Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Juli 2025, Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Reallabore: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Erprobung von Innovationen in Reallaboren und zur Förderung des regulatorischen Lernens (21/517) eingebracht. Die Vorlage wird im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung federführend beraten. Der Text des Gesetzentwurfs und die Begründung sind gleichlautend mit dem Vorschlag (21/218), den die Fraktionen von CDU/CSU und SPD eingebracht haben und die der Bundestag bereits Ende Mai in erster Lesung beraten hat. Das „neue Stammgesetz“ soll Reallabore als Instrument der Innovationsförderung und des regulatorischen Lernens stärken. Häufig seien Innovationen nicht vereinbar mit geltenden rechtlichen Regelungen oder es bestehe eine hohe Rechtsunsicherheit, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Eine zügige Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen sei schwierig und sorge dafür, dass Innovationsprozesse ins Stocken geraten. Dabei seien Reallabore eine wichtige Möglichkeit, um Innovationen für einen befristeten Zeitraum unter möglichst realen Bedingungen und unter behördlicher Beteiligung zu testen.
Klimaschutz: Die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben einen Antrag mit dem Titel „Am Verbrenner-Aus ab dem Jahr 2035 festhalten – Verlässlichkeit für Verbraucher, Klima und Wirtschaft“ (21/786) vorgelegt. Der Verkehrsausschuss übernimmt die weitere Federführung. Das in der EU beschlossene Aus für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ab 2035 schaffe Planungssicherheit für Verbraucher, Industrie und Beschäftigte - und schütze das Klima, heißt es dem Antrag. Der Umstieg in die E-Mobilität mache die Luft besser, die Straßen leiser und führe dazu, „dass die laufenden Kosten für ein Auto erschwinglich bleiben“. Damit E-Mobilität auch beim Autokauf eine wirkliche Alternative für alle Menschen wird, brauche es dringend eine Ausweitung erschwinglicher und klimafreundlicher Fahrzeuge für den Massenmarkt, schreiben die Abgeordneten. Plug-in-Hybride, synthetische Kraftstoffe oder Agrokraftstoffe aus Lebens- und Futtermitteln seien keine Lösungen, urteilen sie. Konventionelle Agrokraftstoffe würden Umwelt und Artenvielfalt schaden und dem Klima nicht helfen. Kraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen würden außerhalb von Pkw dringender gebraucht. Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer seien eine der Schlüsselbranchen Deutschlands, heißt es weiter. „Doch wer am Verbrennungsmotor festhält, riskiert den internationalen Anschluss und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts - etwa gegenüber China“, schreibt die Fraktion. Damit Wertschöpfung und gute Arbeitsplätze in der Branche vor Ort erhalten bleiben, müssten Politik und Unternehmen jetzt konsequent auf Elektromobilität setzen und den Übergang unterstützen. Von der Bundesregierung wird daher gefordert, sich zu den europäischen Flottengrenzwerten und dem Aus für neue Verbrenner ab 2035 zu bekennen und sich auf europäischer Ebene für eine Fortführung des erreichten Kompromisses einzusetzen. Auch angesichts steigender Absatzzahlen von E-Autos in diesem Jahr dürfe die Revision der Flottengrenzwerte wie geplant erst 2026 erfolgen, wird verlangt. Eine Revision in diesem Jahr würde aus Sicht der Fraktion diese Entwicklung nicht angemessen berücksichtigen und von schwächeren Absatzzahlen ausgehen. Die Grünen fordern außerdem, steuerliche Rahmenbedingungen und industriepolitische Förderungen konsequent auf das Ziel von 15 Millionen rein elektrischen E-Autos bis 2030 auszurichten. Dies sei durch gezielte Investitionen in den Ausbau der Ladeinfrastruktur, Forschung, günstigeren (Lade-)Strom oder sozial gerechte Kauf- und Leasinganreize für verbrauchsarme E-Autos möglich.
