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Parlament

Überweisungen im vereinfachten Verfahren

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 17. Februar 2022, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen: 

Benin-Bronzen: In einem Antrag der Fraktion der AfD mit dem Titel „Beabsichtigte Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria umgehend stoppen“ (20/705) wird gefordert, dass in Verhandlungen über das geplante Rahmenabkommen mit Nigeria im Dezember dieses Jahres die Rückgabe von Artefakten aus dem historischen Königreich Benin grundsätzlich ausgeschlossen und das Rahmenabkommen so ausgestaltet werden soll, dass die Benin-Artefakte im Rahmen zeitlich befristeter Ausstellungen als Leihobjekte in Nigeria gezeigt werden können, sobald dort Museen errichtet sind, die internationalen Standards entsprechen. Die Vorlage wird federführend im Ausschuss für Kultur und Medien weiterberaten.

Schweinehaltung: Die AfD fordert in einem Antrag mit dem Titel „Deutsche Schweinehaltung retten“ (20/702), dass die Corona-Überbrückungshilfen unverzüglich und unbürokratisch bei den Betrieben ankommen und den Betrieben weiterhin den Zugang zu Corona-Hilfen ermöglicht wird. Außerdem solle sie sich mit Nachdruck bei der Europäischen Kommission dafür eingesetzen, dass schweinehaltenden Betriebe, die von der Afrikanischen Schweinepest (ASP) betroffen sind, beihilfekonform finanziell unterstützt werden dürfen. Federführend berät der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft die Vorlage weiter.

Bodenmarkt: Die AfD legt einen Antrag mit dem Titel „Bauernland ist kein Spekulationsobjekt – Bestehende Regulierungslücken auf dem Bodenmarkt schließen“ (20/697) vor, der die Bundesregirung auffordert, weiter mit den Bundesländern im Bereich der Bodenmarktpolitik zusammenzuarbeiten und dabei vor allem die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ausgearbeiteten elf Maßnahmen für eine zukunftsfähige Agrarstruktur zu berücksichtigen. Die Vorlage wird federführend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beraten. 

Aktionsplan: Abgesetzt von der Tagesordnung wurde der angekündigte Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Proaktivität zeigen – Erste Vorschläge für den deutsch-italienischen Aktionsplan unterbreiten“. Für die federführende Beratung der Vorlage war der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union vorgesehen.

Zinsregeln: Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag (20/685) mit dem Titel „Zinsregeln im Steuerrecht wirklichkeitsnah anpassen“ eingebracht. Danach fordert die Union, Paragraf 233a der Abgabenordnung (AO), der die Verzinsung von Steuernachforderungen- und -erstattungen regelt, zeitnah ersatzlos zu streichen und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Zinssatz nach Paragraf 238 AO für Stundungs-, Prozess- und Aussetzungszinsen (Paragrafen 234, 236, 237 AO) zeitnah und realitätsgerecht nach unten korrigiert. Die Überweisung ist an den federführenden Finanzausschuss überwiesen worden.

(eis/irs/17.02.2022)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Petra Pau

Petra Pau

© Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Pau, Petra

Bundestagsvizepräsidentin

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Dokumente

  • 20/685 - Antrag: Zinsregeln im Steuerrecht wirklichkeitsnah anpassen
    PDF | 216 KB — Status: 15.02.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/697 - Antrag: Bauernland ist kein Spekulationsobjekt - Bestehende Regulierungslücken auf dem Bodenmarkt schließen
    PDF | 232 KB — Status: 15.02.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/702 - Antrag: Deutsche Schweinehaltung retten
    PDF | 199 KB — Status: 15.02.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/705 - Antrag: Beabsichtigte Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria umgehend stoppen
    PDF | 209 KB — Status: 16.02.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • Fundstelle im Plenarprotokoll (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)

Beschluss

  • Überweisungen beschlossen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Internetredaktion

Parlament

Überweisungen im vereinfachten Verfahren

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 29. September 2022, eine Reihe von Vorlagen an die Ausschüsse überwiesen:

ERP-Sondervermögen: Ein von der Bundesregierung eingebrachter Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2023 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2023, 20/3437) wird federführend im Wirtschaftsausschuss weiterberaten. Mit dem Sondervermögen sollen Mittel in Höhe von rund 943 Millionen Euro für die Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, hier insbesondere des Mittelstandes, und Angehörige freier Berufe bereitgestellt werden, zum Beispiel in Form von zinsgünstigen Darlehen und Beteiligungskapital. Der Wirtschaftsplan sieht unter anderem Finanzierungshilfen zur Unterstützung von Unternehmensgründungen und -übernahmen vor, sowie zur Förderung der Leistungssteigerung mittelständischer Unternehmen und für Exporte der gewerblichen Wirtschaft. Hierfür sind für das Jahr 2023 rund 60, 2 Millionen Euro vorgesehen (2022: 56,4 Millionen Euro). Für Zusagen bis zum 31. Dezember 2022 werden Förderkosten in Höhe von etwa 136,1 Millionen Euro eingeplant (2022: 144,3 Millionen Euro).

