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Energie

Braunkohlevertrag wird von Sachverständigen kontrovers bewertet

Insgesamt 4,35 Milliarden Euro sollen die Braunkohle-Konzerne RWE und LEAG an Entschädigung für Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung erhalten. So steht es im Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen Bundesregierung und Betreibern (19/21120), der am Montag, 7. September 2020, von den Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter Vorsitz von Klaus Ernst (Die Linke) kontrovers beurteilt worden ist. 

Tagebaufolgekosten und Klimaschutzverpflichtungen

Der Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Dammert verwies darauf, dass der Vertragsentwurf als Verwendungszweck der Entschädigung die Abdeckung der Tagebaufolgekosten festlegt. Das Risiko der öffentlichen Haushalte, für Kosten der Wiedernutzbarmachung der Tagebaue ersatzweise eintreten zu müssen, werde damit in einem ganz erheblichen Umfang gemindert. Der Vertragsentwurf gehe damit deutlich über dasjenige hinaus, was entschädigungsrechtlich durch Gesetz geregelt werden könnte.
Die Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm befand, wenn der Bundestag dem Vertragsentwurf zustimme, würde er sich hinsichtlich der ihm originär obliegenden energie- und klimapolitischen Gestaltungshoheit in die Abhängigkeit derjenigen Unternehmen begeben, deren Geschäftsmodell auf der Emission von klimaschädlichen Treibhausgasen gründe. Das wäre ihrer Ansicht nach nicht nur in hohem Maße demokratietheoretisch fragwürdig, sondern auch mit den von der Bundesregierung eingegangenen Klimaschutzverpflichtungen nicht vereinbar.

Gesamtlösung für eine einvernehmliche Regelung

Martin Herrmann vom Sächsischen Oberbergamt machte klar, dass es sich bei der vorgesehenen Entschädigung nicht um eine Enteignungsentschädigung handle, sondern um einen Bestandteil einer mit den Anlagebetreibern vereinbarten Gesamtlösung. Es sei gerechtfertigt, in den Verträgen nähere Bestimmungen zur Verwendung der Entschädigung zu regeln. Es gehe um eine Gesamtentschädigung, die alle finanziellen Nachteile umfasse, die mit der vorzeitigen Stilllegung der Kraftwerke und Tagebaue verbunden sind.
Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf beschrieb den Rückbau eines Tagebaus als langfristiges Vorhaben, das technisch, wirtschaftlich und rechtlich mit komplexen Fragen verbunden sei. Diese langfristige Aufgabe könne in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag einvernehmlich geregelt und so zukunftsorientiert gelenkt werden. Dass der Gesetzgeber einen solchen Vertrag anstrebe, entspreche den tatsächlichen Anforderungen und dem rechtlichen Rahmen für die Grundsatzentscheidung zum vorzeitigen Ende der Braunkohleverstromung.

Kritik hinsichtlich der Transparenz und zu Detailfragen

Ida Westphal von ClientEarth – Anwälte der Erde beklagte, dass mit dem Instrument der öffentlich-rechtlichen Verträge eine mangelnde Transparenz des Aushandlungsprozesses und fehlende Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft einhergingen – im Gegensatz zu gesetzgeberischen Verfahren. Das vertraglicher Instrument eröffne darüber hinaus den Betreibern eine wesentlich größere Einflussmöglichkeit auf das Endergebnis als der Gesetzgebungsprozess. Überdies werde der Ausstiegspfad zementiert. Durch die Parallelität einer Regelung durch Vertrag und Gesetz hätten sich neue Unstimmigkeiten ergeben.

Der Rechtsanwalt Dr. Holger Schmitz lenkte den Blick darauf, dass das Kohleausstiegsgesetz den Anlagebetreibern einen Entschädigungsanspruch gewähre, wobei der Vertrag wesentliche Details dazu wie Auszahlungsmodalitäten oder Verwendung der Entschädigung regele. Diese eng verzahnte Kombination könne vom Ansatz her nur gelingen, wenn der Bund sowohl als Gesetzgeber als auch als Vertragspartner agiere. Nur so könne ein Gleichlauf von gesetzlichen und vertraglichen Pflichten garantiert werden. Es sei eine gute Entscheidung, begleitend zum Gesetz einen Vertrag schließen zu wollen.