Schlussakte von Helsinki: Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag mit dem Titel „50. Jahrestag der Schlussakte von Helsinki als Verpflichtung für eine zukunftsfähige Friedensordnung in Europa begreifen“ (21/787) vorgelegt. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen. Die Linke fordert die Bundesregierung unter anderem auf, „angesichts der strukturellen Unterfinanzierung auf OSZE-Ebene für einen deutlichen mittelfristigen Aufwuchs des Gesamthaushalts der OSZE auf mindestens 1 Milliarde Euro einzusetzen, sodass nach dem fixen Standardschlüssel auf Deutschland 93,5 Millionen Euro entfielen“. Die Abgeordneten erinnern daran, dass 50 Jahre nach der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte von Helsinki mitten in Europa wieder ein Krieg herrsche. Russlands völkerrechtswidriger Angriff gegen die Ukraine sei unvereinbar mit den in der KSZE-Schlussakte und in der Pariser Charta verankerten Werten und Prinzipien, zu deren Einhaltung Russland als Teilnehmerstaat der OSZE verpflichtet ist. Die Linksfraktion fordert im Sinne der OSZE-Prinzipien eine „aktive Konfliktdiplomatie für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine“ sowie den Verzicht auf „sämtliche Waffen- und Rüstungsexporte Deutschlands an OSZE-Teilnehmerstaaten mit inner- und zwischenstaatlichen Konflikten“.
Asylverfahren: „Ultraschalluntersuchengen zur Altersbestimmung in Asyl- und Strafverfahren zur Praxisreife bringen“ lautet der Titel eines Antrags der AfD-Fraktion (21/772). Die Vorlage wurde zur weiteren Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen. Ultraschalluntersuchungen sollen demnach mit Geld aus dem Bundeshaushalt zur Praxisreife gebracht werden. Die zuständigen Gebietskörperschaften entschieden derzeit im eigenen Ermessen über den Einsatz der medizinischen Methodik zur Altersbestimmung in Fällen, in denen Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit bestünden, heißt es in dem Antrag. Die Ultraschalluntersuchung sei im Vergleich zu Röntgenbildern kostengünstig, verursache keine Strahlenbelastung und sei mobil einsetzbar. Allerdings sei auch beim Ultraschall die Aussagekraft der Ergebnisse eingeschränkt. Der Bund habe bereits ein Projekt gefördert, um festzustellen, ob das Alter von jungen Erwachsenen auch mit Ultraschall bestimmt werden könne. Trotz vielversprechender Ergebnisse sei das Projekt aus haushälterischen Gründen nicht weiter verfolgt worden. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, aus dem Haushalt ausreichende Mittel bereitzustellen, um das Ultraschallverfahren zur Praxisreife zu entwickeln.
Medizinalcannabis: Ein weiterer von der AfD-Fraktion vorgelegter Antrag trägt den Titel „Keine Sonderrolle für Medizinalcannabis“ (21/773). Die Vorlage wird im Gesundheitsausschuss beraten. Darin werden Änderungen an der Verordnungspraxis für Medizinalcannabis gefordert. Patienten könnten derzeit ohne körperliche Untersuchung, teils auch ohne Arztkontakt und nur auf Basis eines online ausgefüllten Fragebogens sowie ohne weitere Diagnostik, ein elektronisches Rezept für das gewünschte Cannabis bekommen, mit der integrierten Möglichkeit, das Präparat über den Versand zu erhalten. Medizinalcannabis müsse jedoch in einem speziellen Krankheitsfall, individuell verordnet, in einer Apotheke abgegeben und von der Krankenkasse erstattet werden, wie andere Arzneimittel auch. Die Abgeordneten fordern, dass Medizinalcannabis nur nach vorangegangenem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt mit räumlicher und zeitgleicher Anwesenheit von Arzt und Patient, das heißt nicht ausschließlich nach Kontakt in einer Videosprechstunde oder telefonischer Beratung, ärztlich verordnet werden darf. Außerdem sollte Medizinalcannabis dem 2010 mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) eingeführten Verfahren zur Nutzenbewertung und Preisfindung von Arzneimitteln unterzogen werden.