Internationaler Strafgerichtshof: Federführend im Auswärtigen Ausschuss weiterberaten wird ein von der Bundesregierung eingebrachter Gesetzentwurf zu den Änderungen vom 26. November 2015, 14. Dezember 2017 und 6. Dezember 2019 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (20/3444). Mit dem Entwurf sollen die Voraussetzungen für eine Ratifizierung von Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs geschaffen werden. So habe die Vertragsstaatenversammlung Änderungen des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe b und e des Statuts angenommen: In Bezug auf Kriegsverbrechen im internationalen bewaffneten Konflikt und im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt seien die Verbrechenstatbestände um die Verwendung bestimmter Waffen klarstellend ergänzt worden. Durch eine Änderung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e des Statuts in Bezug auf Kriegsverbrechen in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten werde außerdem das vorsätzliche Aushungern im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt im Einklang mit dem Völkergewohnheitsrecht unter Strafe gestellt, was bereits für den internationalen bewaffneten Konflikt der Fall sei.

Wohnraumüberwachung: Der Bericht der Bundesregierung gemäß Artikel 13 Absatz 6 Satz 1 des Grundgesetzes für das Jahr 2020 (19/32583) wird federführend im Rechtsausschuss beraten. Der jährlichen Unterrichtung liegt Artikel 13 Absatz 6 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zugrunde. Sie erstreckt sich auf Maßnahmen, die im Rahmen des Artikels 13 Absatz 3 GG (Strafverfolgung, Gefahrenabwehr) vorgenommen wurden. Laut Unterrichtung ist aus einer aufgrund entsprechender statistischer Mitteilungen aus den Ländern und vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof durch das Bundesamt für Justiz erstellen Tabelle ersichtlich, dass im repressiven Bereich nach Artikel 13 Absatz 3 GG in fünf Ländern in insgesamt acht Verfahren insgesamt neun Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung angeordnet und sieben hiervon auch vollzogen worden sind. Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach Artikel 13 Absatz 4 GG seien im Berichtsjahr 2020 im Zuständigkeitsbereich des Bundes nicht ergriffen worden. Zur Eigensicherung nach Artikel 13 Absatz 5 GG sei im Erhebungszeitraum keine richterlich überprüfungsbedürftige Maßnahme im Zuständigkeitsbereich des Bundes durchgeführt worden.

Kreativwirtschaft: Der Ausschuss für Kultur und Medien wird sich federführend mit einem Antrag von CDU/CSU mit dem Titel „Einen Ansprechpartner für die Kreativwirtschaft wie zugesagt benennen – Sorgen der Kulturbranche anhören und handeln“ (20/3686) befassen. Darin fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, „sofort“ den im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP angekündigten Ansprechpartner für die Kultur- und Kreativwirtschaft in der Regierung zu benennen. Die Union moniert, dass dies trotz mehrfacher Ankündigungen bislang nicht geschehen sei. Darüber hinaus spricht sie sich für die Einberufung eines Runden Tischs mit der Veranstaltungs- und der Kreativwirtschaft aus, um Lösungen zur Überwindung der Folgen des dritten Corona-Pandemiejahres und der Energiekrise zu finden. Dem Haushaltsausschuss und dem Kulturausschuss des Bundestages sei zudem offenzulegen, wie viel Mittel aus dem Sonderfonds für Kulturveranstaltungen bislang nicht abgeflossen sind. Diese Restmittel sollen nach dem Willen der Union den bisherigen Antragsstellern weiterhin zur Verfügung gestellt und die Kriterien für die Mittelvergabe „passgenauer, einfacher und bedarfsgerechter“ ausgestaltet werden. 

Agrardieselrückerstattung: Federführend im Landwirtschaftsausschuss beraten wird ein Antrag der AfD mit dem Titel „Spürbare Entlastung der heimischen Landwirtschaft durch eine Verdopplung der Agrardieselrückerstattung“ (20/3699). Der Betrag solle von derzeit 21,48 Cent/Liter auf 42,96 Cent/Liter steigen, die Maßnahme solle auf zwei Jahre befristet sein. Zur Begründung heißt es, dass „die seit mehr als einem Jahr massiv steigenden landwirtschaftlichen Betriebsmittekosten, insbesondere für Energie, Dünge- und Futtermittel, zu Liquiditäts- und Cashflow-Problemen im Agrarsektor führen“. Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine habe starke Auswirkungen auf die internationalen Agrarmärkte, verursache weltweite Lebensmittelverknappung sowie eine drohende Hungersnot in der Welt. Die Sicherung der heimischen Produktion und von bezahlbaren Lebensmitteln sei daher von enormer Wichtigkeit für die Bundesrepublik Deutschland und trage zur globalen Problemlösung bei.

Tempolimit: Die Linksfraktion fordert ein generelles Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Deutschlands Autobahnen. In einem Antrag (20/1914) fordert sie die Bundesregierung auf, zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Nach Ansicht der Fraktion trägt ein Tempolimit zu mehr Verkehrssicherheit sowie zu einem erhöhten Gesundheits- und Klimaschutz bei. Die Vorlage wird federführend im Verkehrsausschuss beraten.

