Tagesaktuelles Plenarprotokoll 21/43
**** NACH § 117 GOBT AUTORISIERTE FASSUNG ****
*** bis 13.10 Uhr ***
Deutscher Bundestag
43. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 26. November 2025
Beginn: 9.00 Uhr
Präsidentin Julia Klöckner:
Guten Morgen, alle zusammen! Ich begrüße Sie zum zweiten Tag unserer Haushaltswoche. Wir wollen heute sehr intensiv debattieren, und deshalb eröffne ich jetzt die 43. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Bevor wir gemeinsam in die Tagesordnung eintreten, möchte ich nachträglich sehr herzlich gratulieren. - Das ist hier im Deutschen Bundestag bei runden Geburtstagen Usus, es sei denn, die Kolleginnen oder Kollegen würden sich dagegen wehren; aber im Kürschner kann man das Geburtsdatum ja nachlesen. - Wir gratulieren also der Kollegin Nicole Gohlke sehr, sehr herzlich im Namen des gesamten Hauses zum 50. Geburtstag. Alles Gute, und genießen Sie das Leben!
(Beifall)
Ich komme jetzt zur Tagesordnung.
Interfraktionell haben wir vereinbart, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 21/2899 als weiteren Tagesordnungspunkt bei den Ohne-Debatte-Punkten aufzusetzen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir auch so.
Wir setzen die Haushaltsberatungen - Tagesordnungspunkt I - fort:
| a) | Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2026 (Haushaltsgesetz 2026) |
|
| b) | Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 2025 bis 2029 |
|
Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.9 auf:
| b) | hier: Einzelplan 22 Drucksache 21/2062 |
|
Die Berichterstattung zum Einzelplan 04 haben die Abgeordneten Kerstin Radomski, Marcus Bühl, Dr. Thorsten Rudolph, Andreas Audretsch, Leon Eckert und Ines Schwerdtner.
Die Berichterstattung zum Einzelplan 22 haben die Abgeordneten Andreas Schwarz, Philip Hoffmann, Wolfgang Wiehle, Dr. Sebastian Schäfer und Dr. Dietmar Bartsch.
Wir werden später über den Einzelplan 04 namentlich abstimmen.
Für die Aussprache haben wir eine Dauer von 210 Minuten vereinbart. Entsprechend ist die Rednerliste gut gefüllt.
Ich eröffne die Aussprache mit der Opposition. Für die AfD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Dr. Alice Weidel das Wort. Bitte sehr.
(Beifall bei der AfD - Mirze Edis (Die Linke): Mann, Alice, das muss doch jetzt nicht sein so früh am Morgen! - Unruhe)
- Ich würde sagen, wir verfahren so, dass jeder Redner erst mal selbst das Wort hat. - Bitte sehr.
Dr. Alice Weidel (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Koalition im Endstadium erinnert immer stärker an die Brücke der „Titanic“: Deutschland hat Schlagseite. Die Schotten laufen voll. Aber Sie lassen die Bordkapelle immer die gleichen Beruhigungsmelodien spielen.
(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So redet man das Land schlecht!)
Der Kapitän hat nichts mehr zu sagen und schaut einfach zu, weil ihm der Erste Offizier die Kapitänsmütze geklaut hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD - Dr. Ralf Stegner (SPD): Und der Leichtmatrose steht am Rednerpult!)
Deutschland kann sich dieses Narrentheater, das Sie sich hier seit einem halben Jahr erlauben, nicht weiter leisten. Die Krise ist da. Und es ist nicht nur ein Eisberg, es sind mindestens fünf, die unserem Staatsschiff den Rumpf aufreißen.
Krisenherd Nummer eins: der Sozialstaat. Die sozialen Sicherungssysteme laufen aus dem Ruder und werden unfinanzierbar. Ein Drittel der Gesamtsteuereinnahmen des Bundes wird im kommenden Jahr allein zur Stabilisierung der Rentenkasse aufgewendet werden müssen. Dabei waren die demografischen Belastungen durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge seit Jahrzehnten bekannt.
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erklären Sie doch mal den Bürgern, wie Sie Ihr Rentenpaket finanzieren wollen! 70 Prozent!)
42,3 Prozent Lohnnebenkosten: Das ist ein Rekord und Menetekel. Statt, wenn auch viel zu spät, das System zu reformieren und zukunftsfeste Rücklagen zu bilden, verpulvern Sie den noch vorhandenen finanziellen Spielraum, um Zeit zu gewinnen.
Die Sozialstaatskrise ist nicht zu trennen von der Migrationskrise. Millionen Menschen sind in den letzten zehn Jahren unkontrolliert ins Land geströmt. Sie sind zu einem großen Teil direkt in die Sozialsysteme eingewandert. Die Folgelasten bürden Sie einseitig der arbeitenden Bevölkerung auf - den Steuerzahlern und den Beitragszahlern. Sie sollen mit Leistungsverzicht und höheren Beiträgen das unfinanzierbar gewordene Gesundheitssystem stabilisieren. Und sie müssen die Kosten für das längst zum Migrantengeld gewordene Bürgergeld tragen, die weiter aus dem Ruder laufen. Jeder zweite Bezieher ist ausländischer Staatsbürger und wird kosten- und beitragslos versorgt. Was ist daran sozial gerecht?
(Beifall bei der AfD)
Ihr Koalitionspartner SPD stemmt sich selbst gegen symbolpolitische Korrekturen. Lediglich die im letzten halben Jahr zugezogenen Ukrainer aus dem Leistungsbezug zu nehmen, ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. In Deutschland befinden sich 1 Million abgelehnte Asylbewerber; aber von Ihrer großangekündigten Abschiebeoffensive ist weiterhin nichts zu sehen. Unterdessen wandert trotz rückläufiger Asylzahlen jedes Jahr eine Großstadt unter Missbrauch des Asylrechts ein, und eine weitere Großstadt kommt über den Familiennachzug hinterher.
(Lachen der Abg. Ina Latendorf (Die Linke))
Die Bürger, die dafür bezahlen müssen, verlieren dazu noch ihre Heimat. In 275 bayerischen Schulklassen sitzt kein einziges Kind mehr mit deutscher Muttersprache. Das ist ein Offenbarungseid.
(Beifall bei der AfD)
Die Migrationskrise bringt ganze Generationen um ihr Recht auf ordentliche Schulbildung. Und während die Grenzen weiter offenstehen, verwandeln sich unsere Weihnachtsmärkte in Festungen oder werden gleich ganz abgesagt.
Tragen muss all diese Lasten ein Land, das seit über drei Jahren tief in einer Rezession feststeckt. Der industrielle Kern erodiert in atemberaubendem Tempo. 50 000 Jobs hat die deutsche Automobilindustrie innerhalb eines Jahres verloren. Stellenabbau und Exodus erfassen die gesamte produktive Industrie. 41 Prozent der Betriebe planen 2026 einen weiteren Stellenabbau. Eine nie dagewesene Pleitewelle fegt über das Land und dezimiert den Mittelstand. Die Zahl der Insolvenzen könnte im kommenden Jahr auf 30 000 steigen, befürchten Kreditversicherer.
Was Unternehmen und Arbeitsplätze aus dem Land treibt, ist vor allem die hausgemachte Energiekrise; das sagen Ihnen jetzt auch die Industriechefs, die leider viel zu lange geschwiegen haben. Die künstliche Verteuerung von Energie durch den sogenannten CO2-Preis wird die Deindustrialisierung noch weiter beschleunigen. Sie erheben eine willkürlich verhängte Steuer auf Luft, treiben sie künstlich immer weiter in die Höhe und nennen das auch noch ein marktwirtschaftliches Instrument, Herr Merz. Weiter kann man den grünen Irrsinn kaum noch auf die Spitze treiben.
(Beifall bei der AfD)
Das Dogma der offenen Grenzen und des Klimaschutzes treibt unser Land, unser geliebtes Deutschland, in den Ruin. Statt gegenzusteuern, tritt Ihre Koalition auf diesem Irrweg auch noch aufs Gas und will mit „neuem Schwung“ für den internationalen Klimaschutz die ganze Welt mit dem Niedergang beglücken.
Und weil Sie das alles nicht wahrhaben wollen, sondern weiter mit dem Geld, das Ihnen nicht gehört, um sich werfen, als gäbe es kein Morgen, steckt Deutschland auch in einer handfesten Finanz- und Staatsschuldenkrise.
(Zuruf von der SPD)
Mit dem Finanzstaatsstreich, euphemistisch „Sondervermögen“ genannt, haben Sie Deutschland den größten Schuldenberg in der Nachkriegsgeschichte aufgebürdet. Bleiben werden davon nur Zins- und Steuerlasten für die Steuer- und Beitragszahler. Jeder zweite Euro des angeblich für Investitionen vorgesehenen Sondervermögens wird nach Ihren Planungen für konsumtive Ausgaben zweckentfremdet. Das ist ganz klar nicht verfassungskonform; Ihr Haushalt ist nicht verfassungskonform.
(Beifall bei der AfD - Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihre Partei ist nicht verfassungskonform!)
Statt wie versprochen überflüssige Ausgaben zu streichen und den Haushalt zu konsolidieren, werfen Sie das Geld mit vollen Händen zum Fenster raus: noch 1 Milliarde für einen dubiosen Tropenwaldfonds hier, 6 Milliarden für einen internationalen Klimaschutz da, 11,5 Milliarden für die Ukraine, ohne zu wissen, ob das Geld nicht abermals bei korrupten Kriegsprofiteuren landet. Gott sei Dank - Gott sei Dank! - haben wir durch Donald Trump
(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)
die reelle Chance auf einen Frieden, zu dem Sie dann aber keinen Teil beigetragen haben. Ganz im Gegenteil!
(Beifall bei der AfD)
Die fünffache Krise ist kein schicksalhaftes Verhängnis, sondern eine direkte Folge politischer Fehlentscheidungen. So kann es nicht weitergehen; das wissen Sie auch ganz genau, und ich möchte Ihnen das nicht noch mal vorrechnen,
(Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings (CDU/CSU))
Ihnen von der SPD sowieso nicht.
(Jürgen Coße (SPD): Rechnen Sie doch mal!)
Sie stecken so tief im Morast des sozialistischen Aberglaubens der Umverteilung, dass Sie gar nicht begreifen können,
(Zurufe von der SPD)
was Sie mir ihrer ideologischen Irrfahrt unserem Land überhaupt antun.
(Beifall bei der AfD - Dirk Wiese (SPD): Sagen Sie noch was zur Russlandreise Ihrer Abgeordneten?)
Primitives Antifa-Geschrei
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der war gut! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Warum? Die Antifa ist doch gerne in Russland!)
und stumpfsinnige, demokratiefeindliche Verbotsfantasien ersetzen bei Ihnen den politischen Ideenwettbewerb.
(Beifall bei der AfD)
Der stereotype Ruf nach mehr und noch höheren Steuern und nach noch mehr und höheren Schulden tritt bei Ihnen an die Stelle des ökonomischen Sachverstandes.
(Beifall bei der AfD)
Präsidentin Julia Klöckner:
Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wiese aus der SPD-Fraktion zu?
Dr. Alice Weidel (AfD):
Nein, das ist unüblich in der Haushaltsdebatte; das wissen Sie auch.
(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist überhaupt nicht unüblich! Sie trauen sich einfach nicht! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Sie haben Angst, Frau Weidel! Sie haben Angst! Nichts anderes! Sie haben Angst vor der Zwischenfrage!)
- Nein, ich habe vor Ihnen sowieso keine Angst. Sie haben Angst. Dürfte ich bitte fortfahren?
(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Steht nicht auf dem Sprechzettel, die Antwort, ne? - Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsidentin Julia Klöckner:
Entschuldigung! Der oder die Abgeordnete entscheidet selbst, ob er oder sie eine Zwischenfrage zulässt.
(Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, aber nicht mit der Begründung! - Dr. Götz Frömming (AfD): Es können doch alle noch reden! Was soll das?)
- Das müssen wir jetzt hier nicht kommentieren. - Bitte, fahren Sie fort.
Dr. Alice Weidel (AfD):
Wie Sie hier so rumfeixen! Das wird sich der Wähler sehr genau merken, vor allen Dingen bei den anstehenden Landtagswahlen.
(Beifall bei der AfD - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Frauke Heiligenstadt (SPD): Sie feixen ja nicht, ne? - Sören Pellmann (Die Linke): Das ist ja ein Niveau am frühen Morgen!)
Sie, liebe Kollegen von der Union, wissen ganz genau, was Sie tun. Einige von Ihnen sprechen sogar immer wieder aus, was eigentlich getan werden muss. Sie tun aber genau das Gegenteil.
Und Sie, Herr Merz, haben im Wahlkampf alles Mögliche angekündigt und versprochen, was bitter notwendig ist und dringend getan werden muss. Sie haben sich dabei großzügig aus unserem Wahlprogramm bedient.
(Beifall bei der AfD - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD - Jens Spahn (CDU/CSU): Oh Mann, oh Mann, oh Mann!)
Aber dann - denn ansonsten wäre Herr Merz nicht Herr Merz - haben Sie jedes einzelne Ihrer Wahlversprechen gebrochen. Sie haben die Bürger im Stich gelassen und sich mit Verleumdung und Beschimpfung an der Opposition abgearbeitet, statt die Probleme in unserem Land anzugehen.
(Beifall bei der AfD - Dr. Ralf Stegner (SPD): Holen Sie ein Taschentuch!)
Sie haben damit wertvolle Zeit verschwendet und die Krise noch verschärft - und das alles, weil Sie sich zum Gefangenen der linken Einheitsfront durch Ihre Brandmauer machen.
(Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Kommen Sie mal zum Inhalt!)
Sie lassen sich ein ums andere Mal von der SPD vorführen. Die Gunst der SPD, von der Ihre Kanzlerschaft abhängt, ist Ihnen wichtiger als das Wohl unseres Landes und Ihrer eigenen Partei.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD)
Diese Taktik ist gescheitert. Deutschland braucht ein Sofortprogramm zur Reform von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Es ist Zeit für den Deutschlandplan der Alternative für Deutschland.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Es ist ein Zwölf-Punkte-Plan, um Deutschland wieder auf die Beine zu bekommen.
(Zuruf des Abg. Tim Klüssendorf (SPD))
Erstens. Wir brauchen günstige und sichere Energie. Das ist die Grundlage für wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand. Deshalb müssen wir das gescheiterte Experiment Energiewende sofort beenden.
(Beifall bei der AfD)
Wir müssen die Zerstörung der Kernkraftwerke, die Sprengung von Kernkraftwerken, sofort beenden und den Wiedereinstieg in die Kernkraft forcieren.
(Beifall bei der AfD - Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
Und wir müssen Erdgas und Erdöl dort kaufen, wo es am günstigsten ist, und das ist in Russland.
(Beifall bei der AfD - Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Jetzt kommt’s raus! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Ah! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU - Zuruf von der SPD: Kriegen Sie von denen auch Geld?)
Das ist in unserem nationalen Interesse, und die Amerikaner wollen das auch. Und darum gibt es diese Friedensverhandlung: weil die Amerikaner Ihre nationalen Interessen vertreten, die Sie für Deutschland vergessen haben, liebe CDU.
(Beifall bei der AfD - Steffen Bilger (CDU/CSU): Es geht hier um russische Interessen! - Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Welche Interessen vertreten Sie? Die Maske ist gefallen!)
Zweitens. Wir müssen die Subventionen für Wind- und Solarstrom beenden und die ruinöse CO2-Bepreisung und den Emissionshandel ersatzlos streichen.
(Beifall bei der AfD)
Und wir müssen das unselige Heizungsgesetz, das unzählige Eigentümer von Immobilien kalt enteignet, sofort abschaffen.
(Beifall bei der AfD)
Drittens. In der Wirtschaftspolitik muss wieder der Grundsatz gelten: Marktwirtschaftliche Ordnungspolitik statt ökosozialistischer Planwirtschaft.
(Beifall bei der AfD - Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oah!)
Das bedeutet die Abschaffung des Verbrennerverbots und aller Lieferkettengesetze auf nationaler wie auf EU-Ebene. Wir werden die Verbots- und Gängelungspolitik beenden.
(Beifall bei der AfD - Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil Menschenrechte für Sie einfach überhaupt keine Rolle spielen!)
Viertens. Unsere Wirtschaft braucht ein Entfesselungsprogramm zur Freisetzung marktwirtschaftlicher Kräfte, das sie von bürokratischen Regulierungen befreit und die Steuer- und Abgabenlast drastisch senkt.
Fünftens. In der Sozialpolitik müssen wir konsequent zum Solidarprinzip zurückkehren. Volle Sozialleistung nur für Mitglieder der Solidargemeinschaft, die auch ihren Beitrag zu den sozialen Sicherungssystemen leisten!
(Beifall bei der AfD - Zurufe von der SPD)
- Ich weiß gar nicht, was Sie gegen das Solidarprinzip haben. Das finde ich interessant.
(Jürgen Coße (SPD): Zahlen Sie eigentlich Steuern in Deutschland? - Weiterer Zuruf von der SPD: Sie haben was dagegen! - Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gegen Sie haben wir was!)
An die Stelle des von Ihnen lediglich umgetauften Bürgergeldes muss eine aktivierende Grundsicherung treten, welche die Kosten tatsächlich drastisch senkt.
Sechstens. Damit die gesetzliche Rente finanzierbar bleibt, muss sie vollständig von allen versicherungsfremden Leistungen entlastet und durch zusätzliche kapitalgedeckte Säulen gestützt werden.
(Beifall bei der AfD - Ines Schwerdtner (Die Linke): Neoliberal!)
Dazu gehört auch ein Rentenstaatsfonds, ein sogenannter Ausgleichsfonds, zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente der ersten Säule. Die Beamtenversorgung muss reformiert, die Verbeamtung strikt auf wenige hoheitliche Aufgabenbereiche beschränkt werden. Politiker, Beamte und Mandatsträger müssen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.
(Beifall bei der AfD - Jürgen Coße (SPD): Wo machen Sie eigentlich Ihre Steuererklärung? - Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
Siebtens. Die ausgebliebene Migrationswende muss durch eine Politik der geschlossenen Tür eingeleitet werden. Das bedeutet im Klartext: lückenlose Grenzkontrollen, ausnahmslose Zurückweisung aller Illegalen, endlich rigorose Abschiebung, die das Gesetz im Übrigen vorschreibt, und Schluss mit dem millionenfachen Rechtsbruch.
(Beifall bei der AfD)
Achtens. Die Migrationsmagneten werden abgestellt. Für Asylbewerber gibt es nur noch Sachleistungen statt Bargeld. Eingebürgert wird nur noch nach strengen Kriterien und frühestens nach zehn Jahren,
(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
auf eigenen Füßen und voll im Beruf stehend. Die Anspruchseinbürgerung wird abgeschafft.
(Beifall bei der AfD)
Neuntens. Die Staatsausgaben müssen entschieden zusammengestrichen werden. Statt uferloser Neuverschuldung muss die öffentliche Hand mit den Steuereinnahmen auskommen.
(Zuruf der Abg. Saskia Esken (SPD))
Der Staat muss sich aus der Wirtschaft und aus dem Privatleben der Bürger heraushalten und sich auf seine Kernaufgaben beschränken: innere und äußere Sicherheit, Aufrechterhaltung von Rechtsstaatlichkeit und öffentlicher Ordnung.
Zehntens. Klientelpolitische Subventionen werden gestrichen. Die öffentliche Finanzierung von politischen Pseudo-Nichtregierungsorganisationen wird verboten. Die Antifa als Terrororganisation wird verboten.
(Beifall bei der AfD)
Die GEZ-Gebühren werden abgeschafft. Das Verschenken von Steuergeld in alle Welt hat ein Ende. Wir brauchen unsere verbleibenden Ressourcen für unser eigenes Land, für unsere eigenen Bürger.
(Beifall bei der AfD)
Elftens. Dringend notwendig ist eine Strukturreform, die Bürokratie abbaut, den Förderdschungel lichtet und Steuergelder im Wirtschaftskreislauf bei den Bürgern und Unternehmen belässt.
Zwölftens und letztens. Eine Steuerreform 25 mit einheitlich niedrigen Steuersätzen, Familiensplitting und hohen Freibeträgen entlastet die große Mehrheit der Bürger, Familien und vor allem die Mittelschicht. Der Solidaritätszuschlag wird endlich vollständig abgeschafft.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist unser Deutschlandplan, das ist unser Sofortprogramm für Deutschland.
(Beifall bei der AfD - Dr. Götz Frömming (AfD): Bravo!)
Die wichtigsten und dringendsten Maßnahmen, um die Schäden zu korrigieren, könnten wir sofort gemeinsam entscheiden. Sofort! Die Mehrheiten dafür wären in diesem Hause vorhanden, wenn die bürgerlichen Kräfte der Vernunft zusammenfinden
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind nicht bürgerlich! - Derya Türk-Nachbaur (SPD): Rechtsextrem ist was anderes als bürgerlich!)
und den Willen der Wähler erfüllen, der mehrheitlich eine bürgerliche Mitte-rechts-Politik gewählt hat.
(Michael Schrodi (SPD): Rechtsextrem! - Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind doch nicht bürgerlich!)
Darum geht es nämlich: um eine Mitte-rechts-Politik,
(Dr. Ralf Stegner (SPD): Rechtsextrem!)
eine bürgerliche Politik und keine progressive linke, grüne Politik. Sie haben sich hier eingemauert. Machen Sie vernünftige Politik für die Bürger und Unternehmen!
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der Linken: Rechtsextrem!)
Es liegt also an Ihnen, sehr geehrte Kollegen von der Union, ob Sie sich weiter am Gängelband der linken und grünen Verlierer führen lassen wollen oder
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): … ob Sie sich weiter mit Rechtsextremen umgeben!)
ob Sie bereit sind, das Wohl des Landes über persönliche Eitelkeiten und ideologische Vorurteile zu stellen. Wir sind dafür bereit, aus Liebe und Verantwortung für Deutschland.
Ich bedanke mich.
(Anhaltender Beifall bei der AfD - Die Abgeordneten der AfD erheben sich - Dr. Ralf Stegner (SPD): So schlicht in der Birne!)
Präsidentin Julia Klöckner:
Die Möglichkeit zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Dirk Wiese aus der SPD-Fraktion. Bitte sehr.
Dirk Wiese (SPD):
Sehr geehrte Frau Dr. Weidel, es ist sehr schade, dass Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben. Da hatte Ihr Co-Vorsitzender Herr Chrupalla mehr Rückgrat in der letzten Sitzungswoche.
(Zurufe von der AfD: Oh!)
Sie haben gerade die Katze aus dem Sack gelassen - das will ich den Bürgerinnen und Bürgern noch mal verdeutlichen -: Sie wollen den Schwerpunkt auf die Privatisierung der Rente setzen. Das heißt, Sie legen die Axt an die gesetzliche Rentenversicherung, was für Millionen Bürgerinnen und Bürger faktisch Kürzungen bei der gesetzlichen Rente bedeutet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Worauf ich aber auch noch zu sprechen kommen will, ist Ihr Bild vom Schiff Deutschland. Dieses Schiff ist zweifelsohne gerade auf hoher See und hat einige Herausforderungen zu meistern.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Ja, und Sie sind der Leichtmatrose!)
Eine große Herausforderung für das Schiff Deutschland ist aber auch, dass es im Maschinenraum Menschen aus Ihrer Partei gibt, die versuchen, Löcher in das Schiff zu schlagen, weil sie nicht deutsche, sondern russische Interessen vertreten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken)
Darum will ich Sie heute hier noch mal fragen, weil Ihre Fraktion bis heute - -
(Zuruf von der AfD: Kurzintervention!)
Präsidentin Julia Klöckner:
Moment, Entschuldigung! - Wir halten uns hier alle an Regeln. Ich habe vorhin gesagt, dass die Rednerin das Wort hat. Jetzt hat der Kollege das Wort zu einer Kurzintervention. Das kriegen wir alle hin, wenn wir uns anstrengen. - Bitte.
Dirk Wiese (SPD):
Sie können sich ja selbst in Ihrer eigenen Fraktion nicht durchsetzen. Sie wollten ein Machtwort sprechen, dass Abgeordnete Ihrer Fraktion nicht nach Russland reisen dürfen.
(Dr. Alexander Gauland (AfD): Ach du lieber Schreck!)
Diese haben Ihr vermeintliches Machtwort ignoriert.
Zudem ist in der letzten Sitzungswoche herausgekommen, dass Sie Anfragen stellen. Das ist in Ordnung; aber ehrlicherweise ist nicht gesagt worden, warum Sie diese sicherheitsrelevanten Anfragen stellen.
(Stefan Keuter (AfD): Unsere parlamentarische Kontrolle!)
Es waren 7 000 sicherheitsrelevante Anfragen, die Sie gestellt haben,
(Tino Chrupalla (AfD): Ja, wir sind fleißig!)
einzelne Abgeordnete bis zu 200. Die Fragen lauteten unter anderem: Wo gehen Militärtransporte in diesem Land hin?
(Dr. Götz Frömming (AfD): Sie sind ja ein Verschwörungstheoretiker!)
Wo ist kritische Infrastruktur, wenn es tatsächlich zum Spannungsfall kommt?
Darum will ich Sie heute hier tatsächlich einfach noch mal fragen: Was machen Sie mit diesen sicherheitsrelevanten Anfragen? Was vertreten Sie als AfD-Fraktion wirklich für Interessen? Und warum gilt Ihr Machtwort in der AfD-Fraktion überhaupt nichts? Abgeordnete reisen, obwohl Sie das nicht wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken - Jürgen Coße (SPD): Was sagt Putin dazu? Jetzt sind wir gespannt! - Weiterer Zuruf von der SPD: Jetzt spricht gleich die Schweiz! - Gegenruf von der SPD: Nein, Russland!)
Dr. Alice Weidel (AfD):
Vielen herzlichen Dank für Ihre Kurzintervention. Die Betonung liegt auf „kurz“, sehr geehrter Kollege Wiese.
