Asylpolitik zehn Jahre nach „Wir schaffen das“-Äußerung
Zehn Jahre nach der Aussage „Wir schaffen das“ der damaligen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) vom 31. August 2015 zur deutschen Flüchtlingspolitik haben die Bundestagsfraktionen am Mittwoch, 10. September 2025, im Parlament eine gegenteilige Bilanz der seitherigen Migrationspolitik der Bundesrepublik gezogen.
Während die AfD-Fraktion in der von ihr beantragten Aktuellen Stunde den zurückliegenden und aktuellen Regierungskurs massiv kritisierte, verwiesen Vertreter der anderen Fraktionen auf Erfolge bei der Bewältigung der mit den hohen Flüchtlingszahlen verbundenen Herausforderungen.
AfD: Deutschland hat gar nichts geschafft
Dr. Gottfried Curio (AfD) hielt der Union vor, vor zehn Jahren die Grenzen für inzwischen Millionen illegale Migranten geöffnet und „das Land de facto zur Sozialplünderung“ freigegeben zu haben. Die Kriminalitätsstatistik weise Ausländer weit überproportional als Täter aus, die Haushalte bersteten unter der Last der Migration und die Unterbringung sei längst nicht mehr gut möglich. Deutschland habe „gar nichts geschafft“, als dass das Land ärmer und unsicherer geworden sei und hunderttausende deutsche Leistungsträger pro Jahr auswanderten.
Gebraucht würden Abschiebungen und Rückführungen, doch komme da nichts, fügte Curio mit Blick auf die aktuelle Regierungspolitik hinzu. Stattdessen würden etwa „Grenzkontrollen, die 98 Prozent der Asylbewerber nicht erfassen“, als hochwirksam bezeichnet.
Union: Setzen Migrationswende um
Dr. Cornell-Anette Babendererde (CDU/CSU) sagte, Deutschland habe 2015 „ein freundliches Gesicht gezeigt“, wie es Merkel einst formuliert habe, „und ich bin auch heute noch überzeugt, dass das in diesem Moment und in dieser Situation die richtige Entscheidung war“. Später jedoch hätten sich die Bürgerkriegsflüchtlinge etwa aus Syrien vermischt mit solchen, die aus wirtschaftlicher Not gekommen seien. Hier habe auch die Union zu lange gezögert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Heute setze sie indes die von den Menschen gewollte Migrationswende um. Wer wegen Verfolgung oder Krieg aus seinem Land fliehe, solle in der EU ein neues Zuhause finden. Wer sich jedoch ohne Fluchtgrund aufgrund der bisher von Deutschland ausgegebenen Pull-Faktoren auf den Weg hierher mache, dem solle diese Motivation endlich wieder genommen werden.
Grüne heben „Erfolgsgeschichten“ hervor
Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf „Erfolgsgeschichten“ von Menschen, die 2015 nach Deutschland kamen. Diese hielten das Land „aktiv mit am Laufen“, arbeiteten überdurchschnittlich oft in systemrelevanten und Engpassberufen wie im Pflege- und Gesundheitswesen, im Verkehr, der Logistik, im Lebensmittelbereich und im Gastgewerbe. Sie zahlten Steuern und stützten die überlasteten Renten- und Sozialsysteme.
Die Beschäftigungsquote liege neun Jahre nach ihrer Ankunft bei 64 Prozent im Vergleich zu 70 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Auch seien viele der ehemals Schutzsuchenden heute eingebürgert „und damit längst Teil unserer Gesellschaft“, viele engagierten sich zudem ehrenamtlich, gerade auch in der Flüchtlingshilfe.
SPD: „Wir schaffen das“ hat heute neue Bedeutung
Auch Rasha Nasr (SPD) betonte, dass zwei Drittel der 2015 nach Deutschland gekommenen Menschen heute in Arbeit seien, Steuern zahlten und die Sozialsysteme stützten. Für sie habe der Satz „Wir schaffen das“ auch eine persönliche Ebene, fügte Nasr hinzu. So sei ihr Cousin 2025 aus Syrien in die Bundesrepublik gekommen, heute deutscher Staatsbürger und Architekt, der sich ein eigenes Leben aufgebaut habe. Das sei Integration: „einfach nur ein Mensch, der dazugehört“.
2015 habe „Wir schaffen das“ bedeutet: „Wir schaffen Integration“. Heute bedeute der Satz, die Demokratie „gegen Hetze, gegen Extremisten und vor allem gegen die AfD“ zu verteidigen.
Linke: Größte Gefahr geht von Rechtsextremisten aus
Clara Bünger (Die Linke) hielt der AfD vor, „von Hetze und Lügen“ zu leben. Sie rede von Ausländerkriminalität, während rechte Straftaten seit Jahren ein Rekordhoch nach dem anderen erreichten. Die Wahrheit sei, dass die größte Gefahr für Menschen in Deutschland nicht von Geflüchteten ausgehe, sondern von Rechtsextremisten.
Auch seien seit 2015 viele Erfolge erzielt worden. So habe man in einem Jahr 1,1 Millionen Menschen in Deutschland aufgenommen und ihnen damit das Leben gerettet. 64 Prozent der Flüchtlinge der damaligen Jahre arbeiteten. Bei Männern seien es 76 Prozent und damit mehr als im Bundesdurchschnitt. Auch seien fast 300.000 Menschen allein im vergangenen Jahr eingebürgert worden, und die Kriminalität sei heute niedriger als 2015. Über solche Erfolge werde indes viel zu wenig gesprochen. (sto/10.09.2025)