Feiertage: Die Linksfraktion dringt darauf, auf ein Wochenende fallende gesetzliche Feiertage an Werktagen nachzuholen. Ein entsprechender Antrag (20/3615) wird federführend im Ausschuss für Arbeit und Soziales beraten. Darin fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem im Arbeitszeitgesetz eine Kompensationsregelung für gesetzliche Feiertage festgeschrieben wird, die auf ein Wochenende fallen. Diese Regelung soll der Vorlage zufolge die Gewährung eines Ersatzruhetages am nächsten Werktag vorsehen, der auf den Feiertag folgt.

Uranfabriken: Ein Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „Stilllegung der Uranfabriken Gronau und Lingen – Exportverbot für Kernbrennstoffe“ (20/3616) wird zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz überwiesen. Darin fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Stilllegung von Anlagen zur Kernbrennstoffversorgung vorzulegen, vor allem der beiden Urananlagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, „um den Atomausstieg in Deutschland umfassend zu machen“. Auch Uranbrennstoff-Exporte für Atomreaktoren im Ausland sollen verboten werden. Dazu solle dem Entwurf eine Regelung beigefügt werden, die solche Ausfuhren „rechtlich zweifelsfrei“ untersagt, schreiben die Abgeordneten. Bislang seien die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen vom Atomausstieg ausgenommen, heißt es im Antrag. Diese versorgten nicht nur Atomkraftwerke in Deutschland mit Brennstoff, sondern weltweit. Zu den Abnehmern gehörten auch marode Reaktoren im grenznahen Ausland. Damit trügen deutsche Uranfabriken dazu bei, dass „die unverantwortlichen Risiken der Atomenergieerzeugung international fortbestehen“ und gefährdeten auch die bundesdeutsche Bevölkerung. 

Elektrogeräte: Ebenfalls im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz federführend beraten wird ein Antrag der Linken mit dem Titel „Längere Lebensdauer für Elektrogeräte“ (20/3617). Darin fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Mindestanforderungen an die Haltbarkeit von Elektrogeräten formuliert und deren technische Langlebigkeit garantiert. Mit dem Gesetz sollten Mindestnutzbarkeitszeiten für alle Elektrogeräte eingeführt werden, um so den Verbraucherschutz zu verbessern, heißt es in der Vorlage. Als Beispiel für eine Mindestnutzbarkeitszeit nennen die Abgeordneten unter anderem zehn Jahre für Kühlschränke und Waschmaschinen, sechs Jahre für Unterhaltungselektronik und fünf Jahre für Mobiltelefone. Darüber hinaus solle sichergestellt werden, dass die Verfügbarkeit von Software-Upgrades für Elektrogeräte, deren Ersatzteile und 3-D-Modelle dieser Ersatzteile für den 3-D-Druck bis zum Ende der Mindestnutzbarkeitsdauer garantiert ist, verlangt die Fraktion. Die feste Verbauung von Akkus und Batterien soll laut Antrag verboten und Händler wie Hersteller sollen verpflichtet werden, bei vorzeitigem Ausfall von Geräten entweder Reparatur, Ersatz oder Erstattung des vollen Kaufpreises zu leisten.

Kulturgut aus kolonialem Kontext: Die AfD fordert die „Einrichtung einer unabhängigen beratenden Gustav-Nachtigal-Kommission für Kulturgut aus kolonialem Kontext“ (20/3696). Weitere Beratung wird die Vorlage im Ausschuss für Kultur und Medien erfahren. Nach dem Willen der AfD-Fraktion soll eine unabhängige Beratende Kommission zum Umgang mit Rückgabeforderungen zu Kulturgütern aus kolonialen Kontexten eingerichtet werden. Das Gremium soll jedoch lediglich Empfehlungen aussprechen können, die keinerlei rechtlich bindende Wirkung haben, und an der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, orientieren, heißt es in dem Antrag. Die Kommission soll sich aus zehn Personen des öffentlichen Lebens mit juristischer, museologischer, kultureller und historischer Expertise zusammensetzen. Ein wechselndes Kommissionsmitglied soll über eine spezielle Expertise über die politische, gesellschaftliche und menschenrechtliche Situation in dem Herkunftsland, von dem Rückgabeansprüche ausgehen, verfügen. Das Vorschlagsrecht für die Mitglieder soll bei den öffentlichen Museen liegen, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien soll in Absprache mit der Kulturministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden über ein Vetorecht bei der Benennung verfügen. Als Namensgeber für die Beratende Kommission schlägt die AfD Gustav Nachtigal vor, der von Reichskanzler Otto von Bismarck 1884 zum Reichskommissar für die deutschen Kolonien in Westafrika berufen worden war. Anders, „als heute viele von postkolonialen Theorien gefärbte Medienberichte glauben zu machen versuchen“, sei Nachtigal kein „Kolonialverbrecher“ gewesen. Vielmehr sei er ein Forscher gewesen, „der Empathie für die Afrikaner besaß, sich als Mittler der Kulturen begriff und viel für die wissenschaftliche Aufarbeitung der afrikanischen Kultur getan“ hat, heißt es im Antrag. Nach Ansicht der AfD wird der vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron 2017 angestoßene Prozess zur Rückgabe von Kulturgut, „das in den ehemaligen Kolonien angeblich geraubt worden sei“ von „postkolonialistischen Narrativen begleitet, nach der die koloniale Geschichte einseitig eine Gewaltgeschichte der einstigen Kolonialstaaten ist“. Diese Narrative hätten auch in Deutschland ein Klima geschaffen, „in dem aufgrund moralischer Erwägungen vermeintlich geraubtes Kulturgut an seine Herkunftsländer übereignet werden soll“. Die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria stehe hierfür pars pro toto.