(Zurufe von der SPD: Oh! - Zuruf der Abg. Andrea Lindholz (CDU/CSU))
Punkt eins: Rentenversicherung. Es handelt sich hier nicht um eine Privatisierung, sondern um eine staatliche Ergänzung der Kapitaldeckung, die staatlich gefördert wird - nicht nur in der ersten Säule durch einen Ausgleichsfonds, der staatlich gefördert wird, sondern auch durch eine kapitalgedeckte betriebliche Rente und eine kapitalgedeckte private Rente in der dritten Säule. Das hat mit Privatisierung nichts zu tun, sondern mit einer Kapitaldeckung,
(Beifall bei der AfD - Lachen bei der CDU/CSU - Michael Schrodi (SPD): Das ist eine Privatisierung! - Weitere Zurufe von der SPD)
um demografische Risiken - -
(Unruhe)
- Darf ich bitte reden? Darf ich antworten? Ich verstehe es nicht.
(Michael Schrodi (SPD): Sie verstehen wenig, das wissen wir!)
Präsidentin Julia Klöckner:
Also, jetzt kommen wir alle mal ein bisschen runter. Es ist, glaube ich, gar nicht so schwer, zwischen Frage und Antwort zu unterscheiden, und jetzt antwortet Frau Dr. Weidel. Bitte sehr.
Dr. Alice Weidel (AfD):
Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Es geht mir hier um die Darlegung eines Rentenkonzeptes, das auf einem dreisäuligen Prinzip beruht, das Risiken diversifiziert und dementsprechend die demografischen Risiken, wie wir sie hier in Deutschland aufgrund der geringen Geburtenrate vorfinden, abfedern kann. - Das ist Punkt eins: keine Privatisierung, sondern eine Kapitaldeckung.
Punkt zwei: die Reisen unserer Abgeordneten nach Russland. Vielleicht haben Sie schon festgestellt, dass wir die einzige Partei, die einzige Fraktion sind mit offenen Kanälen zu
(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Beifall bei Abgeordneten der Linken - Zuruf von der CDU/CSU: … Putin! - Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mut zur Wahrheit! Mut zur Wahrheit!)
den USA, zu Donald Trump und nach Russland. Wir haben immer genau das gefordert, was Donald Trump heute umsetzt.
(Beifall bei der AfD)
Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt.
Präsidentin Julia Klöckner:
So, Frau Dr. Weidel, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dr. Alice Weidel (AfD):
Das ist sehr schade; ich habe gerade erst angefangen.
Präsidentin Julia Klöckner:
Nein, nein. - So, die Sitzung leite ich, und ich habe aus der AfD-Fraktion eben „Kurzintervention“ gehört.
Wir haben jüngst miteinander beschlossen - -
(Zurufe von der AfD)
- Jetzt hören Sie bitte zu! Es kann nicht schaden, wenn man diese Erkenntnis mitnimmt für zukünftige Kurzinterventionen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben hier gemeinsam eine neue Geschäftsordnung beschlossen, und man kann da hineinblicken und dann erfahren, dass eine - -
(Stephan Brandner (AfD): Sie haben beschlossen, nicht wir!)
- Die Mehrheit hat es hier beschlossen. Ich weiß nicht, ob Sie das Mehrheitsprinzip hier abschaffen wollen. Wir nicht!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken - Zuruf von der AfD: Oh, oh, oh!)
Ich will sehr klar sagen: In dieser Geschäftsordnung ist beschlossen - -
(Widerspruch bei der AfD)
- Zu den Zwischenrufen der AfD kommen wir gleich. - Zur Geschäftsordnung. Wir haben eine klare Regel getroffen. Diese besagt, dass Kurzinterventionen bis zu zwei Minuten dauern können. Den Ablauf dieser zwei Minuten sehe ich hier. Herr Dr. Wiese ist genau auf zwei Minuten gekommen. Ich hätte ihn sonst unterbrochen. Die Antwort darf genauso lang sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es liegt nicht in Ihrer Entscheidung, ob ich einen Beitrag abbrechen muss oder nicht. Wir haben uns gemeinsame Regeln gegeben. Diese überprüfen wir dann auch, und die gelten für alle. - So viel dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir fahren fort. Ich verstehe, dass solch eine große Debatte zu Emotionen führt; auch das ist Parlamentarismus. Aber ein paar Regeln sind nicht schlecht.
(Stephan Brandner (AfD): Seit wann ist Herr Wiese denn Doktor? Der bringt ja gar nichts, der Kürschner!)
- Habe ich Ihm eben einen Doktor verliehen? Der ist oft schneller weg, als man ihn hat.
(Heiterkeit - Dr. Götz Frömming (AfD): Vor allen Dingen bei den Altparteien!)
Entschuldigung, tut mir leid, da haben Sie recht. Das will ich fürs Protokoll dann auch klarmachen.
Wir fahren jetzt konzentriert fort. Für die Bundesregierung hat der Bundeskanzler, Herr Friedrich Merz, das Wort. Bitte sehr.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Friedrich Merz, Bundeskanzler:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesem Deutschen Bundestag gehören 630 Abgeordnete an,
(Stephan Brandner (AfD): Das stimmt ausnahmsweise mal!)
gewählt von den Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik Deutschland, um deren Interessen hier im Parlament zu vertreten. Wir alle haben uns dazu verpflichtet - jedenfalls soweit wir einen Amtseid geschworen haben -, unsere Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden.
(Zuruf von der AfD: Wann geht es los?)
Meine Damen und Herren, dieses Parlament ist der richtige Ort und die Aussprache über den Bundeshaushalt 2026 der richtige Zeitpunkt, um auch Unterschiede herauszuarbeiten, um den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes deutlich zu machen, wo denn diese Unterschiede zwischen den Fraktionen und den Parteien liegen.
(Zuruf von der AfD)
Wenn wir hier heute Morgen von einem Zwölf-Punkte-Plan für Deutschland hören, in dem zu den Krisen der Welt, zum Krieg in der Ukraine, zu den großen Herausforderungen unserer Zeit, zu den Veränderungen hin zu autoritären Systemen in vielen Ländern dieser Welt
(Beatrix von Storch (AfD): Ja, Außenpolitik, aber keine Innenpolitik!)
bis hin zu den großen Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, kein einziges Wort gesagt wird, dann ist klar: Das ist keine Politik, die diese Bundesregierung mitgeht. Das ist keine Politik, die für diese Bundestagsfraktion auch nur im Ansatz zustimmungsfähig ist, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich denke, ich darf das auch im Namen des Koalitionspartners sagen.
Wir sind mit großen Herausforderungen konfrontiert. Das ist keine abstrakte Beschreibung eines Zustandes, sondern das ist etwas, mit dem wir jeden Tag zu tun haben. Das ist etwas, das die großen Fragen ausmacht, vor denen diese Bundesregierung seit dem ersten Tag steht, an dem sie ins Amt gekommen ist. Ich will sie kurz beschreiben.
Erstens. Meine Damen und Herren, wir müssen unsere Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig machen, damit unsere Unternehmen auch unter neuen und schwierigsten geoökonomischen Bedingungen wachsen können, innovativ sein können, Arbeitsplätze schaffen können. Das Schlüsselwort heißt in diesem Zusammenhang: „preisliche Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft“. Das sind die Arbeitskosten, das sind die Bürokratiekosten, das sind die Energiekosten, und das sind die Steuerlasten. Dazu werde ich gleich etwas sagen.
Zweitens. Wir müssen uns einer neuen sicherheitspolitischen Herausforderung stellen. Andersherum gesagt: Wir müssen neue sicherheitspolitische Grundlagen für die Bewahrung der europäischen Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent schaffen. Kein Wort dazu, meine Damen und Herren, in dem sogenannten Zwölf-Punkte-Plan für Deutschland, von dem wir hier eben gehört haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Und schließlich drittens. Meine Damen und Herren, wir müssen zu einem neuen Konsens der Gerechtigkeit finden, damit wir nicht nur als Einzelne nebeneinander leben, sondern damit wir als Gesellschaft miteinander leben. Wir wollen unser Zusammenleben im besten Sinne des Wortes auf eine neue Grundlage stellen.
Das sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Und daran orientieren sich die Entscheidungen der von mir geführten Bundesregierung, ausgerichtet auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, die Sicherheit unseres Landes und das solidarische Miteinander in einer demokratischen Ordnung.
(Zuruf von der AfD: Welche Sicherheit?)
Genau diese Leitziele haben den Haushalt 2025 bestimmt, und sie bilden sich im Haushalt 2026 ebenfalls ab. Ich will die Gelegenheit nutzen - so wie der Finanzminister gestern -, denjenigen, die diese Arbeit im Haushaltsausschuss geleistet haben, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltsausschusses für die außergewöhnliche Arbeit ganz herzlich zu danken, die sie mit zwei Bundeshaushalten 2025 und 2026 innerhalb von wenigen Wochen geleistet haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sören Pellmann (Die Linke))
Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit heute nutzen, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen und einen Ausblick auf das zu geben, was wir in den nächsten Wochen und Monaten weiter vorhaben.
Wo standen wir, als wir im Mai angefangen haben? Die Ausgangslage war eine schrumpfende Wirtschaft, ein schwerfälliges und in vielerlei Hinsicht blockiertes Land. Wir haben darauf mit einem ersten Wachstumsimpuls reagiert, mit einem Programm, das insbesondere die Lage der Unternehmensteuern in Deutschland verbessert hat.
(Beatrix von Storch (AfD): In drei Jahren um 1 Prozentpunkt!)
Wir haben den ersten und richtigen Schritt hin zu einem neuen wettbewerbsfähigen Niveau unserer Steuern für die Unternehmen getan.
Wir haben Abschreibungsmöglichkeiten geschaffen, die attraktiv sind. Wir haben attraktive Bedingungen für Investitionen in Deutschland geschaffen und danach die Körperschaftsteuer auf ein Niveau abgesenkt, das wir in Deutschland noch nie gehabt haben. Ich sage den Unternehmen in Deutschland: Nutzen Sie diese Chance, die Sie jetzt haben, für Investitionen in die Bundesrepublik Deutschland, in unsere Volkswirtschaft!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir sehen das Problem bei den Energiepreisen. Wir haben diese Energiepreise, meine Damen und Herren, schon vor der parlamentarischen Sommerpause in den Blick genommen. Wir haben Entscheidungen getroffen, die bereits durch den Deutschen Bundestag bestätigt worden sind. Wir haben die Gasumlage abgeschafft, wir haben die Netzentgelte gesenkt, wir haben die Energiesteuern für die gewerbliche Wirtschaft gesenkt.
Wir wollen das so schnell wie möglich für die privaten Haushalte nachholen, sobald das haushalterisch möglich ist. Aber das Ergebnis ist bereits jetzt deutlich: Wir sehen in den Vorauszahlungsbescheiden im Durchschnitt ein Minus von 9 Prozent bei den Strom- und Energiekosten für die privaten Haushalte und für die Unternehmen. Die ersten Entscheidungen, die wir in der Energiepolitik getroffen haben, wirken, meine Damen und Herren, und sie stärken damit auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben noch in diesem Jahr sehr konkrete Entscheidungen zu treffen. Zwei davon sind abhängig von der Zustimmung der EU-Kommission, die uns aber in Aussicht gestellt worden ist.
(Beatrix von Storch (AfD): Und von der JU!)
Wir werden einen Industriestrompreis für die Jahre 2026, 2027 und 2028 ermöglichen.
(Zuruf des Abg. Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Und wir werden eine Kraftwerkstrategie verabschieden, die es uns ermöglicht, schon im nächsten Jahr mit Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke zu beginnen, die nicht vom ersten Tag an wasserstofffähig sein sollen, die aber wasserstofffähig sein müssen, sobald die Technologien es hergeben.
(Tino Chrupalla (AfD): Alle steigen aus Wasserstoff aus! Wir steigen ein!)
Damit schaffen wir neue Angebote für die Nachfrage nach preisgünstiger Energie in Deutschland.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Wasserstoff ist richtig teuer! - Gegenruf des Abg. Tino Chrupalla (AfD): Das teuerste, was es überhaupt gibt!)
Wir gehen diesen Weg, damit wir auch in der Energiepolitik die richtigen Entscheidungen treffen, damit Deutschlands Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Schließlich machen wir uns an die Mammutaufgabe eines wirklichen Rückbaus der Bürokratie in unserem Land heran. Wir haben dazu ein eigenständiges Ministerium. Ich will an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die Arbeit sagen, die Karsten Wildberger dort macht, ein Mann aus der Privatwirtschaft, der weiß, wovon er spricht, der auch Entscheidungen, die wir im Kabinett beschlossen haben, bereits umsetzt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, das Ganze findet große internationale Aufmerksamkeit. Das, was wir in Deutschland zum Bürokratierückbau und zur Digitalisierung machen, hat unter anderem dazu geführt, dass wir in der letzten Woche hier einen gemeinsamen Gipfel mit der französischen Regierung, mit dem französischen Staatspräsidenten durchführen konnten. Das Stichwort heißt: „digitale Souveränität für Europa“. Wir gehen voran: Deutschland und Frankreich. Es sind allein an diesem einen Tag Investitionsverabredungen in Höhe von rund 13 Milliarden Euro getroffen worden.
Wir zeigen, dass Digitalisierung möglich ist. Deutschland und Frankreich gehen voran. Herzlichen Dank von dieser Stelle noch einmal an den Präsidenten, an Emmanuel Macron, der mit mir zusammen diese Initiative für ganz Europa hier in Berlin auf den Weg gebracht hat. Die Digitalisierung wird jetzt konkret. Sie wird ein großes Projekt - nicht nur dieser Bundesregierung, sondern der gesamten Europäischen Union. Wir holen auf, und wir wollen gemeinsam digitale Souveränität für uns in Europa erreichen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Ganze wird begleitet durch eine Hightech Agenda, wo wir uns zu großen Schlüsselindustrien bekennen, sechs an der Zahl: künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Mikroelektronik, Biotechnologie, außerdem Fusion für klimaneutrale Energieversorgung und Technologien für klimaneutrale Mobilität. Meine Damen und Herren, diese Hightech Agenda der Bundesrepublik Deutschland wird weltweit beachtet und als wegweisend dafür empfunden,
(Dr. Christoph Birghan (AfD): Reine Ankündigung! - Weiterer Zuruf von der AfD: Ausgelacht!)
wie man eine moderne Volkswirtschaft auf den Weg modernster Technologien bringen kann.
Ich möchte ausdrücklich der Kollegin Doro Bär Dank sagen, die das hier auf den Weg gebracht hat und zusammen mit beiden Bundestagsfraktionen, CDU/CSU und SPD, durch entsprechende Gesetzgebung begleitet. Wir sind auf dem Weg zu modernsten Technologien in Deutschland. Und wir lassen uns von diesem Weg auch nicht abbringen durch kleinteiliges Gemäkel am Straßenrand, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nun wird das Ganze mit der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft nur gelingen, wenn wir weiter in einem freiheitlichen und in einem friedlichen Land leben. Ich bin damit vielleicht bei der wichtigsten Leitlinie unserer Politik,
(Beatrix von Storch (AfD): Jetzt kommt’s!)
nämlich der Bewahrung von Frieden in Freiheit in Europa. Ich sage ganz bewusst, meine Damen und Herren: Frieden in Freiheit. Denn wir wollen keine Friedhofsruhe. Wir wollen keinen Frieden durch Kapitulation, sondern wir wollen ein friedliches Zusammenleben der Völker in Europa auf der Grundlage unserer demokratischen, freiheitlichen Werte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das wollen wir erreichen, meine Damen und Herren, und dafür kämpfen wir.
Das ist insbesondere die Richtschnur unserer Ukrainepolitik, meine Damen und Herren. Ja, wir wollen, dass dieser Krieg so schnell wie möglich endet. Doch ein zwischen Großmächten verhandeltes Abkommen ohne die Zustimmung der Ukraine und ohne die Zustimmung der Europäer wird keine Grundlage sein für einen echten tragfähigen Frieden in der Ukraine.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb kommt es jetzt ganz entscheidend auf Einheit in Europa an, auf Einheit mit der Ukraine und auf Einheit im Transatlantischen Bündnis. Sie alle wissen dies, aber ich will es hier an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich hervorheben: Für die Wahrung dieser Einheit arbeitet die Bundesregierung, arbeite ich persönlich Tag für Tag und zum Teil bis spät in die Nacht.
(Zurufe von der AfD: Oh!)
Als Bundeskanzler arbeite ich unermüdlich daran, meine Damen und Herren: in vielen Gesprächen beim G20-Gipfel in Südafrika, beim EU-Afrika-Treffen in Luanda, in vielen Telefonaten und mit aktiver Diplomatie.
Präsidentin Julia Klöckner:
Herr Bundeskanzler, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?
Friedrich Merz, Bundeskanzler:
Nein. Vielen Dank.
(Zurufe von der AfD)
Meine Damen und Herren, ich begrüße deswegen das fortgesetzte amerikanische Engagement bei der Lösung dieses Konfliktes. Das habe ich Präsident Trump am vergangenen Freitag in einem Telefonat auch genau so gesagt. Aber in diesem schicksalhaften Moment für die Ukraine, auch für Europa und für unsere Allianz mit Amerika will ich klar sagen: Über europäische Angelegenheiten kann nur im Einvernehmen mit Europa entschieden werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Europa ist kein Spielball, sondern souveräner Akteur für seine eigenen Interessen und Werte.
(Beatrix von Storch (AfD): Eine Lachnummer sind wir!)
Bei all diesen Entwicklungen, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren: Der Krieg könnte morgen enden, wenn Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriff einstellt und seine Truppen von fremdem Staatsgebiet zurückzieht. Er könnte morgen enden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt in diesem Konflikt nur einen Aggressor. Das zu benennen, ist Voraussetzung für den inneren Kompass, den es zur Lösung dieses Konfliktes braucht, meine Damen und Herren.
(Tino Chrupalla (AfD): Das sieht man ja!)
Wir brauchen diesen inneren Kompass, um diese Entscheidungen auch politisch zu treffen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Damit echte Verhandlungen überhaupt erst möglich werden, muss Putin die Aussichtslosigkeit seines Kriegstreibens vor Augen geführt werden. Deshalb sage ich: Wir werden in unserer Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen. Wir werden das ukrainische Volk so lange unterstützen, wie dies notwendig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Und wir wollen die eingefrorenen russischen Vermögenswerte genau dafür verfügbar machen.
(Zuruf von der AfD: Artikel 14 Grundgesetz!)
Putin muss erkennen, dass er keine Chance bekommt, diesen Krieg erfolgreich zulasten der europäischen Freiheits- und Friedensordnung zu gewinnen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb wird Deutschland die Ukraine auch im Bundeshaushalt 2026 weiterhin auf einem sehr hohen Niveau unterstützen. Im Lichte der Ereignisse haben wir die Summe noch einmal um weitere 3 Milliarden Euro aufgestockt auf jetzt insgesamt 11,5 Milliarden Euro.
(Stephan Brandner (AfD): Schande! - Weiterer Zuruf von der AfD: Kriegstreiber!)
Für die Infrastruktur stellen wir weitere 170 Millionen Euro sofort zur Verfügung, um die Auswirkungen des russischen Terrors gegen die Winterversorgung der Ukraine zu lindern. Kein Wort davon bei dem ersten Beitrag, den wir heute Morgen gehört haben, meine Damen und Herren.
(Stephan Brandner (AfD): Zu Recht!)
Auch das ist ein Zeichen, wie Sie menschlich über das Schicksal eines Volkes in unserer unmittelbaren Nachbarschaft denken
(Beatrix von Storch (AfD): Denken Sie lieber an die Menschen in Deutschland!)
und darüber, was es in diesen Tagen, Wochen und Monaten erlebt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist umgekehrt deutsche Führungsverantwortung für einen Frieden in Freiheit in Europa. Meine Damen und Herren, die Bewahrung dieser Freiheit ist eine facettenreiche Aufgabe. Sie umfasst nicht nur unsere Außenpolitik. Wir arbeiten insgesamt und umfassend an einem Konzept zur Stärkung unserer Sicherheit, auch zur Stärkung unserer Wirtschaftssicherheit.
Dazu zählt ganz besonders die Beseitigung von einseitigen Abhängigkeiten, von einseitigen Lieferkettenabhängigkeiten. Wir erleben in diesen Wochen und Monaten, wie verletzlich wir in den letzten Jahren geworden sind und was wir aufzuholen haben. Das ist ein Weckruf, der nach meiner Wahrnehmung auch von vielen Unternehmen in Deutschland und in Europa inzwischen laut und deutlich vernommen wird.
Wir werden die Anstrengungen, die in der Privatwirtschaft in dieser Hinsicht übernommen werden, als Bundesregierung koordinieren und fördern, wo das nur möglich ist. Wir werden handelspolitisch vorangehen und tun dies bereits im umfassenden Sinne.
Noch einmal: Meine Gespräche bei der G20 in Johannesburg, beim EU-Afrika-Gipfel in Luanda haben genau diesem Ziel gedient, nämlich der Diversifizierung der Lieferketten und dem Erschließen neuer Rohstoffpartnerschaften auf der Welt. Der afrikanische Kontinent schaut auf Europa. Viele Länder auf dem afrikanischen Kontinent schauen auf Deutschland, meine Damen und Herren. Wir werden diese Verantwortung annehmen. Und wir werden die Chancen, die sich daraus ergeben, für unser Land nutzen, gerade weil wir jetzt in einer solchen geopolitischen und geoökonomischen Lage sind, die neue Antworten erfordert und nicht mit alten Antworten abgetan werden kann, die vielleicht in den 90er-Jahren hier noch am Platz gewesen wären.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben in diesem Sinne unsere Sicherheitspolitik grundlegend neu ausgerichtet, und zwar an unseren Interessen, an den Interessen der Bundesrepublik Deutschland und an den Interessen Europas. Wir haben mit dem Nationalen Sicherheitsrat die institutionellen Voraussetzungen geschaffen, um eine strategisch vorausschauende Außen- und Sicherheitspolitik zu machen, wie es in diesen Zeiten der Friedlosigkeit unerlässlich geworden ist.
In der ersten Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates Anfang November stand auch die Frage der deutschen Abhängigkeiten etwa von kritischen Rohstoffen weit oben auf der Agenda. Unser Engagement für eine neue deutsche Sicherheitsarchitektur folgt der Logik eines 360-Grad-Blicks. Wir wollen keine weißen Flecken, wenn es um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, wenn es um die Sicherheit unseres Landes geht, meine Damen und Herren.
Deshalb investieren wir in unsere Cybersicherheit und in den Schutz kritischer Infrastruktur. Deshalb bringen wir ein neues Wehrdienstgesetz auf den Weg, auf das wir uns in der Koalition geeinigt haben und mit dem wir die personelle Ausstattung der Bundeswehr sicherstellen wollen.
Meine Damen und Herren, ganz einfach: Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen: Frieden und Freiheit gibt es nicht umsonst. Verteidigung liegt in unser aller Verantwortung. Sie ist eine gesamtstaatliche und eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich sage das nicht leichtfertig, und ich sage das in dem Wissen, dass wir als Bundesregierung auch und gerade den jungen Menschen in diesem Land mit diesem Wehrdienstgesetz etwas abverlangen. Ich möchte daher in Richtung der jungen Menschen sagen: Sie sind tatsächlich in einer besonderen und in einer sehr fordernden Situation, weil zwei Dinge gleichzeitig wahr sind: Wer in den letzten 10, 20, 30 Jahren in diesem unserem Land geboren wurde, wurde in einen historisch beispiellosen Wohlstand hineingeboren, in eine historisch beispiellose Welt der Möglichkeiten, wie wir sie in der Geschichte unseres Landes noch nie hatten. Dieser Generation stehen so viele Türen offen wie keiner Generation zuvor.
Aber gleichzeitig hat sich der geopolitische Horizont verdunkelt. Ich habe von der Größe der Aufgaben gesprochen, vor denen wir stehen. Wir wollen weiter das Versprechen abgeben können, das in der Bundesrepublik Deutschland sehr lange gegolten hat: Unser Land soll von Generation zu Generation in einem besseren Zustand übergeben werden; unser Land soll auch in Zukunft eine gute Zukunft versprechen können.
Das, was die jungen Menschen in diesem Land darum zu Recht von uns als Bundesregierung erwarten, was aber auch andere Generationen von uns erwarten dürfen und sollen: Wir werden die überfälligen Aufgaben angehen. Wir werden einen neuen Konsens der Generationen aushandeln, meine Damen und Herren.
(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann müssen Sie die junge Generation mal fragen!)
Damit komme ich zu dem Thema, das uns in den letzten Tagen und Wochen intensiv beschäftigt hat, nämlich die Alterssicherung. Wir schlagen mit der Einführung der Aktivrente einen neuen ordnungspolitischen Weg ein. Warum tun wir das? Wir wollen Menschen, die noch arbeiten können und wollen, einen zusätzlichen Anreiz geben, länger in der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu bleiben.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer (AfD))
Die Botschaft ist: Wir wollen und wir müssen in diesem Land länger arbeiten. Wir gehen damit zunächst den Weg der Freiwilligkeit und guter steuerlicher Anreize. Ich bin fest davon überzeugt: Die Botschaft wird ankommen. Wir wollen, dass diejenigen, die länger arbeiten möchten, auch länger arbeiten können und dafür auch belohnt werden. Hierfür setzen wir die richtigen Anreize, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das ist ein Baustein, aber eben nur ein Baustein von Reformen, die wir in den nächsten Wochen und Monaten vorbereiten. Diese Reformen werden neben der gesetzlichen Rente auch die zwei anderen Säulen der Altersversorgung umfassen, nämlich die private und die betriebliche Altersversorgung, jeweils kapitalgedeckt. Ich will ausdrücklich sagen: Wir stellen uns der Verantwortung,
(Zuruf des Abg. Jörn König (AfD))
ein neues Versorgungsniveau zu schaffen, so wie wir es im Koalitionsvertrag verabredet hatten, vielleicht sogar mit einer neuen Kennziffer versehen, sodass die Menschen in Deutschland langfristig eine Perspektive haben und sich aufgrund der Zusammensetzung der Altersversorgung aus gesetzlicher Rentenversicherung als Basisabsicherung, privater Altersversorgung als zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung
(Dr. Christoph Birghan (AfD): Weiß das Ihr Koalitionspartner?)
und einer Betriebsrente
(Jörn König (AfD): Das haben Sie jetzt aber bei Alice geklaut!)
darauf verlassen können, dass sie auch im Alter ein gutes Leben führen können und nicht in Armut und Bedürftigkeit abgleiten. Meine Damen und Herren, das ist das Ziel dieser Koalition. Und dieses Ziel werden wir auch gemeinsam erreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ja, wir haben eine Reihe von Kommissionen eingesetzt. Die Sozialstaatskommission hat ihre Arbeit erfolgreich aufgenommen. Die Rentenkommission wird noch in diesem Jahr folgen und einen sehr konkreten Arbeitsauftrag bekommen. Meine Damen und Herren, um auch dies hier klar zu sagen: Das Einsetzen von Kommissionen - ich will das auch für mich persönlich hier sehr deutlich festhalten - ist für uns keine Strategie der Politikvermeidung oder gar der Verzögerung.
