Hitzige Debatte über Prioritätensetzung im Umweltetat
Angesichts der Aussicht auf das vierte Dürrejahr seit 2018 hat sich Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) zur Bekämpfung des Klimawandels bekannt. „Der Klimawandel ist die größte soziale Frage des 21. Jahrhunderts“, sagte der Minister in der Debatte über den Etatentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, mit dem sich der Bundestag am Dienstag, 8. Juli 2025, in erster Beratung gut eineinhalb Stunden lang befasst hat.
Der Einzelplan 16 des Bundeshaushalts 2025 (21/500) enthält Ausgaben von 2,69 Milliarden Euro im Vergleich zu 2,4 Milliarden Euro im Vorjahr. Schneider plant mit Einnahmen von 1,15 Milliarden Euro gegenüber 1,06 Milliarden Euro im Jahr 2024. Der Einzelplan 16 soll nach den bis Freitag, 11. Juli, andauernden Beratungen aller Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Minister: Stehe für konsequente, soziale Klimaschutzpolitik
Schneider erklärte, er stehe deshalb für eine „konsequente, soziale Klimaschutzpolitik“. Bis 2045 wolle Deutschland klimaneutral sein. Die Bundesregierung bleibe bei ihren, wie auch den europäischen Klimazielen, betonte der SPD-Politiker. Noch in diesem Jahr werde er ein neues Klimaschutzprogramm mit konkreten Maßnahmen vorlegen. Mit Geldern aus dem Budget seines Hauses unterstütze er Klimaschutz und Klimaanpassung – etwa in Form der Begrünung von Hausdächern und -fassaden oder durch Entsiegelung. Seit 2020 seien mehr als 500 Vorhaben im Rahmen des Förderprogramms „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ mit mehr als 73 Millionen Euro gefördert worden.
Schneider unterstrich die Bedeutung der Energiewende – und den Ausstieg aus der Atomenergie. Wie richtig dieser gewesen sei, zeige allein ein Blick in den Haushalt seines Ressorts: 1,4 Milliarden Euro flössen in die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle, das sei der größte Posten des Einzelplans. Akzente für Klimaschutz- und Naturschutz setze sein Haus insbesondere mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK), das die schwarz-rote Bundesregierung fortsetzen und damit unter anderem die Wiedervernässung von Mooren, den Umbau von Wäldern sowie die Pflanzung von Stadtbäumen mit insgesamt 580 Millionen Euro im laufenden Jahr fördern wolle.
AfD kritisiert „verirrte und falsche“ Prioritäten
Georg Schröter (AfD) sprach angesichts des Haushalts von „verirrten und falschen Prioritäten“. Die Klima-, Umwelt- und Naturschutzpolitik der Bundesregierung schaffe für die Bürger „keinen Mehrwert“, sondern gefährde ihren Wohlstand. Während 225 Millionen des 2,69 Milliarden schweren Etats in den Moorschutz flössen, seien für den Hochwasserschutz in strukturschwachen Regionen der neuen Bundesländer nur acht Millionen eingeplant.
Für den internationale Klimafonds gebe die Bundesregierung 200 Millionen Euro aus, habe aber kein Geld für Flussfilter gegen Mikroplastik, monierte Schröter. „Während unsere Nachbarn in Frankreich und Polen in moderne Kernkraftanlagen jährlich 500 Millionen Euro investieren, verschwenden Sie 890 Millionen für den Rückbau von sicheren Anlagen.“
CDU/CSU für Munitionsbergung aus Nord- und Ostsee
Mark Helfrich (CDU/CSU) mahnte, die Bedeutung des Umweltetats nicht zu unterschätzen. Obwohl er klein im Vergleich zu anderen Haushaltsplänen erscheine, gehe es bei ihm um nichts „Geringeres als die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen“. Natur- und Ressourcenschutz durch zirkuläres Wirtschaften und nicht zuletzt der Klimaschutz seien zentrale Herausforderungen. An den ambitionierten Klimazielen werde nicht gerüttelt, versprach der CDU-Politiker. Aber um sie zu erreichen, brauche es mehr Flexibilität: „Deshalb werden wir CO-Gutschriften nach dem Pariser Klimaabkommen mit dem europäischen Emissionshandel verknüpfen“.