Jugendreisen: Die Bedeutung des Kinder- und Jugendtourismus muss als wichtiger Faktor der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern- und Jugendlichen begriffen werden, fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (20/3697), der federführend im Tourismusausschuss beraten wird. Der Kinder- und Jugendtourismus müsse deshalb „nach langer Zwangsvereinzelung in der Corona-Krise endlich besser aufgestellt und neu gestartet werden“. Abhängig von der sozialen Bedürftigkeit müsse es einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Kostenübernahme für Kinder- und Jugendreisen geben, wie es die Jugendhilfe in Paragraf 90 Absatz 2 Sozialgesetzbuch VIII vorsieht, fordern die Abgeordneten. Zudem müsse der Schutz und die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen auf solchen Reisen als „oberstes Gebot“ begriffen werden. Gefordert werden weiterhin „effektive Marketinganstrengungen“ der Deutschen Zentrale für Tourismus, um die Angebote der Kinder- und Jugendreisen zu bewerben.

Flugrechte: „Vergabe der Start- und Landerechte an deutschen Flughäfen reformieren und unnötige Flüge vermeiden“, lautet der Titel eines weiteren AfD-Antrags (20/3702), der federführend im Verkehrsausschuss beraten wird. Demnach müsse ein Sekundärhandel der Slots durch Fluggesellschaften unter Mitwirkung der Flughafenkoordinatoren angestrebt werden, um Slots, die aus wirtschaftlichen Gründen von einer Fluggesellschaft nicht genutzt werden können, zeitweilig übertragen zu können. Die Abgeordneten schreiben in ihrem Antrag weiter, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für die Einführung eines Systems zur Slot-Reservierung einsetzen solle, um Fluggesellschaften Anreize zu bieten, nicht genutzte Slots rechtzeitig zurückzugeben. Weiterhin sei zu prüfen, wie die Vergabe von Flughafen-Slots weiter flexibilisiert und transparent gemacht werden könne, um eine effiziente und marktgerechte Vergabe von Start- und Landerechten an deutschen Flughäfen sicherzustellen, heißt es in dem Antrag.

Tourismus: Ein weiterer Antrag der AfD trägt den Titel „Im Tourismus digital durchstarten – Deutschland für modernes Reisen fit machen“ (20/3704). Die Federführung bei den Beratungen übernimmt der Tourismusausschuss. Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung dazu auf, eine flächendeckende, leitungsgebundene digitale Infrastruktur bereitzustellen. Hierfür soll der Ausbau des Breitbandnetzes mit Bundesmitteln „deutlich stärker und effektiver als bisher“ gefördert werden. Des Weiteren soll die Tourismusförderung „grundlegend“ umgebaut werden, um die digitale Transformation der Tourismuswirtschaft effektiver zu unterstützen. Die Abgeordneten fordern auch, die digitale Kompetenz besonders in den kleinen und mittelständischen Betrieben der Tourismuswirtschaft zu steigern, unter anderem durch Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Kleinunternehmer: Bei einem Antrag der AfD mit dem Titel „Kleinunternehmer und Mittelständler wirksam schützen – Die Rückforderung von Corona Soforthilfen langfristig stunden“ (20/3703) liegt die Federführung beim Wirtschaftsausschuss.

Rechtsdienstleistungen: Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe (20/3449, 20/3715) wurde zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. Die Bundesregierung diagnostiziert Handlungsbedarf bei der Aufsicht über Personen, die nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz registriert sind. Bisher obliege diese Aufsicht den Landesjustizverwaltungen, die sie auf zahlreiche Gerichte und Staatsanwaltschaften übertragen hätten. Daraus resultiere eine Zersplitterung der Aufsicht, was zu Schwierigkeiten in der Ausbildung einer einheitlichen Rechtspraxis führe. Die Regierung will die Registrierung und die Aufsicht über diese Personen daher beim Bundesamt für Justiz zentralisieren. Die Behörde soll auch die geldwäscherechtliche Aufsicht über die registrierten Personen übernehmen. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, dass künftig alle Formen unbefugter Rechtdienstleistungen, wenn sie selbstständig und geschäftsmäßig betrieben werden, wieder als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern geahndet werden. Damit sollen unbefugte Rechtsdienstleistungen wirksam bekämpft und ein ausgewogenes Sanktionensystem gewährleistet werden. Als Rechtsdienstleistung gilt „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“. Schließlich will die Regierung das Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe in verschiedenen weiteren Punkten ändern. In seiner Stellungnahme plädiert der Bundesrat dafür, die „Verfolgungszuständigkeit im Bereich der unerlaubten Hilfeleistung in Steuersachen insgesamt bei den Finanzbehörden zu belassen und nicht auf das Bundesamt für Justiz zu übertragen“. Zur Begründung führt die Länderkammer die „große Sachnähe“ der Finanzämter an sowie das nicht vorhandene Spezialwissen beim Bundesamt für Justiz, das erst aufgebaut werden müsste.