Berechnungsansatz und Sozialverträglichkeit

Für Hanns Koenig von der  Aurora Energy Research GmbH ist die Entschädigungssumme in ihrer Gesamthöhe von 4,35 Milliarden Euro und ihrer Aufteilung auf die beiden Unternehmen RWE und LEAG weder durch den Vertragsentwurf noch durch gutachterliche Stellungnahmen dazu begründet. Es fehle ein transparenter Berechnungsansatz, wie sich die verringerte Braunkohleförderung in eine Entschädigung für die Betreiber übersetzt.
Dr. Ralf Bartels von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vertrat die Auffassung, das vertragliche Einvernehmen mit den Unternehmen gewährleiste ein rechtssicheres Vorgehen. Das erhöhe die klimapolitische Wirksamkeit einer gesicherten schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung. Er wolle nicht in Frage stellen, dass die im Vertragsentwurf vorgesehenen Entschädigungen den Unternehmen reichen werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Frage der Sozialverträglichkeit werde berücksichtigt.
Das letzte Wort hat das Parlament, wie aus dem Titel der Drucksache hervorgeht: „Öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland – Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages gemäß § 49 des Kohleausstiegsgesetzes“. (fla/07.09.2020)

Dokumente

  • 19/21120 - Antrag: Öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohlevertromung in Deutschland Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages gemäß § 49 des Kohleausstiegsgesetzes
    PDF | 1 MB — Status: 13.07.2020
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)

Tagesordnung

  • 82. Sitzung am Montag, den 7. September 2020, 14.00 Uhr, MELH 3.101 - öffentlich

Protokolle

  • 82. Wortprotokoll

Sachverständigenliste

  • Liste der Sachverständigen

Stellungnahmen

  • 19(9)722 - SV Prof. Dr. Bernd Dammert, Dr. Dammert und Steinforth Rechtsanwälte
  • 19(9)724 - SVe Dr. Cornelia Ziehm, Rechtsanwältin
  • 19(9)725 - SV Martin Herrmann, Sächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
  • 19(9)726 - SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • 19(9)728(neu) - SVe Ida Westphal, ClientEarth - Anwälte der Erde e.V.
  • 19(9)730(neu) - SV Dr. Holger Schmitz, Rechtsanwaltskanzlei Noerr LLP
  • 19(9)731 - SV Hanns Koenig, Aurora Energy Research GmbH
  • 19(9)733 - SV Ralf Bartels, IG BCE Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Weitere Informationen

  • Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

Energie

Vertrag zum Braun­kohle­aus­stieg mit Koali­tions­mehr­heit zugestimmt

Der Bundestag hat am Mittwoch, 13. Januar 2021, nach halbstündiger Aussprache dem „öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland“ mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD zugestimmt. Beantragt hatte die Zustimmung das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (19/25494). FDP, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Vertrag, die AfD enthielt sich. Die Linke hatte zuvor beantragt, über den Vertrag nicht direkt abzustimmen, sondern ihn zur Beratung in die Ausschüsse zu überweisen. Die Mehrheit aus CDU/CSU und SPD konnte sich mit ihrem Anliegen einer sofortigen Abstimmung dagegen durchsetzen. Die übrigen Oppositionsfraktionen hatten wie die Linksfraktion für eine Überweisung in den federführenden Wirtschaftsausschuss gestimmt.

Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Modernste Kernenergie für Deutschland – Sicher, sauber und bezahlbar“ (19/22434) ab. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hatte dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/24904). 

Ende der Braunkohleverstromung

Der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen der Bundesregierung und den Betreibern von Braunkohleanlagen regelt neben der geplanten Beendigung der Braunkohleverstromung auch Fragen zu Entschädigungen für künftige Anlagenstilllegungen. Ziel des Vertrags sei es, eine tragfähige und für alle Vertragsparteien ausgewogene Lösung zu finden, die gleichsam die Reduktion von Treibhausgasen und die Sozialverträglichkeit des Kohleausstiegs in den Blick nimmt, schreibt das Wirtschaftsministerium in seinem Antrag (19/25494). Das Bundeskabinett hatte der Unterzeichnung des Vertrags in geänderter Fassung am 16. Dezember 2020 zugestimmt. Für die Rechtskräftigkeit ist allerdings ein zustimmender Beschluss des Deutschen Bundestages gemäß Paragraf 49 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes erforderlich.

