Weniger Geld für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Der Bundestag hat am Mittwoch, 24. September 2025, in erster Lesung gut eineinhalb Stunden lang über den Etatvorschlag der Bundesregierung für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) debattiert. Der Etat ist als Einzelplan 23 im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2026 (21/600) enthalten. Bundesministerin Reem Alabali Radovan (SPD) soll dem Entwurf zufolge im kommenden Jahr 9,94 Milliarden Euro (2025: 10,31 Milliarden Euro) ausgeben dürfen.
Mit geplanten Investitionen in Höhe von 6,11 Milliarden Euro (2025: 6,57 Milliarden Euro) ist der Einzelplan 23 der zweitgrößte Investitionshaushalt des Bundes. Der Etatentwurf soll nach den bis Freitag, 26. September, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Ministerin: Wir wollen nicht den amerikanischen Weg gehen
„Wir stehen vor enormen globalen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, sagte Ministerin Reem Alabali Radovan zu Beginn der Debatte. Es gehe um ein „gesundes Klima“, um Frieden und um den Schutz vor Pandemien. Diese gewaltigen Aufgaben müssten nun mit deutlich weniger Mitteln gestemmt werden. Schon 2025 sei der Etat um knapp eine Milliarde Euro gesunken – 2026 soll es noch einmal 360 Millionen Euro weniger geben. Mit mehr als 17 Prozent an Einsparungen habe das BMZ „einen überproportionalen Beitrag zur Konsolidierung erbracht“, sagte die Ministerin.
Gleichwohl sei man sich in der Koalition einig, „dass wir nicht den amerikanischen Weg gehen wollen“. Das, so Alabali Radovan, wäre fatal, „weil es um Menschenleben geht“. Humanitäre Hilfe helfe akut – Entwicklungszusammenarbeit helfe langfristig und nachhaltig. „Beides ist untrennbar miteinander verbunden“, sagte die Ministerin. Wie zuvor Außenminister Wadephul für die Erhöhung der humanitären Hilfe geworben habe, so wolle sie nun für die Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der Haushaltsberatungen werben, sagte Alabali Radovan.
AfD: Transparenz findet sich im Etatentwurf nicht
Die Koalition wolle im Einzelplan 23 300 Millionen Euro sparen, sagte Mirco Hanker (AfD). „Wir würden im Interesse der Steuerzahler Milliarden sparen“, machte er deutlich. Bei der Einbringung des Haushaltsgesetzes 2026 sei seitens der Koalition vom Dreiklang „Konsolidierung, Sparen und Investitionen“ die Rede gewesen. Ein weiter wichtiger Klang sei Transparenz, so Hanker. Diese finde sich aber im Entwurf des Einzelplans 23 nicht.
Der AfD-Abgeordnete kritisiert zudem, dass im Vorwort zum Entwurf für das BMZ die Rede davon sei, „dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung die maßgebliche Richtschnur für die deutsche Entwicklungspolitik ist“. Dies bedeute: Fast zehn Milliarden Euro deutscher Steuergelder würden an einer Agenda ausgerichtet, „die von diesem Parlament nie beschlossen wurde“. Diese Agenda führe zu einer gewaltigen Umverteilung nationaler Steuergelder in globale Projekte, deren Wirksamkeit und Nutzen „leider zu oft nicht messbar oder kontrollierbar ist“, sagte Hanker.
CDU/CSU: Mittel konzentriert und wirkungsvoll einsetzen
Nicolas Zippelius (CDU/CSU) verwies auf die Vereinbarung des Koalitionsvertrages, wonach grundlegende Veränderungen in der Entwicklungspolitik die aktuelle geopolitische und ökonomische Realität stärker abbilden und gestalten müssten. Gerade weil die finanziellen Spielräume geringer geworden seien, komme es nun darauf an, die Mittel „konzentriert und wirkungsvoll einzusetzen“. Dazu brauche es mehr Abstimmung unter den Ministerien und klare Prioritäten, sagte Zippelius.
Der Unionsabgeordneten regte an, auf die laut gewordene Kritik an der Entwicklungspolitik einzugehen. An Stellen, wo es eine falsche Agenda-Setzung gab, wo das Gießkannenprinzip genutzt wurde und wo unnötiger Stellenaufbau betrieben wurde, gelte es nachzusteuern, damit ein Verriss der Entwicklungszusammenarbeit „nicht mehr zustande kommt“.