Es bringe für das Klima „unter dem Strich“ nichts, wenn die deutsche Industrie im Prozess der Dekarbonisierung international abgehängt werde und aus Deutschland abwandere, sagte Helfrich. Ebenso zentral sei die Anpassung an den Klimawandel. Die Anstrengungen gelte es gemeinsam mit den Ländern zu verstärken. Einig sei man sich in der Koalition auch darin, die Munitionsbergung aus Nord- und Ostsee „mit Hochdruck voranzutreiben“.
Grüne monieren Kürzungen im Etat
Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, die zusätzlichen Milliarden für den Klimafonds aus dem Sondervermögen nicht für das zu nutzen, für das sie gedacht seien. „Sie nutzen die neuen finanziellen Möglichkeiten nicht für Umwelt- und Naturschutz und für echten Klimaschutz und Klimaanpassung.“ Der Etat für das Ressort im Kernhaushalt sei in etwa genauso so groß, wie ihn die Ampelregierung vor ihrem Bruch geplant habe.
Trotz eines weiteren Hitzesommers würden „wichtige Projekte für mehr Schatten, Bäume, Grünflächen und Wasserelemente – und somit für den Schutz der Menschen“ nicht aufgestockt. Im Gegenteil: Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz solle ab 2027 sogar um 1,1 Milliarden Euro gekürzt werden – dabei seien dessen Förderlinien stark nachgefragt. So könne wohl nicht die angekündigte Verstetigung des ANK aussehen, die Schneider angekündigt habe, entrüstete sich Müller.
Linke wirft Regierung „Greenwashing“ vor
Dr. Fabian Fahl (Die Linke) bezeichnete die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung als „Greenwashing“. Es sei „unredlich“, dass sie suggeriere, dass mit den 37 Millionen Euro, die in diesem Jahr aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) bereitstünden, etwas für den Klimaschutz getan werde, kritisierte der Abgeordnete.
Wie schon seine Vorrednerin monierte Fahl die Streichung von Geldern für den Natürlichen Klimaschutz um mehr als 160 Millionen Euro, während für Förderprogramme für Mikroelektronik und der Ausbau des Breitbandnetzes ein Vielfaches zur Verfügung gestellt werde. „Beides ist wünschenswert, aber klassische Industrieförderung“, so Fahl. Mit diesem „Etikettenschwindel“ müsse Schluss sein. Die Zuschüsse zur Entlastung beim Strompreis konterkarierten zudem die Ziele des KTFs. Gut 19 der 37 Milliarden Euro hätten mit Klimaschutz fast nichts zu tun.
SPD begrüßt Fortsetzung der Munitionsbergung
Bettina Hagedorn (SPD) lobte den Haushaltsentwurf der Bundesregierung und den zuständigen Umweltminister Schneider insbesondere für dessen Ankündigung auf der UN-Ozeankonferenz in Nizza, die Gelder für die Munitionsbergung aus Nord- und Ostsee über das Jahr 2027 hinaus zu verstetigen. Ein mit 100 Millionen Euro ausgestattetes Programm zur Munitionsbergung solle langfristig fortgesetzt werden, hatte Schneider dort Anfang Juni erklärt.
Hagedorn begrüßte das ausdrücklich: Es brauche unbedingt die geplante schwimmende Plattform, um Weltkriegsmunition aus dem Meer zu bergen und zu vernichten. Aber auch die Bundesländer müssten sich daran finanziell beteiligen, so ihre Forderung.
Umweltschutz und Klimawandel
Für Investitionen sollen knapp 1,65 Milliarden Euro bereitstehen; 2024 waren 1,37 Milliarden Euro. Die Verpflichtungsermächtigungen bis 2046, die im Haushalt 2025 vorgesehen sind, belaufen sich auf rund 2,3 Milliarden Euro. Obwohl Carsten Schneider, anders als seine Vorgängerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen), als Umweltminister zwar wieder zuständig ist für den Klimaschutz und nicht mehr für den Verbraucherschutz, spiegelt der Einzelplan 16 des Haushaltsentwurfs 2025 diesen veränderten Ressortzuschnitt noch nicht wider. Ausgewiesen wird hier nicht das Budget für Klimaschutz, sondern das für den Verbraucherschutz.
