehrausgaben für die Länder und Kommunen„, heißt es darin.
Die Bundesregierung verweist zudem auf eine Prognose, nach der eine Zunahme der Beratungsfälle um ein Prozent zum Vergleichsjahr 2024 zu einer Kostensteigerung von deutschlandweit fünf Millionen Euro führen würde. Eine finanzielle Kompensation zugunsten der Länder komme zudem “aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht„. Auch eine Beteiligung privater Gläubiger sei im Rahmen der EU-Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen. (hau/scr/30.10.2025)