Nachhaltigkeit: Die CDU/CSU hat einen Antrag mit dem Titel „Nachhaltige Entwicklung krisenfest machen – Rückkehr zur soliden Haushaltspolitik, Infrastruktur stärken, Erneuerbare Energien ausbauen, Ernährung sicherstellen“ (20/3688) vorgelegt. Die CDU/CSU-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, „schnellstmöglich“ zu einer soliden Haushaltspolitik zurückzukehren und Bestrebungen in der Koalition zur Aufweichung oder Abschaffung der Schuldenbremse entgegenzutreten. Weitere Forderungen der Unionsfraktion zielen auf die schnellere Infrastrukturentwicklung per Gesetz, straffere Planungs- und Genehmigungsverfahren mithilfe gesetzlicher Stichtagsregelungen und den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien etwa durch den Abbau von Hemmnissen bei der Errichtung von Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen. Auch für die verstärkte Nutzung von Agri-Photovoltaik und Bioenergie, letztere durch eine temporäre Aufhebung des „Verhinderungs-Deckels“ im Baugesetzbuch - also einem Abbau baurechtlichen Hürden für Biogasanlagen - plädieren die Abgeordneten in ihrem Antrag. Schließlich setzen sie sich für eine Stärkung der regionalen Nahrungsmittelproduktion ein: So solle die geplante Tierhaltungskennzeichnung auch für Lebensmittel aus anderen EU- und Drittstaaten gelten, die Lebensmittelverschwendung reduziert und die Möglichkeiten neuer genomischer Techniken zur Züchtung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen vorangebracht werden. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz überwiesen. 

Ernährung: Die Fraktion der AfD hat einen Antrag mit dem Titel „Ernährungssouveränität und -sicherheit afrikanischer Staaten als präferiertes Ziel deutscher Entwicklungszusammenarbeit“ (20/3701) vorgelegt, der federführend im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beraten wird. Die AfD-Abgeordneten wollen, dass sich eine auf den afrikanischen Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft an den Bedürfnissen und Erfordernissen vor Ort orientiert. Landwirtschaft und Lebensmittelgewerbe müssten vor Dumping-Importen aus anderen Kontinenten geschützt werden, schreibt die Fraktion. Bei internationalen Lebensmittelhilfen und Ernährungsprogrammen der Vereinten Nationen sowie von Nichtregierungsorganisationen müsse darauf geachtet werden, „dass nicht durch wohlmeinende Hilfsbereitschaft die regionalen Märkte vor Ort ruiniert werden“. Die AfD will einerseits, dass das Wissen und die Erfahrungen der deutschen Landwirtschaft angeboten werden, sofern sie angemessen und praktikabel sind, die afrikanischen Staaten andererseits aber auch auf ihre Eigenverantwortung hingewiesen werden, ihre Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen. In den Gremien der Vereinten Nationen solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Spekulation mit Ackerland international geächtet und unterbunden wird. Algerien will die AfD durch fachliche Beratung und Expertise beim Phosphatabbau unterstützen, wobei eine angemessene, langfristige und vertraglich abgesicherte Exportbeteiligung zugunsten der deutschen Landwirtschaft sowie der Düngemittelproduktion befürwortet wird. Der Ausbau und die Sicherung nationaler Saatgutbanken in den afrikanischen Ländern sollte nach dem Willen der Fraktion durch Beratung begleitet werden.

(eis/ste/irs/29.09.2022)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Petra Pau

Petra Pau

© Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Pau, Petra

Bundestagsvizepräsidentin

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Dokumente

  • 19/32583 - Unterrichtung: Bericht der Bundesregierung gemäß Artikel 13 Absatz 6 Satz 1 des Grundgesetzes für das Jahr 2020
    PDF | 407 KB — Status: 09.09.2021
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  • 20/1914 - Antrag: Tempolimit einführen
    PDF | 180 KB — Status: 19.05.2022
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  • 20/3437 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2023 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2023)
    PDF | 364 KB — Status: 19.09.2022
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  • 20/3444 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zu den Änderungen vom 26. November 2015, 14. Dezember 2017 und 6. Dezember 2019 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998
    PDF | 1 MB — Status: 19.09.2022
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  • 20/3449 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe
    PDF | 836 KB — Status: 19.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3615 - Antrag: Auf das Wochenende fallende gesetzliche Feiertage an Werktagen nachholen
    PDF | 195 KB — Status: 22.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3616 - Antrag: Stilllegung der Uranfabriken Gronau und Lingen - Exportverbot für Kernbrennstoffe
    PDF | 188 KB — Status: 22.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3617 - Antrag: Längere Lebensdauer für Elektrogeräte
    PDF | 209 KB — Status: 22.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3686 - Antrag: Einen Ansprechpartner für die Kreativwirtschaft wie zugesagt benennen - Sorgen der Kulturbranche anhören und handeln
    PDF | 196 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3688 - Antrag: Nachhaltige Entwicklung krisenfest machen - Rückkehr zur soliden Haushaltspolitik, Infrastruktur stärken, erneuerbare Energien ausbauen, Ernährung sicherstellen
    PDF | 182 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3696 - Antrag: Einrichtung einer unabhängigen Beratenden Gustav-Nachtigal-Kommission für Kulturgut aus kolonialem Kontext
    PDF | 218 KB — Status: 28.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3697 - Antrag: Kinder- und Jugendreisen besser aufstellen - Jugendmobilität neu starten
    PDF | 188 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3699 - Antrag: Spürbare Entlastung der heimischen Landwirtschaft durch eine Verdopplung der Agrardieselrückerstattung
    PDF | 208 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3701 - Antrag: Ernährungssouveränität und Ernährungssicherheit afrikanischer Staaten als präferiertes Ziel deutscher Entwicklungszusammenarbeit
    PDF | 215 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3702 - Antrag: Vergabe der Start- und Landerechte an deutschen Flughäfen reformieren und unnötige Flüge vermeiden
    PDF | 189 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3703 - Antrag: Kleinunternehmer und Mittelständler wirksam schützen - Die Rückforderung von Corona-Soforthilfen langfristig stunden
    PDF | 208 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3704 - Antrag: Im Tourismus digital durchstarten - Deutschland für modernes Reisen fit machen
    PDF | 218 KB — Status: 27.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3715 - Unterrichtung: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe - Drucksache 20/3499 - Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates
    PDF | 168 KB — Status: 28.09.2022
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Beschluss