(Tino Chrupalla (AfD): Doch! Ist es!)
Das Gegenteil ist richtig: Wir wollen im umfassenden Sinne an einem neuen Sozialstaatsmodell arbeiten. Wir wollen umfassende Entscheidungen treffen. Wir wollen im besten Falle Entscheidungen treffen, die - anders als frühere Entscheidungen - für Jahre und Jahrzehnte bestandskräftig sein können,
(Jörn König (AfD): Ihr wollt! Aber ihr könnt nicht!)
damit der Sozialstaat unter den schwierigen geoökonomischen und geostrategischen Voraussetzungen in der Bundesrepublik Deutschland zukunftsfest ist.
(Sebastian Münzenmaier (AfD): Weiß Ihr Koalitionspartner, was Sie da erzählen?)
Dies zu erreichen und die bestmögliche Entscheidung zu treffen in dieser Sache, ist der feste Wille dieser Koalition, und das ist auch mein fester Wille. Das werden wir nicht übers Knie brechen. Aber wir werden in einem fairen Ausgleich zwischen den Generationen möglich machen, dass ein möglichst großer Teil unserer Gesellschaft dem generationenübergreifend zustimmen kann, was unsere Koalition, diese Regierung, miteinander beschließt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD - Sebastian Münzenmaier (AfD): Stimmt Ihre Junge Gruppe zu?)
Genau diesem Prinzip werden wir folgen bei den Entscheidungen, die bereits getroffen sind. Sie wissen, dass wir das Bürgergeld in eine neue Grundsicherung überführen. Der Gesetzentwurf ist fertig. Und die Entscheidung des Bundeskabinetts, die ukrainischen Flüchtlinge in Zukunft nicht mehr im Bürgergeld zu lassen, sondern sie in das Asylbewerberleistungsrecht zu überführen,
(Sebastian Münzenmaier (AfD): Aber nur die, die jetzt kommen, und nicht die, die schon drin sind! - Zurufe von der Linken: Solidarität mit der Ukraine!)
ist bereits im Kabinett beschlossen und wird noch in diesem Jahr im Deutschen Bundestag in erster Lesung beraten.
(Nicole Gohlke (Die Linke): Peinlich!)
Wir sind auch hier auf dem Weg, gefühlte und tatsächliche Ungerechtigkeiten in unserem Arbeitsmarkt zu beseitigen,
sodass diejenigen, die in Deutschland arbeiten, das berechtigte Gefühl zurückgewinnen können,
(Tino Chrupalla (AfD): „Berechtigtes Gefühl“! Immerhin haben Sie das Gefühl!)
dass mit ihren Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sorgfältig umgegangen wird, und gleichzeitig diejenigen, die den Sozialstaat der Bundesrepublik brauchen, nicht im Stich gelassen werden. Meine Damen und Herren, das ist die Politik dieser Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und ebenso grundsätzlich und mit ebenso hohem Tempo haben wir uns der Gerechtigkeitsprobleme und der Sicherheitsprobleme angenommen, die durch die ungesteuerte Migration in den letzten Jahren entstanden sind.
(Stephan Brandner (AfD): Wer ist dafür verantwortlich?)
Meine Damen und Herren, wir entscheiden wieder, wer zu uns kommt und unter welchen Bedingungen er zu uns kommt und ob er bei uns bleibt.
(Stephan Brandner (AfD): Das entscheiden Sie nicht! Das entscheiden wir, wenn wir dran sind!)
Wir haben, so wie von mir zugesagt, am Tag eins des Regierungsantritts die Grenzkontrollen verschärft.
(Zuruf von der AfD: Wo denn? Wo?)
Wir haben die Asylverfahren beschleunigt, wir haben den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt.
Und wir arbeiten weiter für eine umfassende europäische Lösung, mit der wir künftig schon an der europäischen Außengrenze klären, wer einen Anspruch auf Einreise und Schutz in Europa hat. Meine Damen und Herren, das sind konkrete Entscheidungen, die wir treffen im Rahmen eines umfassenden Reformprogramms. Und wir stehen erst am Anfang dieser Reformen, die unser Land so dringend benötigt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir gehen mit hohem Tempo an die Arbeit. Aber wir wissen auch: Die Reformerwartungen sind zum Teil größer, als wir sie im Augenblick erfüllen. Ja, das stimmt. Und ich höre immer wieder, dass gesagt wird, diese Regierung müsse sich doch nur mal einen Ruck geben und zwei, drei große Vorhaben umsetzen, schon wären die Probleme in unserem Land verflogen. Nein, meine Damen und Herren, unser Land, die Bundesrepublik Deutschland - und das ist eine ehrliche Antwort -, ist ein hochkomplexes Land. Und hochkomplexe Sachverhalte erfordern komplexe Antworten
(Stefan Keuter (AfD): Sie müssen doch mal anfangen!)
und nicht unterkomplexe Redensarten, wie wir sie hier heute Morgen gehört haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
In einer Demokratie müssen diese Schritte auch von großen Teilen der Bevölkerung getragen werden. Wir müssen die Menschen in unserem Lande mitnehmen auf dem Weg zur Lösung dieser großen Herausforderungen, vor denen wir stehen: Schritt für Schritt, Reform für Reform.
Wir werden diese Schritte gehen, obwohl unsere Maßnahmen - und anders kann es auch gar nicht sein - nur mit Zeitverzug wirken. Obwohl wir mittendrin und nicht am Ende unserer Agenda sind, obwohl der geoökonomische und geopolitische Wind zuletzt eher noch rauer geworden ist, zeichnet sich trotzdem eine Trendwende ab, so zum Beispiel bei den Wachstumszahlen im Bauhauptgewerbe. Die Nachfrage steigt dort deutlich. Beim Wohnungsbau steigen die Zahlen deutlich. Die Trendwende ist spürbar bei Investitionen, die dem Land zugesagt werden, bei den privatwirtschaftlichen Anstrengungen für mehr strategische Souveränität,
(Dr. Alice Weidel (AfD): Eijeijei!)
und, meine Damen und Herren, beim Blick der Welt auf unser Land.
Wir haben mit dem Haushalt 2026 die Mittel, dieses Momentum zu nutzen und nahtlos da weiterzumachen, wo wir mit dem Haushalt 2025 aufgehört haben. Wir werden das Reformtempo hochhalten und da, wo notwendig, noch einmal mehr fordern. Ich sage zugleich noch einmal das, was ich sinngemäß in meiner ersten Regierungserklärung in diesem Hause schon gesagt habe: Historische Zeiten sind Zeiten der Bewährung, nicht nur für eine gewählte Regierung, sondern für die Gesellschaft im Ganzen, zumal für eine demokratische Gesellschaft.
Die wesentliche Aufgabe der von mir geführten Bundesregierung und so auch der Bundesregierung insgesamt ist, die vielfältigen Interessen, die es in unserem Land gibt, in Einklang und in einen Ausgleich miteinander zu bringen, und zwar so, dass jede und jeder sich gern an ihrer und seiner Stelle für die Zukunft unseres Landes einbringt. Das, meine Damen und Herren, ist politische Führung. Das ist vorausschauende Politik. Und das ist der Schlüssel für eine neue Zuversicht, die viele zu Recht immer noch im Lande vermissen, die wir als Politik aber auch nicht verordnen können. Wir können nur vorangehen und möglichst viele in unserem Land bitten, auffordern und dazu einladen, diesen Weg mit uns weiterzugehen.
In diesem Sinne sage ich Ihnen: Wenn wir offen sind, wenn wir für Argumente zugänglich sind,
(Stephan Brandner (AfD): Sind Sie ja nicht!)
wenn wir auch notwendige Korrekturen vornehmen, wenn wir diesen Weg der Erneuerung unseres Landes angesichts größter geostrategischer und geoökonomischer Herausforderungen gemeinsam gehen, dann haben wir auch gemeinsam Erfolg für unser Land. Daran arbeiten wir jeden Tag.
Ich danke Ihnen.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Präsidentin Julia Klöckner:
Es wurden eben Zwischenrufe getätigt, in denen der Bundeskanzler als Kriegstreiber und Aggressor bezeichnet wurde. Dieses intellektuell überschaubare und beleidigende Niveau sollte wirklich jedem hier im Haus zu niedrig sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe die Namen nicht genau zuordnen können, sonst hätte es dafür einen sehr konkreten Ordnungsruf für die Person gegeben.
Jetzt hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Britta Haßelmann. Bitte sehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Wiebke Esdar (SPD))
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Präsidentin! Wie kann man eine Rede beginnen, ohne an das Leid der Menschen
(Beatrix von Storch (AfD): … in Deutschland zu denken!)
in der Ukraine zu denken, ohne daran zu denken, welche Zerstörung dieser jetzt in den vierten Winter gehende Krieg für die Menschen dort bedeutet?
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
Es ist unendliches Leid, das über die Menschen in der Ukraine gebracht wird, jeden Tag aufs Neue. Der Aggressor, derjenige, der den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen hat, ist Putin.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)
Wenn man sich dann noch im zweiten Teil damit brüstet, offene Kanäle zu Russland zu pflegen, und das gut und richtig findet, meine Damen und Herren, dann wissen hoffentlich alle in diesem Saal und alle Menschen, die uns zusehen und zuhören,
(Tino Chrupalla (AfD): Das ist Diplomatie, Frau Haßelmann! Das verstehen Sie nicht!)
was für Gefahren von dieser Partei ausgehen, die sich AfD nennt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)
Sie ist gefährlich,
(Zuruf von der AfD: Seit wann ist Frieden eine Gefahr?)
auch für unsere Sicherheit, für unseren Frieden hier im Land, hier in Europa.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Unser Frieden, unsere Demokratie!)
Meine Damen und Herren, es ist nicht nur empathielos
(Stephan Brandner (AfD): Mit Empathie kennen Sie sich aus!)
und menschlich wirklich schlimm, dass man mit einer solchen Kälte die Situation in der Ukraine übergeht;
(Sebastian Münzenmaier (AfD): Wir reden über den Haushalt in Deutschland! Hier geht alles den Bach runter!)
es ist auch gefährdend für den Frieden in unserem Land und in Europa.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
1991 haben die Menschen in der Ukraine mit überwältigender Mehrheit für ihre Unabhängigkeit gestimmt. Dieses Referendum jährt sich am 1. Dezember.
(Zuruf des Abg. Tino Chrupalla (AfD))
Und spätestens mit der Orangen Revolution 2004 sowie den Euromaidan-Protesten zehn Jahre später ist klar, wo die Bevölkerung der Ukraine steht und was ihr Ziel ist. Sie steht für Europa, für Frieden, für Freiheit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und deshalb ist es so wichtig und notwendig, dass wir all unsere Unterstützung geben. Heute, 34 Jahre nach genau diesem Referendum, geht es um eine freie, unabhängige Ukraine mitten in Europa.
(Beatrix von Storch (AfD): Es geht hier um den deutschen Haushalt!)
Wir sprechen von Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung des ukrainischen Volkes, meine Damen und Herren.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Wollen Sie Raketen liefern?)
Da geht es nicht darum, zu sagen: Hier ist das deutsche Volk, und da sind die Europäer oder die Ukrainer. - Wir gehören zusammen, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wer das nicht versteht, der versteht nicht die Risiken und die Gefahren, in denen wir uns in Europa befinden, meine Damen und Herren. Deshalb sind Sie nicht nur im Innern eine Gefährdung für dieses Land, sondern auch im Äußeren, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD - Zuruf von der AfD: Das sind Sie!)
Und ich bitte Sie alle, darüber zu sprechen, mit Ihren Freunden, mit den Leuten am Arbeitsplatz, wo es nur geht.
(Tino Chrupalla (AfD): Das machen wir alles, Frau Haßelmann! Und deswegen will niemand mehr Sie wählen!)
Denn das führt wirklich in die Krise und in den Konflikt.
Herr Bundeskanzler Merz, Sie haben gerade Ihre Bemühungen und Ihre Position angesprochen. Putins gnadenloser Angriffskrieg auf die Ukraine darf nicht belohnt werden; da sind wir uns einig. Das ist so.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb kann man den sogenannten Friedensplan, den die Trump-Administration und Russland entwickelt haben, auch nicht Friedensplan nennen.
(Tino Chrupalla (AfD): Was ist denn die Alternative? - Dr. Götz Frömming (AfD): Sie haben nur einen Kriegsplan!)
Er ist ein Unterwerfungsplan für die Ukraine, nichts anderes.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass sich die Europäerinnen und Europäer gleich nach Erscheinen dieses Plans zusammengesetzt haben.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Früher waren die Grünen auch mal für Frieden!)
Denn es kann nur ein Signal geben: Europa muss geschlossen und gemeinsam agieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Matthias Miersch (SPD))
Es darf nichts über den Kopf der Ukraine über die Ukraine entschieden werden, meine Damen und Herren. Das ist wichtig für die Ukraine, und das ist wichtig für uns; denn auch unsere Sicherheit und unser Frieden hängen davon ab.
(Jörn König (AfD): Jetzt kommen wir aber langsam mal zum Haushalt, oder?)
Reden Sie mal mit Leuten, die in Lettland, Litauen oder Estland leben! Reden Sie mit Menschen, die in Polen leben! Dann erfahren Sie, welche Ängste dort vor den Expansionsplänen Russlands bzw. Putins herrschen. Deshalb ist es notwendig, dass Europa hier gemeinsam agiert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kanzler Merz, wir werden Sie beim Wort nehmen. Ich habe gehört, was Sie gerade gesagt haben: Sie machen sich dafür stark und werden dafür sorgen, dass wir im Parlament klar absichern, dass die russischen Vermögen, die in Europa eingelagert sind, für die Ukraine verwendet werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das sagt man aber nicht nur so, meine Damen und Herren; das sichert man ab. Und ich hoffe, dass in Ihrer Fraktion klar ist, was das bedeutet, wenn es um die europäische Absicherung dieser Frozen Assets, dieser russischen Vermögenswerte, geht. Dann muss auch Ihre Fraktion stehen, Jens Spahn, und darf keinen Rückzug machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Alice Weidel (AfD): Unglaublich! Sie haben gar keine Idee!)
Denn darum geht es, meine Damen und Herren: Die Ukraine braucht mehr Unterstützung, sie braucht finanzielle Unterstützung. Und die Vermögen, die in Europa eingelagert sind, können wir für die Ukraine nutzen, damit sie sich militärisch besser ausrüsten, ihre Infrastruktur sichern und beim Wiederaufbau die Folgen dieses Krieges bewältigen kann. Das ist wichtig und notwendig. Hier werden wir Sie beim Wort nehmen; denn Sie haben es heute dem Deutschen Bundestag versprochen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich möchte auf die Innenpolitik zu sprechen kommen. Nicht immer, Herr Bundeskanzler, sind Ihre Worte mit Bedacht gewählt; das ist schon vornehm ausgedrückt.
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
Ihre Worte, Herr Merz, wirken auf viele Menschen verletzend, ob bei der Stadtbild-Debatte oder in Bezug auf Belém. Ich persönlich akzeptiere das nicht und verstehe auch nicht, warum Sie das tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie müssen doch Ihren Anspruch, der Kanzler aller Menschen zu sein und sich um Zusammenhalt und das Miteinander zu kümmern, für alle Menschen zum Ausdruck bringen und dürfen doch nicht die Hälfte der Bevölkerung jeden Tag vor den Kopf stoßen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir über Sicherheit hier im Land reden, dann will ich, dass wir auch darüber sprechen, dass beinahe jeden zweiten Tag ein Mann seine Ex-Partnerin oder Partnerin tötet. Meine Damen und Herren, jede Frau hat das Recht, ohne Angst, in Sicherheit und mit Schutz zu leben. Auch das gehört zur Sicherheitsdebatte in unserem Land.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Sören Pellmann (Die Linke))
Denn das ist eine reale Bedrohung für viele, viele Frauen in unserem Land. Damit dürfen wir uns nicht abfinden.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Das haben Sie noch größer gemacht!)
Meine Damen und Herren, weniger als ein Viertel der Menschen in unserem Land hat Vertrauen in diese Regierung.
(Zuruf von der AfD: Ja, zu Recht!)
Und, Herr Merz, das hat auch etwas mit Ihnen zu tun,
(Dr. Götz Frömming (AfD): Und mit Ihnen!)
mit dem Chaos in dieser Regierung, mit der Führungslosigkeit der Fraktion. Man weiß ja am Dienstagmorgen nicht, wie die Unionsfraktion am Dienstagnachmittag aus der Sitzung rauskommt,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
ob die Rente oder ob der Regierungsentwurf zum Wehrdienst abgelehnt werden. Das ist doch kein Hirngespinst einzelner Oppositioneller hier im Bundestag.
Das spüren die Menschen. Sie wecken jeden Tag Erwartungen. Jeden Tag! Sie kündigen an dem einen Tag Dinge an, die Sie am übernächsten Tag wieder einsammeln. Sie sind als Fraktion komplett unberechenbar, und das als die größte Regierungsfraktion, die den Kanzler stellt. Da geht null Stabilität von Ihnen aus.
(Steffen Bilger (CDU/CSU): Das kennen Sie ja aus der Ampel!)
Meine Damen und Herren, das spüren die Menschen, und das ist eines der größten Probleme in Ihrer Regierungsverantwortung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie leichtsinnig und leichtfertig haben Sie dreieinhalb Jahre so getan, als könnten Sie das alles besser, als wäre alles so einfach! Man müsste nur einfach mal machen. Wie oft haben wir von Herrn Linnemann diesen blöden Spruch gehört.
(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Aber Sie haben ja nicht gemacht!)
Heute hat man das Gefühl: Diese Koalition und mit ihr der Kanzler und auch Jens Spahn mit seinen ganzen Schwächen als Fraktionsvorsitzender kommen in der Realität an. Und das wirkt sich auf die Wahrnehmung der Arbeit dieses Parlaments und dieser Regierungskonstellation aus. Sie haben die allerbesten Voraussetzungen, die je eine Regierung hatte.
(Steffen Bilger (CDU/CSU): Sie haben einen Sauhaufen hinterlassen!)
Unsere Fraktion hat Ihnen ermöglicht, endlich in dieses Land, in die marode Infrastruktur, in Klimaneutralität zu investieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und was tun Sie? Sie tricksen rum und verschieben Positionen ins Sondervermögen, wie etwa 9 Milliarden Euro für Investitionen in die Bahn und den notwendigen Ausbau der Schiene. Dafür feiern Sie sich, Herr Klingbeil. Es gibt keinen Grund, dass Sie sich feiern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn am Ende ist es so: Sie ziehen das Geld aus dem Kernhaushalt raus, und übrig bleiben null neue Investition in die Schiene. Und jede und jeder von uns, die bzw. der mal Bahn gefahren ist, weiß, wie dringend die Investitionen in die Bahninfrastruktur sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist nur ein kleines Beispiel. Wir könnten den gesamten Haushalt daraufhin durchgehen, wie Sie immer wieder Positionen verschieben, um die Wahlgeschenke, die Sie sich insbesondere für die Kollegen der CSU und Markus Söder überlegt haben, zu finanzieren. Nennen Sie mir einen Grund, weshalb man jetzt 3 Milliarden Euro und mehr für die Entlastung des Gastrogewerbes ausgeben sollte, obwohl gerade angekündigt wurde, dass die Bürgerinnen und Bürger davon nicht profitieren.
(Sebastian Münzenmaier (AfD): Weil ansonsten die Wirte ausbluten!)
Stecken Sie das Geld in den Klimaschutz!
(Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)
Geben Sie das Geld den Kommunen! Geben Sie es den Städten und Gemeinden!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn die schieben einen Investitionsstau von 216 Milliarden Euro vor sich her. Das heißt konkret: Marode Schwimmbäder müssen schließen, Schulen können nicht saniert, Brücken und Straßen vor Ort nicht instand gesetzt werden, weil Sie das Geld für andere Dinge verpulvern.
Dann zu Ihrem Generationenkonsens: Was soll das denn sein, und was soll das werden? In Sachen Klimaschutz und der Frage, wie wir erhalten, was uns erhält - wir haben das Leben von unseren Kindern nur geborgt -, sind Sie doch im Rückwärtsgang. Da leisten Sie doch keinen Beitrag für die künftigen Generationen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zur Rentendebatte, die Sie sich gerade leisten: Ja, auch ich und meine Fraktion sind dafür, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent liegt. Ehrlich gesagt, kann sich das doch jeder ausrechnen, der nicht Abgeordneter ist; denn wir sollten nicht der Maßstab sein. Unser Ziel müsste es sein, dass auch wir Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und Teil davon sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sebastian Roloff (SPD) - Stephan Brandner (AfD): Unsere Anträge dazu liegen vor, Frau Haßelmann!)
Wir als Abgeordnete erwerben in so kurzer Zeit so hohe Ansprüche zur Alterssicherung, wie sich das kein Arbeitnehmer vorstellen kann. Meine Damen und Herren, schauen wir uns einmal die Lebenssituation eines Kfz-Mechanikers bzw. - so ist die heutige Berufsbezeichnung - eines Kfz-Mechatronikers an. Nach 41 Versicherungsjahren plus Zivildienst steht am Ende eine Rente von 1 180 Euro. Dann, sorry, sage ich auch in Richtung der Jungen in der Union: Wo bleibt denn euer Aufschrei bei der Leistungsausweitung der Mütterrente?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wo bleibt denn euer Aufschrei bei dem lächerlichen Betrag, der für die Frühstartrente vorgesehen ist? 50 Millionen Euro, was wollt ihr denn damit erreichen? Wollt ihr damit irgendeinem jungen Menschen sagen: „Wir haben Vorsorge betrieben“? Das ist doch nicht der Fall.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Claudia Moll (SPD))
Ich glaube, bei der Frage, welches Signal wir gerade an die junge Generation, aber auch an die, die ein Leben lang gearbeitet haben oder in Altersarmut sind, aussenden, ist die Kunst, das gemeinsam zu denken und nicht die Generationen gegeneinander auszuspielen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Claudia Moll (SPD))
Da ich bei der Verantwortung bin, will ich einen letzten Punkt ansprechen. In der heutigen Haushaltsdebatte, meine Damen und Herren, sprechen wir über Krieg, Krisen und Konflikte in der Welt.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Es geht aber um den deutschen Haushalt! Aber der interessiert Sie überhaupt nicht! Deutschland interessiert Sie nicht!)
Sie bringen es fertig, trotz der großen Krisen und Konflikte in der Welt - ich nenne beispielhaft nur den Sudan - den Mittelansatz für die humanitäre Hilfe um 50 Prozent
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Katastrophe!)
und den für die Entwicklungszusammenarbeit um 25 Prozent im Vergleich zum Etat 2024 zu kürzen. Das machen Sie, obwohl wir global so große Verantwortung tragen und bei Hunger, Not und Krisen Unterstützung geben müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich frage mich: Vor wem wollen Sie das eigentlich rechtfertigen? Es ist nicht nur menschlich nicht vertretbar, wenn wir die humanitäre Hilfe so dramatisch kürzen, wohl wissend, dass die USA mit Trump an der Spitze schon lange in diese Richtung gegangen sind und die Unterstützung für USAID und viele notwendige Programme gekürzt wurde. Ich halte das für unverantwortlich und fordere Sie auf, das zu ändern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Pascal Meiser (Die Linke))
Präsidentin Julia Klöckner:
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich sehr herzlich eine Abordnung der Marine aus Plön hier begrüßen. Herzlichen Dank für Ihren Dienst!
(Beifall)
Nun hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Dr. Matthias Miersch das Wort. Bitte sehr.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dr. Matthias Miersch (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltsdebatte ist eine Generaldebatte, und insofern ist es auch das Recht der Opposition, natürlich an der einen oder anderen Stelle nachzubohren. Aber ich will am Anfang schon mal sagen: Diese Regierung ist jetzt sieben Monate im Amt, und wir verabschieden in dieser Woche bereits den zweiten Haushalt. Das ist eine Mammutaufgabe, der diese Große Koalition gerecht geworden ist. Vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Natürlich ist es viel besser über einen Streit zu reden. Das ist in der medialen Welt so. Aber ich will schon darauf hinweisen, dass wir in kürzester Zeit - und der Bundeskanzler hat auf ein paar Dinge hingewiesen - große Gesetze beschlossen haben, die dieses Land voranbringen. Wir investieren in den Zusammenhalt und in die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Haushalt ist immer erst mal etwas Abstraktes - das sind große Zahlen -, aber am Ende geht es um Menschen, um ganz konkrete Bevölkerungsgruppen. Deswegen will ich an einigen Stellen skizzieren, dass dieser Haushalt genau in die richtige Richtung investiert. Britta Haßelmann, es ist ja richtig: Wir haben all die Fesseln der letzten Jahre gemeinsam gelöst. Wir können jetzt investieren, und dieser Haushalt ist ein Rekordinvestitionshaushalt.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir investieren Milliarden, um die Wirtschaft zu stützen. Wir sind die drittgrößte Volkswirtschaft, und wir lassen uns das nicht kaputtreden. Wir investieren, damit die Energiepreise bezahlbar sind, damit sich Investitionen lohnen und damit der Standort Deutschland gesichert wird. Milliarden fließen dort im Moment hinein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das nutzt auch den nachfolgenden Generationen; denn wir investieren in die Infrastruktur und in die Bildungseinrichtungen. Das ist Zukunft; dahin gehen die Milliarden. Liebe Britta, die Kommunen werden durch unsere Investitionen handlungsfähig, und das ist wichtig. Das sind Schritte in die absolut richtige Richtung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Und wir nehmen Milliarden in die Hand für den sozialen Wohnungsbau, für die Städtebauförderung. Es geht uns um die Menschen, die bezahlbaren Wohnraum in diesem Land brauchen; da investieren wir. Auch das ist gut angelegtes Geld in diesem Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dann gibt es vermeintlich kleine Dinge, die aber große Wirkung haben, beispielsweise die sogenannte Sportmilliarde. Damit versetzen wir Kommunen in die Lage
(Widerspruch des Abg. Peter Boehringer (AfD))
- noch nicht ausreichend, aber es passiert etwas -, den Sport zu unterstützen, und wir haben die im Blick, die jeden Tag ehrenamtlich arbeiten und die den Zusammenhalt auch gerade über den Sport fördern. Da wollen wir investieren, die wollen wir unterstützen, und das machen wir in diesem Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und es geht weiter. Wir haben in diesem Haushalt aufgrund der parlamentarischen Beratungen durchgesetzt, dass das Technische Hilfswerk in die Lage versetzt wird, die Dinge zu sanieren, die in diesem Land die letzten Jahre nicht saniert werden konnten. Die Helferinnen und Helfer, die tagtäglich im Katastrophenschutz unterwegs sind, wollen wir unterstützen. Sie wollen wir in die Lage versetzen, zukunftsfähig ihre wichtige Arbeit für Deutschland und für viele Teile der Welt weiter zu realisieren. Das THW ist für uns auch ein ganz wichtiger Leistungsempfänger in diesem Haushalt.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der Bundeskanzler hat die große Debatte über das Wehrdienstgesetz angesprochen; das ist auch eine gesellschaftspolitische Debatte. Wir haben in der Großen Koalition einen Weg gefunden, der belastbar ist. Wir setzen zunächst auf Freiwilligkeit.
(Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Und es ist wichtig, dass wir in die Bundeswehr investieren, dass wir den Dienst attraktiver machen. Aber genauso wichtig ist, dass wir für die jungen Menschen, die Interesse am Bundesfreiwilligendienst haben, investieren und 15 000 neue Stellen schaffen. Auch das ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal, das von diesem Haushalt ausgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Britta Haßelmann, man kann ja viel sagen über den Klimaschutz. Aber die Rolle, die gerade Carsten Schneider und Reem Alabali Radovan in Belém gespielt haben, beweist, dass die Bundesrepublik Deutschland weiter ein fester Motor des internationalen Klimaschutzes ist. Und in diesem Sinne vielen, vielen Dank für dieses Engagement in Belém und in Europa!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Man muss darauf eingehen: Wir haben in diesem Haushalt auch große Positionen für die Verteidigungsfähigkeit dieses Landes. Ich glaube, wir haben alle dazulernen müssen, dass wir eine neue Aggression haben. Wir alle sehen - eine Delegation der Marine sitzt gerade auf der Zuschauertribüne -, dass wir eine starke Bundeswehr brauchen und dass wir hier investieren müssen. Mit einer Mär möchte ich aufräumen: Immer wieder wird gesagt - genauso wie gestern -, wir spielten die Verteidigung gegen andere Güter aus. Die Verfassung erlaubt nun eine sogenannte Bereichsausnahme. Das klingt technisch, bedeutet aber praktisch, dass wir die Verteidigung nicht gegen soziale Sicherung oder etwas anderes ausspielen müssen. Wir investieren in beides, und wir können das. Und das ist wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In diesem Zusammenhang, Frau Weidel, muss ich schon darauf eingehen, was Sie hier gesagt haben. Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Wiese war für sich entlarvend.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Nein, überhaupt nicht!)
Wenn Sie jetzt schon von neuen Abhängigkeiten in Sachen russisches Gas philosophieren, dann will ich an die Aussagen Ihres Kollegen Chrupalla erinnern, der gesagt hat: Von Russland geht keine Gefahr aus. - Herr Chrupalla, Sie mussten sich von Ihrem verteidigungspolitischen Sprecher belehren lassen, der Sie auf die vielen Aggressionen hingewiesen hat, die augenblicklich von Russland ausgehen, und auf die Cyberkriminalität, die wir tagtäglich in diesem Land erleben. Wie können Sie so etwas behaupten? Die AfD ist keine Alternative für Deutschland. Sie ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Stefan Keuter (AfD): Sie ist ein Sicherheitsrisiko für die SPD!)
Weil es eine Generaldebatte ist, darf auch ich das Thema, über das wir augenblicklich diskutieren, nicht außer Acht lassen. Das ist die Rentenpolitik. Ich bin mir sehr sicher, dass wir alle in dieser Großen Koalition der Auffassung sind, dass das eine ganz wichtige Frage ist. Ich kann für die Sozialdemokratie hier sagen: Dass das soziale Sicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland, auf das sich Menschen verlassen können, wenn sie krank, älter oder arbeitslos sind, weiter trägt und zukunftsfähig wird, ist für uns ein ganz entscheidendes Anliegen.
(Beifall bei der SPD - Dr. Götz Frömming (AfD): Bremsen Sie mal die Zuwanderung!)
Und ich wundere mich sehr, wie teilweise abstrakt über Zahlengrößen gesprochen wird, über Milliarden. Es geht aber nicht um die Menschen, die dahinterstehen. Die Durchschnittsrente in Deutschland beträgt rund 1 300 Euro. Für die Menschen, die darauf angewiesen sind - und das sind nicht wenige, sondern viele, die keine Alternativen bei der Vorsorge haben -, sind die Debatten um ein paar hundert Euro mehr oder weniger sehr entscheidend.
(Beifall bei der SPD - Dr. Götz Frömming (AfD): Sie geben das Geld aus!)
Dass Professorinnen und Professoren sich zu Wort melden, ist richtig. Das müssen sie auch tun, und das bereichert die Demokratie. Aber dass das überwiegend Menschen sind, die zum großen Teil nie irgendetwas eingezahlt haben und die nie auf eine solche Alterssicherung angewiesen sein werden wie die Menschen, über die ich gerade gesprochen habe, gehört auch dazu. Ich erwarte einen respektvollen Umgang mit den Leuten, über die wir hier reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Debatte zum Beispiel über die Rente mit 63 bei den Grünen. Tatsächlich gibt es diese Rente gar nicht mehr; denn das Renteneintrittsalter ist kontinuierlich angestiegen. Aber auch da geht es doch um Menschen, die 45 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Viele, die augenblicklich über eine Abschaffung der Rente mit 63 philosophieren, werden 45 Beitragsjahre niemals voll bekommen. Auch das gehört zur Debatte. Lebensleistung muss sich lohnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Das Rentenpaket, das der Bundeskanzler skizziert hat, ist das eine. Das andere ist: Wir haben uns darauf verständigt, eine Kommission einzusetzen, die die großen Linien klären soll. Ich sage an die Adresse des Koalitionspartners ausdrücklich: Für uns ist das kein Arbeitskreis, den wir gründen, weil wir nicht weiterwissen, sondern es ist eine ernstgemeinte Einrichtung, die tatsächlich die Zukunftsfähigkeit der Rente sicherstellen soll. Und wir werden gemeinsam die Dinge auf die Tagesordnung setzen, die dort besprochen werden.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welche?)
Ich will den Jüngeren in diesem Haus sagen: Ich habe bei einer Kommission erlebt, wie unüberbrückbare Hürden zu einem großen Ergebnis geführt haben. In der Kohlekommission haben Menschen gesessen, die übereinander geredet haben und nicht miteinander. Als sie dann aber in dieser Kommission saßen, hat man die Empathie für die jeweils andere Haltung aufgebracht. Und insofern bin ich sehr sicher: Wenn wir mit diesem Geist in diese Kommission und auch in die anderen Kommissionen gehen, dann können wir tatsächlich in dieser Großen Koalition Großes bewirken und das Rentensystem auf zukunftssichere Füße stellen. Das wünsche ich mir. Ich bin mir sicher, das gelingt uns.
In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Präsidentin Julia Klöckner:
Für die Fraktion Die Linke hat der Abgeordnete Sören Pellmann das Wort.
(Beifall bei der Linken)
Sören Pellmann (Die Linke):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Friedrich Merz wurde Kanzler mit der Ansage, es besser zu können als Olaf Scholz. In gewisser Weise hat das ja auch geklappt: Gut ein halbes Jahr später sind er und seine schwarz-rote Koalition noch unbeliebter, als es die Ampel damals gewesen ist. Respekt für diese Leistung!
(Beifall bei der Linken)
„Stadtbild“, „kleine Paschas“ und seine Aussagen zu Belém - diese Reihe von Ausfälligkeiten ist ja nicht nur Ausweis von fehlendem Format. Sie sollen ablenken davon, dass er auf fast allen Politikfeldern bisher nicht geliefert hat und versagt hat. Und wer inhaltlich nicht liefert, dem bleibt eben nur die Ablenkung über den Kulturkampf. Rechts außen freut sich; denn genau das ist deren Strategie.
Angetreten ist diese Regierung mit dem vollmundigen Versprechen, den Staat zu reformieren. Bis zum Sommer sollten die Bürgerinnen und Bürger spüren, dass es vorangeht. Ich spüre genauso wie große Teile der Bevölkerung leider davon gar nichts. Ständig wird uns erklärt: Wir können uns diesen Sozialstaat nicht mehr leisten. Angeblich ufert unser Sozialstaat aus. Und wir hätten kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem.
Beim Bürgergeld wollten Sie Milliardenbeträge einsparen - alles nach Auffassung der Linken politischer Klamauk: Am Ende sparen Sie dort gut 100 Millionen Euro - ganz großes Politkino im Promillebereich. Für dieses politische Prosit ziehen Sie eine ganze Betroffenengruppe, darunter vor allem Aufstocker, Kinder, Menschen, die sich um die Pflege ihrer Angehörigen kümmern, durch den Dreck. Wie gnadenlos billig ist das, bitte schön?
(Beifall bei der Linken)
Sie machen weiter Politik für die Reichen. Hier findet eine massive Umverteilung von unten nach oben statt. Und dieser Haushalt 2026 ist ein wichtiger Baustein bei dieser unsozialen Umverteilung.
Lassen Sie mich diesen Haushalt der Hoffnungslosigkeit auf einen Nenner bringen: Er enthält sagenhaft viel Geld - sagenhaft viel Geld für Panzer und Jagdflugzeuge -, aber wenig - wir sagen: zu wenig - Geld für Familien, deren Kinder zukünftig wieder an genau diesem Kriegsgerät ausgebildet werden sollen. Die Bundesregierung wird mit einem Rekordhaushalt in Höhe von knapp 525 Milliarden Euro nur einen minimalen gesellschaftlichen Effekt erzeugen. Wer am Kern der Krise vorbei investiert, stabilisiert weder die Industrie noch unsere Kommunen, die das so dringend brauchen.
Deswegen sagen wir als Linke: Deutschland braucht jetzt einen Wiederaufbauplan - moderne Infrastruktur, eine gute und pünktliche Deutsche Bahn, starke soziale Sicherungssysteme und Investitionen auch in wirtschaftliche Erneuerung. Das fordert Die Linke.
(Beifall bei der Linken)
Neben all diesen Ausgaben stehen aber auch 180 Milliarden Euro Schulden auf dem Zettel. Defizite sind nicht gottgegeben, und Kreditaufnahme ist gar nichts Verwerfliches. Aber das geliehene Geld sollte in die Zukunft unseres Gemeinwesens investiert werden: in die Infrastruktur, in die Ökonomie, in die Bildung. Das sind die Bereiche, in die wir jetzt und heute investieren müssen, und, ja, gerne auch in die Förderung der Binnenkonjunktur.
(Beifall bei der Linken)
Investitionen in die Rüstung hingegen verpuffen nach unserer Auffassung. Sie vermehren lediglich die Gewinne der Rüstungsindustrie und der entsprechenden Aktionäre. Wenn gerade von einer - ich zitiere - „Friedensangst“ bei den Rüstungskonzernen die Rede ist, dann entwickelt sich das in die falsche Richtung.
Wir alle erinnern uns noch, Herr Merz, als Sie damals als Oppositionsführer hier von diesem Pult aus sprachen. Sie lobpreisten die Schuldenbremse, als Sie den Generalangriff auf die Ampel geprobt hatten. Alles vergessen?
Wir vergessen auch nicht die jahrelangen Folgen der Schuldenbremse für mögliche Investitionen. Durch sie erleiden wir nach wie vor einen riesigen Investitionsstau: bei der Verkehrsinfrastruktur, bei öffentlichen Gebäuden, bei bezahlbaren Wohnungen, bei Sportanlagen und bei Bildungseinrichtungen. Wir als Linke haben das immer klar kritisiert. Diese Schuldenbremse war und ist ein Entwicklungshemmnis.
(Beifall bei der Linken)
Im Frühjahr 2025 ging dann aber alles ganz schnell. Verschuldung für die Aufrüstung wurde zur Pflicht, quasi Dienst für unser Vaterland. Mich verwundert keineswegs, dass die Merz’sche Flexibilität jetzt in einen - nennen wir es mal so - kreativen Einsatz der Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur mündet. Dabei wären diese Investitionen genau das Richtige. Allein die Kommunen haben einen Investitionsbedarf von 210 Milliarden Euro.
Dem gegenüber stehen, wenn man in den Haushalt schaut, aber lediglich 8,1 Milliarden Euro, die aus dem Sondervermögen an Länder und Kommunen fließen sollen - deutlich zu wenig! Denn man muss sich vorstellen - und der Blick in die Kommunen zeigt, wie die reale Situation aussieht -: Spielplätze können nicht weiterbetrieben und saniert werden, Schwimmbäder schließen, Bibliotheken werden geschlossen, Sportvereine stehen vor einer schwierigen Situation, und, ja, ich kann es Ihnen als Lehrer nicht ersparen: Auch das marode und stinkende Schulklo wird es weiterhin geben. Diese Politik erzeugt Frustration und Hoffnungslosigkeit.
(Beifall bei der Linken)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Politik ist auch eine Gefahr für den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ich sage es noch deutlicher: Ihre Haushaltspolitik ist eine Gefahr für unsere Demokratie.
(Beifall bei der Linken)
Es wird investiert, aber eben nicht in die von mir angesprochene Infrastruktur, sondern in die Aufrüstung. „Whatever it takes“, das Credo des Kanzlers, bedeutet für die Aufrüstung - ich nenne ein paar Zahlen -: 100 Milliarden Euro aus dem Scholz’schen Sondervermögen plus 80 Milliarden Euro für Boris Pistorius 2026 on top und dann noch die 400 Milliarden Euro, welche die Bundeswehr als Wunschliste für Rüstungsprojekte zusätzlich auf den Tisch gelegt hat. Das sind goldene Zeiten für die Rüstungsindustrie, und wir werden jeden Preis dafür zahlen müssen.
Herr Merz, Sie als Mann der Wirtschaft, als der Sie immer so auftreten, wollten genau in diesem Bereich nicht kleckern, sondern klotzen. Nach fast sieben Monaten Regierungsverantwortung ist Ihre Bilanz erschreckend: Knapp 10 Prozent unserer Unternehmen sehen laut einer aktuellen Umfrage ihre wirtschaftliche Existenz als akut bedroht an. Das geht nun seit Monaten - man könnte sagen: seit Jahren - so. Die deutsche Wirtschaft hat ein Nachfrageproblem. Erst hat die Ampel über Jahre die Konjunktur ignoriert und der Rezession tatenlos zugesehen. Unter der neuen Regierung wurde es leider nicht besser.
Unseren Vorschlag, Herr Merz, den wir zu Beginn der Wahlperiode gemacht haben, nämlich ein Wohnungsbauprogramm für den sozialen Wohnungsbau aufzulegen, haben Sie nicht ernst genommen. Dann wäre zumindest Ihr Sommermärchen nicht nur ein Märchen geblieben. Dies wäre nicht nur eine sozialpolitisch, sondern auch eine wirtschaftspolitisch wertvolle Maßnahme gewesen.
(Beifall bei der Linken)
Die Realität, wenn man auf die Zahlen der Bundesbank schaut, ist: Im dritten Quartal 2025 sind die Bauinvestitionen weiter gesunken. Die nicht enden wollende Liste unbefriedigender Daten zur Wirtschaftslage lässt nur einen Schluss zu: Es ist Ihnen nicht gelungen, der Wirtschaft einen wirklichen Schub zu geben. Im Gegenteil: Die Konjunktur dümpelt weiter vor sich hin.
Die Chancen für Arbeitslose sind, wenn man sich die Zahlen anschaut, nach wie vor schlecht. Eine Bemerkung in diesem Zusammenhang: Wir haben 7 Millionen Menschen in unserem Land, die Minijobber-/innen sind, die gar nicht auf das Arbeitslosenkonto einzahlen. Deswegen fordern wir als Linke immer wieder, genau diese prekären Beschäftigungsverhältnisse abzuschaffen.
(Beifall bei der Linken)
War noch was? Ach so, ja - die Kolleginnen haben es schon angesprochen -: die Rente. Ich gucke Sie an, Herr Spahn. Das kann ich Ihnen jetzt leider nicht ersparen: Ich erwarte von Ihnen, dass Sie zumindest in diesem Bezug ein loyaler Fraktionsvorsitzender sind,
(Zuruf des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU))
dass Sie sich von dem, was Sie mit Ihrem Koalitionspartner zum Rentenpaket besprochen haben, nicht von der eigenen Fraktion abbringen lassen und dass die Mindestsicherung - ein Rentenniveau von 48 Prozent - dann auch kommt.
Noch mal zur Erinnerung - das kann ich auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der SPD, nicht ersparen -: Die Absenkung des Rentenniveaus von 53 auf 48 Prozent - das haben Sie im Übrigen damals mit der Agenda 2010 beschlossen - hat dazu geführt, dass jeder fünfte Rentner und jede fünfte Rentnerin in diesem Land in Altersarmut leben muss. Die Altersarmut hat sich seit diesem Beschluss mehr als verdoppelt.
(Beifall bei der Linken - Ina Latendorf (Die Linke): Das ist traurig! Das ist absolut traurig!)
Für die Fraktion Die Linke steht zum Thema Rente deswegen fest: Wir werden keinen weiteren Verschlechterungen im derzeitigen System zustimmen. Die gesetzliche Rente muss sicher sein und für alle zum Leben reichen.
Ich komme zum Schluss. - Herr Merz, was haben Sie zu Ihrem Vorgänger Olaf Scholz an dieser Stelle vor einem Jahr gesagt?
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, die Redezeit ist abgelaufen.
Sören Pellmann (Die Linke):
Letzter Satz. - „Sie können es nicht.“ Ich ergänze diesen Satz um genau diesen: Herr Merz, Sie können es auch nicht.
(Beifall bei der Linken)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die Unionsfraktion Jens Spahn.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Jens Spahn (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist bereits der zweite Haushalt, den wir innerhalb weniger Wochen verabschieden werden - und dies in besonderen Zeiten. Der US-Plan für die Ukraine stellt sämtliche Gewissheiten infrage. Es geht dabei nicht allein um die Ukraine und ihren heroischen Freiheitskampf; das allein wäre schon genug. Es geht auch um uns. Es geht um die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung. Diese steht auf dem Spiel.
Es kommt dabei auch auf Deutschland an - mehr denn je. Unser Bundeskanzler Friedrich Merz hält Europa zusammen,
(Stephan Brandner (AfD): Jau! Das macht er bestimmt!)
baut immer wieder die transatlantische Brücke, steht an der Seite der Ukraine. Der Kanzler ist der entscheidende europäische Staatsmann in diesen Zeiten. Auf ihn kommt es an.
(Stephan Brandner (AfD): Der Kanzler der Ukrainer!)
Und er kann sich auf die Unterstützung dieser Koalition in diesen Tagen verlassen - mehr denn je, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Klar ist auch: Diese Lage bedeutet umso dringender, dass wir unsere eigene Verteidigungsfähigkeit erhöhen, dass wir investieren müssen.
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
Wir machen das mit 108 Milliarden Euro allein in 2026 für die Verteidigung, steigern die Ausgaben noch mal deutlich um mehr als 20 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Wir rüsten unsere Bundeswehr auf und aus.
Und wir führen einen Wehrdienst ein, der mehr Verbindlichkeit in die Freiwilligkeit bringt. Das ist keine Kleinigkeit. Es ist ein großer Schritt, dass schon ab dem nächsten Jahr alle jungen Männer des Jahrgangs ab dem Geburtsjahr 2008 wieder gemustert werden.
Die Zeitenwende wird sehr konkret. Sicherheit durch Stärke: Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen. Diese Koalition hat den Ernst der Lage erkannt, und sie handelt danach in diesen wichtigen Stunden und Tagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Haushalt ist Signal, dass diese Regierung, diese Koalition kann und will. Ja, wir debattieren in dieser Koalition; so wie immer schon in Koalitionen debattiert wurde und wie es auch ganz normal ist. Ja, wir haben gelegentlich unterschiedliche Positionen; auch das gehört dazu. Unterscheidbarkeit führt auch zu Glaubwürdigkeit. Aber was uns ausmacht und was uns, Frau Haßelmann, von der Vorgängerregierung vielleicht auch unterscheidet, ist: Wir führen jede Debatte zu Entscheidungen. Am Ende jeder Debatte steht eine Entscheidung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Der Bundestag ist der Ort dieser Entscheidungen. Hier wird der Haushalt beraten und verabschiedet, hier wird jeder Gesetzentwurf beraten und verabschiedet. Dieses Selbstbewusstsein ist wichtig. Es ist das Wesen unseres politischen Systems: ohne parlamentarisches Verfahren keine parlamentarische Demokratie, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch das zeigt sich in diesen Tagen. Auch darauf kommt es an.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dieser Haushalt ist ein zentraler Baustein in der Entwicklung dieser Koalition zu der Reformkoalition, die sie sein kann und die sie sein muss. Ohne Wirtschaftswachstum wird das nicht gelingen. Dass wir Deutschland wieder Wachstum bringen, entscheidet über das Schicksal unseres Landes. Wachstum, das ist die Schicksalsfrage unserer Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Armand Zorn (SPD))
Das gilt übrigens auch für unsere Rolle in der Welt. Wer als Partner ernst genommen werden will, muss auch wirtschaftlich stark und als Partner attraktiv sein. Drei Jahre schrumpfende Wirtschaft gehen nicht spurlos an Wirtschaft und Gesellschaft vorbei. Deutschland und die Deutschen sind ärmer geworden in den letzten Jahren, und genau dieses Erleben prägt die politische Stimmung im Land.
Und, Frau Haßelmann, zu Ihrem Wirtschaftsminister, der sich mittlerweile verabschiedet hat: Wenn mein Wirtschaftsminister Verantwortung für drei Jahre Rezession tragen würde, dann würde ich hier etwas kleinere Brötchen backen, als Sie es gerade eben gemacht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das funktioniert nicht mehr, Herr Spahn! Sie tragen Verantwortung! Das ist unmöglich! Mit dem Finger auf andere zeigen! Regeln Sie mal was!)
Erstmals seit drei Jahren werden wir nun wieder Wachstum in Deutschland haben. Es ist ein zaghaftes Wachstum - es ist noch zu wenig -, aber doch ein wichtiges Signal, dass diese Koalition in die richtige Richtung arbeitet.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch (AfD))
Der Investitionsbooster ist seit sechs Monaten in Kraft. Er beginnt zu wirken. Turboabschreibungen reizen Investitionen an. Wer investiert, hat die Liquidität binnen kurzer Zeit zurück. Die Forschungszulage wurde ausgeweitet. Wir senken zum ersten Mal seit über 15 Jahren die Unternehmensteuer. Wir wollen, dass Unternehmen wieder investieren wollen hier bei uns in Deutschland.
(Zuruf der Abg. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Der Bundeskanzler hat es angesprochen: Seit einigen Wochen gilt der Bauturbo. Wir arbeiten an weiteren Maßnahmen. Bauen muss schneller gehen. Aber ja, wir sehen auch in dem für unsere Wirtschaft so wichtigen Bereich des Bauens: Auch dort zieht es langsam an. Wir sehen erste Anzeichen für die so wichtige Wende auch beim Bauen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ab dem 1. Januar werden die Energiekosten gesenkt. Die Netzentgelte sinken, die Gasumlage wird abgeschafft, die Stromsteuer für produzierende Unternehmen bleibt niedrig. Private Haushalte, Handwerksbetriebe, Bäckereien, Mittelstand wie Industrie werden davon profitieren.
(Stephan Brandner (AfD): 20 Euro im Jahr!)
Eine Entlastung von über 10 Milliarden Euro tritt in wenigen Wochen in Kraft. Wir werden energieintensive Unternehmen erstmals mit einem Industriestrompreis unterstützen.
(Stephan Brandner (AfD): Warum brauchen sie den überhaupt?)
Die Strompreiskompensation auch für energieintensive Unternehmen wird deutlich mehr Unternehmen erreichen können.
Und weil wir nicht dauerhaft - das wissen wir - die Energiepreise in dieser Größenordnung subventionieren können, stellen wir die Energiepolitik, wo es nötig ist, vom Kopf auf die Füße. Neben dem Klimaschutz müssen auch Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit wieder ein entscheidendes Kriterium unserer Energiepolitik sein.
(Stephan Brandner (AfD): Ach was!)
Das Angebot muss ausgeweitet werden. In einem ersten Schritt werden neue Gaskraftwerke mit 10 Gigawatt Gesamtleistung gebaut werden. Wir haben in den letzten Jahren viel an Kraftwerkskapazität, Kernkraft wie Kohle, in Deutschland abgeschaltet.
(Stephan Brandner (AfD): Gesprengt!)
Und wir sehen: Wir sind am Rande dessen, was wir mit Blick auf die Versorgungssicherheit machen können.
(Stephan Brandner (AfD): Hätten Sie auf die AfD gehört, dann wäre das nicht passiert!)
Wir haben ein wichtiges Prinzip für unser Industrieland Deutschland: kein weiterer Ausstieg ohne vorherigen Einstieg! Deswegen ist die Kraftwerksstrategie so wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU - Stephan Brandner (AfD): Milliarden Schulden! Sie haben das verursacht! Wer haftet denn dafür?)