Covid-19-Impfschäden: Ebenfalls im Gesundheitsausschuss beraten wird ein AfD-Antrag mit dem Titel „Covid-19-Impfschäden ernst nehmen und deren medizinische Behandlung sicherstellen“ (21/774). Viele Menschen, die sich hätten impfen lassen, litten unter dem sogenannten Post-Vac-Syndrom. Diese Symptome könnten so gravierend sein, dass Betroffene arbeitsunfähig werden und in existenzielle Not geraten. Trotz dieser schweren gesundheitlichen Folgen würden Anträge auf Anerkennung von Impfschäden oft mit der Begründung abgelehnt, dass keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise für das Syndrom vorlägen, heißt es in dem Antrag. Zudem fehle es an einer ausreichenden medizinischen Versorgung für Impfgeschädigte. Die wenigen existierenden Spezialambulanzen seien überlastet, es gebe auch keine flächendeckenden Anlaufstellen für Betroffene. Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag unter anderem, eine bundesweite Post-Vac-Hotline einzurichten, ein flächendeckendes Netzwerk spezialisierter Ambulanzen aufzubauen und eine Stiftung für Impfgeschädigte zu schaffen. Die Anerkennungspraxis von Impfschäden müsse grundlegend reformiert werden, um sicherzustellen, dass Betroffene schneller und unbürokratischer Unterstützung erhielten.
Fluorchinolon-Antibiotika: „Verbesserung der Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken durch Fluorchinolon-Antibiotika und Stärkung der Hilfe für Betroffene“ lautet der Titel eines weiteren AfD-Antrags (21/775). Die Vorlage wird ebenfalls im Gesundheitsausschuss beraten. Fuorchinolonhaltige Arzneimittel seien Breitbandantibiotika, die bei lebensbedrohlichen Erkrankungen im Einzelfall unverzichtbare Reserveantibiotika darstellten. Aufgrund ihres ausgeprägten Nebenwirkungsprofils würden sie allerdings nicht als Standardantibiotika eingesetzt, heißt es in dem Antrag der Fraktion. Die möglichen Symptome, die mit einer Einnahme dieser Medikamente einhergehen, werden den Angaben zufolge unter dem Namen Fluoroquinolone Associated Disability (FQAD) zusammengefasst. Die Abgeordneten fordern, ein Förderprogramm aufzulegen, um spezialisierte medizinische Zentren für FQAD-Betroffene an Universitätskliniken und spezialisierten Fachkliniken zu etablieren.
Immissionsschutz: Zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss überwiesen wurde ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und weiterer Vorschriften“ (21/777). Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Nutzung von Agrargütern für die Agrarstoffproduktion zu reduzieren. Konkret sieht er vor, die Obergrenze für Agrokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen wie Raps, Weizen, Roggen oder Mais für das Jahr 2026 auf 3,5 Prozent zu verringern und anschließend schrittweise bis 2030 auf 0,0 Prozent abzusenken.
Weltfriedenstag: Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in einem Antrag auf, sich dafür einzusetzen, dass der Weltfriedenstag am 1. September in ganz Europa als europäischer Feiertag begangen wird (21/788). In der Begründung heißt es, der 1. September sei ein geeignetes Datum für einen europäischen Feiertag, da er an den Beginn des schrecklichsten Krieges in der Geschichte der Menschheit, den Zweiten Weltkrieg, erinnere. Ein gemeinsamer europäischer Feiertag biete den Menschen die Möglichkeit, grenzüberschreitend vielfältige spontane und organisierte Begegnungen zu erleben. Die offiziellen Feierlichkeiten könnten jedes Jahr von einem anderen Land ausgerichtet werden. „Wir wollen, dass möglichst viele Europäerinnen und Europäer über die Herstellung, den Erhalt und die Sicherung des Friedens gemeinsam diskutieren. Dafür brauchen wir eine neue Qualität der Diskussion“, heißt es in dem Antrag. Nach Ansicht der Linksfraktion werden immer mehr Entscheidungen, die den Krieg betreffen, hinter verschlossenen Türen getroffen. „Das wollen wir ändern.“ Die Vorlage soll im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union weiterberaten werden.