Abgelehnter Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion will Kernkraftwerke weiter nutzen. Sie sollten in Betrieb bleiben dürfen „sowie eine konventionelle Nutzung zukünftiger Kernenergieanlagen potenziell wieder ermöglicht werden“, forderten die Abgeordneten in ihrem Antrag (19/22434), den der Bundestag ablehnte.

Darüber hinaus plädierte die Fraktion für eine entsprechende Forschungsförderung. Zur Begründung hieß es, Kernkraftwerke seien für eine sichere, umweltfreundliche, verlässliche und günstige Energieversorgung notwendig. (ste/13.01.2021)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Hans-Peter Friedrich

Hans-Peter Friedrich

© DBT / Inga Haar

Friedrich (Hof), Dr. Hans-Peter

Bundestagsvizepräsident

()
Thomas Bareiß

Thomas Bareiß

© Tobias Koch

Bareiß, Thomas

Parlamentarischer Staatssekretär für Wirtschaft und Energie

()
Steffen Kotré

Steffen Kotré

© Steffen Kotré/ Hagen Schnauss

Kotré, Steffen

AfD

()
Bernd Westphal

Bernd Westphal

© Bernd Westphal/Photothek

Westphal, Bernd

SPD

()
Prof. Dr. Martin Neumann

Prof. Dr. Martin Neumann

© DBT/ Inga Haar

Neumann, Prof. Dr. Martin

FDP

()
Lorenz Gösta Beutin

Lorenz Gösta Beutin

© Lorenz Gösta Beutin / Alexander Klebe

Beutin, Lorenz Gösta

Die Linke

()
Oliver Krischer

Oliver Krischer

© Oliver Krischer

Krischer, Oliver

Bündnis 90/Die Grünen

()
Dr. Georg Kippels

Dr. Georg Kippels

© Dr. Georg Kippels/ Tobias Koch

Kippels, Dr. Georg

CDU/CSU

()
Lorenz Gösta Beutin

Lorenz Gösta Beutin

© Lorenz Gösta Beutin / Alexander Klebe

Beutin, Lorenz Gösta

Die Linke

()
Oliver Krischer

Oliver Krischer

© Oliver Krischer

Krischer, Oliver

Bündnis 90/Die Grünen

()
Dr. Georg Kippels

Dr. Georg Kippels

© Dr. Georg Kippels/ Tobias Koch

Kippels, Dr. Georg

CDU/CSU

()
Hans-Peter Friedrich

Hans-Peter Friedrich

© DBT / Inga Haar

Friedrich (Hof), Dr. Hans-Peter

Bundestagsvizepräsident

()

Dokumente

  • 19/22434 - Antrag: Modernste Kernenergie für Deutschland - Sicher, sauber und bezahlbar
    PDF | 328 KB — Status: 15.09.2020
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 19/24904 - Beschlussempfehlung und Bericht: a) zu dem Antrag der Abgeordneten Steffen Kotré, Tino Chrupalla, Dr. Heiko Heßenkemper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 19/22434 - Modernste Kernenergie für Deutschland - sicher, sauber und bezahlbar b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 19/22435 - Kernkraft für Umweltschutz
    PDF | 268 KB — Status: 02.12.2020
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • 19/25494 - Antrag: Öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages gemäß § 49 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes
    PDF | 1 MB — Status: 05.01.2021
    (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)
  • Fundstelle im Plenarprotokoll (Dokument, Link öffnet ein neues Fenster)

Beschluss

  • Antrag 19/25494 angenommen
  • Beschlussempfehlung 19/24904 Buchstabe a (Antrag 19/22434 ablehnen) angenommen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

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Ausdruck aus dem Internet-Angebot des Deutschen Bundestages

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw02-de-braunkohleverstromung-816476

Stand: 04.09.2025