Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 6. November 2025, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Rechtshilfe: Der Bundestag den Vertrag über die strafrechtliche Rechtshilfe mit Indien angenommen. Mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD, AfD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke haben die Abgeordneten für den Gesetzentwurf gestimmt. Demnach soll die strafrechtliche Rechtshilfe mit Indien auf eine verbindliche völkervertragliche Grundlage gestellt werden. Dazu hat die Bundesregierung den „Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. Oktober 2024 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indien über die Rechtshilfe in Strafsachen“ (21/1854) vorgelegt, mit dem der Vertrag ratifiziert wird. Der Bundesrat hat keine Einwendungen gegen den Entwurf (21/2372) erhoben. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (21/2596).

Wirtschaft: Die Abgeordneten haben einstimmig die Anpassung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige  verabschiedet. Dazu hat die Bundesregierung den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an die europäische Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2.1“ vorgelegt (21/1864). Abgestimmt wurde auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (21/2599) und eines Berichts des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (21/2627). Im Gesetzentwurf heißt es, die aktuell geltende standardisierte statistische Klassifikation der Wirtschaftszweige in der Europäischen Union NACE sei überarbeitet worden und müsse in nationales Recht umgesetzt werden. Die zuvor geltende Version NACE Revision 2 wurde nach Regierungsangaben zuletzt 2006 durch die EU-Verordnung Nr. 1893 / 2006 revidiert und wird seit 2008 von den Mitgliedstaaten angewendet. Die neue NACE Revision 2.1 wirke sich unmittelbar auf die Bundesstatistik aus und erfordere eine Änderung nationaler Statistikgesetze. Die Wirtschaftsstatistiken in Deutschland basieren nicht unmittelbar auf der NACE, sondern auf der daraus abgeleiteten, tiefer gegliederten nationalen „Klassifikation der Wirtschaftszweige“ (WZ). Das Ziel der Artikel 1 bis 10 des Gesetzentwurfs ist die Anpassung der betroffenen nationalen Rechtsvorschriften an die sich aus der NACE Revision 2.1 und der WZ 2025 ergebenden wirtschaftssystematischen Vorgaben und an die sich aus den Änderungen der Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der EU-Statistik ergebenden geänderten Berichtspflichten gegenüber der Europäischen Union. Dabei seien für struktur- und konjunkturstatistische Erhebungen unterschiedliche Zeitpunkte des Inkrafttretens der neuen NACE Revision 2.1 zu berücksichtigen. Mit der Änderung des Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetzes werde darüber hinaus die Lieferung von Daten rechtlich klargestellt. Der Bundesrat hat Einwände gegen den Gesetzentwurf in seiner Stellungnahme (2172471) geltend gemacht.. Darin merkt die Länderkammer an, dass das Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe geändert werde und damit eine Regelungslücke entstehe. Diese betreffe die Erfassung des Vorjahresumsatzes bei Bauträgern für den Berichtszeitraum 2026. Der Wirtschaftszweig der Bauträger falle damit in der neuen NACE Revision 2.1 künftig nicht mehr in den Bereich des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe. Deshalb solle der Entwurf entsprechend geändert werden. Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag in ihrer Gegenäußerung ab, nach Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe b den vorgeschlagenen Buchstaben c zu ergänzen. Bei der vermeintlichen Datenlücke handelt es sich ihrer Ansicht nach um keine Lücke. Bei einer entsprechenden Änderung des Gesetzestextes würden unnötigerweise Daten nach der alten Wirtschaftszweigklassifikation erhoben. Für die Jahreserhebung im Ausbaugewerbe gelte ab dem Berichtsjahr 2027 die neue Wirtschaftszweigklassifikation. Der Vierteljahresberichtskreis werde die neue Wirtschaftszweigklassifikation erst im Berichtsjahr 2028 eingeführt.

