Aktuelle Stunde

Hitzige Debatte über Maskenbeschaffung in der Corona-Pandemie

In einer teilweise hitzigen Debatte haben sich die Abgeordneten mit der umstrittenen Beschaffung von Schutzmasken während der Corona-Pandemie befasst. Redner der Opposition warfen dem damaligen Bundesgesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) vor, Steuergeld verschwendet und undurchsichtige Geschäfte eingefädelt zu haben. Vertreter der Unionsfraktion nahmen Spahn in Schutz und warfen der Opposition unbelegte Anschuldigungen vor. 

Anlass für die Aktuelle Stunde auf Antrag der Linksfraktion war ein Bericht der beamteten Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD), der sich mit den damaligen Abläufen befasst. In dem Bericht, der als Verschlusssache eingestuft ist, wird das Vorgehen Spahns bei der Beschaffung von Schutzmasken teils heftig kritisiert. Ihm wird vorgeworfen, gegen den Rat seiner Fachabteilungen Masken zu völlig überzogenen Preisen beschafft zu haben. Bis heute dauern Rechtsstreitigkeiten über die Lieferverträge an. Das Prozesskostenrisiko für den Steuerzahler wird derzeit auf rund 2,3 Milliarden Euro geschätzt.

Linke: Es geht um politische Verantwortung

Ines Schwerdtner (Die Linke) beschuldigte Spahn, stets vor allem seinen eigenen Vorteil im Blick zu haben. Sie betonte: „Es geht hier auch nicht um ein Versehen, es geht um politische Verantwortung.“ Zudem gehe es um sehr viel Geld. Durch die „Maskendeals“ sei ein Schaden von schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro entstanden. Statt offene Fragen aufzuklären, wasche Spahn seine Hände in Unschuld. 

Schwerdtner kritisierte mit Blick auf die Corona-Krise: „Wir mussten verzichten, Sie haben verteilt, vor allem an Parteifreunde.“ Sie erinnerte daran, dass einige Unionspolitiker in fragwürdige „Maskendeals“ verwickelt gewesen seien. Die Linke-Politikerin rügte, dass der Sudhof-Bericht den Fachausschüssen nur in geschwärzter Fassung vorgelegt worden ist. So sehe also Transparenz nach CDU-Standards aus. Es sei nicht verwunderlich, wenn Menschen das Vertrauen in die Politik verlören. Sie forderte Spahn zum Rückzug von seinen politischen Ämtern auf und argumentierte: „Wer Vertuschung organisiert, der hat in der Politik nichts zu suchen.“

CDU/CSU: Populistisches Getöse  unangebracht

Die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt widersprach den Vorwürfen und hielt den Kritikern Populismus und mangelnde Fairness vor. Die Corona-Pandemie stehe für eine der dramatischsten Krisen, die es jemals gegeben habe. Schutzmasken seien damals Mangelware gewesen, die Preise für Masken seien enorm gestiegen. Pflegekräfte hätten improvisieren müssen. Sie sprach dem Sudhof-Bericht die nötige sachliche Grundlage ab. Es handele sich um ein vermeintliches Gutachten ohne nachvollziehbare Quellen, das keine Grundlage sei für eine faire Bewertung der damaligen Lage.

Die geplante Enquete-Kommission sei nun entscheidend, um öffentlich und „schonungslos“ die Corona-Pandemie aufzuarbeiten und keine Hexenjagd zu betreiben. Borchardt räumte ein, dass es in der Pandemie zu Fehlern gekommen ist. Wer das Gegenteil behaupte, verkenne die Dimension der Krise. Der Schutz der Menschen habe jedoch Priorität gehabt. Wer in Krisen wichtige Entscheidungen treffe, dürfe deswegen nicht später verunglimpft werden. „Wir brauchen keine Skandalisierung im Nachhinein“, sagte die CDU-Abgeordnete und fügte hinzu: „Populistisches Getöse ist völlig unangebracht.“

SPD: Historische Ausnahmesituation

Auch Christos Pantazis (SPD) sprach im Rückblick auf die Pandemie von einer „historischen Ausnahmesituation“. Viele Bereiche der Gesellschaft seien von der Krise beispiellos betroffen gewesen. Es habe Schutzausrüstung gefehlt auf den „überhitzen Weltmärkten“. Der Mediziner fügte hinzu, es habe auch keine Blaupause gegeben für die Bewältigung der Gesundheitsnotlage. 

