Ausschüsse

Aufgaben und Arbeitsweise

Einrichtung und Zusammensetzung des Verteidigungsausschusses

Grundsätzlich liegt es in der freien Entscheidung des Parlamentes, die Anzahl seiner Ausschüsse und deren Mitglieder in jeder Legislaturperiode neu festzulegen. Die Einrichtung des Verteidigungsausschusses ist jedoch von der Verfassung selbst vorgeschrieben (Artikel 45a Abs. 1 Grundgesetz), sodass das Parlament hier keinerlei Spielraum hat. Gleiches gilt nur noch für den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Europäische Angelegenheiten und den Petitionsausschuss, die ebenfalls verfassungsmäßig vorgeschrieben sind.

In der 21. Legislaturperiode setzt sich der Verteidigungsausschuss aus 38 Mitgliedern wie folgt zusammen: 13 von der CDU/CSU-Fraktion, 9 von der AfD-Fraktion, 7 von der SPD-Fraktion, 5 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und 4 von der Linksfraktion.

Neben den ordentlichen Mitgliedern hat der Ausschuss eine gleich große Zahl stellvertretender Ausschussmitglieder. Den Vorsitz im Ausschuss führt der Abgeordnete Thomas Röwekamp von der CDU/CSU-Fraktion. Stellvertretende Vorsitzende ist die Abgeordnete Bettina Lugk von der SPD-Fraktion.

Aufgaben des Verteidigungsausschusses

Wie jeder andere Ausschuss des Deutschen Bundestages auch hat der Verteidigungsausschuss im Wesentlichen zwei Aufgaben zu erfüllen: Er bereitet im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Entscheidungen des Plenums vor und unterstützt ferner das Parlament bei der Ausübung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. 

Mitwirkung an der Gesetzgebung

Zu den klassischen Aufgaben des Verteidigungsausschusses gehört die Beratung der ihm vom Plenum überwiesenen Gesetzentwürfe, Anträge und sonstigen Vorlagen. Betrifft eine solche Vorlage mehrere Ausschüsse, kann der Verteidigungsausschuss mitberatend oder federführend beteiligt sein. Ist er mitberatend, so gibt er nach Beratung der Vorlage im Ausschuss sein Votum an den vom Plenum bestimmten federführenden Ausschuss ab. Ist er hingegen federführend, bezieht er selbst die Voten der mitberatenden Ausschüsse in seine eigenen Beratungen ein und legt dem Plenum schließlich eine sogenannte Beschlussempfehlung mit Bericht vor, in der dem Plenum z. B. empfohlen wird, die Vorlage anzunehmen oder abzulehnen.

In den ersten Jahren des Bestehens des Verteidigungsausschusses spielte der Aspekt der Mitwirkung an der Gesetzgebung eine besonders große Rolle, da die 1955 gegründete Bundeswehr auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden musste. Folgerichtig bestand die Hauptaufgabe des Verteidigungsausschusses zunächst darin, an der Wehrgesetzgebung mitzuwirken. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem das Soldatengesetz, das Wehrpflichtgesetz, das Soldatenversorgungsgesetz oder die Wehrdisziplinarordnung. Nach dem Abschluss der Wehr-gesetzgebung in den 50er Jahren hat sich der Schwerpunkt der Arbeit allerdings immer stärker auf die zweite klassische Aufgabe eines Ausschusses verlagert: die parlamentarische Kontrolle der Exekutive. Dennoch spielt die Mitwirkung an der Gesetzgebung selbstverständlich nach wie vor eine Rolle, wobei es keinesfalls nur um Änderungen bereits bestehender Wehrgesetze geht. Vielmehr hat der Verteidigungsausschuss seit der veränderten Bedrohungslage durch den Ukraine-Krieg und dem Internationalen Krisenmanagement gerade in den letzten Jahren federführend oder mitberatend Gesetze begleitet, mit denen das Parlament auf die neuen Gegebenheiten reagiert hat. Als Beispiele seien hier das Einsatzversorgungsgesetz, das Wehrpflichtgesetz, das Attraktivitätssteigerungsgesetz, das Bundeswehrreformbegleitgesetz, das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz sowie das Artikelgesetz Zeitenwende genannt. 

Parlamentarische Kontrolle

Der Verteidigungsausschuss ist das Gremium, das auf Seiten des Deutschen Bundestages dem Bundesministerium der Verteidigung und dessen nachgeordnetem Bereich, also den Streitkräften und der Bundeswehrverwaltung, gegenübersteht. Kein anderer Ausschuss des Bundestages sieht sich einem so großen Teil der Exekutive gegenüber. Zudem erfordert das Machtpotential der Streitkräfte aus verfassungsrechtlichen Gründen eine besonders intensive Kontrolle. Vor allem deshalb nimmt der Verteidigungsausschuss gleich in mehrfacher Hinsicht eine Sonderrolle ein, um seine Kontrollfunktion effektiv erfüllen zu können. So ist er nicht nur eine durch die Verfassung in Art. 45a Grundgesetz selbst vorgeschriebene Institution, sondern hat zudem als einziger Ausschuss des Deutschen Bundestages die Befugnis, sich selbst als Untersuchungsausschuss einzusetzen. Weiterhin spielt der Verteidigungsausschuss eine wichtige Rolle bei der Beratung und Durchführung des Verteidigungshaushaltes. Schließlich wurde durch Art. 45b Grundgesetz die Institution der / des Wehrbeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages eingerichtet. Deren / dessen Wahrnehmungen vom Zustand der Truppe, dargelegt in ihren / seinen Jahresberichten, stellen für den Verteidigungsausschuss eine wichtige Informations- und Erkenntnisquelle dar und fließen entsprechend in die Beratungen ein.