Die Gastrosteuer wird ab dem 1. Januar 2026 dauerhaft auf 7 Prozent gesenkt. Und, Frau Kollegin Haßelmann, wenn Sie mal mit Unternehmerinnen und Unternehmern, die Cafés, Kioske und Restaurants betreiben, reden,
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mache ich jeden Tag!)
stellen Sie fest: Die ächzen gerade sehr. Die haben schwere Zeiten. Die würden gerne investieren, können aber nicht. Und genau diese vielen Hunderttausenden Unternehmen werden wir ab dem 01.01. unterstützen, wie wir es ihnen versprochen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Jens Spahn (CDU/CSU):
Gerne.
(Stephan Brandner (AfD): Das sind seine Freunde! Die dürfen das!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Gerne. Herr Kellner, bitte. - Herr Brandner, Sie brauchen das nicht zu kommentieren.
(Stephan Brandner (AfD): Stimmt!)
Michael Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Herr Spahn, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. - Sie haben gerade die Kraftwerksstrategie erwähnt. Vor einem Jahr, als die FDP schon davongehoppelt war, haben wir Ihnen angeboten, die Kraftwerksstrategie gemeinsam zu beschließen. Das haben Sie damals abgelehnt. In Ihrer unnachahmlich charmanten Art haben Sie erklärt: Das ist alles ideologischer Bullshit. 12 Gigawatt ist viel zu wenig, Umstellung auf grünen Wasserstoff wäre falsch, brauchen wir alles nicht. - In Ihrem Koalitionsausschuss kommt jetzt heraus: 12 Gigawatt plus HH2-ready. Ich frage Sie: Haben Sie damit nicht ein Jahr verspielt? Wir hätten schon durch sein können, wenn Sie auf unser Angebot eingegangen wären.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jens Spahn (CDU/CSU):
Lieber Herr Kollege Kellner, vielen Dank für Ihre Frage. - Zum Ersten ist es tatsächlich so gewesen, dass Sie damals weder die politischen noch die finanziellen Möglichkeiten gehabt haben, um die Kraftwerksstrategie zu unterlegen.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber wissen Sie, was an Ihrer Frage noch viel, viel wichtiger ist - und vielleicht merken sich das die Rednerinnen und Redner Ihrer Fraktion für die Zukunft -: Es ist gut, dass Sie endlich anerkennen, dass wir Gaskraftwerke für Deutschland brauchen. Seit Sie in der Opposition sind, haben viele von Ihnen wieder vergessen, dass wir eine Kraftwerksstrategie für Deutschland brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wieder bei Robert Habeck abgeschrieben! - Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Danke, dass Sie das endlich anerkennen. Es wäre schön, wenn das alle Rednerinnen und Redner in Zukunft auch so sehen.
Ab dem 1.Januar 2026 wird die Pendlerpauschale erhöht. Ich komme auch, wie viele andere hier, aus dem ländlichen Raum. Für viele Millionen Menschen gehört das Pendeln dazu. Das darf nicht zum Nachteil werden. Viele nehmen aus familiären Gründen weite Wege zur Arbeit auf sich. Deswegen entlasten wir zum 01.01. auch hier.
Bleiben wir bei der Mobilität. Diese Koalition hat trotz angespannter Haushaltslage die Finanzierung des Deutschlandtickets verlängert, Elektrofahrzeuge werden länger von der Kfz-Steuer befreit, E-Lkws von der Maut. Mit der Verabschiedung dieses Haushalts werden nun zahlreiche Infrastrukturprojekte beginnen. Von der A20 im Norden bis zum Pfaffensteigtunnel im Süden: Die Bagger können endlich rollen, wenn der Haushalt in dieser Woche verabschiedet wird.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch das ist ein wichtiges Zeichen für die Infrastruktur in Deutschland.
In der Landwirtschaft haben wir den Streitpunkt aller Streitpunkte der letzten zwei Jahre aufgelöst und die Rückerstattung von Agrardiesel wieder eingeführt. Der eine oder andere mag sich vielleicht noch erinnern: Vor knapp zwei Jahren haben die Bäuerinnen und Bauern hier am Brandenburger Tor und auch bei uns in den Wahlkreisen auf ihre schwierige Lage hingewiesen.
(Zuruf des Abg. Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Sie stellen in einer Qualität, wie es sie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte gegeben hat, jeden Tag die Ernährung unseres Landes sicher.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben ihnen versprochen, die Agrardieselrückerstattung wieder einzuführen. Dies passiert zum 01.01.2026. Auch das ist ein wichtiges Signal für den ländlichen Raum, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Stephan Brandner (AfD): Die AfD wollte das eher! Warum haben Sie es nicht gemacht?)
Investitionsbooster, Energiepreise, Gastrosteuer, Pendlerpauschale, Agrardiesel und vieles, vieles mehr: Wir halten unsere Versprechen. Das, was wir in Brüssel dazu beitragen können, Bürokratie abzubauen, das machen wir auch. Lieferketten, Entwaldungsverordnung, Verbrenner: Auch in der EU findet ein Umdenken statt, und Deutschland steht mit dieser Bundesregierung an der Spitze dieses Umdenkens. Auch das ist neu in den letzten Jahren und wichtig für die Arbeit in Brüssel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was sich im Einzelnen nach kleinen Maßnahmen anhört, ergibt zusammengenommen eine konsistente Wachstums- und Entlastungsagenda für unsere Wirtschaft und die privaten Haushalte. Reicht das?
(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)
Nein, wir brauchen mehr. Auch strukturelle Reformen werden nötig sein für mehr Wachstum und die Tragfähigkeit der Schulden. Nur wenn wir Wachstum haben, können wir den Schuldendienst auch leisten. Es reicht also nicht. Aber das, was wir bis hierhin getan haben - wenn man es aufzählt, sieht man das -, ist für sieben Monate schon eine sehr gute Bilanz, mit der wir ins nächste Jahr gehen können, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben in den letzten sieben Monaten viele wichtige Entscheidungen für Deutschland getroffen und Verantwortung für Deutschland übernommen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Deutschland wird 2026 gerechter werden. Wir haben die Einführung einer neuen Grundsicherung vereinbart, das Bürgergeld wird abgeschafft.
(Zuruf der Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wer bedürftig ist, soll Unterstützung erhalten. Aber wer, obwohl er arbeiten kann, Jobangebote ablehnt, zum Termin nicht erscheint, der hat die Unterstützung offensichtlich nicht nötig. Wer arbeiten kann, sollte arbeiten. Auch diese Gerechtigkeitsfrage gehen wir an und stellen damit ein Grundbedürfnis unserer Gesellschaft wieder her. Auch das schafft gesellschaftlichen Frieden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, wenn ich unser Haus eingangs als Ort der Entscheidungen bezeichnet habe, dann heißt das auch, dass hier gesellschaftliche Debatten zum Ergebnis geführt werden. Wo, wenn nicht hier im Deutschen Bundestag, haben diese Debatten ihren Platz? Wir haben gezeigt, dass unsere parlamentarische Demokratie funktionsfähig ist, dass wir zu Ergebnissen kommen, wie etwa beim Wehrdienst. Und natürlich gilt das auch für die Rente. 20 Jahre lang hat man beim Thema Rente den Kopf eingezogen.
(Stephan Brandner (AfD): Nicht „man“, das waren Sie!)
Jetzt zu glauben, dass das alles ohne Debatten mal einfach hier so durchmarschiert, das scheint mir doch eher Wunschdenken. Bisher zeigt die Debatte aber eines: Wir brauchen dringend Reformen,
(Tino Chrupalla (AfD): Ach!)
um uns auf die 30er-Jahre vorzubereiten,
(Stephan Brandner (AfD): Ja, seit Jahrzehnten brauchen wir die!)
auf die Zeit, in der die geburtenstarken Jahrgänge, die Babyboomer-Generation, in Rente geht.
Erste wichtige Reformschritte sind in diesem Rentenpaket I enthalten: die Aktivrente, die Frühstartrente in Kombination mit einer verbesserten privaten und betrieblichen Vorsorge. Das ist keine Kleinigkeit. Mehr Kapitaldeckung ist auch ein Schlüssel für stabile Alterssicherung. Der DAX, die Kapitalmärkte erklimmen immer neue Höhen. Es sind kanadische Lehrer in Pension, amerikanische Stahlarbeiter in Rente, die von den Erfolgen der deutschen Konzerne beim DAX profitieren. 70 Prozent der DAX-Aktien werden von ausländischen Investoren gehalten, nicht selten, um Renten im Ausland abzusichern. Wir wollen, dass in Zukunft auch die deutschen Rentnerinnen und Rentner an diesen Erfolgen teilhaben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch darum geht es bei dem Thema der Kapitaldeckung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber Stabilität für die gesetzliche Rente und die Alterssicherung in Deutschland für das nächste Jahrzehnt werden wir mit dem Rentenpaket I allein noch nicht erreichen. Dafür braucht es noch in diesem Jahr die Einsetzung einer Rentenkommission,
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
sodass wir Mitte nächsten Jahres - ich bin dem Kollegen Miersch sehr dankbar für den Hinweis, dass wir das gemeinsam angehen wollen - mit einer grundlegenden Rentenreform, einem Rentenpaket II, beginnen können. Dazu gehören für uns Themen wie die Ausweitung der Kapitaldeckung, die Frage von Lebensarbeitszeit
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
und Renteneintrittsalter. Es gibt weitere Themen in der SPD-Fraktion, die wichtig sind, und die werden wir zusammenführen zu einem Rentenpaket, mit dem wir dann auch einen Unterschied machen und die Zukunftsfähigkeit der Alterssicherung herstellen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das ist übrigens ein großer Erfolg auch derjenigen hier im Haus - auch das will ich sagen -, die uns aus gutem Grund zu mehr Tempo und zu mehr Mut mahnen.
Parallel dazu werden wir übrigens die Reformdebatte auch für die Kranken- und die Pflegeversicherung führen, ja führen müssen, weil auch sie vom demografischen Wandel, vom medizinischen Fortschritt, von der Frage „Macht Wachstum einen Unterschied oder nicht?“ betroffen sind. Wir werden das alles zusammenführen und die sozialen Sicherungssysteme auf das nächste Jahrzehnt vorbereiten.
Wer ist Gewinner, wer ist Verlierer? Es ist nachvollziehbar, dass diese Frage immer wieder gestellt wird. Sie bringt uns aber als Gesellschaft nicht weiter. Stark im politischen Sinne ist nicht derjenige, der sich nicht hinterfragen kann oder dogmatisch ist - das unterscheidet uns als freiheitliche Gesellschaft und Demokratie von totalitären oder autoritären Herrschaftsformen -, politisch stark ist in der liberalen Demokratie, wer in der realen Welt handlungs- und regierungsfähig ist. Und politisch schwach, Herr Pellmann, sind diejenigen, die sich an Ideologien klammern, die längst in der Tonne der Geschichte sind. Sie haben - nein, ich lasse Sie da nicht raus, auch nicht nach den Ereignissen der letzten Wochen -
(Tino Chrupalla (AfD): Sie stecken mit in der Tonne!)
Sozialismus im Programm, zu viel Judenhass in Ihren Reihen. Sie rechtfertigen Gewalt gegen Polizisten in Wort und Tat. Und wer sich gelegentlich fragt und darüber philosophiert, warum eine Zusammenarbeit nicht möglich ist,
(Stephan Brandner (AfD): Sie arbeiten doch mit denen zusammen!)
dem sage ich: Genau darum!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was Sie in den letzten Wochen an kruder Mischung abliefern, dem werden wir uns als Union immer entgegenstellen.
(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel (AfD))
Und politisch schwach - das sei auch gesagt - sind diejenigen, die Liebe zu unserem Land vorgaukeln
(Stephan Brandner (AfD): Sagen Sie mal was zu den Maskenmilliarden, Herr Spahn! Zu der Luxusvilla in Dahlem!)
und in Wahrheit das Spiel fremder Mächte spielen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie ducken sich hier weg in Fragen von Wehrpflicht und Verteidigungsfähigkeit, weil Sie ein schwaches Deutschland wollen. Sie reden hier, Frau Weidel,
(Stephan Brandner (AfD): Klären Sie mal den Maskenskandal auf!)
wie die fünfte Kolonne Putins.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Chrupalla sagt, er wisse gar nicht - Sie können das gleich mal hier erklären, Herr Chrupalla; Sie sind ja gleich dran -,
(Stephan Brandner (AfD): Erklären Sie die Maskendeals!)
was Putin Ihnen getan habe, und vielleicht könnte ja Polen auch für uns zur Gefahr werden. Was geht eigentlich bei Ihnen im Kopf vor, fragt man sich, wenn man solche Zitate und Aussagen hört?
(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Stephan Brandner (AfD): Sie sind der Erste, der bei Putin wieder auf dem Schoß sitzt!)
Erst Russlandreisen absagen wollen, dann der Kotau vor Putin. Mein Eindruck, Frau Weidel, ist: Höcke und seine Schergen bestimmen von außen, was bei Ihnen in Ihrer Fraktion passiert.
(Stephan Brandner (AfD): Scherben oder Schergen? - Zuruf von der AfD: „Schergen“?)
Putins Vorhut, Chinas Spione, eine Kanzlerkandidatin, die in der Schweiz wohnt, das Radikale in der Sprache, der Verrat am eigenen Land, das tritt immer mehr zutage. Die Fassade bröckelt, und wir werden sie weiter einreißen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und weil Sie hier die Wirtschaftspolitik angesprochen haben: 70 Prozent Rentenniveau, die Sie wollen - den Teil haben Sie nicht erwähnt -,
(Tino Chrupalla (AfD): Noch nicht!)
führen allein in den 30er-Jahren zu 2 Billionen Euro Mehrausgaben. Sie wollen keinen Freihandel mit Mercosur, Sie wollen raus aus der Eurozone. Das ist für die Exportnation Deutschland tödlich. Ihr Programm ist Harakiri für Deutschland. Auch das werden wir herausarbeiten. Da kommen Sie mit den Scheindebatten, die Sie hier führen, nicht drum rum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Wille zur Regierungsfähigkeit beinhaltet auch die Skepsis gegenüber der eigenen Position oder das Bewusstsein für die Frage: Bis zu welchem Grad kann ich in einer gegebenen Lage diese Positionen durchsetzen? Als Christdemokraten und Christsoziale haben wir starke Überzeugungen.
(Stephan Brandner (AfD): Was ist mit Ihrem Korruptionsskandal, Herr Spahn? Sagen Sie mal was! Äußern Sie sich mal zu den 4 Milliarden Maskenschäden!)
Gleichzeitig haben wir ein starkes verantwortungsethisches Bewusstsein. - Ich weiß, es hat wehgetan gerade, Herr Brandner,
(Dr. Alice Weidel (AfD): Nein! Mit Ihrer Luxusvilla!)
aber mit Ihrem Geschrei kommen Sie hier nicht raus. Der getroffene Hund jault, und das zeigen Sie genau in diesen Sekunden wieder.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als Christdemokraten und Christsoziale haben wir starke Überzeugungen.
(Stephan Brandner (AfD): Das glaube ich!)
Gleichzeitig haben wir ein starkes verantwortungsethisches Bewusstsein, den Blick für das große Ganze. Das schließt sich nicht aus,
(Stephan Brandner (AfD): Ihr großes Portemonnaie, Herr Spahn, spielt eine Rolle!)
nein, ich würde sagen, das bedingt sich, wenn man erfolgreich Politik machen und dieses Land gestalten will.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Genau, das spüren wir!)
Wir führen dieses Land gerade in diesen unsicheren Zeiten
(Stephan Brandner (AfD): Läuft ja wie geschmiert!)
genau in einem solchen Bewusstsein. Verantwortungsethik bestimmt unser Handeln. Das Wohl unseres Landes steht über allem.
(Stephan Brandner (AfD): Außer Ihr Konto! Das ist wichtiger! - Gegenruf der Abg. Dr. Alice Weidel (AfD): Der Kontostand ist ganz wichtig bei Herrn Spahn! Einen Kredit von der Sparkasse hätte kein normaler Bürger bekommen!)
Mit diesen auch gemischten Gefühlen gehen wir in die verbleibenden Wochen dieses Jahres. Wir gehen geschlossen als Union, zusammen in der Koalition und geeint für Deutschland.
(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die AfD-Fraktion Tino Chrupalla.
(Beifall bei der AfD)
Tino Chrupalla (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! Das Jahresende steht vor der Tür. In die Vorfreude auf das Weihnachtsfest mischt sich bei vielen immer mehr auch die Sorge um das neue Jahr. Nicht nur die steigenden Verbrauchskosten im privaten Bereich, sondern auch die Erzeugerkosten steigen immer weiter: vom Personal bis zu den Energiekosten. Alle stehen unter dem Druck der steigenden Belastungen. Die Unternehmen versuchen seit Jahren, in der ohnehin schon desolaten Wirtschaftslage zu bestehen. Belohnung erfahren sie wenig. Der Bürokratie- und Verwaltungsaufwand steigt nach wie vor auf nationaler und auch auf europäischer Ebene. Das bindet Zeit, Arbeitskräfte und kostet jedes Unternehmen Umsatz.
Kein Mitarbeiter kann wertschöpfend arbeiten, wenn er beispielsweise Belege im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes führen muss. Auf europäischer Ebene - und das muss man hier auch mal betonen - hat man anscheinend schon die Zeichen der Zeit zumindest bei diesem Punkt verstanden. Es freut mich deshalb sehr, dass dort mittlerweile Interessen der Bürger höher als persönliche Parteiideologien angesehen werden und dass dort auch mit Stimmen meiner Partei die Abschwächung der EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen wurde.
(Beifall bei der AfD - Zuruf der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die Aufgabe Ihrer Regierung ist nun, Herr Merz, daraus etwas Gewinnbringendes für unsere Betriebe zu machen. Es braucht weniger ideologische Scheuklappen als vielmehr konstruktive Gespräche miteinander. Wohl kaum eine Partei ist näher an den Bürgern als die Alternative für Deutschland.
(Beifall bei der AfD - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD - Stephan Brandner (AfD): Das wissen die Bürger! Deshalb wählen sie uns ja auch! - Frauke Heiligenstadt (SPD): Ja, näher an Moskau!)
Es ist als Parlamentarier sogar unsere Pflicht, die Interessen und Sorgen gerade der Firmen hier ins Parlament zu tragen. Einen Interessenverband in diesem Zusammenhang jedoch unter ideologischen Druck zu setzen und so Kontaktsperren zur erfolgreichsten Partei seit 1990 verursachen zu wollen, ist schäbig und vollkommen aus der Zeit gekommen. Wo leben Sie eigentlich?
(Beifall bei der AfD - Bettina Hagedorn (SPD): Wo leben Sie eigentlich?)
Es zeigt einerseits, welche Wertschätzung man den noch verbliebenen Familienunternehmen in Deutschland gegenüber hegt. Andererseits bescheinigen diejenigen, die solche Kontaktverbote fordern, dass sie es mit dem Grundgesetz nicht wirklich ernst nehmen.
Ich musste heute früh ein bisschen schmunzeln, als ich las: Herr Klingbeil warnt die Wirtschaft vor der AfD. - Das sagt nun ausgerechnet einer, der in seinem Leben noch keine Minute wertschöpfend gearbeitet hat.
(Beifall bei der AfD - Stephan Brandner (AfD): Das kann auch bei den Grünen sein oder bei den Linken!)
Allein das reicht schon. Herr Wiese, Sie kommen ja auch aus diesem Gewächshaus der SPD - Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal -; auch Sie haben noch nie eine Minute wertschöpfend in Deutschland gearbeitet.
(Beifall bei der AfD)
Und das wissen die Unternehmer, und das wissen auch die Arbeitnehmer.
(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
Ich weiß ja, dass es für Sie schwierig ist.
Als Parteivorsitzender muss ich ja annehmen, dass die Unternehmen die Kompetenz meiner Parteikollegen überzeugt.
(Zuruf der Abg. Bettina Hagedorn (SPD))
Warum sonst werden wir zu Gesprächen bei verschiedensten Wirtschaftsvertretern eingeladen und auch bei den Unternehmern wertschätzend aufgenommen? Ich sage es Ihnen: Weil die Alternative für Deutschland verstanden hat, dass die Wirtschaft die Lebensader unseres Landes ist.
(Beifall bei der AfD)
Dort wird das Geld für die sozialen Sicherungssysteme, also für die Renten-, Arbeitslosen-, Pflege- und Krankenversicherung, verdient und erwirtschaftet. Dort werden die Umsätze erwirtschaftet, die es uns hier im Deutschen Bundestag ermöglichen, mit den davon abgeführten Steuern einen Bundeshaushalt aufzustellen, der den Wohlstand Deutschlands dauerhaft sichern soll und dessen Gelder eben nicht bei den NGOs landen sollten, die Sie alle ja gerne finanzieren wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Das Bruttoinlandsprodukt soll im Jahr 2026 um 0,9 Prozent wachsen, beziffern die Wirtschaftsweisen. Das reicht aber bei Weitem nicht aus, um die steigenden Kosten aufzufangen. Wir alle müssen doch das Ziel haben, zu verhindern, dass der Sozialstaat implodiert. Dank der Berechnungen der Haushälter meiner Fraktion konnten der Bundesregierung mögliche Kürzungen in 975 Haushaltstiteln vorgelegt werden. Es wäre also möglich, Staatsausgaben in Höhe von 125 Milliarden Euro einzusparen. Das sind circa ein Drittel aller Einnahmen oder circa 20 Prozent Ihres veranschlagten Gesamthaushaltes für das Jahr 2026.
(Enrico Komning (AfD): Muss man wollen! - Zuruf von der Linken)
Ich bleibe dabei: Wir haben in diesem Land kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem. Nehmen wir den Kostentreiber Klima- und Transformationsfonds. Dieser soll die aktiv betriebene Deindustrialisierung auffangen. Auch hier werden wir bestätigt: Dieses Sondervermögen hat seinen Namen nicht verdient; es sind Sonderschulden, bei denen die Wirtschaftsweisen davon ausgehen, dass damit nur reguläre Haushaltslöcher gestopft werden.
(Beifall bei der AfD)
Herr Finanzminister, Ihr System von „linke Tasche, rechte Tasche“ schadet diesem Land.
(Stephan Brandner (AfD): Der Finanzminister ist nicht da! Den interessiert das alles gar nicht!)
Es ist unehrlich und bringt keine reale Möglichkeit von Investitionen, weil Sie das teure Steuergeld plus Kredite für die Finanzierung von Grundkosten aufbrauchen. Daneben werden keine Unternehmen motiviert, nach Deutschland zu kommen oder wenigstens erst mal im Land zu bleiben. Alles in allem kostet es uns viel mehr, als wir davon haben werden. Deshalb ist unser ganz klares Votum: Lösen Sie Ihren Klima- und Transformationsfonds auf! - Wir werden das spätestens nach der nächsten Bundestagswahl machen.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, seit 2017 sind wir Teil dieses Hohen Hauses. Seit acht Jahren schauen wir Ihnen bei den Haushaltsberechnungen über die Schulter und machen konstruktive Vorschläge. Und seit acht Jahren sehen wir, dass es immer schwieriger wird - und vielleicht bald kaum mehr möglich ist -, Ihre Schuldenorgie zu beenden. Sie haben nun fast alle Reserven abgeschmolzen, fahren nur noch auf Sicht und versprechen den Bürgern eine Zukunft, an der Sie selbst gar nicht mehr arbeiten. Sie schieben die Entscheidungen von der einen in die nächste Legislatur. Das ist ja immer leicht, weil man dann mit dem Zeigefinger wie ein Oberlehrer auf die nächste Bundesregierung zeigen kann und selbst nicht mehr in Verantwortung ist; das sehen wir bei den Grünen, bei der SPD und bei der CDU/CSU jede Woche.
Anstatt einen Herbst der Reformen anzukündigen - der Fairness halber muss man ja sagen: das Jahr haben Sie nicht genannt -,
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)
wären Sie besser beraten gewesen, endlich mal einen Kassensturz zu machen und den Bürgern ehrlich zu sagen, wie es um ihre Lage eigentlich bestellt ist.
(Zuruf von der AfD: Grausam!)
Nehmen wir das Beispiel der Rente, das ja hier und heute schon oft angeklungen ist. Gemeinsam mit mir waren die Bundesarbeitsministerin Bas und der Kanzleramtsminister Frei in einer Fernsehsendung im ZDF. Auf die Frage hin, was die Bürger kurzfristig erwarten können, um der brennenden Problematik der Rentenversicherung begegnen zu können, gaben Sie eine beschämende Antwort - das habe ich auch von Herrn Spahn hier schon gehört -: Man wolle sich bis zum zweiten Quartal des nächsten Jahres auf eine Kommission geeinigt haben.
(Stephan Brandner (AfD): Eine Kommission? Da wird angepackt!)
Das ist Ihre Antwort zur Rentenproblematik: eine Kommission!
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn Ihre Antwort? 70 Prozent Rentenniveau, ohne zu wissen, wie man das finanziert? - Zuruf des Abg. Dr. Matthias Miersch (SPD))
Werte Kollegen der Bundesregierung, ist das wirklich die einzige Botschaft, die Sie den rund 22,3 Millionen Rentnern, aber auch denen, die das Umlagesystem der staatlichen Rente finanzieren, geben können? Haben Sie keine Ideen, was Sie hier eigentlich diskutieren?
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, Sie doch auch nicht!)
Das ist wirklich ein Armutszeugnis, was Sie zur Rentendebatte hier vorgelegt haben.
(Beifall bei der AfD)
Und vielleicht noch ein Punkt zu dem Haushalt. Herr Spahn, mit 3,5 Milliarden Euro
(Stephan Brandner (AfD): Mindestens!)
haben Sie durch Maskendeals - im Übrigen mit Ihren Schergen - den Bundeshaushalt belastet. Mit Ihren korrupten Schergen!
(Beifall bei der AfD)
3,5 Milliarden Euro! Ich erwarte eigentlich, dass es in dem Haushalt einen Sonderposten oder eine Sonderspalte gibt, wo drinsteht, wo die 3,5 Milliarden Euro eigentlich herkommen. Wenn man diese 3,5 Milliarden Euro mal gegenrechnen würde, dann käme dabei heraus, dass jeder der 2,3 Millionen Rentner sofort ungefähr 160 Euro bekommen würde. Das ist Geld, das Sie dem Staat schulden. Deswegen sollten Sie ganz ruhig sein, wenn Sie hier von Schergen reden oder von Leuten, die dem Staat in irgendeiner Weise schaden.