Griechenland: Der Bundestag hat einstimmig dem Antrag der Bundesregierung (21/2324, 21/2490) zugestimmt, dass Griechenland vorzeitig eine Teilrückzahlung gewährter Kredite leisten darf. Griechenland hat seine europäischen Partner um Zustimmung zur vorzeitigen Teilrückzahlung der bilateralen europäischen Kredite des ersten Hilfsprogramms (Greek Loan Facility, GLF) gebeten. Es gehe um die vorzeitige Teilrückzahlung von 5,29 Milliarden Euro. In der Begründung des Antrags heißt es, Griechenland habe um Zustimmung zu einer vorzeitigen Teilrückzahlung der bilateralen europäischen Kredite des ersten Hilfsprogramms GLF unter Verzicht auf die Anwendung der Parallelitätsklauseln der EFSF (zweites Hilfsprogramm) und des ESM (drittes Hilfsprogramm) gebeten. Dazu erläutert die Bundesregierung, in den Finanzhilfevereinbarungen von Griechenland mit der EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) und dem ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) seien Klauseln enthalten, die Griechenland im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung der bilateralen Kredite auch zu einer parallelen Tilgung gegenüber EFSF und ESM in proportionaler Höhe verpflichtet hätten. Derzeit stünden noch bilaterale GLF-Kredite in Höhe von 31,6 Milliarden Euro aus.

Kassensicherungsverordnung: Der Bundestag hat der zweiten Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung (21/1925, 21/2146 Nr. 2) ab, die das Bundesfinanzministerium (BMF) vorgelegt hat, zugestimmt. Für die Vorlagen haben CDU/CSU, SPD, Grüne und Linke gestimmt, die AfD hat sich enthalten. Die Entscheidung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (21/2586). Im Nachgang zur Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung hätten sich Klarstellungsbedarf sowie weiterer redaktioneller Änderungsbedarf ergeben, heißt es. Demnach müsse nach Paragraf 9 Absatz 2 der Kassensicherungsverordnung ein Taxiunternehmer, der zur Absicherung von Taxameter-Daten vor dem 1. Januar 2021 schon die Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme (INSIKA-Technik) eingesetzt hat, bei einem Fahrzeugwechsel dies dem Finanzamt mitteilen. Dies sei sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung arbeitsaufwendig. Zukünftig könne ein Taxiunternehmer bei einem Fahrzeugwechsel den vollen Übergangszeitraum nach Paragraf 9 der Verordnung für die Umrüstung nutzen und eine Mitteilungspflicht entfalle. In der Datenbank „Measuring Instruments Certificates“ der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt seien bereits drei Wegstreckenzähler mit digitalen Schnittstellen aufgeführt. Aufgrund dessen habe das BMF gemäß Paragraf 10 der Verordnung ein Schreiben zur Bestimmung des Anwendungszeitpunktes für Wegstreckenzähler erlassen. Die Anwendung auf Wegstreckenzähler lasse sich derzeit nur durch eine Gesamtschau von Verordnung und BMF-Schreiben bestimmen. Dieses Verfahren solle vereinfacht und damit die Rechtsbefolgung erleichtert werden. Zu diesem Zweck sollen redaktionelle Änderungen sowie verschiedene Klarstellungen umgesetzt werden. Die bislang geltende Einschränkung der Übergangsregelung bei einem Fahrzeugwechsel soll aufgehoben werden. Die bisherige Bestimmung zur Anwendung der Kassensicherungsverordnung auf Wegstreckenzähler durch ein BMF-Schreiben soll in die Verordnung übernommen werden. Darüber hinaus sollen schon vor dem 1. Juli 2024 in den Verkehr gebrachte Wegstreckenzähler mit einer digitalen Schnittstelle ab 2027 in den Anwendungsbereich aufgenommen werden.

Weinbau: „Bewährte Praxis im Weinbau erhalten – Backpulver wieder als Grundstoff im Pflanzenschutz zulassen“ lautet der Titel eines Antrags der AfD (21/2042), den der Bundestag mit breiter Mehrheit gegen das Votum der AfD abgelehnt hat. Grundlage der Abstimmung war eine Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (21/2304). Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Kaliumhydrogencarbonat und Natriumhydrogencarbonat erneut als Grundstoffe gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zugelassen werden. Zudem solle die Bundesregierung dafür sorgen, dass deutsche Winzer nicht durch regulatorische Unterschiede innerhalb der EU benachteiligt werden. Auch solle sie sicherstellen, dass Wettbewerbsverzerrungen aufgrund ungleicher Behandlung dieser Substanzen innerhalb der EU beseitigt werden.

