Erste Lesung zum Bundestariftreuegesetz
Öffentliche Aufträge des Bundes sollen künftig nur noch an Unternehmen mit Tarifbindung vergeben werden. Das sieht der Entwurf der Bundesregierung für ein Tariftreuegesetz (21/1941) vor, mit dem sich der Bundestag am heutigen Freitag, 10. Oktober 2025, erstmals beschäftigte.
Die AfD-Fraktion lehnte das Gesetz grundsätzlich ab, wohingegen die anderen Oppositionsfraktionen es grundsätzlich begrüßten, aber davor warnten, es dürfe kein stumpfes Schwert werden.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
In dem Entwurf erläutert die Regierung, warum sie ein solches Gesetz für nötig hält: Die autonome Ordnung des Arbeitslebens durch Tarifvertragsparteien sei trotz Änderungen am Tarifautonomiestärkungsgesetz, Tarifvertragsgesetz und am Mindestlohngesetz weiter zurückgegangen. Dazu beigetragen habe auch der Umstand, dass nicht tarifgebundene Unternehmen bisher grundsätzlich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen gegenüber tarifgebundenen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hätten.
„Wer keine tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewährt, kann aufgrund geringerer Personalkosten Angebote zu günstigeren Konditionen erstellen. Das Vermeiden tariflicher Arbeitsbedingungen korrespondiert daher grundsätzlich mit der Möglichkeit, kompetitivere Angebote im Vergabeverfahren abzugeben. Dies gilt insbesondere für Lohnkostenvorteile durch untertarifliche Vergütung“, führt die Regierung weiter aus.
Mit dem Gesetz sollen die Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes beseitigt und der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten eingeschränkt werden. Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig, wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen.
Bundesregierung: Kein Lohndumping mit Steuergeld
Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, betonte, der Bund nehme 500 Milliarden Euro für eine Modernisierung des Landes in die Hand, das schaffe Jobs und dafür brauche es anständige Arbeitsbedingungen. „Es geht um transparente und faire Verfahren und dazu gehört, dass wir mit Steuergeld kein Lohndumping betreiben.“
Sie versprach, das Gesetz solle „so bürokratiearm wie möglich“ umgesetzt werden. So sollen sich Unternehmen von vornherein zertifizieren lassen können, um nicht bei jedem Auftrag ein neues Verfahren durchlaufen zu müssen.
AfD: Ein Anschlag auf die Freiheit der Unternehmer
Hans-Jürgen Goßner (AfD) ließ kein gutes Haar an dem Vorhaben der Regierung. Es sei ein Paradebeispiel der Bürokratiepolitik, das „Betriebe gängelt und Beamtenstellen sichert“. Die Bundesregierung rede von Fairness, meine aber Misstrauen und zeige dabei ein erschreckendes Maß von Inkompetenz, so Goßner.
Sein Fazit: „Das Gesetz ist ein Anschlag auf die Freiheit des Unternehmers. Die Leidtragenden sind die kleineren mittelständischen Betriebe.“
Union: Wir wollen nur minimale Bürokratie
Wilfried Oellers (CDU/CSU) nannte das Ziel des Gesetzes dagegen legitim und versicherte wie die Ministerin, dass es mit „minimalistischem Bürokratieaufwand“ umgesetzt werden solle.
Dazu gehöre unter anderem, „dass der Staat zunächst einmal auf Informationen, die er schon hat, wie Beitragszahlungen zur Rentenversicherung, zurückgreift, bevor die Unternehmen Belege einreichen müssen“.
Grüne: Der Schwellenwert von 50.000 Euro ist viel zu hoch
Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen) griff vor allem die AfD-Fraktion an: „Sie hetzen hier gegen die Rechte der Arbeitnehmer und inszenieren sich dann im Wahlkreis als Partei des kleinen Mannes.“ Es sei gut, dass ein Tariftreuegesetz nun endlich komme, aber der Entwurf habe noch „einige Lücken“, so Lang.
Sie kritisierte unter anderem den Schwellwert von 50.000 Euro also viel zu hoch, dadurch würden 30 Prozent aller Aufträge aus dem Gesetz herausfallen. Außerdem sei es komplett unverständlich, dass es für Aufträge der Bundeswehr nicht gelten soll.
Linke: Die Kontrollstelle braucht mehr Befugnisse
Auch Pascal Meiser (Die Linke) bezeichnete den Entwurf als „längst überfällig“. Entscheidend sei nun aber, dass es nicht nur auf dem Papier gut klinge, sondern auch in der Praxis wirke. Er kritisierte ebenfalls die festgelegten Schwellenwerte und nannte es „absurd“, dass es für Aufträge an die Rüstungsindustrie nicht gelten soll.
Er mahnte außerdem an, der geplanten Kontrollstelle mehr Handlungsspielraum zu geben und auch verdachtsunabhängige Kontrollen einzuführen.
SPD: Wir müssen den Trend umkehren
Dagmar Schmidt (SPD) sagte: „Überall dort, wo künftig Bundesmittel fließen, da kann, wer Tarifverträge zahlt, diese Aufträge auch erhalten.“
Tarifverträge dürften nicht nur Thema in Sonntagsreden sein, „denn sie sind das Rückgrat für gute Arbeit in unserem Land. Wir zeigen mit dem Gesetz, dass wir die Alarmsignale ernst nehmen und europäische Sozialstandards umsetzen. Denn wir müssen den Trend der sinkenden Tarifbindung umkehren“, so Schmidt. (che/10.10.2025)