Für den Umweltschutz sollen 262,3 Millionen Euro ausgegeben werden können (2024: 313,19 Millionen Euro). 38,57 Millionen Euro davon sind zur Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel eingeplant (2024: 41,07 Millionen Euro). Damit stellt die Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel einen Schwerpunkt dar. Für das Sofortprogramm Munitionsaltlasten sind im Rahmen des nationalen Meeresschutzes 24 Millionen Euro eingeplant, neun Millionen Euro weniger als 2024. Allerdings steht noch ein Großteil der Gelder (29,65 Millionen Euro) als Rest aus dem Vorjahr zur Verfügung.
Für den internationalen Umweltschutz, den Export von Technologien gegen die Vermüllung der Meere, sollen wie schon im Vorjahr 20 Millionen Euro eingesetzt werden können. Verbände und sonstige Vereinigungen auf den Gebieten des Umweltschutzes und des Naturschutzes sollen dem Entwurf zufolge Zuschüsse in Höhe von 11,58 Millionen Euro erhalten (2024: 11,25 Millionen Euro). 33 Millionen Euro sind für Investitionen zur Verminderung von Umweltbelastungen eingeplant. (2024: 37,56 Millionen Euro).
Radioaktive Abfälle und nukleare Sicherheit
Für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle sieht die Vorlage Ausgaben in Höhe von 1,4 Milliarden Euro vor (2024: 1,14 Milliarden Euro). Davon entfallen 860,81 Millionen Euro auf Endlagerungen und Standortauswahlverfahren (2024: 710 Millionen Euro) und 534,44 Millionen Euro auf Zwischenlagerungen (2024: 430 Millionen Euro). In Höhe von rund 80,35 Millionen stehen restliche Gelder aus dem Jahr 2024 zur Verfügung.
Als Einnahmen für die Endlagerung radioaktiver Abfälle sind im Etatentwurf 581,25 Millionen Euro aufgeführt (2024: 531,55 Millionen Euro) – bei den Einnahmen für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle sind es 468 Millionen Euro (2024: 433,08 Millionen Euro). Für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sind im Budget des Umweltministeriums 131,47 Millionen Euro im laufenden Jahr vorgesehen – etwas weniger als 2024, als 137,95 Millionen zur Verfügung standen.
Naturschutz und Verbraucherschutz
Der Naturschutz soll 2025 insgesamt 200,31 Millionen Euro kosten dürfen im Vergleich zu 146,14 Millionen Euro im Vorjahr. Schwerpunkt hier sind die Ausgaben für den Bundesnaturschutzfonds, für den in diesem Jahr 100 Millionen Euro bereitstehen sollen. (2024: 108 Millionen). Sechs Millionen Euro stehen als Rest aus dem Vorjahr zur Verfügung.
Für Maßnahmen des Meeresschutzes sind 60 Millionen Euro eingeplant. Diese Gelder stammen aus Zahlungen der sogenannten Meeresschutzkomponente gemäß des Windenergie-auf-See-Gesetzes. Darin ist vorgeschrieben, dass fünf Prozent der Erlöse aus Versteigerungen von Offshore-Gebieten zweckgebunden für den Meeresnaturschutz eingesetzt werden sollen.
Die Ausgaben für die Verbraucherpolitik sollen sich 2025 auf 41,06 Millionen belaufen (2024: 40,38 Millionen). Größter Posten hier sind die Zuschüsse für die Vertretung der Verbraucher, den Bundesverband der Verbraucherzentralen, in Höhe von 26,4 Millionen Euro (2024: 26,37 Millionen).
Nachgeordnete Behörden
Das nachgeordnete Umweltbundesamt soll 205,19 Millionen Euro erhalten (2024: 183,56 Millionen Euro), das Bundesamt für Naturschutz 65,59 Millionen Euro (2024: 56,36 Millionen Euro), das Bundesamt für nukleare Sicherheit der nuklearen Entsorgung 60,92 Millionen Euro (2024: 68,82 Millionen Euro) und das Bundesamt für Strahlenschutz 80,49 Millionen Euro (2024: 83,59 Millionen Euro). (sas/hau/08.07.2025)