(Enrico Komning (AfD): Spahn soll haften dafür!)
Sie als Fraktionsvorsitzender schaden diesem Land!
(Beifall bei der AfD - Jens Spahn (CDU/CSU): Können wir jetzt noch mal was zu Putin hören eigentlich?)
Wissen Sie, Sie predigen hier die private Altersvorsorge, am besten gleich nach der Geburt.
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist mit den 70 Prozent Rentenniveau!)
Das ist sicherlich eine sinnvolle Ergänzung, wird jedoch das Rentenniveau von gerade einmal 48 Prozent nicht maßgeblich aufwerten können.
(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
Ihr Ansatz zur Rentenreform wird defizitär bleiben. Private Altersvorsorge ist trotzdem wichtig. Nur ist die Frage: Wie sollen sich die Menschen das überhaupt leisten können bei den Abgaben, die sie mittlerweile zahlen müssen? Also was könnte der Ansatz sein? Neben der Steuerfreiheit von Renten wäre eine Rentenfinanzierung optimal, die auf mehreren Säulen ruht. Allein eine umlagefinanzierte Rente wird bei der aktuellen Altersverteilung eben nicht tragen. Auch wird das kinderunfreundliche Klima in Deutschland nicht schnell zu höheren Geburtenraten führen. Und bevor jetzt das Argument der Zuwanderung kommt: Auch diese Bürger, sollten sie überhaupt in die sozialen Systeme einzahlen, werden im Alter beispielsweise Rente beziehen. Wie lange sie jedoch eingezahlt haben, bleibt ungewiss.
Hinzu kommen die weiteren Pensionskassen. Es betrifft uns als Politiker ebenso wie die Beamten. Ich habe heute hier von vielen Parteien gehört, dass alle in die Rentenkasse einzahlen sollen. Warum machen Sie diesen Vorschlag nicht, bzw. warum stimmen Sie dem Vorschlag, den wir hier schon x-mal gestellt haben, nicht endlich zu? Das wäre glaubwürdig.
(Beifall bei der AfD - Zuruf des Abg. Sören Pellmann (Die Linke))
Zudem klafft gerade bei den Beamten eine massive Gerechtigkeitslücke im Hinblick auf das Rentenniveau von 48 Prozent.
Im Übrigen sind 48 Prozent allein schon eine absolute Frechheit; jeder muss sich mal durchlesen, was ein Rentner dann bekäme. Nach 45 Arbeitsjahren, wohlgemerkt, bekommt man 48 Prozent! Dass Pensionäre im Staatsdienst 70 Prozent bekommen,
(Dr. Alice Weidel (AfD): Genau! 70!)
nach wohlgemerkt 40 Arbeitsjahren, lassen Sie unter den Tisch fallen.
(Dr. Alice Weidel (AfD), an die CDU/CSU gewandt: Genau! Das lassen Sie alles unter den Tisch fallen!)
Jetzt vergleichen Sie den Dachdecker mit 45 Arbeitsjahren - der muss wahrscheinlich bis 72 arbeiten, um das überhaupt zu schaffen - mit dem Pensionär, der nach 40 Jahren 70 Prozent bekommt! Das ist schon eine Ungerechtigkeit, die Sie hier aber nie erwähnen.
(Beifall bei der AfD - Dr. Alice Weidel (AfD): Genau!)
Dann noch ein Satz zur Aktivrente, die der Bundeskanzler erwähnt hat. Die Aktivrente gilt ausgerechnet für diejenigen, die lange in diesem Land arbeiten wollen und auch müssen, nämlich die selbstständigen Handwerksmeister, nicht. Das sind nämlich diejenigen, die nicht mit 65 Jahren in Rente gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Die können sich keine 2 000 Euro steuerfrei dazuverdienen. Auch das ist eine absolute Ungerechtigkeit. Da sieht man, wer gegen die Wirtschaft arbeitet, wer gegen das Handwerk arbeitet. Das sind Sie alle hier!
(Beifall bei der AfD)
Deshalb, werte Kollegen, brauchen wir in Zukunft eine Mischfinanzierung. Eine wichtige Säule sind auch die Betriebsrenten. Allerdings stoßen wir auch hier an Grenzen; denn die Bundesregierung treibt ja die hochprofitable Industrie und damit die Wertschöpfung aus dem Land. Allein in der Automobilindustrie - wir haben es heute schon gehört - sind über 50 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Also, wenn Sie so weitermachen, haben wir überhaupt keine Betriebe mehr, die noch Betriebsrenten zahlen können. Das ist doch das, was wir in diesem Land mittlerweile sehen.
(Beifall bei der AfD - Dr. Alice Weidel (AfD): So! Genau!)
Und wir müssen endlich die Ausgaben in diesem Land senken; das muss das Ziel sein. Allein die sogenannte Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten finanzieren Sie zu 100 Prozent durch neue Schulden. Das schlägt mit sage und schreibe 45,3 Milliarden Euro zu Buche, und fast alles davon wird für Waffenlieferungen in die Ukraine verschwendet.
Erinnern wir uns einmal an die Vorkriegszeit in der Ukraine, Frau Haßelmann.
(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Niemand bezweifelte damals, dass dieses Land ein großes Problem mit Korruption hat. Weil wir das nicht vergessen haben, freue ich mich umso mehr, dass sich im Bundeskanzleramt seit letztem Samstag diese Erkenntnis durchgesetzt hat. So viel zur Empathie. Wir waren ja beide in der Telko am Samstagabend um 22 Uhr; auch da wurde das ja angesprochen. Damit leisten Sie nämlich keine Hilfe für die Menschen in der Ukraine oder den Wiederaufbau des Landes, der Infrastruktur wie Schulen und Krankenhäuser, Wohnraum und Straßen oder gar für einen gemeinsamen Friedensplan. Sie finanzieren dort ein korruptes System. Das muss man der Ehrlichkeit halber einfach auch mal erwähnen, Frau Haßelmann.
(Beifall bei der AfD - Zuruf der Abg. Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir werden die nächsten Wochen und Monate darüber diskutieren, welches Geld wir in die Ukraine gegeben haben,
(Zurufe der Abg. Stephan Brandner (AfD) und Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
wo sich mittlerweile die Minister mit vollgepackten Koffern mit Geld aus dem Staub machen. Das finanzieren Sie mit unseren Steuergeldern!
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reden Sie doch mal über Ihre Russlandkumpanei! Die ist doch unerträglich!)
Ich sage Ihnen noch mal - auch zu dem, worüber Sie hier in der Haushaltsdebatte geredet haben -: Die Ukraine ist nicht das 17. Bundesland dieser Republik. Machen Sie endlich Politik für Deutschland! Dafür sind wir hier gewählt worden.
(Beifall bei der AfD - Zurufe der Abg. Dr. Wiebke Esdar (SPD), Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Sie finanzieren den Krieg in Europa mit Waffen, die von Rüstungskonzernen aus den Vereinigten Staaten gekauft werden.
(Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Das ist nicht nur eine verwerfliche Wette auf die Zukunft der jungen Generation in der Ukraine und in Russland, sondern auch unserer Kinder und Enkel in Deutschland.
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kein Wort zum Leid in der Ukraine! Kein Wort über die Sicherheit Europas! Hauptsache Russlandkumpanei!)
Nicht Sie, Herr Merz oder Herr Klingbeil, aber Ihre jungen Parteikollegen werden in naher Zukunft die Frage beantworten müssen, warum Ihre Bundesregierung die soziale Marktwirtschaft vorsätzlich infrage gestellt hat und warum Sie Arbeitsplätze und damit vor allen Dingen den Wohlstand aus Deutschland getrieben haben. Warum lassen Sie freiwillig ganze Industriezweige abwandern, ohne da gegenzusteuern?
Schon im Jahr 2021, also vor Kriegsausbruch in der Ukraine,
(Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kriegsausbruch war 2014! Da waren Sie noch gar nicht hier!)
habe ich von dieser Stelle aus die viel zu hohen Energiepreise beklagt. Aber sehenden Auges ist die damalige sozialdemokratisch geführte Bundesregierung die Preisspirale hinaufgeklettert. Die unsägliche Klima- und Energiepolitik der Grünen hat diesen Prozess sogar noch beschleunigt. Ihnen, Frau Haßelmann, und vor allen Dingen Ihrem ehemaligen Wirtschaftsminister Habeck war der Gewinn privater Beratungsfirmen wichtiger als die deutsche Wirtschaft.
(Beifall bei der AfD - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unsinn!)
Sie sind der größte Schädling für die deutsche Wirtschaft.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Was ist das für eine Sprache hier? - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich sage Ihnen mal eins: Das Wort „Schädling“ streichen Sie am besten aus Ihrem Wortschatz! Zumindest wenn Sie über die Grünen reden! - Gegenruf der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)
- Ich habe heute schon „Schergen“ in Bezug auf uns gehört.
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie über die Grünen reden, verbiete ich Ihnen das! - Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Ich habe gesagt, Frau Haßelmann - noch mal, damit das klargestellt ist -: Sie, Ihre Fraktion, sind der größte Schädling für die deutsche Wirtschaft.
(Stephan Brandner (AfD): Da hat er recht!)
Daran ist überhaupt nichts auszusetzen.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Tino Chrupalla (AfD):
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Noch haben Sie alle Optionen. Hören Sie auf, zu spalten, und vor allen Dingen auch, sich einzumauern!
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Über Ratten und Schädlinge reden, das haben andere schon getan!)
Ich kann nur sagen: Dieser Haushalt ist verfassungsfeindlich. Wir werden weiter konstruktive Vorschläge machen.
(Zuruf des Abg. Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Vielen herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der AfD - Die Abgeordneten der AfD erheben sich)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Aus der SPD-Fraktion gibt es den Wunsch nach einer Kurzintervention, von Herrn Kollegen Wiese.
(Zurufe von der AfD: Oh! - Stephan Brandner (AfD): Der war schon mal dran, der Herr Wiese!)
- Das brauchen wir auch nicht zu kommentieren.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Wundervoll!)
Herr Wiese ist direkt angesprochen worden und hat deswegen auch die Möglichkeit zu dieser Kurzintervention.
(Stephan Brandner (AfD): Man darf auch „Dr. Wiese“ sagen! - Dr. Alice Weidel (AfD): Herr Dr. Wiese!)
- Das werden Sie gerade noch aushalten.
(Dr. Alice Weidel (AfD): Hören Sie auf, immer alles zu kommentieren!)
So, Herr Wiese, bitte.
Dirk Wiese (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielen Dank, dass ich die Möglichkeit bekomme. - Ich will noch mal etwas sehr deutlich klarstellen. Man hätte es, Herr Chrupalla, ja nicht besser sehen können als in diesen 15 Minuten. Ich hoffe, viele Menschen haben zugeschaut.
(Stephan Brandner (AfD): Das hoffen wir auch! - Stefan Keuter (AfD): Hoffen wir auch!)
Gerade ist deutlich geworden: Diese Bundesregierung arbeitet für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land,
(Lachen des Abg. Stephan Brandner (AfD))
Sie arbeiten für russische Interessen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei der AfD)
Ihr Platz ist nicht im Deutschen Bundestag. Für die Rede, die Sie gerade gehalten haben, würden Sie tatsächlich einen Ehrenplatz in der russischen Staatsduma bekommen.
(Stephan Brandner (AfD): Sie haben Deutschland ruiniert, Herr Wiese! Sie und Ihre Sozenkumpels!)
Mit keinem Wort haben Sie das Leid der Menschen in der Ukraine erwähnt. Kein Wort dazu, dass Putin der Aggressor ist! Sie sollten sich schämen für die Rede, die Sie hier gehalten haben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken - Peter Boehringer (AfD): Ja, Sie sollten sich auch schämen! Schämen Sie sich! - Weitere Zurufe von der AfD)
Dann will ich noch einen Satz zu dem sagen, was die Erbsenzähler in Ihrem Büro über mich aufgeschrieben haben. Das ist falsch.
Ich will Ihnen aber noch eins sagen: Mir ist jeder junge Mensch, der hier in diesem Land Verantwortung für Deutschland übernimmt, der sich in dieser Demokratie engagiert,
(Stephan Brandner (AfD): Gehen Sie erst mal richtig arbeiten, Herr Dr. Wiese!)
lieber als das, was ich gerade über Ihre neue Jugendorganisation lesen musste. Das steht geschrieben: Die Freunde von der Identitären Bewegung stehen uns nahe. -
(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau!)
Das ist eine rechtsextreme Organisation, und Sie dulden, dass eine Jugendorganisation bei Ihnen so etwas sagt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken - Zurufe von der AfD)
Dann will ich Ihnen noch einen Satz sagen. Einer der Funktionäre in Ihrer Jugendorganisation hat jetzt gesagt, der 8. Mai 1945 sei ein Tag der Niederlage.
(Zurufe von der AfD)
Sie sollten sich dafür schämen, was Sie da an Geschichtsklitterung betreiben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken - Zurufe von der AfD)
Da sitzt Gauland, der bis heute nicht verstanden hat, wo es da hingeht. Sie sollten sich schämen für so eine rechtsextreme Jugendorganisation!
Und zu guter Letzt - der letzte Satz - zur deutschen Wirtschaft.
(Stephan Brandner (AfD): Mit Wirtschaft kennen Sie sich ja aus!)
Ihre Vorstellung für die deutsche Wirtschaft: Weg von Europa, Austritt aus der Europäischen Union. Sie könnten sich umbenennen in „Arbeitslosigkeit für Deutschland“.
(Beifall des Abg. Jens Behrens (SPD) - Jörn König (AfD): Zwei Minuten!)
Die größte Gefahr für die deutsche Wirtschaft, für den Wirtschaftsstandort mit dem Austritt aus der EU ist die „Arbeitslosigkeit für Deutschland“ -
(Stephan Brandner (AfD): Das ist die dritte Rede, die Herr Wiese heute hält!)
so sollten Sie sich umbenennen -, die da drüben im Plenum sitzt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken)
Tino Chrupalla (AfD):
Also, Herr Wiese, ich muss wirklich staunen.
(Stephan Brandner (AfD): Ja, ich staune auch!)
Merken Sie eigentlich überhaupt nicht, wer hier die letzten Jahre regiert und dazu beigetragen hat, dass die Wirtschaft auf Talfahrt ist,
(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie mal was zu Russland! - Dirk Wiese (SPD): Jetzt lenken Sie nicht ab!)
dass wir seit drei Jahren eine Rezession haben?
(Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Sie haben doch keine Vorschläge gemacht!)
- Ich habe Vorschläge gemacht. - Ist die AfD dafür verantwortlich, was Sie in diesem Land angerichtet haben,
(Dirk Wiese (SPD): Ihre Vorfahren 1933 bis 45! Gucken Sie sich das doch einmal an!)
dass Arbeitsplätze in der Automobilindustrie verloren gehen, dass Handwerksbetriebe schließen? Dafür sind Sie doch verantwortlich; und das sehen alle.
(Beifall bei der AfD)
Herr Wiese, ich weiß nicht, ob Sie gestern den Auftritt Ihrer Arbeitsministerin bei den Arbeitgebern gesehen haben.
(Stephan Brandner (AfD): Ja, legendär! - Stefan Keuter (AfD): Ausgelacht! - Dirk Wiese (SPD): Die hat recht gehabt!)
Ich würde mal sagen: Da wurde nicht bloß geschmunzelt, da wurde vor allen Dingen reihenweise mit dem Kopf geschüttelt. Und das machen mittlerweile nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmer,
(Stephan Brandner (AfD): Deshalb wählt die Sozis auch keiner mehr!)
die uns mittlerweile mehrheitlich wählen.
(Beifall bei der AfD)
Haben Sie mit Blick auf Ihre Wahlumfragen mal ausgewertet, wer Sie eigentlich noch wählt?
Zum letzten Punkt. Weil Sie ja immer unsere Russlandpolitik kritisieren
(Bettina Hagedorn (SPD): Zu Recht!)
- ganz ruhig; ich komme ja gleich dazu -:
(Stephan Brandner (AfD), an die Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gewandt: Sie verstehen das nicht! - Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie wieder keine Redezeit, Brandner?)
Jetzt schauen wir doch mal in die SPD! Lesen Sie eigentlich noch Bücher, zum Beispiel von Klaus von Dohnanyi oder von Günter Verheugen? Mit denen bin ich politisch sicherlich nicht in allem einer Meinung. Aber haben Sie auch mal die Bücher dieser Ihrer SPD-Kollegen gelesen, und wissen Sie, was sie zum Russland-Ukraine-Konflikt, zu diesem Krieg sagen? Nehmen Sie das überhaupt noch wahr? Gibt es überhaupt noch Stimmen im Sinne der Friedenspolitik eines Willy Brandts in Ihrer Partei, in Ihrer Fraktion? Das gibt es doch alles mittlerweile überhaupt nicht mehr. Deswegen sind Sie doch in den Umfragen da, wo Sie jetzt sind, Kollege Wiese.
(Beifall bei der AfD)
Als Letztes eine Frage, die ich gerne zurückgebe, weil ich Herrn Stegner dort sitzen sehe.
(Stephan Brandner (AfD), an den Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD) gewandt: Mal nicht in Baku heute?)
Sie sind ja 1 PGF Ihrer Fraktion. Haben Sie von Herrn Stegner endlich mal bekannt gegeben bekommen,
(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Identitäre Bewegung!)
wer die Reise nach Baku, nach Aserbaidschan eigentlich bezahlt hat?
(Stephan Brandner (AfD): Herr Stegner, erzählen Sie mal!)
Da steht immer noch aus. Das würden wir als Parlament auch gerne mal wissen.
(Stefan Keuter (AfD): Da bin ich einmal gespannt!)
Wir geben an, wer unsere Reisen bezahlt. Wir sind so offen und sagen, wer unsere Reisen bezahlt.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Chrupalla, die Redezeit ist abgelaufen.
Tino Chrupalla (AfD):
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD - Stephan Brandner (AfD): Sehr gut! Wiese versenkt!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die SPD-Fraktion Dr. Wiebke Esdar.
(Beifall bei der SPD)
Dr. Wiebke Esdar (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir müssen zunächst feststellen, dass trotz 15 Minuten Redezeit und zweifacher Ansprache über Kurzinterventionen es Tino Chrupalla und damit der AfD-Fraktion nicht möglich ist, über das Leid der Menschen in der Ukraine zu sprechen
(Tino Chrupalla (AfD): Sie müssen genau hinhören!)
und zu benennen, dass der Aggressor und der Angreifer in diesem völkerrechtswidrigen Krieg Putin ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und wenn Frau Weidel davon spricht, dass ihre Partei die Kanäle nach Russland offenhält, dann müssen wir befürchten, dass es eben die Geldkanäle sind, die diese Positionierung mitbestimmen.
Meine Damen und Herren, mit der Verabschiedung des Bundeshaushaltes sendet diese Koalition drei Botschaften ins Land.
Die erste Botschaft lautet: Diese Koalition handelt. Wer sich ehrlich anschaut, was in den Sitzungswochen hier im Bundestag beschlossen wird, der kann ganz klar sagen: Von wegen Streit! Wir arbeiten, und wir liefern auch.
(Stephan Brandner (AfD): Sie liefern wie Temu!)
Allein in dieser noch sehr jungen Wahlperiode sind bereits über 70 Gesetze, deren Inhalte dieses Land besser und das Leben hier einfacher und gerechter machen, verabschiedet worden. Denn für uns, meine Damen und Herren, heißt gemeinsam regieren, Verantwortung zu übernehmen. Wir übernehmen Verantwortung für Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gemeinsam regieren heißt auch, Kompromisse zu finden, und das tun wir - jeden Tag, seit wir gewählt sind. Wir bekämpfen Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit. Wir sorgen für weniger Bürokratie. Wir verbessern die Arbeit in der Pflege. Wir sorgen für den Turbo beim Bau von neuen Wohnungen und ganz vieles mehr.
Meine Damen und Herren, die zweite Botschaft heute lautet: Wir modernisieren unser Land, und wir investieren in Zusammenhalt.
(Lachen des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Noch vor der Regierungsbildung haben wir gemeinsam mit den Grünen den Grundstein dafür gelegt und das Grundgesetz geändert. Das Sondervermögen für Infrastruktur wird auf allen staatlichen Ebenen den Sanierungsstau beenden. Nach dem Startschuss in diesem Jahr beginnt mit diesem Haushalt in 2026 endlich die Phase des Umsetzens. Wir machen mit dem Sondervermögen das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser und einfacher.
(Martin Reichardt (AfD): Bei dem Unsinn kommen Sie selber ins Stottern! Das kann ich verstehen! - Gegenruf des Abg. Dirk Wiese (SPD): Jetzt ist aber mal gut da vorne! - Gegenruf des Abg. Martin Reichardt (AfD): Was denn? - Gegenruf des Abg. Dirk Wiese (SPD): Ja, was denn? - Gegenruf des Abg. Martin Reichardt (AfD): Was denn? Was denn?)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Frau Kollegin, wenn Sie kurz einen Moment innehalten, bitte. - Also, es gibt hier erstens keinen Schlagabtausch, und zweitens greifen wir die Rednerin nicht so persönlich an. Ich lasse mir auch nachher das Protokoll noch einmal vorlegen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) - Dirk Wiese (SPD): Das ist richtig so! - Martin Reichardt (AfD): Wo wurde sie denn angegriffen?)
Dr. Wiebke Esdar (SPD):
Meine Damen und Herren, wir machen mit dem Sondervermögen das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser und einfacher. Dafür sanieren wir Schulen, Kitas, Brücken, Straßen und Schienen. Wir investieren in schnelles Internet, in unsere digitale Infrastruktur und vieles mehr.
(Jörn König (AfD): Das habt ihr die letzten Jahre doch auch nicht gemacht!)
Meine Damen und Herren, die dritte Botschaft lautet: Wir machen Deutschland gerechter; auch das zeigt der Bundeshaushalt 2026. Das ist übrigens nur eines von über 70 Gesetzen mit mehr als 3 500 Seiten. Wir haben über 1 000 Änderungsanträge im Ausschuss beraten. Auch hier zeigen wir: Wir schließen Kompromisse - Kompromisse, damit wir gemeinsam und mit Sicherheit in die Zukunft gehen können.
Wir haben uns im parlamentarischen Verfahren zum Haushalt darauf verständigt, eine Forschungsdekade zu Long Covid zu finanzieren, weil wir immer noch zu wenig darüber wissen, wie wir den Erkrankten und ihren Familien helfen können. Das ist weltweit einzigartig.
Wir haben die Modernisierung von 200 THW-Standorten komplett ausfinanziert, damit wir in ganz Deutschland vor Ort gut geschützt werden können.
Wir stärken das Ehrenamt mit über 15 000 neuen Plätzen bei den Freiwilligendiensten.
Wir starten das neue Programm „Deutschland lernt Schwimmen“, damit wieder mehr Kinder schwimmen lernen können, gerade auch aus einkommensschwachen Familien, und weniger Menschen in unserem Land ertrinken.
(Beifall bei der SPD)
Wir investieren zusätzlich 250 Millionen Euro in die Sanierung von Schwimmbädern; denn guter Schwimmunterricht braucht auch funktionierende Schwimmbäder.
Wir setzen einen inklusiven Digitalpakt zur Stärkung der digitalen Bildungsangebote für mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt um.
Wir haben ein großes Paket für den Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt und für Hilfe in akuter Not geschnürt. Die Frauenhäuser werden mit 150 Millionen Euro gestützt.
Wir stärken die Kultur in Deutschland und fördern den Bundeskulturfonds, den Amateurmusikfonds, den Filmbereich und auch ganz wichtige Branchenakteure, wie beispielsweise den Verband der freischaffenden Musiker PRO MUSIK
Meine Damen und Herren, das waren nur acht Beispiele aus einem Gesetz, was hoffentlich vor allem den Zuschauerinnen und Zuschauern deutlich macht, dass wir dieses Land voranbringen, dass wir es gerechter machen.
(Beifall bei der SPD - Martin Reichardt (AfD): Insbesondere die Musiker!)
Darum will ich noch einmal betonen: Von wegen Streit! Wir arbeiten, und wir liefern. Wir liefern Gesetze, deren Inhalt das Leben hier verbessert. Denn: Gemeinsam regieren bedeutet, Verantwortung zu tragen.
Um auch das noch einmal klarzumachen: Natürlich haben wir in dieser Koalition auch unterschiedliche Meinungen. Wir sind auch für ganz unterschiedliche Positionen in unseren Wahlkreisen gewählt worden. Ich sage: Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, wenn uns diese Positionierungen nach der Wahl nicht mehr interessieren würden, wenn wir sie aufgeben würden. Aber gleichzeitig ist doch auch klar, dass sich damit überhaupt nicht ausschließt, dass wir jetzt in einer Koalition zusammenarbeiten. Unsere Positionen, die unsere Werte zum Ausdruck bringen, stehen der Zusammenarbeit und der Kompromissfindung in einer Koalition gar nicht im Wege. Sie machen es nicht immer einfacher; aber es macht - davon bin ich überzeugt - die Kompromisse, die wir finden, am Ende besser.
Ich sage auch ganz klar: Was wäre denn unsere Demokratie ohne das Ringen um die beste Lösung? Was wäre denn übrig geblieben, wenn wir nicht um die besten Lösungen streiten würden? Was dann übrig geblieben wäre: ein populistischer Abgesang auf unser Land, und das haben wir heute leider schon zu ausführlich gehört.
(Lachen des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Darum sage ich: Es ist gut, dass wir in dieser Koalition genau dagegen arbeiten, dass wir Verantwortung übernehmen und Kompromisse schließen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Martin Reichardt (AfD): Es läuft nur nicht so richtig!)
Darum will ich an dieser Stelle an die Fraktionsvorsitzenden, an Mathias Middelberg und an die haushaltspolitischen Sprecher Dank dafür sagen, dass wir gemeinsam Kompromisse gefunden haben, dass sie gerade im Haushaltsausschuss so viele Kompromisse gefunden haben. Als Allerletztes möchte ich den Mitarbeitenden der Abgeordneten, aber auch des Ausschusssekretariats und der Fraktionen danken. Denn es war ein Kraftakt, zwei Haushalte in diesem Jahr unterzubringen. Das ist uns gut gelungen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Andreas Audretsch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie wissen es, und trotzdem möchte ich es noch einmal sagen: Das eine, was Ihnen im Moment im Kern fehlt, ist Vertrauen. Die Bevölkerung vertraut Ihnen nicht mehr. Die Unternehmen vertrauen Ihnen nicht mehr.