  • Überweisungen beschlossen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Internetredaktion

Kultur

Anträge zur Kultur­politik und gegen Rückgabe der Benin-Bronzen abgelehnt

Der Bundestag hat am Donnerstag, 19. Januar 2023, über die Kulturpolitik beraten. Ein der Beratung zugrunde liegender Antrag mit dem Titel „Deutsche Identität verteidigen – Kulturpolitik grundsätzlich neu ausrichten“ (20/5226) der AfD-Fraktion wurde erstmals behandelt und anschließend an den Kulturausschuss überwiesen. Zwei weitere Anträge wurden hingegen abgestimmt und mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke gegen das Votum der Antragsteller abgelehnt. Darin hatte die AfD einerseits die „Einrichtung einer unabhängigen beratenden Gustav-Nachtigal-Kommission für Kulturgut aus kolonialem Kontext“ (20/3696) gefordert und in einer anderen Vorlage den umgehenden Stopp der beabsichtigten Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria (20/705) verlangt. Den Entscheidungen über beide Anträge lagen Beschlussempfehlungen des Kulturausschusses (20/5236, 20/1132) zugrunde.

AfD fordert Neuausrichtung der Kulturpolitik

Mit besonderem Eifer und ideologischer Verbohrtheit untergrabe die Bundesregierung die deutsche Identität und wolle sie abschaffen, sagte Dr. Marc Jongen (AfD) zu Beginn der Debatte. „Die Menschen in diesem Land wollen sich aber ihre Heimat nicht nehmen lassen“, so der AfD-Abgeordnete, der eine grundsätzliche Neuausrichtung der deutschen Kulturpolitik forderte. Wenn Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) in Münster ein historisches Kruzifix abhängen lasse und den Bismarck-Saal umbenennen wolle, sei das „kulturpolitischer Vandalismus, aber leider nur die Spitze des Eisbergs“, befand Jongen.

Seit Jahrzehnten sei zu beobachten, dass das Deutschsein von offizieller Seite immer mehr auf „schuldig sein und sich schämen müssen“ reduziert werde. Selbstverständlich, so der AfD-Abgeordnete, brauche es Erinnerungen an die dunklen Zeiten deutscher Geschichte „zur Mahnung vor Fanatismus und Totalitarismus jeglicher Art“. Keine Nation könne aber mit einem ausschließlich negativen Selbstbild auf Dauer überleben.

SPD: AfD will eine Nicht-Rückgabe-Kommission

Die Provokation der AfD, so Helge Lindh (SPD), sei so klar, deutlich und durchschaubar, „dass es schon weh tut“. Die AfD schlage vor, die Restitution über eine Kommission laufen zu lassen, in der die Museen das Vorschlagsrecht haben – also diejenigen, die Kunst abgeben sollen. „Dies soll also letztlich eine Nicht-Rückgabe-Kommission sein“, sagte Lindh.

Namensgeber der Kommission solle laut AfD Gustav Nachtigal sein. Ebenjener sei als Reichskommissar im Deutschen Kaiserreich mit der Errichtung von Kolonien beauftragt gewesen. „Es soll also die Kommission zur Aufarbeitung des Kolonialismus nach einem Hauptkolonialisten benannt werden.“ Das sei die krasseste, widerlichste und unerträglichste Provokation, die vorstellbar sei. Lindh schlug während seiner Rede den Bogen zum Alltagsrassismus in Deutschland und kritisierte auch die „Fahndung nach Vornamen“ durch die Berliner CDU im Abgeordnetenhaus.

CDU/CSU: Anträge zeugen von Unvermögen und Unwillen

Statt einen Kulturkampf herbeizureden, brauche es den Diskurs, befand Ansgar Heveling (CDU/CSU). Ein Diskurs gelinge aber nicht, wenn man in ideologischen Höhlen gefangen sei. Ohne Zorn und Eifer müsse man sich über die wichtigen Fragen im Zusammenhang mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten verständigen, forderte der Unionsabgeordnete. Es gelte eine Antwort zu finden, wie man sich als Gesellschaft mit musealen Objekten verhalten solle, die aus heutiger Sicht innerhalb eines Unrechtskontextes erworben worden seien, „für deren Rückgabe es aber rechtlich unklare Ansprüche gibt“.

