Aussprache zur inneren Sicherheit in Deutschland
Die umstrittene „Stadtbild“-Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat am Donnerstag, 6. November 2025, auch im Bundestag zu einer scharfen Kontroverse über die deutsche Migrationspolitik und die innere Sicherheit geführt. Die Abgeordneten debattierten dazu in einer von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Innere Sicherheit erhöhen, konsequent zurückführen und deutsche Leitkultur stärken – Konkrete Maßnahmen für ein besseres Stadtbild“.
AfD: Wähler wollen Wandel in der Migrationspolitik
Zu deren Beginn hielt Dr. Bernd Baumann (AfD) dem Kanzler vor, dass er vor 25 Jahren eine „deutsche Leitkultur“ gefordert und zuletzt im Wahlkampf eine „komplette Migrationswende“ versprochen habe, doch danach jeweils „gar nichts“ gekommen sei. Nun verspreche Merz, „das deutsche Stadtbild zu verändern“, und beklage, dass die innere Sicherheit desolat sei. Das „Kernproblem“ komme laut Merz aus „Kulturkreisen“ mit einer Respektlosigkeit gegenüber Frauen und der Polizei, fügte Baumann hinzu.
Es sei aber die CDU gewesen, die Migranten aus fremden Kulturkreisen „millionenfach hereingelassen“ habe. Die Wähler wollten jedoch einen Wandel in der Migrationspolitik. In Deutschland lebten 1,3 Millionen Syrer und Afghanen als Bürgerkriegsflüchtlinge sowie 300.000 abgelehnte Asylbewerber, die „alle zurück“ in ihre Heimat müssten. Das verändere das Stadtbild und werde von der AfD seit Jahren gefordert. Aus den Ankündigungen des Kanzlers werde indes auch jetzt „gar nichts“. Solange die Union zwar Forderungen der AfD übernehme, aber in Wirklichkeit das Gegenteil mache, schade sie Deutschland und sich selbst.
CDU/CSU: Klare Agenda in der Flüchtlingspolitik
Alexander Throm (CDU/CSU) entgegnete, die Regierungskoalition von Union und SPD habe eine „klar festgelegte Agenda in der Flüchtlingspolitik“. Als Erstes reduziere sie den Zugang zur illegalen Migration nach Deutschland. Dies habe sie bereits „zum Großteil geschafft: 50 bis 60 Prozent weniger Erstasylanträge als im vergangenen Jahr in den entsprechenden Vergleichsmonaten“, sagte Throm. Dadurch würden die Belastungen in der Gesellschaft, bei den Behörden, den Kommunen und der Polizei reduziert, was wiederum Ressourcen schaffe, „um die Migrationslage im Innern zu ordnen“ und für mehr Sicherheit zu sorgen.
Dabei müssten Migrationen mit Bleibeperspektive gefordert werden, um die Integration zu fördern, während diejenigen ohne Bleibeperspektive „schnell und effektiv“ das Land verlassen und abgeschoben werden müssten. Das sei „der Plan der Koalition für die nächsten vier Jahre“. Das „Ordnen in Deutschland selbst“ sei indes beim Bürger vor Ort noch nicht so spürbar. Es sei „quasi das Sinnbild, zu sagen, dass es sich im Stadtbild noch nicht bemerkbar macht“. 63 Prozent der Menschen in Deutschland hätten verstanden, was Merz damit gesagt habe, und stimmten ihm zu.
Grüne: Vielschichtiges Problem mit der inneren Sicherheit
Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) konstatierte, Deutschland habe ein Problem mit der inneren Sicherheit, das weder neu sei noch einfach, sondern vielschichtig. Dies beginne damit, wenn das Auto von Abgeordneten vor deren Haustür „abgefackelt“ werde, wie es jetzt der AfD passiert sei oder einer ehrenamtlichen Fraktionsvorsitzenden der Grünen in Hessen, bei der „quasi die Haustür weggesprengt“ worden sei. Das Problem habe auch etwas zu tun mit rechtsextremem Terror wie in Halle und Hanau und islamistischem Terror etwa auf dem Berliner Breitscheidplatz, mit Femiziden, häuslicher Gewalt gegen Frauen und mit russischen Drohnen.
Natürlich gebe es auch Migrationsprobleme im Land, und es stimme, wenn Merz sage, dass diejenigen Probleme machten, die sich nicht an Regeln halten. Das Problem an seiner „Stadtbild“-Äußerung sei aber die „Reduzierung von Leuten auf ihr Aussehen“. Um die innere Sicherheit zu stärken, müsse dafür gesorgt werden, dass die Polizei in Deutschland ihre mehr als 20 Millionen Überstunden abbauen und genug Personal da ist, damit sie ihrer Arbeit ausreichend nachgehen kann.
SPD: Mehr Polizisten mit besseren Befugnissen werden gebraucht
Sebastian Fiedler (SPD) sagte, gebraucht würden mehr Polizisten mit besseren Befugnissen sowie „mehr Kriminalprävention, bessere Beleuchtung, saubere Plätze“, Sozialarbeit, Wohnraum und „konsequentes Durchgreifen, wo Regeln verletzt werden“. An vielen dieser Themen arbeite die Koalition. Sie könnte noch mehr für die Sicherheit in Deutschland tun, wenn sich weniger Sicherheitskräfte mit dem Rechtsextremismus in Deutschland beschäftigen müssten und wenn Russlands Präsident Wladimir Putin aufhören würde, „uns mit hybriden Angriffen, Desinformation und Destabilisierung zu bedrohen“.
Natürlich gebe es auch Straftaten von Zugewanderten, doch gehe die größte Bedrohung des Landes von Putin aus „und von jenen, die seine Lügen hier im Parlament verbreiten“. Deutschland werde sicherer gemacht, indem man das Vertrauen stärke und nicht Hass säe. Dass das Land vielfältig sei, sei kein Zeichen des Niedergangs, sondern von Lebendigkeit, und Städte mit Vielfalt seien keine schwachen Städte: „Sie bleiben frei, wenn sie sich nicht spalten lassen“, betonte Fiedler.
Linke: Vielfalt ist unsere Stärke
Mirze Edis (Die Linke) beklagte, dass derzeit eine Debatte zu erleben sei, in der wieder einmal Menschen gegeneinander ausgespielt werden sollten. Ausgelöst worden sei diese Debatte von Merz, „der meinte, man erkenne die deutschen Städte nicht mehr, das deutsche Stadtbild nicht mehr“. Das Stadtbild Deutschlands seien aber die Menschen, die hier leben, die das Land aufgebaut haben, anpacken und Verantwortung übernehmen. Es seien „nicht die Verkäuferin mit dem Kopftuch, nicht der Pfleger mit dem türkischen Nachnamen, nicht die Nachbarin aus Syrien“, die nicht ins Stadtbild passten, sondern „Rassisten, Faschisten, Hetzer und Schlägertrupps“.
Das Problem seien „Menschen, die mit Hass durch unsere Straßen ziehen“ und andere bedrohen, und nicht die Vielfalt auf den Straßen. Diese Vielfalt sei vielmehr „unsere Stärke“, fügte Edis hinzu und betonte, Deutschland sei vielfältig, solidarisch und „stärker, wenn wir zusammenstehen“. (sto/06.11.2025)