(Martin Reichardt (AfD): Ganz ehrlich? Den Grünen vertrauen die noch weniger!)
Die Koalition hat keinerlei Vertrauen, und in Ihrer eigenen Bundestagsfraktion wird gegen Sie als Bundeskanzler gearbeitet. Auch dort herrscht offensichtlich kein Vertrauen mehr. Und das ist ein Problem für die Stabilität Ihrer Koalition und auch ein Problem für dieses Land.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Man sieht diese Instabilität aber nicht nur bei der Debatte über die Rente. Man sieht diese Instabilität auch beim Umgang mit den Rechtsextremen und Putin-Propagandisten von der AfD. Es ist gut, Herr Spahn, dass Sie sich heute so klar dazu geäußert und klargemacht haben, dass Sie nichts mit der AfD zu tun haben wollen.
(Stephan Brandner (AfD): Das entscheidet nicht der Herr Spahn! Das werden andere entscheiden!)
Es ist gut, dass sich jetzt Unternehmen äußern und deutlich machen, dass sie eine Zusammenarbeit mit der AfD ablehnen.
Gleichzeitig ist es geschichtsvergessen und dramatisch, dass eine Präsidentin des Verbands Die Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, sagt, dass sie in Zukunft mit diesen Rechtsextremen zusammenarbeiten möchte, die der Wirtschaft zutiefst Schaden zufügen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Stephan Brandner (AfD): Und das sagt ein Grüner!)
Das ist geschichtsvergessen, das ist falsch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Reichardt (AfD): „Geschichtsvergessen“? - Dr. Malte Kaufmann (AfD): Sie sind doch der, der geschichtsvergessen ist!)
Und deswegen ist es richtig, dass die Deutsche Bank ganz klar gesagt hat, dass sie Frau Ostermann vor die Tür setzt, wenn sie diese Sachen macht,
(Martin Reichardt (AfD): Nennen Sie ihren Namen deswegen so oft, damit Ihre Antifa-Freunde das mitkriegen, ja? Wir kennen doch Ihre Methoden!)
und dass die Drogeriekette Rossmann die Mitgliedschaft im Verband gekündigt hat. Genau das ist die richtige Reaktion auf derartig geschichtsvergessene Ausfälle.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Etwas - das muss man in Richtung CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagen - geht aber nicht zusammen. Sie können nicht auf der einen Seite deutlich machen, dass Sie eine Trennlinie zur AfD ziehen wollen, und auf der anderen Seite einem Verein Millionen zukommen lassen, der die Gespräche mit der AfD konkret vorbereiten möchte. Das ist eine Millionenförderung, die Sie, Herr Spahn, als Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU dem Bundeskanzler in seinen Etat, in den Etat des Kanzleramtes, hineingedrückt haben, die mit einem Ziel an Andreas Rödder gehen soll, nämlich konditionierte Gesprächsbereitschaft - so sagt er -, also konkret ein Gesprächsangebot an die AfD vorzubereiten.
(Martin Reichardt (AfD): Gesprochen werden darf nur mit Grünen, oder was?)
Das ist die AfD, die hier Kanäle nach Russland feiert. Das ist die AfD, die in Person von Herrn Chrupalla gleichzeitig sagt, dass Russland keine Gefahr für uns sei. Mit denen Gespräche vorzubereiten,
(Zurufe von der AfD)
konterkariert alle Ihre Aussagen, dass sie sich distanzieren wollen.
Stellen Sie das klar!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie das nicht machen, dann werden Sie diesem Land nie eine Perspektive und eine Richtung geben, die am Ende auch verständlich ist. Damit befördern Sie den Rechtsextremismus in Deutschland, und das ist verwerflich.
Und wer sitzt im Verein Republik21? Marie-Christine Ostermann sitzt im Beirat,
(Jörn König (AfD): Sehr gut!)
und offensichtlich vertritt sie nicht nur die Positionen von Unternehmen, sondern verfolgt auch eine ganz gezielte Agenda, nämlich, die Zusammenarbeit mit der AfD Schritt für Schritt zu legitimieren.
(Zuruf von der AfD: Die Jagdsaison für Unternehmer ist somit eröffnet! Durch einen Grünen!)
Dafür gibt man keine Millionenförderung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Reichardt (AfD): Uns legitimiert das Volk!)
Das, was Sie hier durchgedrückt haben, Herr Spahn, ist auch von Ihrer Seite geschichtsvergessen. Das sollten Sie beenden.
(Martin Reichardt (AfD): Gucken Sie sich mal an! Gucken Sie sich und Ihre mickrige Fraktion und Ihren Rückhalt im Volk an! Sie sind eine Schrumpffraktion! - Stephan Brandner (AfD): Keiner mag die Grünen, Herr Audretsch!)
An dieser Stelle will ich zum Kulturstaatsminister Herrn Weimer kommen. Herr Weimer, ich habe Ihre Absage an die AfD vernommen.
(Martin Reichardt (AfD): Was Sie vernehmen, interessiert doch im Land gar keinen mehr!)
Ich möchte das vorab einmal in aller Ernsthaftigkeit sagen und ihre Äußerung auch ernst nehmen, weil ich gleichzeitig das, was Sie im Moment tun und was in der Vergangenheit passiert ist, kritisieren muss.
(Martin Reichardt (AfD): Sie kommen bei mir im Wahlkreis auf 2 Prozent übrigens! - Zuruf des Abg. Stephan Brandner (AfD))
Herr Weimer, das Geschäftsmodell des Ludwig-Erhard-Gipfels zerstört Vertrauen in die Demokratie. Für 80 000 Euro mit dem Mont-Blanc-Paket Zugang zur Executive Night zu kaufen, um dort mit Ministerinnen und Ministern zu reden, ist nichts, was man weiterlaufen lassen kann, während man Kulturstaatsminister ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das zerstört das Vertrauen, und deswegen sollte zumindest in der Zeit, in der Sie Kulturstaatsminister sind, dieser Gipfel nicht länger stattfinden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die Fraktion Die Linke Heidi Reichinnek.
(Beifall bei der Linken)
Heidi Reichinnek (Die Linke):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit einem halben Jahr quälen sich Union und SPD durch diese Koalition. Aber glauben Sie mir: Egal wie sehr Sie untereinander leiden, niemand leidet unter dieser Regierung mehr als die Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der Linken)
Lebensmittel werden immer teurer. Die Mieten steigen. Den Preis für das Deutschlandticket erhöhen Sie direkt selbst. Es gibt keinen armutsfesten Mindestlohn trotz großspuriger Versprechungen. Auf spürbare Entlastungen wie die Senkung der Stromsteuer warten die Menschen vergeblich. Gleichzeitig sollen die Beiträge für die Krankenversicherung steigen, die Leistung soll aber sinken. Und an die Rente legen Sie ja direkt die Axt an.
Wie Sie von der Union hier über die Rente reden, ist einfach nur schäbig.
(Beifall des Abg. Pascal Meiser (Die Linke))
Denn falls Sie es nicht mitbekommen haben: Jeder fünfte Rentner, jede fünfte Rentnerin lebt schon jetzt in Armut. Jahrzehntelange harte Arbeit und jetzt Flaschen sammeln, bei der Tafel anstehen oder voller Scham zum Amt laufen, nicht mal genug Geld, um mit dem Enkel auf den Weihnachtsmarkt zu gehen - das ist schon jetzt die Realität für Millionen Rentnerinnen und Rentner.
(Beifall bei der Linken)
Denn seit das Rentenniveau von Rot-Grün von 53 auf 48 Prozent gedrückt wurde - ja, ich werde euch das immer wieder vorhalten;
(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jaja!)
denn auch die Menschen leiden immer noch unter eurer damaligen Politik -, hat sich die Altersarmut in diesem Land nahezu verdoppelt. Und anscheinend denken Sie von der Union: Mensch, da geht noch mehr. - Selbst diese 48 Prozent sind der sogenannten Jungen Gruppe noch zu viel. Sie gönnen den Rentnerinnen und Rentnern nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln; das ist doch die Wahrheit.
(Beifall bei der Linken)
Wir müssen, wenn Sie hier immer von Reformen reden, endlich dafür sorgen, dass Menschen im Alter - gerade im Alter! - ein Leben in Würde führen können. Das Rentenniveau muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, und es braucht eine solidarische Mindestsicherung.
Und ich sage Ihnen auch, wie das ganz generationengerecht funktioniert. Es müssen endlich alle Erwerbstätigen in das Rentensystem einzahlen. Es müssen die Beitragsbemessungsgrenzen gesteigert werden. Und es muss vor allen Dingen die gesetzliche Rente gestärkt werden, statt den Leuten immer zu sagen: Seht halt einfach zu, wie ihr klarkommt.
(Beifall bei der Linken)
Wir haben kein Finanzierungsproblem, wir haben ein Verteilungsproblem, und da müssen wir ran. Statt Jung gegen Alt in Stellung zu bringen, muss endlich die soziale Schieflage im Rentensystem beseitigt werden. Dass Sie sich hier wirklich hinstellen und von Generationengerechtigkeit sprechen, das ist einfach absurd. Wo sind denn Ihre Initiativen für bessere Kitas und Schulen? Was haben Sie denn für den Klimaschutz übrig? Was sind Ihre Initiativen für bezahlbares Wohnen und bezahlbare Mobilität? Da wird die laute Stimme für Generationengerechtigkeit bei Ihnen plötzlich ganz, ganz leise, oder?
(Beifall bei der Linken)
Dass sich die Junge Gruppe oder die Junge Union oder wer auch immer gemeinsam mit den Bonzen hinstellt und sich als Stimme der Jugend stilisiert, ist nicht nur scheinheilig, das ist pure Heuchelei.
(Beifall bei der Linken)
Sie wollen die Menschen gegeneinander ausspielen. Aber ich sage Ihnen: Nicht mit uns!
Denn auch wenn die allermeisten Menschen in diesem Land es gar nicht spüren können: Deutschland ist ein reiches Land; wir sind die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Doch die Menschen, die genau das erarbeiten, haben nichts davon.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Frau Kollegin, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wollen Sie diese zulassen?
Heidi Reichinnek (Die Linke):
Bitte.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Audretsch, bitte.
Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank für die Möglichkeit, die Zwischenfrage zu stellen. - Ich will auf die Frage zurückkommen, inwieweit man uns schwierige Lagen von Menschen nachwirkend anlasten kann und die Frage zurückgeben.
Wir haben in Berlin die Situation, dass Mieten durch die Decke schießen. Ein Grund dafür ist, dass Wohnungen in großer Zahl verkauft wurden. Wissen Sie, von wem die GSW-Wohnungen verkauft wurden? Das war Die Linke. Die Linkspartei hat die GSW-Wohnungen in Berlin verkauft; daraufhin sind sie an die Deutsche Wohnen gegangen. Und die Wohnungen, die wir jetzt mit Schwierigkeiten versuchen zurückzuholen - die Menschen leiden unter dem Schimmelbefall ihrer Wohnungen und haben damit die größten Probleme -, haben Sie als Linkspartei an Privatinvestoren verkauft, die jetzt Schindluder damit treiben.
(Zuruf von der Linken)
Insofern die Frage an Sie: Erkennen Sie an, dass Die Linke Verantwortung dafür trägt, dass Menschen in Berlin jetzt in Schimmelwohnungen zu Höchstpreisen leben und dass Sie damals einen grandiosen Fehler zum Nachteil dieser Menschen gemacht haben?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Jetzt bin ich gespannt! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Da hat er recht!)
Heidi Reichinnek (Die Linke):
Herr Kollege Audretsch, ich danke Ihnen sehr für die Frage und dass Sie mir die Möglichkeit geben, das klarzustellen. - Ich weiß jetzt gar nicht, wovon in meiner Rede Sie sich angegriffen gefühlt haben; ich habe mich ja gar nicht auf Sie bezogen.
(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Ach so! Das würde ich jetzt auch sagen! - Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Sie wissen ja gar nicht, was Sie selber in Ihrer Rede gesagt haben!)
Ach ja, bei der Rente; doch! An der Stelle, ja.
Also, Sie haben recht: Diese Wohnungen wurden damals unter einer rot-roten Regierung verkauft, weil der Haushalt saniert werden musste.
(Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! - Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das war eine Katastrophe und ein riesiger Fehler. Das Problem ist, dass die Länder in genau diese Situation gezwungen worden sind; das teile ich.
(Zuruf des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Genau deswegen ist es notwendig, dass wir jetzt alle gemeinsam einen Mietendeckel einführen,
(Beifall bei der Linken - Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Keine zusätzliche Wohnung wegen des Mietendeckels! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Eijeijei!)
so wie wir es gemeinsam in Berlin gemacht haben.
Genau das brauchen wir jetzt auf Bundesebene. Und wir brauchen ein Programm für bezahlbaren Wohnraum.
(Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt (SPD))
Das würde die Wirtschaft ankurbeln, die Baubranche stärken und Arbeitsplätze schaffen. All das wären sinnvolle Maßnahmen, um auch den Ländern und den Kommunen zu helfen, die diese Mittel nicht haben.
Also ja, Herr Audretsch, wir sind uns einig: Da muss was passieren, und da müssen wir zusammen ran. - Deswegen danke, dass ich das jetzt noch mal darstellen konnte; die Zeit dafür hätte mir sonst in meiner Rede gefehlt.
(Beifall bei der Linken - Zurufe von der CDU/CSU)
Also, noch mal: Das kommt bei den Menschen nicht an, die den Reichtum erarbeiten. Die Politik ist es den Menschen in diesem Land aber schuldig, dass sich genau das ändert.
(Zuruf des Abg. Pascal Meiser (Die Linke))
Da können wir gerne an einem Strang ziehen, Herr Audretsch.
Sie geben mit diesem Haushalt mehr Geld aus als jede Regierung vor Ihnen; das ist auch richtig so. Die Frage ist nur: Wo landet das eigentlich? Geschenke für Großkonzerne, klimaschädliche Subventionen und vor allem Aufrüstung - davon ist dieser Haushalt geprägt. Nicht nur damit treiben Sie die Militarisierung voran; bei den Waffenexporten, auch in Kriegs- und Krisengebiete, ist diese Regierung weiter vorne mit dabei.
Die minimalen Einschränkungen von Exporten nach Israel, die nie ausreichend waren, haben Sie wieder aufgehoben.
(Mirze Edis (Die Linke): Buh!)
Offiziell hat man ja einen Waffenstillstand. Aber ich sage Ihnen mal was: Trotz Waffenstillstand gibt es weiterhin Angriffe der israelischen Armee auf Gaza. Jeden Tag werden dort Menschen getötet, seit Beginn des Waffenstillstandes über 60 Kinder.
(Beifall des Abg. Mirze Edis (Die Linke))
Der Winter kommt; die humanitäre Situation ist katastrophal. Die Gewalt der Siedler in der Westbank eskaliert. Deswegen darf Deutschland jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es gibt noch lange keinen Frieden.
Deswegen: Stoppen Sie sofort alle Waffenexporte! Erkennen Sie Palästina als Staat an! Und üben Sie Druck auf die Netanjahu-Regierung aus, damit es endlich eine Perspektive für eine Zweistaatenlösung und ein Ende der Besatzung gibt!
(Beifall bei der Linken)
Stellen Sie sich an die Seite der Menschen, die sich in Israel und Palästina für Frieden einsetzen! Sagen und zeigen Sie klar: Das Völkerrecht gilt für alle.
Die Prioritäten dieser Bundesregierung machen mich aber wirklich fassungslos; denn für Rüstung sehen wir Rekordausgaben. Die Ausgaben für humanitäre Hilfe und Krisenprävention dagegen werden brutal zusammengestrichen.
(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Nichts verstanden!)
Wir haben derzeit auf der Welt die meisten Kriege seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Da soll es ernsthaft in unserem Interesse sein, Waffen nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate zu exportieren, die beide den furchtbaren Krieg im Sudan befeuern? Hören Sie endlich auf, immer mehr Öl ins Feuer zu gießen!
(Beifall bei der Linken)
In der Ukraine gibt es jetzt endlich diplomatische Bemühungen; sie sind in Gang gekommen. Es ist aber genau das passiert, wovor wir als Linke die ganze Zeit gewarnt haben: Die USA und Russland haben weder mit der Ukraine noch mit der EU darüber verhandelt, sondern einfach zu zweit im stillen Kämmerlein etwas zusammengeschrieben. Vielleicht haben die USA es auch nur kopiert; man weiß es nicht so genau. Die EU hätte viel früher viel größere diplomatische Anstrengungen unternehmen, andere Länder mit einbinden und auf bestehende Initiativen eingehen müssen.
(Martin Reichardt (AfD): Ihr Vorgänger Josef Stalin hätte da andere Methoden angewendet! Da haben Sie recht!)
Herr Merz, nächste Woche reisen Sie nach China, und Sie haben schon angekündigt, dass Sie hoffen, China könne dazu beitragen, den Krieg zu beenden. Warum kommt diese Erkenntnis erst so spät? Warum haben Sie uns für diese Forderung vorher quer durch die Medien geprügelt? Das wäre schon lange ein wichtiger Schritt für eine friedliche Zukunft in der Ukraine gewesen.
Jetzt rennen Sie mal wieder der Realität hinterher. Trotz alledem hoffe ich sehr für die Menschen in der Ukraine, dass Sie letztendlich erfolgreich sein werden.
(Beifall bei der Linken)
Aber ich sage Ihnen auch deutlich: Wer hier - vollkommen zu Recht - Solidarität mit der Ukraine fordert, sollte sich schämen, die Menschen, die aus der Ukraine zu uns geflüchtet sind, jetzt aus dem Bürgergeld zu werfen.
(Beifall bei der Linken)
Bei den Rüstungskonzernen klingeln währenddessen weiterhin die Kassen, auch wegen des „Whatever it takes“ dieser Bundesregierung. 108 Milliarden Euro gibt es - 22 Milliarden Euro mehr als noch im letzten Jahr. Gleichzeitig stehen immer mehr Menschen im Supermarkt und wissen nicht mehr, wie sie ihren Kindern noch bis Monatsende Essen auf den Tisch stellen sollen.
Falls Sie mit solchen Menschen gar nicht mehr ins Gespräch kommen: Auch die Monopolkommission hat gerade sehr deutlich gesagt, dass seit 2020 die Preise für Lebensmittel um rund 37 Prozent gestiegen sind - 37 Prozent! Und, Überraschung: Zentraler Grund sind nicht die Löhne, zentraler Grund ist die Preistreiberei einiger weniger Großkonzerne, die den Lebensmittelmarkt unter sich aufteilen und ihre Gewinne auf Kosten der Mehrheit immer weiter in die Höhe treiben. Das darf nicht sein.
(Beifall bei der Linken)
Sowohl Verbraucherinnen als auch Landwirte leiden unter dieser Marktmacht. Es ist doch kein Zufall, dass unter den drei reichsten Deutschen zwei sind, die ihr unvorstellbares Vermögen durch Lebensmittelketten angehäuft haben.
Deswegen sage ich Ihnen: Streichen Sie die Steuer auf Grundnahrungsmittel, und setzen Sie eine Preisaufsicht ein, die Absprachen zulasten der Erzeuger und Verbraucher effektiv unterbindet und dafür sorgt, dass diese Steuersenkung dann auch wirklich bei den Menschen ankommt! Setzen Sie die versprochene Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte um, und sorgen Sie mit einer Einkommensteuerreform dafür, dass genau diese Menschen mehr Netto vom Brutto haben! Steuern runter für die Mehrheit statt noch mehr Steuergeschenke für Ihre reichen Kumpels in den Großkonzernen!
(Beifall bei der Linken)
Denn während Sie beim Bürgergeld um jeden Euro feilschen, sind Sie bei diesen wie immer sehr freigiebig: Da winken Sie, ohne mit der Wimper zu zucken, Steuersenkungen in Milliardenhöhe durch.
Ich weiß, Ihr Argument ist: Es wäre gut für die Wirtschaft. Aber wem wollen Sie dieses Märchen wirklich noch erzählen? Steuersenkungen für Unternehmen lassen nicht die Investitionen wachsen, sondern die Konten der Manager und Großaktionäre.
(Lachen des Abg. Siegfried Walch (CDU/CSU))
Wenn Sie Investitionen wollen, dann investieren Sie halt. Öffentliche Investitionen und klare verlässliche Vorgaben für die Wirtschaft regen private Investitionen an. Das würde die Wirtschaft ankurbeln und übrigens auch den Binnenkonsum stärken. Aber wenn die Menschen Geld in diesem Land ausgeben sollen, dann - ich will jetzt niemanden schockieren - brauchen sie erst mal Geld, das sie ausgeben können.
Dass Sie immer noch dem Titel „Exportweltmeister“ hinterherrennen, hilft der großen Mehrheit im Land überhaupt nicht; denn dieser Titel wird erkauft mit schlechten Löhnen, schlechten Renten und miesen Arbeitsbedingungen. Dabei wollen die Menschen doch nicht mehr als die Anerkennung ihrer Arbeit durch angemessene Löhne und gute Arbeitsbedingungen, damit sie sich das, was sie produzieren, auch leisten können. Ich glaube, das war mal Konsens in diesem Land.
Aber das interessiert Sie wahrscheinlich einfach deswegen nicht, weil das fernab Ihrer eigenen Realität ist und Sie sich auch sonst nur mit Leuten umgeben, die aufs eigene Konto schielen und nichts übrighaben für diese Gesellschaft und den sozialen Zusammenhalt im Land. Sie halten fröhlich Gipfeltreffen mit Konzernbossen und Lobbyisten ab. Und wer sich in dieser illustren Runde nicht sowieso schon wiederfindet, der kauft sich den Zugang zur Macht einfach: Kulturstaatsminister Weimer bot über seine Firma zu horrenden Preisen die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Gipfel mit exklusiver Nähe zu Entscheidungsträgern an. Wie nett!
(Stephan Brandner (AfD): Rent a Weimer!)
Woran erinnert mich das denn nur? Ach ja, an den Fraktionsvorsitzenden der Union - damals Gesundheitsminister - mit seinem Spendendinner für 9 999 Euro, ganz knapp unter der Transparenzgrenze.
(Stephan Brandner (AfD): Von Spahn lernen heißt Korruption lernen!)
Aber man ist ja unter Freunden, das ist ja klar. Es ist ja gar nicht so gemeint.
All diese Leute, mit denen Sie sich da umgeben, die Sie bevorteilen, haben eins gemeinsam: Sie müssen sich keine Sorgen machen, wie sie die nächste Mieterhöhung zahlen, wo das Geld für den nächsten Schulausflug herkommen soll oder wie sie ihren Job mit der Pflege der Mutter verbinden können. Sie haben für die Mehrheit der Menschen vielleicht nichts mehr übrig. Aber wir werden für diese Menschen hier weiterhin eine laute Stimme sein. Das verspreche ich Ihnen.
(Beifall bei der Linken)
Zum Abschluss bin ich im Übrigen der Meinung, dass wir alle an diesem Wochenende die Proteste in Gießen unterstützen sollten: Kein Fußbreit der AfD, kein Fußbreit ihrer Jugend und kein Fußbreit dem Faschismus!
Danke.
(Beifall bei der Linken - Georg Schroeter (AfD): Terror!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die Unionsfraktion Alexander Hoffmann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Alexander Hoffmann (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! In der letzten Woche stand die Welt für Europa und für die Ukraine für einen Moment still. Der Grund war ein 28-Punkte-Plan, der nichts anderes war als der Versuch, einen epochalen Einschnitt an der Friedensordnung, wie wir sie kennen, vorzunehmen.
(Stephan Brandner (AfD): Der gleiche Einstieg wie bei Frau Haßelmann!)
Die in diesem Plan formulierten Spielregeln sind einfach zusammengefasst: Der Stärkere setzt sich durch, und wer Krieg führt, wird belohnt.
(Zuruf des Abg. Jörn König (AfD))
Der 28-Punkte-Plan sieht zum Beispiel das Abschmelzen der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und damit zwangsläufig ein Abschmelzen des Schutzes der NATO-Ostflanke vor. Weiterhin enthalten sind der Zugriff auf Bodenschätze der Ukraine, die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine zu 50 Prozent aus EU-Mitteln - bei Gewinnbeteiligung der USA in Höhe von 50 Prozent - sowie eine Amnestie für Kindesentführer, für Mörder, für Vergewaltiger und für Kriegsverbrecher.
Ich habe Ihren Reden sehr gut zugehört, Herr Chrupalla und Frau Weidel, und auch der Rede von Herrn Pellmann von den Linken. Die Wahrheit ist: Sie haben zu alldem nichts gesagt.
(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf des Abg. Sören Pellmann (Die Linke))
Dabei ist doch die Erkenntnis, meine Damen, meine Herren, dass die Frage des Friedens in der Ukraine unmittelbar und untrennbar verbunden ist mit der Frage der Sicherheit in Europa und der Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland.
(Stephan Brandner (AfD): Und am Hindukusch!)
Nun überrascht es mich nicht: Die Linken haben kein Interesse an Sicherheit.
(Sören Pellmann (Die Linke): Haben Sie mir denn nicht zugehört?)
Aber Sie von der AfD vertreten doch angeblich nationale Interessen; Frau Weidel hat vorhin von der „Liebe zu Deutschland“ geredet. Ich will Ihnen sagen: Sie sind keine Partei deutscher Interessen. Sie sind eine Partei von Putins Interessen, meine Damen, meine Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Martin Reichardt (AfD): Sie sind eine Partei von BlackRock-Interessen! Das ist Ihre Partei! - Stephan Brandner (AfD): Korruption hat einen Namen: CDU und CSU!)
Dieses Spiel, das da gespielt wird, sieht doch so aus, dass andere die Spielregeln bestimmen und dass die Ukraine und Europa drohen, dabei zum Spielball zu werden. Und warum? Weil wir nicht über das ausreichende politische Gewicht verfügen. Und ausreichendes politisches Gewicht bedeutet dem Grunde nach: wirtschaftliche Stärke und, ja, leider auch militärische Relevanz.