Das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, „bei der wir in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangekommen sind“, sagte Heveling. Es gebe inzwischen einen breiten gesellschaftlichen Konsens über einen veränderten, einen bewussten Umgang mit der deutschen kolonialen Vergangenheit. In den vorliegenden Anträgen finde sich davon aber nichts. Sie zeugten vielmehr vom Unvermögen und dem Unwillen, eine zeitgemäße Unrechtsbewertung vorzunehmen.

Grüne kritisieren Kultur der Ausgrenzung

Aus Sicht von Awet Tesfaiesus (Bündnis 90/Die Grünen) steckt in den Anträgen der AfD-Fraktion „etwas Gefährliches, was benannt werden muss“. Der AfD missfalle, dass Kultur und Kulturpolitik der Ausdruck einer offenen und vielfältigen Gesellschaft sei. „Ihnen missfällt, dass wir heute eine Staatsbürgernation sind.“ Der Zusammenhalt der Bevölkerung hänge nicht vom Grad ihrer Homogenität ab, nicht von Herkunft, Religion oder geteilten Traditionen und auch nicht davon, „ob unsere Vorfahren in grauer Vorzeit bei der Schlacht im Teutoburger Wald gekämpft haben“.

Die AfD setze auf eine Kultur der Gleichschaltung und Ausgrenzung der Menschen, sagte Tesfaiesus. Das habe schon in der Vergangenheit zur millionenfachen Verfolgung und Ermordung von als fremd markierten Menschen geführt. „Aus dieser dunklen Zeit unserer Geschichte haben Sie offenbar nichts gelernt“, sagte die Grünenabgeordnete an die AfD gewandt.

Linke kritisiert statisches Verständnis von Kultur

Bei der AfD verkomme die Kultur zu einer armseligen, biederen und völkischen Sache, befand Janine Wissler (Die Linke). Kultur solle aus Sicht der Partei vor allem nach außen abgrenzen und dürfe sich nicht entwickeln. „Das ist ein Verständnis von Kultur, das statisch, monolithisch und faschistoid ist“, sagte sie. Es gebe aber weder eine deutsche, noch sonst eine Kultur, „die sich in einem national abgeschlossenen Raum entwickelt hat“.

Kulturpolitik bedeute für die AfD, die Entlassung eines Opern-Intendanten zu fordern – wie in Sachsen-Anhalt geschehen – weil zu viel Willkommens-Propaganda auf dem Spielplan stünde, sagte die Linken-Abgeordnete. In Berlin habe die AfD Theatern Mittel kürzen wollen, weil ihr der Spielplan oder die politische Ausrichtung des Intendanten nicht gepasst habe. Das, so Wissler, sei ziemlich bemerkenswert für eine Partei, die sich sonst immer auf die Meinungsfreiheit berufe.

FDP attestiert Furcht vor einer liberalen Gesellschaft

Verstaubt und absurd nannte Anikó Glogowski-Merten (FDP) die Einordnungen der AfD zur deutschen Identität und der Kulturpolitik. Die AfD nehme für sich in Anspruch, die deutsche Identität und insbesondere die deutsche Kulturpolitik „gegen eine Aushöhlung und Ideologisierung durch links-grüne Kreise“ verteidigen zu wollen.

Dabei sei der Antrag der Fraktion ein pauschaler Rundumschlag gegen alles, was im Sinne einer liberalen, offene Gesellschaft als selbstverständlich und gerecht gelte, betonte die FDP-Abgeordnete. Die AfD fürchte sich vor einer liberalen Gesellschaft die anerkenne, „dass Partizipation, Teilhabe und Repräsentation zu den Grundbausteinen einer liberalen Demokratie gehören“.

Erster Antrag der AfD

Die AfD will die Kulturpolitik „grundsätzlich neu ausrichten“, wie aus dem ersten Antrag der Fraktion hervorgeht (20/5226). Unter anderem fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, „die aktuelle Reduktion kultureller Identität auf eine Schuld- und Schamkultur“ durch positive Bezugspunkte kultureller Identität zu korrigieren, um die aktive Aneignung kultureller Traditionen und identitätsstiftender Werte wieder in den Vordergrund zu rücken. 

Die deutsche Kulturpolitik sei mit jeder Legislaturperiode weniger auf die Stiftung kultureller Identität in einem positiven Sinn ausgerichtet, schreiben die Abgeordneten. Mit der Übernahme der Amtsgeschäfte durch das Kabinett Scholz 2021 und damit auch durch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) habe die „Ideologisierung der Kulturpolitik“ noch einmal deutlich Fahrt aufgenommen. Kritik übt die AfD auch an der aktuellen Kultur- und Medienförderung, die zunehmend als Mittel zum Umbau der Gesellschaft begriffen werde. „Die deutsche kulturelle Identität im traditionellen Sinn, die als negativ perzipiert wird, soll dadurch beseitigt werden“, heißt es in dem Antrag.