Petitionen: Angenommen wurden elf Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen, die beim Bundestag eingegangen sind und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelte sich dabei um die Sammelübersichten 65 bis 75 (21/2265, 21/2266, 21/2267, 21/2268, 21/2269, 21/2270, 21/2271, 21/2272, 21/2273, 21/2274, 21/2275).

Fortzahlung des Pflegegeldes für Kinder bei Krankenhausaufenthalten

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, bei einem stationären Aufenthalt eines pflegebedürftigen Kindes das Pflegegeld auch über den 28. Tag hinaus zu gewähren, sofern die Eltern das Kind zusätzlich zum stationären Pflegepersonal pflegen. Zur Begründung heißt es in der Eingabe, pflegende Eltern gäben ihre Berufstätigkeit auf, um ihre Kinder versorgen zu können. Sie pflegten ihre Kinder ganztägig stationär und leisteten damit einen wichtigen Beitrag, da es gar nicht möglich sei, genügend Pflegepersonal für die Kinder bereitzustellen. 

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 15. Oktober verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nur vor, die Petition dem Bundesministerium für Gesundheit „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Weiterzahlung von Pflegegeld in den ersten vier Wochen

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss auf die seit 1996 geltende Regelung, wonach das Pflegegeld in den ersten vier Wochen einer vollstationären Krankenhausbehandlung oder einer Aufnahme in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen weiterzuzahlen sei. Ziel sei es, die Pflegebereitschaft der Angehörigen insbesondere von besonderen Personengruppen wie pflegebedürftigen Kindern oder altersverwirrten Personen auch bei einem Krankenhausaufenthalt zu erhalten. 

Im Übrigen betont der Petitionsausschuss, dass das Pflegegeld kein Entgelt für erbrachte Pflegeleistungen darstelle, sondern Pflegebedürftige in den Stand versetzen solle, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die sichergestellte Pflege zukommen zu lassen und einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft zu bieten. Es solle die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen stärken, damit sie die Pflege selbst gestalten können. Der Anspruch auf die Geldleistung stehe allein den Pflegebedürftigen zu, die sie der Pflegeperson zuwenden können, „aber nicht müssen“. 

Ausnahmen von der „Vier-Wochen-Regelung“ 

Ausnahmen von der „Vier-Wochen-Regelung“ gibt es der Vorlage zufolge schon heute. So gebe es eine Weiterzahlung des Pflegegeldes für pflegebedürftige Personen, „die ihre Pflege durch von ihnen als Arbeitgeber beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen und bei denen die Kosten von der Sozialhilfe ganz oder teilweise übernommen werden“. Die Praxis habe gezeigt, dass die pflegerische Versorgung insbesondere von pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen, die auf eine von ihnen beschäftigte persönliche Assistenzkraft angewiesen sind, während eines Krankenhausaufenthaltes nicht ausreichend sichergestellt sei. Bei diesen Personen werde das Pflegegeld ohne zeitliche Begrenzung gezahlt. Dies gelte auch bei mehrmaligem Krankenhausaufenthalt. 

Bei pflegebedürftigen Kindern gehe der Gesetzgeber hingegen bislang davon aus, „dass die pflegerische Versorgung während des Krankenhausaufenthaltes ausreichend sichergestellt ist und der Pflegebereitschaft der häuslich Pflegenden durch Weiterzahlung des Pflegegeldes während der ersten 28 Tage genügend Rechnung getragen ist“, heißt es in der Beschlussempfehlung. Der Ausschuss hält die Petition gleichwohl für geeignet, um auf das Anliegen aufmerksam zu machen. (hau/eis/ste/06.11.2025)