Die Politik sei nach dem Grundsatz vorgegangen, Leben zu schützen, auch wenn es teuer werden würde. Gleichwohl sei die Politik heute nicht entbunden von der Pflicht der Aufarbeitung. Es stehe außer Frage, dass bei der Maskenbeschaffung gravierende Fehler gemacht worden seien, die bis heute den Bundeshaushalt belasten. 

Pantazis wandte sich aber entschieden dagegen, den Sudhof-Bericht parteipolitisch zu diskreditieren. Wer die erfahrene Verwaltungsjuristin angreife, greife den Beamtenapparat des Staates insgesamt an. Auch sei der Bericht vor der Wahl nicht veröffentlicht worden, somit sei keine Parteitaktik im Spiel gewesen. Der SPD-Abgeordnete betonte, die Bürger erwarteten vollständige Transparenz, Fehlentscheidungen dürften sich nicht wiederholen. Das damalige Geschehen müsse differenziert, aber kompromisslos aufgearbeitet werden. Die Enquete-Kommission werde dabei eine entscheidende Rolle spielen. Die selbstkritische Aufarbeitung von Fehlentscheidungen mache die Stärke demokratischer Staaten aus.

AfD: Unsicherheit kein Freifahrtschein für Maßlosigkeit

Nach Ansicht der AfD-Abgeordneten Claudia Weiss steht die Maskenbeschaffung in der Pandemie für ein politisches Totalversagen, ein Lehrstück für Missmanagement, Verschwendung und fehlende Verantwortung.  Es seien teure Fehlentscheidungen getroffen worden auf Kosten der Steuerzahler. Der Sudhof-Bericht offenbare Regierungshandeln ohne Bedarfsanalyse, ohne belastbare Daten und ohne Transparenz sowie eine erschütternde Gleichgültigkeit gegenüber dem sorgsamen Umgang mit dem Geld der Bürger.

Weiss sagte, ein Merkmal von Krisen sei die Unsicherheit. Aber „Unsicherheit ist kein Freifahrtschein für Maßlosigkeit“. Es gebe auch keinen Willen zur politischen Aufarbeitung. Die Vertuschung widerspreche jedem Verständnis von Transparenz. Wenn die Kommunen um jeden Euro kämpfen müssten, dürfte die Bundesregierung nicht mit Geld um sich werfen. Die Pandemie sei ein Stresstest gewesen, auch für das Regierungshandeln. „Der Test wurde nicht bestanden.“ So etwas dürfe nie wieder passieren. 

Grüne fordern Untersuchungsausschuss

Heftige Kritik kam auch von Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen), der die Schadenhöhe auf bis zu elf Milliarden Euro taxierte und der Union vorhielt, an einer Aufklärung nicht interessiert zu sein. Es gehe dabei konkret um die Frage, ob ein Minister die Lage zu seinem persönlichen Vorteil ausgenutzt habe. Grundsätzlich stelle sich zudem die Frage, ob Menschen in Krisen noch Vertrauen in den Staat haben könnten. 

Viele Fragen aus der Pandemie-Zeit seien noch immer ungeklärt. So sei damals zwar das sogenannte Open-House-Verfahren zur Beschaffung von Schutzmasken abgebrochen worden, dennoch habe Minister Spahn immer mehr Verträge „hemdsärmelig“ abgeschlossen. Es müsse aufgeklärt werden, wer profitiert habe, wer im Umfeld von Spahn aktiv gewesen sei. „Wir wissen nicht, ob Spahn bis heute womöglich erpressbar ist.“ Audretsch sagte, die Enquete-Kommission könne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ersetzen. Er forderte die Abgeordneten auf, den Weg für einen solchen Ausschuss freizumachen. (pk/25.06.2025)