Der Verteidigungsausschuss hat – wie alle anderen Ausschüsse ebenso – das Recht, sich auch ohne Überweisung durch das Plenum selbstständig mit Fragen aus seinem Geschäftsbereich zu befassen und hierzu Empfehlungen abzugeben. Grundlage der Beratung solcher Themen im Ausschuss im Rahmen der sog. Selbstbefassung ist meistens ein vom Ausschuss angeforderter Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung, in dem ein bestimmter Sachverhalt dargestellt oder zu Meldungen von dritter Seite, insbesondere der Presse, Stellung genommen wird. Das sich aus der anschließenden Diskussion ergebende Meinungsbild im Verteidigungsausschuss ist für die Bundesregierung zwar rechtlich nicht verbindlich, politisch aber von erheblichem Gewicht. In der Praxis ist dieses Verfahren das vom Ausschuss am häufigsten genutzte Instrument zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung. Es korrespondiert mit dem den Ausschüssen von der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eingeräumten Recht, zu einer Ausschusssitzung jederzeit ein Mitglied der Bundesregierung herbeirufen zu können (§ 68 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages).

Arbeitsweise des Verteidigungsausschusses

Der Verteidigungsausschuss tagt regelmäßig am Mittwoch in den vom Bundestag festgelegten Sitzungswochen eines Jahres. Da er – wie der Auswärtige Ausschuss und der Innenausschuss in Angelegenheiten der inneren Sicherheit – ein sogenannter „geschlossener Ausschuss“ ist, ist der Zutritt zu seinen Sitzungen auf einen ganz bestimmten Personenkreis begrenzt. Er umfasst die ordentlichen Mitglieder des Ausschusses, ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter, den/die Wehrbeauftragte/n, die Fraktionsvorsitzenden und die Präsidentin des Deutschen Bundestages. Darüber hinaus ist die Teilnahme an Sitzungen des Verteidigungsausschusses nur vorher ausdrücklich autorisierten und sicherheitsüberprüften Vertreterinnen und Vertretern der Ministerien und der Landesregierungen sowie bestimmten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Verwaltung erlaubt. Die Verteilung der Sitzungsunterlagen einschließlich der Protokolle ist ebenfalls auf einen vom Ausschuss festgelegten Empfängerkreis beschränkt.

Auf Verwaltungsebene steht dem Verteidigungsausschuss ein Sekretariat zur Verfügung, das den Ausschuss bei seiner Arbeit unterstützt. Schwerpunkt der Arbeit des Sekretariats ist die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Ausschusssitzungen. Dazu gehören unter anderem das Zusammenstellen der Beratungsunterlagen, das Versenden der Tagesordnung, die Ausfertigung von Beschlussempfehlungen und Berichten an das Plenum, die geschäftsordnungsrechtliche Beratung der Sitzungsleitung und das Erstellen der Sitzungsprotokolle. Darüber hinaus ist das Sekretariat insbesondere auch für die Bearbeitung von an den Ausschuss gerichteten Bürgerbriefen, die Vorbereitung und Durchführung von Delegationsreisen und auswärtigen Sitzungen sowie die Betreuung von in- und ausländischen Besuchergruppen verantwortlich.

Der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss

Eine besonders herausgehobene Position nimmt der Verteidigungsausschuss dadurch ein, dass er sich als einziger Ausschuss selbst als Untersuchungsausschuss einsetzen kann (Art. 45a Abs. 2 Grundgesetz). Ein Untersuchungsausschuss ist eine scharfe Waffe des Parlaments, um das Regierungshandeln zu kontrollieren. So kann der Untersuchungsausschuss Aufklärung im Rahmen einer Beweiserhebung, z. B. mittels Zeugenbefragungen oder Akteneinsicht, betreiben. 

Das Untersuchungsverfahren gestaltet sich im Wesentlichen ähnlich wie dasjenige eines nach Art. 44 Abs. 1 Grundgesetz eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die relevanten Verfahrensregelungen enthält das 2001 verabschiedete Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages (PUAG). Nach § 34 Abs. 4 PUAG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes auch für das Verfahren des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss. Im Übrigen enthält § 34 PUAG einige Sonderregelungen, um der besonderen Situation des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss Rechnung zu tragen. So führt z. B. die Mitgliederidentität zwischen Verteidigungs- und Untersuchungsausschuss zu der Regelung, dass der oder die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses zugleich auch dem Untersuchungsausschuss vorsteht. Eine weitere Sonderregelung enthält das Grundgesetz in Art. 45a Abs. 3 Grundgesetz, der den Art. 44 Abs. 1 Grundgesetz, welcher u. a. den Grundsatz der Öffentlichkeit der Beweisaufnahme postuliert, auf dem Gebiet der Verteidigung für unanwendbar erklärt.