Fahrzeugüberwachung: Der Bundestag entscheidet über die Überweisung eines AfD-Antrags zu einem Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Straßenverkehrssicherheit (21/776). Konkret geht es um eine Stellungnahme gemäß Artikel 6 des Protokolls Nummer 2 zum Vertrag von Lissabon (Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit) zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates Änderungen der Richtlinie 2014/45/EU über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie der Richtlinie 2014/47/EU über die technische Unterwegskontrolle der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Nutzfahrzeugen, die in der Union am Straßenverkehr teilnehmen. Noch ist offen, ob über die Vorlage direkt abgestimmt oder ob sie zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen werden soll. Die AfD-Fraktion lehnt die von der EU-Kommission vorgeschlagene jährliche Pflichtinspektion von Autos (Hauptuntersuchung – HU), die älter als zehn Jahre sind, ab. Der Bundestag solle rügen, dass der Vorschlag für die Richtlinie über keine ausreichende Rechtsgrundlage verfüge und in nationale Hoheitsrechte eingreife. Die EU-Kommission zielt mit ihrem Richtlinienvorschlag unter anderem auf die Vision Zero ab. Ziel sei es, bis 2050 auf den Straßen der EU das Ziel „Vision Null Straßenverkehrstote“ zu erreichen und bis 2030 die Anzahl der Toten und Schwerverletzten um 50 Prozent zu senken. Aus Sicht der Kommission sind ältere Fahrzeuge anfällig für häufigere Pannen. Auch hätten Studien gezeigt, dass sie häufiger in Unfälle verwickelt seien und einen höheren Anteil an hochemittierenden Fahrzeugen ausmachten. Wenngleich technische Defekte nur einen relativ geringen Anteil an den Unfallursachen ausmachten, könne die jährliche Inspektion älterer Autos einen signifikanten Unterschied machen, heißt es in der Begründung zu dem Vorschlag. Diese Begründung hält aus Sicht der AfD einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. So habe die Verkehrsunfallforschung der Technischen Universität (TU) Dresden bereits in einer früheren Studie im Auftrag des ADAC nachgewiesen, dass eine Verkürzung der PTI-Fristen (Periodical Technical Inspection) auf ein Jahr „keinen messbaren Einfluss auf die Verkehrssicherheit hat“. Die Beibehaltung eines zweijährigen Turnus entspräche dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, heißt es. Ebenfalls auf Ablehnung bei der AfD-Fraktion stoßen die angedachten neuen Emissionsprüfungen. Laut EU-Kommission geht es dabei um die Ermittlung von Fahrzeugen mit hohen Emissionen, einschließlich manipulierter Fahrzeuge, durch Einsatz moderner Methoden zur Messung von ultrafeinen Partikeln und Stickoxiden (NOX). Wie die Abgeordneten in ihrem Antrag schreiben, enthalten die derzeitigen EU-Vorschriften zur Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bestimmungen zur Messung der NOX-Emissionen oder der Partikelzahl bei Neuwagen und zur Prüfung von Fahrzeugen auf defekte NOX-Nachbehandlungssysteme oder zur Prüfung von Partikelfiltern, „da der technische Aufwand hierfür zu aufwändig und kostenintensiv ist“. Die bisherigen Verfahren seien aber völlig ausreichend, denn eine Prüfung von Nachbehandlungssystemen und Partikelfiltern ist aus Sicht der AfD nur dann angezeigt, wenn die Messwerte einen Defekt der Systeme nahelegen. Dieses werde durch die derzeitigen Messmethoden erreicht. (pk/hau/irs/eis/nki/10.07.2025)