Grüne: Falsche Prioritätensetzung
Der Entwicklungsetat sei von der Bundesregierung von Anfang an als Sparopfer vorgesehen worden, kritisierte Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen). Der Etat solle langfristig abgesenkt werden, sagte sie. „Und das ausgerechnet in einer Welt, in der sich die Krisen weiter zuspitzen.“ Gleichzeitig mache die Koalition „teure Steuergeschenke mit einem fragwürdigen Nutzen für das Wachstum“, befand Schäfer und urteilte: „Das ist eine falsche Prioritätensetzung.“
Dafür, dass sich die USA aus der Entwicklungszusammenarbeit zurückziehen, sei die Bundesregierung nicht verantwortlich, räumte die Grünen-Abgeordnete ein. Auch könne Deutschland diesen Verlust nicht komplett kompensieren. Die Bundesregierung setze aber auch auf Kürzungen, „ohne zumindest den Versuch zu unternehmen, etwas gegen diese historisch falschen Entwicklungen zu unternehmen“.
Linke: Verantwortungslos gegenüber den Ärmsten der Welt
Sascha Wagner (Die Linke) nannte den Etatentwurf „mehr als enttäuschend“. Jahr für Jahr werde gekürzt. „Deutschland hatte einmal zugesagt, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen“, sagte Wagner. Dieses Ziel werde klar verfehlt. „Das ist verantwortungslos gegenüber den Ärmsten dieser Welt. Das ist Wortbruch“, konstatierte er.
Auch dort, wo Geld ausgegeben wird, fehle es an Strategie und Wirkung. Der Linken-Abgeordnete kritisiert zudem, dass die Koalition die Entwicklungspolitik stärker an deutschen Interessen wie Rohstoffen, der Abwehr von Migration und an Energiepolitik ausrichten wolle. Das habe aber mit echter Solidarität nichts zu tun. Entwicklungspolitik müsse den Menschen im globalen Süden helfen, „nicht deutschen Konzernen“, sagte Wagner.
SPD: Auf Deutschland ist weiterhin Verlass
Felix Döring (SPD) nannte die Finanzplanung „sehr herausfordernd“. Er könne auch jegliche Kritik daran „sehr, sehr gut nachvollziehen“. Dennoch, so der SPD-Abgeordnete, sei die Situation nicht wie in den USA, wo mehr als 70 Prozent der Mittel einfach wegfallen und mit USAID die entwicklungspolitische Behörde abgeschafft wurde.
„Die Kürzungen sind schmerzhaft“, sagte Döring. Dennoch sei auf Deutschland weiterhin Verlass.
Kürzungen bei bilateraler staatlichen Entwicklungszusammenarbeit
Kürzen will die Bundesregierung insbesondere bei den Ausgaben für die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit. Sie sollen 2026 nur noch 4,64 Milliarden Euro statt 4,85 Milliarden Euro im Jahr 2025 betragen. Darin enthalten sind Mittel für die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit mit den Partnerstaaten, die dem Entwurf zufolge von 2,07 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf 1,95 Milliarden Euro sinken sollen. Sparen will die Bundesregierung außerdem beim Titel „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“. Hierfür sollen nur noch 695,77 Millionen Euro zur Verfügung stehen, 26 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr.
Das zweite große Kapitel im Einzelplan 23 umfasst die Europäische Entwicklungszusammenarbeit sowie Beiträge an die Vereinten Nationen und andere internationale Einrichtungen. Hierfür sind 2026 Gesamtausgaben in Höhe von 1,75 Milliarden Euro vorgesehen (2025: 1,93 Milliarden Euro).
Unter anderem soll der deutsche Beitrag am Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) um 82 Millionen Euro auf nunmehr 288 Millionen Euro sinken, der Beitrag zu den „Europäischen Entwicklungsfonds“ der Europäischen Union (den Abkommen von Lomé und Cotonou) um 22,4 Millionen Euro auf 144,1 Millionen Euro. An Beiträgen an die Vereinten Nationen und internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sieht der Entwurf nur noch 501,1 Millionen Euro vor statt 556,51 Millionen Euro im Jahr 2025.
Beiträge an multilaterale Entwicklungsbanken steigen
Demgegenüber will die Bundesregierung die Beiträge an multilaterale Entwicklungsbanken steigern.
Während hierfür für 2025 995,13 Millionen Euro eingeplant sind, sollen es 2026 1,22 Milliarden Euro sein. (hau/joh/24.09.2025)