Die Rechte des Verteidigungsausschusses im Rahmen der Aufstellung des Haushalts

Der Haushalt des Bundes ist jährlich vom Deutschen Bundestag in Form eines Gesetzes zu beschließen. Der von der Bundesregierung dazu vorzulegende Haushaltsentwurf wird dem Haushaltsausschuss zur Beratung überwiesen. Auch wenn dem Verteidigungsausschuss damit keine formelle Zuständigkeit im Hinblick auf die Beratung des Haushaltsgesetzes zugewiesen ist, so nimmt er doch erheblichen Einfluss auf die Haushaltsberatungen, indem er sich in intensiven Beratungen mit dem Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung sowie dem Etat der / des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages befasst und gegenüber dem Haushaltsausschuss eine gutachterliche Stellungnahme abgibt. Die Empfehlungen, die er dabei ausspricht, werden vom Haushaltsausschuss berücksichtigt.
 

Ein darüber hinausgehender Einfluss des Verteidigungsausschusses auf das Verteidigungsbudget ergibt sich aus der Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, unabhängig vom Haushaltsgesetz Beschaffungsvorhaben von besonderer sicherheits- und militärpolitischer Bedeutung sowie alle Beschaffungen mit einem Kostenvolumen von mindestens 25 Mio. Euro dem Verteidigungsausschuss als Fachausschuss zur Beratung vorzulegen. Diese sogenannten 25-Mio.-Euro-Vorlagen oder BMF-Vorlagen spielten in der 20. Wahlperiode insbesondere bei der Verausgabung des 100 Mrd. Euro großen Sondervermögens Bundeswehr eine zentrale Rolle.

Internationales Krisenmanagement sowie Landes- und Bündnisverteidigung

Mit dem Urteil vom 12. Juli 1994, wonach Auslandseinsätze bewaffneter deutscher Streitkräfte zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig sind, jeder Einsatz jedoch der – im Normalfall vorherigen – konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages bedürfe („konstitutiver Parlamentsvorbehalt“), hat das Bundesverfassungsgericht den besonderen Charakter der Bundeswehr als Parlamentsarmee betont und dem Deutschen Bundestag eine im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Rolle bei Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte zugebilligt. Das Verfahren zur Beteiligung des Parlaments wurde Ende 2004 mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, nachdem es zuvor eine entsprechende zehnjährige Parlamentspraxis gegeben hatte. Das Recht, von sich aus einen Einsatz zu fordern, hat das Parlament allerdings nicht. Es kann einem Einsatz nur widersprechen oder den Abbruch eines laufenden Einsatzes fordern. 

Innerhalb des Parlaments befasst sich der Verteidigungsausschuss im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements fortlaufend mit allen geplanten und laufenden internationalen Einsätzen der Bundeswehr – und dies nicht nur unter militärischen Gesichtspunkten, denn die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bewegen sich in den Einsatzländern regelmäßig in einem auch sicherheitspolitisch schwierigen Umfeld. Die Beschäftigung mit verschiedenen Aspekten internationaler Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat daher in der praktischen Arbeit des Verteidigungsausschusses eine stetig wachsende Bedeutung gewonnen. 

Der Verteidigungsausschuss lässt sich im Rahmen seiner Befassung mit Auslandseinsätzen insbesondere regelmäßig durch die Bundesregierung über die Lage in den Einsatzgebieten unterrichten. Hinzu kommen Reisen in diese Einsatzgebiete, um sich selbst ein Bild über die Lage vor Ort verschaffen zu können. Bei der parlamentarischen Entscheidung über einen Auslandseinsatz oder dessen Verlängerung ist der Verteidigungsausschuss neben dem in dieser Frage federführenden Auswärtigen Ausschuss stets mitberatend tätig. Aufgrund der intensiven Beratung und fortlaufenden Begleitung der Einsätze im Verteidigungsausschuss kommt seinem Votum dabei ein besonderes Gewicht zu. 

Neben dem Internationalen Krisenmanagement nimmt die Landes- und Bündnisverteidigung als weitere Säule großen Raum in den Beratungen des Verteidigungsausschusses ein. Seit dem Ukraine-Krieg und der neuen Bedrohungslage hat die Verteidigung Deutschlands aber vor allem auch die Verteidigung des NATO-Bündnisses an Bedeutung gewonnen. Zur Absicherung der NATO-Ostflanke stellt Deutschland in Litauen eine Brigade auf, was in dieser Form als historisch zu bezeichnen ist. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür wurden mit dem Artikelgesetz Zeitenwende federführend im Verteidigungsausschuss beschlossen. Auch die Unterstützung der Ukraine in Form von Material, Ausbildung und finanziellen Hilfen sowie die Situation in der Ukraine vor Ort sind Themen, mit denen sich der Ausschuss vertieft auseinandergesetzt hat.