Zweiter Antrag der AfD

In ihrem zweiten Antrag spricht sich die AfD-Fraktion für die Einrichtung einer unabhängigen beratenden Kommission zum Umgang mit Rückgabeforderungen zu Kulturgütern aus kolonialen Kontexten aus (20/3696). Das Gremium soll jedoch lediglich Empfehlungen aussprechen können – ohne rechtlich bindende Wirkung. Es soll sich an der beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, orientieren und aus zehn Personen des öffentlichen Lebens mit juristischer, museologischer, kultureller und historischer Expertise zusammensetzen.

Ein wechselndes Kommissionsmitglied soll über eine spezielle Expertise über die politische, gesellschaftliche und menschenrechtliche Situation in dem Herkunftsland verfügen, von dem Rückgabeansprüche ausgehen. Als Namensgeber für die beratende Kommission schlägt die AfD Gustav Nachtigal vor, der von Reichskanzler Otto von Bismarck 1884 zum Reichskommissar für die deutschen Kolonien in Westafrika berufen worden war. 

Dritter Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion spricht sich gegen eine Restitution der sogenannten Benin-Bronzen aus den Museumsbeständen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus. In einem Antrag (20/705) fordert sie die Bundesregierung auf, in den Verhandlungen mit Nigeria eine Rückgabe der Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin auszuschließen. Stattdessen soll das geplante Abkommen mit Nigeria so ausgestaltet werden, dass die Bronzen im Rahmen zeitlich befristeter Ausstellungen als Leihobjekte in Nigeria gezeigt werden können, sobald dort Museen errichtet wurden, die internationalen Standards entsprechen.

Nach dem Willen der AfD solle auch in allen anderen Verhandlungen mit Staaten über die Rückgabe von Artefakten aus deutschen Museumsbeständen deutlich gemacht werden, dass deren Restitution von sehr gut begründeten Ausnahmefällen abgesehen keine verhandelbare Option sei. Den Herkunftsstaaten von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext müsse verdeutlicht werden, dass „kein rechtlicher Anspruch auf Rückgabe besteht“. (hau/irs/eis/aw/19.01.2023)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Petra Pau

Petra Pau

© Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Pau, Petra

Bundestagsvizepräsidentin

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Dr. Marc Jongen

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© Dr. Marc Jongen/ privat

Jongen, Dr. Marc

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Helge Lindh

Helge Lindh

© Photothek Media Lab

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Ansgar Heveling

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© Ansgar Heveling/ Tobias Koch

Heveling, Ansgar

CDU/CSU

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Awet Tesfaiesus

Awet Tesfaiesus

© Stefan Kaminski

Tesfaiesus, Awet

Bündnis 90/Die Grünen

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Janine Wissler

Janine Wissler

© DIE LINKE. im Hessischen Landtag, CC BY 4.0/ Hanna Hoeft

Wissler, Janine

Die Linke

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Anikó Glogowski-Merten

Anikó Glogowski-Merten

© FDP Kreisverband Braunschweig/Michael Ciecimirski

Glogowski-Merten, Anikó

FDP

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Matthias Moosdorf

Matthias Moosdorf

© Matthias Moosdorf

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© Katrin Budde/Thomas Koehler

Budde, Katrin

SPD

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Maximilian Mörseburg

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© Julian Kurwan

Mörseburg, Maximilian

CDU/CSU

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Michael Sacher

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© Bündnis 90/ Die Grünen, Stefan Kaminski

Sacher, Michael

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© Thomas Hacker/ Jannik Jürß

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© SPD-Bundestagsfraktion/ Photothek

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SPD

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© Erhard Grundl/Fotoatelier am Hafen/German Popp

Grundl, Erhard

Bündnis 90/Die Grünen

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Petra Pau

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© Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Pau, Petra

Bundestagsvizepräsidentin

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Dokumente

  • 20/705 - Antrag: Beabsichtigte Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria umgehend stoppen
    PDF | 209 KB — Status: 16.02.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/1132 - Beschlussempfehlung und Bericht: zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Martin Erwin Renner, Dr. Götz Frömming, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 20/705 - Beabsichtigte Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria umgehend stoppen
    PDF | 188 KB — Status: 23.03.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/3696 - Antrag: Einrichtung einer unabhängigen Beratenden Gustav-Nachtigal-Kommission für Kulturgut aus kolonialem Kontext
    PDF | 218 KB — Status: 28.09.2022
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/5226 - Antrag: Deutsche Identität verteidigen - Kulturpolitik grundsätzlich neu ausrichten
    PDF | 229 KB — Status: 17.01.2023
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 20/5236 - Beschlussempfehlung und Bericht: zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Matthias Moosdorf, Martin Erwin Renner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 20/3696 - Einrichtung einer unabhängigen Beratenden Gustav-Nachtigal-Kommission für Kulturgut aus kolonialem Kontext
    PDF | 179 KB — Status: 18.01.2023
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • Fundstelle im Plenarprotokoll (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)

Beschluss

  • Überweisung 20/5226 beschlossen
  • Beschlussempfehlung 20/5236 (Antrag 20/3696 ablehnen) angenommen
  • Beschlussempfehlung 20/1132 (Antrag 20/705 ablehnen) angenommen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Weitere Informationen

  • Gebärdensprachvideo ()

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Internetredaktion

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Stand: 26.08.2025