(Martin Reichardt (AfD): Wer hat denn die militärische Relevanz ruiniert? Das war doch auch Ihre Partei! - Gegenruf des Abg. Stephan Brandner (AfD): Annegret Kramp-Karrenbauer, Ursula von der Leyen!)
Deshalb, meine Damen, meine Herren, ist es ein großes, ein historisches Verdienst dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers, dass es gelungen ist, diesen Plan abzuwenden, dass es gelungen ist - im Interesse Europas, im Interesse Deutschlands -, das Schlimmste zu verhindern.
(Tino Chrupalla (AfD): Zu welchem Preis denn?)
Dafür ein herzliches „Vergelt’s Gott!“, Herr Bundeskanzler!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn wir aber merken - und das geht auch an Sie -, dass dieses Spiel deshalb gespielt werden kann, weil wir zu wenig Gewicht in der Welt haben, dann muss doch das Fazit sein, dass wir mehr wirtschaftliche Leistungsfähigkeit brauchen. Und wir brauchen eben auch mehr Verteidigungsfähigkeit, mehr militärische Relevanz.
(Martin Reichardt (AfD): Wo ist die denn?)
Aber die Wahrheit ist doch, dass weder die AfD noch Die Linke dazu irgendeinen Beitrag leisten wollen.
(Stephan Brandner (AfD): Dann nehmen Sie einen Verteidigungsminister von uns! Dann läuft der Laden!)
Heute, in der Rückschau, müssten Sie doch eigentlich beschämt zu Boden schauen und feststellen, dass der Schritt des Sondervermögens richtig gewesen ist.
(Tino Chrupalla (AfD): Nein, er war falsch!)
Der Schritt der Bereichsausnahme ist wichtig gewesen. Es wäre nicht auszudenken, wenn wir heute an dieser Stelle ankämen und hätten diesen wichtigen Grundstein nicht gelegt. Das wollten Sie nie, und das ist ein historischer Fehler Ihrerseits gewesen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Statt heute aus Fehlern zu lernen, die man mit Händen greifen kann, gehen Sie diesen Weg einfach unbeirrt weiter.
(Zurufe des Abg. Christian Görke (Die Linke))
Van Aken von den Linken gibt jetzt Tipps, wie man den Wehrdienst umgehen kann. Ich würde in diesen herausfordernden Zeiten mal sagen: Sie sollten sich schlichtweg schämen!
(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf der Abg. Desiree Becker (Die Linke))
Aber mit Verlaub - das will ich auch sagen -: Die Grünen haben womöglich in diesem Bereich ihren Kompass verloren. Ich will Sie fragen: Wo ist denn eigentlich Ihre Haltung beim Thema Wehrdienst?
(Jens Spahn (CDU/CSU): Sehr gute Frage!)
Es ist nämlich gar keine Haltung, die Sie mittlerweile an den Tag legen,
(Zurufe der Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
wenn Sie bei dem Kompromiss, den wir erfolgreich erzielt haben - er ist das Ergebnis dessen, was man im Moment erzielen kann -, nicht bereit sind, mitzugehen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Martin Reichardt (AfD): Die Grünen wollen doch nur Wehrdienst für andere! Da ist doch überhaupt kein Wehrwilliger und Wehrfähiger dabei!)
Aber die AfD übertrifft in diesem Kontext natürlich alles. Bei Ihnen ist es ja nicht nur so, dass Sie diesen Weg nicht mitgehen, sondern dem Grunde nach alles tun, um unser Land zu schwächen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist denn Ihre Initiative? - Stephan Brandner (AfD): Die CDU/CSU hat den Wehrdienst abgeschafft!)
Sie machen Demokratie lächerlich. Sie versuchen, Demokratie aus sich heraus mit Mitteln der Demokratie zu zersetzen. Ein gutes Beispiel dafür hatten wir in der letzten Sitzungswoche bei der namentlichen Abstimmung. Sie spalten unsere Gesellschaft mit Fake News, mit Hass und mit Hetze. Sie verhetzen regelmäßig jeden Versuch, Verteidigungsfähigkeit in Deutschland herzustellen. Das haben wir heute erst wieder im Plenum erlebt.
(Martin Reichardt (AfD): Sie sind ja ein Verteidigungsexperte reinsten Wassers!)
Und zur Rede von Frau Weidel und auch zu Ihrer Rede, Herr Chrupalla, fällt mir nur eines ein: Sie wollen unser Land in eine Depression quatschen. Nichts anderes ist es.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Martin Reichardt (AfD): Wir stecken mittendrin in der Depression! - Tino Chrupalla (AfD): Da kriege ich auch Depressionen!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion.
Alexander Hoffmann (CDU/CSU):
Ja klar, sehr gerne.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, bitte schön.
(Steffen Janich (AfD): Sie regieren das Land in eine Depression!)
Maximilian Kneller (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Hoffmann, ich unterbreche Sie nur ungerne bei Ihrer Schönfärberei. Dennoch möchte ich Sie auf eins ansprechen, was Sie geflissentlich ignorieren: Die Trump-Administration, zu der unsere Fraktion ja mittlerweile sehr gute Kontakte unterhält - unsere Fraktion vernetzt sich im Gegensatz zu Ihnen international -,
(Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
hat ja maßgeblich daran mitgewirkt, dass es jetzt diese Friedensbemühungen gibt, die wir unterstützen, die von Ihrer Seite torpediert werden.
(Tino Chrupalla (AfD), an die CDU/CSU gewandt: Da kam nichts von Ihnen! Nichts!)
Inwiefern gefährdet es das transatlantische Verhältnis, wie Sie sich da gebaren und an einem Krieg festhalten, an dem selbst beim Opponenten in den USA kein Interesse mehr besteht, weshalb man jetzt versucht, zu einem pragmatischen Frieden zu finden? Inwiefern halten Sie das für sinnvoll?
(Beifall bei Abgeordneten der AfD - Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Pragmatischer Frieden? - Bettina Hagedorn (SPD): Ein pragmatischer Frieden! - Gegenruf des Abg. Tino Chrupalla (AfD): Reden Sie mal mit Herrn Stegner! Nicht so viel quatschen! Der hat bessere Ideen als Sie! - Zuruf des Abg. Julian Joswig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Alexander Hoffmann (CDU/CSU):
Weil Frau Weidel vorhin gesagt hat, es sei unüblich, Zwischenfragen zuzulassen, will ich den lebenden Beweis bieten, dass Zwischenfragen in der Generaldebatte selbstverständlich möglich sein müssen, im Übrigen auch von Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Wiebke Esdar (SPD))
Aber - das sage ich Ihnen ehrlich - gerade der letzte Satz, in dem Sie von einem pragmatischen Frieden geredet haben, entlarvt Ihre Frage.
(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! - Tino Chrupalla (AfD): Welchen wollen Sie denn? Erzählen Sie mal!)
Der Punkt ist ja: Wenn Sie hier ernsthaft eine Frage mit Substanz hätten stellen wollen, dann hätten Sie zunächst einmal erklären müssen, warum Sie es als Vertreter deutscher Interessen völlig beanstandungsfrei finden, dass ein Wiederaufbau der Ukraine mit 50 Prozent EU-Mitteln organisiert werden soll, dass die Profiteure aber andere sind. Dazu haben Sie nichts gesagt.
(Stephan Brandner (AfD): Er hat ja nur zwei Minuten! - Zuruf des Abg. Udo Theodor Hemmelgarn (AfD))
Sie hätten im Übrigen etwas dazu sagen müssen, wie es in Ihr Werte- und Moralverständnis reinpasst, dass Menschen
(Zuruf des Abg. Tino Chrupalla (AfD))
- Herr Chrupalla, hören Sie mir doch mal zu; ich habe das vorhin unter Schmerzen auch hinbekommen -,
(Tino Chrupalla (AfD): Ich muss nicht zuhören! Dazu bin ich nicht verpflichtet!)
die Kinder entführt haben, Frauen vergewaltigt haben oder Kriegsverbrechen begangen haben, jetzt straffrei davonkommen. Das ist das, was Sie unter „pragmatischen Frieden“ subsumieren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Martin Reichardt (AfD): Wie viele Vergewaltiger sind eigentlich nach Vergewaltigungen in Deutschland straffrei davongekommen?)
Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Man merkt bei Ihnen die starre Verweigerung, auf diese Detailfragen einzugehen.
Und am Ende haben wir über die Gretchenfrage noch nicht geredet. Sie lautet doch: Warum fällt es Ihnen als Partei nationaler Interessen so leicht, Deutschland und Europa schutzlos zu stellen? Was anderes ist es doch nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Chrupalla redet in Talkshows die Bedrohung durch Russland klein. Er tut immer so, als wüssten wir nicht, was da passiert.
(Jörn König (AfD): Zwei Minuten!)
Die Menschen haben mittlerweile Angst wegen Drohnensichtungen.
(Tino Chrupalla (AfD): Es gab keine einzige Drohne in Deutschland! Lügen Sie doch nicht! Nicht eine! Sie machen hier Angst! - Martin Reichardt (AfD): Wo sind denn die Drohnen?)
Bundesinnenminister Dobrindt handelt hier glücklicherweise sehr entschlossen. Und Sie tun so, als würde es das alles nicht geben. Deswegen sage ich Ihnen: Solange Sie sich nicht mit den ernsthaften Bedrohungen auseinandersetzen, sollten Sie solche banalen Fragen nicht stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Martin Reichardt (AfD): Sie sind überhaupt nicht in der Lage, irgendeine Bedrohung militärisch einzuschätzen!)
Ich habe gesagt: Sie versuchen, unser Land in eine Depression zu quatschen. Das ist deshalb so verwerflich, weil wir in einem großartigen Land leben, meine Damen, meine Herren. Dieses Land ist deshalb so großartig,
(Martin Reichardt (AfD): Dieses Land war mal großartig, bevor Sie es ruiniert haben!)
weil Menschen hier Großartiges leisten. Es gibt hier Menschen, die Tag für Tag aufstehen, zur Arbeit gehen und in ihrem Betrieb alles geben.
(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))
Es gibt Menschen, die sich im Ehrenamt engagieren, die einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Gesellschaft so großartig ist, wie sie ist; das ist ein Beitrag für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Für all das haben Sie nie ein einziges Wort übrig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf des Abg. Jörn König (AfD))
Da sind die Momente, in denen Frau Weidel gefragt wird, ob sie auch nur drei Dinge nennen kann, die in Deutschland gut laufen. Diese Dinge werden von Ihnen ignoriert. Deswegen sind Sie alles andere als eine Partei deutscher und nationaler Interessen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Mit diesem Haushalt 2026, meine Damen, meine Herren, legen wir die Grundlage dafür, dass die Menschen, die Großartiges leisten, optimale Rahmenbedingungen vorfinden. Wir investieren in unser Land. Wir investieren in die Menschen, in die Sicherheit unseres Landes, in die Infrastruktur und, ja, auch in die Zukunft: mit Rekordinvestitionen in die Verteidigungsfähigkeit und in die innere Sicherheit.
(Udo Theodor Hemmelgarn (AfD): Mit Schulden!)
Wir machen da unter anderem den Weg frei für den Wehrdienst, für eine bessere Verteidigungsfähigkeit, die Sie permanent unterlaufen und verhindern wollen.
Wir stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland mit dem Industriestrompreis, mit der Kraftwerkstrategie, mit dem Bauturbo.
(Stephan Brandner (AfD): Subvention! Subvention! Subvention!)
Und mit der Agrardieselrückvergütung und mit der Gastrosteuer leisten wir einen echten Beitrag für die Stärkung des ländlichen Raums.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit der Hightech Agenda stärken wir den Zukunftsstandort Deutschland, meine Damen, meine Herren.
Mit diesem Haushalt 2026 bringen wir unser Land voran.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist Dr. Götz Frömming für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD - Stephan Brandner (AfD): Jetzt aber!)
Dr. Götz Frömming (AfD):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Hoffmann, die Putin-Platte, die Sie hier immer auflegen, habe ich auch noch zu Hause im Regal.
(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Die hören Sie aber auch jeden Tag, Herr Frömming!)
Die hat inzwischen einen Sprung. Damals hieß der DJ noch Heiner Geißler, und der Adressat war die SPD als angeblich fünfte Kolonne Moskaus. Also, denken Sie sich mal was Neues aus! Der Hut ist so alt; das funktioniert nicht mehr.
(Beifall bei der AfD - Zuruf der Abg. Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir wollen wieder mehr über Deutschland sprechen, genauer gesagt: über deutsche Kultur. Wir verhandeln ja auch den Etat des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.
(Zuruf von der AfD: Wo ist er denn? - Gegenrufe der Abg. Stephan Brandner (AfD) und Martin Reichardt (AfD): Der ist geflüchtet!)
- „Ich freue mich sehr, dass Herr Weimer da ist“, wollte ich gerade sagen. Vielleicht kommt er wieder.
Ganz ehrlich: Ich habe den Bundesbeauftragten auch auf der Rednerliste vermisst; denn er hätte uns hier heute Rede und Antwort stehen können - nein, ich sage: müssen, Herr Weimer, wenn Sie das hören.
(Beifall bei der AfD)
Nun gut.
Inzwischen spricht er auch nicht mehr mit den Medien. Man hört, er nimmt keine Interviewanfragen mehr an, nur mit seinem Anwalt. Also, da fragt man sich schon, wie man dieses Amt unter solchen Verhältnissen in den nächsten Monaten noch führen will. Ich kann mir das nicht vorstellen, sehr geehrter Herr Weimer.
Dabei hatten wir durchaus einige Hoffnungen, als der neue Beauftragte für Kultur und Medien sein Amt antrat. Er galt als Kulturkämpfer, aber nun von rechts.
(Abg. Stephan Brandner (AfD) meldet sich zu Wort - Tino Chrupalla (AfD): Minister dazurufen! - Stefan Keuter (AfD): Wir hätten gern den Minister hier!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Brandner.
Stephan Brandner (AfD):
Frau Präsidentin, ich unterbreche den eigenen Redner nur ungern. Aber ich hatte mich vorher schon gemeldet. Lieber Götz, ich hoffe, du siehst mir das nach.
Dr. Götz Frömming (AfD):
Alles gut.
Stephan Brandner (AfD):
Du hast großen Wert darauf gelegt, dass der Kulturstaatssekretär dieser Debatte, insbesondere deinem Debattenbeitrag beiwohnt. Deshalb beantrage ich für die AfD-Fraktion die Herbeirufung des Bundesbeauftragten für - wie heißt er? - Medien und Kultur.
(Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Da ist er doch! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
- Oh, da kommt er schon. AfD wirkt. Alles klar.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
So, dann brauchen wir die Abstimmung nicht durchzuführen.
(Sören Pellmann (Die Linke): Das wäre auch gar nicht zulässig!)
- Na ja, über den Antrag abstimmen kann man.
(Sören Pellmann (Die Linke): Nein, kann man nicht, weil er kein Minister ist!)
Sie können weiterreden.
Dr. Götz Frömming (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Schön, dass Herr Weimer wieder da ist. Ich wollte ihn nämlich gerade loben; denn zwei grüne Kulturkampfthemen hat er sich in der Tat vorgenommen: die Genderei und den Postkolonialismus. Allerdings, Herr Weimer, war es das dann aber schon.
Nun haben Sie mit pathetischen Worten den Etat von 2,5 Milliarden Euro angekündigt - ich zitiere -, um „in die innere Größe unserer Kulturnation“ zu investieren. Das klingt wahrlich nach Tradition und bürgerlichen Werten. Inzwischen weiß aber jeder, der es wissen will: Wolfram Weimers Verhältnis zu den bürgerlichen Werten entspricht ungefähr jenem von Heidi Reichinnek zum Privateigentum.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)
In Wahrheit, meine Damen und Herren, geht es ja genauso weiter wie unter Claudia Roth, cum grano salis; wir sind hier ja unter Bildungsmenschen, das werden Sie verstehen.
(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))
Inzwischen hat interessanterweise auch der weit links stehende Kulturbetrieb seine Kritik eingestellt. Er ist geradezu eine Komplizenschaft mit dem Bundesbeauftragten eingegangen. „Ich lasse euch in Ruhe und ihr mich“, scheint man gesagt zu haben. Selbst mit Herrn Böhmermann haben Sie sich inzwischen arrangiert.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD - Stephan Brandner (AfD): Total bürgerlich!)
Deshalb vielleicht auch die merkwürdige Zurückhaltung angesichts der gegen den Kulturstaatsminister im Raum stehenden Vorwürfe, die ich hier aus Zeitgründen nur stenografisch aufzählen kann: Interessenkonflikte zwischen Amt und Geschäftstätigkeit, Vermittlung von Politikerkontakten gegen Geldzahlungen in fünfstelliger Höhe, Bilanzfälschungen und nicht zuletzt Urheberrechtsverletzungen im großen Stil. Es kommen noch Petitessen wie Lebenslaufkosmetik hinzu. Aber damit kann man in diesem Lande ja sogar Außenministerin werden.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Die Frage, meine Damen und Herren, ob aus diesen Vorwürfen auch etwas Juristisches erwächst, wird hoffentlich noch geklärt. Das wird ein Prüfstein für unseren Rechtsstaat sein.
Die viel wichtigere Frage hier und heute ist aber, ob ein Mann wie Herr Weimer in politischer und moralischer Hinsicht Staatsminister bleiben kann. Das, meine Damen und Herren, wird ein Prüfstein für unsere politische Kultur sein.
(Beifall bei der AfD)
Man fragt sich natürlich jetzt: Wie verhält sich der Kanzler in der ganzen Sache? Er hat ja Herrn Weimer zu sich ins Amt geholt. Zu anderen Zeiten wäre solch ein Mann schon längst entlassen worden. Aber warum tut das der Kanzler nicht? Warum entlässt er die Randfigur Weimer nicht einfach? Meine Damen und Herren, vielleicht liegt die Antwort darin begründet, dass Herr Weimer gar keine Randfigur ist. Vielleicht gehört er zum Zentrum dieser Bundesregierung, vielleicht gehört die halbe Bundesregierung zur Tegernsee-Connection.
Herr Bundeskanzler - Sie sind leider auch nicht da -, offenbar sind Sie eine Schicksalsgemeinschaft eingegangen mit Ihrem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Ich hoffe sehr, dass Sie sich die Nibelungensage mal durchgelesen haben; denn die Nibelungen sind am Ende gemeinsam untergegangen.
Für unser Land ist das alles fatal.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, die Redezeit ist abgelaufen.
Dr. Götz Frömming (AfD):
Ich komme zum Ende. - Beenden Sie dieses Schmierentheater, Herr Bundeskanzler, wenn Sie es denn können, -
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Die Redezeit ist abgelaufen.
Dr. Götz Frömming (AfD):
- ohne am Ende wie der Dorfrichter Adam gegen sich selbst zu ermitteln. Entlassen Sie Ihren Bundesbeauftragten für Kultur und Medien!
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die SPD-Fraktion Tim Klüssendorf.
(Beifall bei der SPD)
Tim Klüssendorf (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die heutige Generaldebatte zeigt, dass es neben den vielen internationalen Themen in diesem Haus und in diesem Haushalt vor allen Dingen um zwei wichtige Themenkomplexe geht: Zum einen geht es darum, dass wir wieder wirtschaftliches Wachstum erzeugen und dass wir uns um die Sicherung von Arbeitsplätzen kümmern. Zum anderen geht es um die Zukunft unserer Sozialversicherungssysteme, des deutschen Sozialstaates.
Ich will mit dem Ersten beginnen. Ich finde - das muss ich für uns in Anspruch nehmen -, dass es genau richtig ist, wie die Bundesregierung hier agiert: dass wir den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Entwicklung setzen. Wir haben uns in den vergangenen Monaten sehr stark darum bemüht, die industriepolitischen Forderungen, die industriepolitischen Notwendigkeiten nicht nur zu sehen, sondern sie auch in konkrete Vorhaben zu gießen.
Ich muss sagen: Dass wir uns jetzt - nach einem jahrelangen Austausch, nach einem jahrelangen Streit - im Kern mit den Forderungen nach einem Industriestrompreis, einer Kraftwerksstrategie und vor allen Dingen auch nach einem Deutschlandfonds durchgesetzt haben, ist ein gutes Zeichen für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land. Es ist auch ein Verdienst der sozialdemokratischen Fraktion, dass wir das gemeinsam in dieser Koalition vorantreiben. Es ist richtig, dass wir das jetzt tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bei der Umsetzung wird es jetzt stark auf die Regierung ankommen. Frau Reiche - sie ist nicht mehr da - will ich gerne zusagen, dass wir hinter ihr stehen, wenn es darum geht, diese Wirtschaftspolitik jetzt umzusetzen, voranzutreiben und auch in Europa dafür zu kämpfen, dass unsere Industrie die Entlastung erfährt, die sie dringend braucht. Denn nur wenn wir ein Industriestandort bleiben, nur wenn wir diese Wertschöpfung weiter haben, werden wir den Zusammenhalt in diesem Land sichern. Denn Millionen von Menschen sind angewiesen auf eine starke Industrie, auf die Sicherung von Arbeitsplätzen in diesem Land. Sie gehen tagtäglich mit der Sorge um ihren Arbeitsplatz ins Bett. Wir werden mit einer starken wirtschaftlichen Entwicklung dafür sorgen, dass ihnen diese Sorge genommen wird. Das ist das, was die Sozialdemokratie bewegt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn ich über den Sozialstaat spreche, dann spreche ich natürlich auch aktuelle Diskussion - über die Rente. Ich muss ganz offen sagen, dass mich so mancher Anwurf wirklich stark getroffen hat: wenn die SPD als Blockadepartei dargestellt wird; wenn die SPD als Partei, die nicht reformwillig ist, dargestellt wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn „Reform“ als Synonym für „Sozialkürzungen“ genutzt wird, dann ist das nicht die Reform, die wir anstreben. Wir wollen strukturelle Reformen, die die Verantwortung in diesem Land auf breitere Schultern verteilen, die für mehr Gerechtigkeit und mehr Solidarität sorgen. Wir wollen eben nicht, dass Einzelne das ausbaden müssen, was vorher über Generationen versäumt worden ist, nämlich dass alle ihren gerechten Beitrag zu unserem Sozialstaat leisten. Darauf wird es bei der Strukturreform ankommen. Diese Debatte müssen wir miteinander führen, und da sind wir sehr reformbereit.
(Beifall bei der SPD)
Natürlich geht es auch darum, ein gemeinsames Paket, das in den Koalitionsverhandlungen vereinbart worden ist, jetzt umzusetzen. Ich sage ganz offen, dass ich sehr dankbar bin, dass nicht nur der Fraktionsvorsitzende der Union, sondern auch der Bundeskanzler hier klare Worte finden. Wenn ich mir überlege, wie zum Beispiel gestern gelacht worden ist über unsere Bundesarbeitsministerin, über die Vorsitzende der deutschen Sozialdemokratie, dann zeigt das zum Teil auch die Arroganz, mit der hier diskutiert wird.
(Beatrix von Storch (AfD): Die Dame hat einfach keine Ahnung, Entschuldigung! - Zuruf des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine breite Mehrheit der Bevölkerung steht hinter diesem Kurs. Wir wollen keine Rentenkürzung, wir wollen keine Absenkung des Rentenniveaus in diesem Land - wir wollen stabile Renten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist das, wofür wir hier in dieser Regierung gerade eintreten.
(Enrico Komning (AfD): Zu allen! : Besser als zu Linksextremen!)
das Verhältnis normalisieren will
(Tino Chrupalla (AfD): Kontaktschuld!)
und gleichzeitig Sozialdemokraten ausgelacht werden, das ist geschichtsvergessen und das muss ein Ende haben! So darf es nicht weitergehen! Das ist ein Alarmsignal für unsere Gesellschaft.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Charlotte Antonia Neuhäuser (Die Linke) - Enrico Komning (AfD): Sie sind ein Spezialdemokrat! - Martin Reichardt (AfD): Die deutsche Sozialdemokratie ist geschichtsvergessen! Sie hat den Arbeiter verraten!)
Ich habe nicht grundlos neulich gemeinsam mit dem Kollegen Carsten Linnemann einen Appell geschrieben, wo es darum ging, jetzt mutig zu sein. Wir als Sozialdemokraten begreifen uns als Schutzmacht für diesen Sozialstaat, aber wir sind reformbereit. Nur, es muss darum gehen, diese Reform gemeinsam zu schultern, auf mehrere Schultern zu verteilen. Diejenigen, die am meisten haben, müssen ihren fairen Beitrag leisten. Darum wird es jetzt gehen.
Wir freuen uns auf die Debatten in der Kommission. Wir freuen uns auf die Debatten um die Strukturreform, und ich lade Sie alle herzlich dazu ein, daran teilzuhaben - wenn es wahrhaftig ist, wenn es wirklich darum geht, unser Land voranzubringen, und wenn es nicht verkürzt wird auf die immer wiederkehrende Forderung nach Sozialkürzungen. Darum geht es, und deswegen werden wir hier eine starke Rolle einnehmen für den Sozialstaat in diesem Land.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Martin Reichardt (AfD): Das ist nicht mehr so stark, die Rolle, die wird immer kleiner!)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, ich darf, nur der guten Ordnung halber, darauf hinweisen, dass die Ministerin durch ihre Staatssekretärin hier heute vertreten ist.
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Sven Lehmann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde hier tatsächlich auch gerne ausschließlich über den Haushalt für Kultur und Medien sprechen - da gäbe es genug zu sagen -, aber leider muss auch ich etwas zu Ihnen sagen, Herr Staatsminister Weimer, und zwar nicht aus offenkundig destruktiven Motiven, wie wir es gerade gehört haben, sondern aus Sorge um die Kultur in diesem Land.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zu glauben, als Staatsminister für Medien gleichzeitig Miteigentümer eines Medienunternehmens sein zu können, das wirft schon grundlegende Zweifel an Ihrem Amtsverständnis auf, und auch, dass Sie Ihre 50-prozentige Beteiligung an der Weimer Media Group der Öffentlichkeit zunächst vorenthalten haben. Das heißt, der Eindruck, dass Sie politische und privatwirtschaftliche Interessen in Ihrem Amt nicht sauber trennen, ist von Ihnen bislang nicht überzeugend ausgeräumt worden.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Da reicht auch nicht ein Basta des Kanzlers. Im Gegenteil, jetzt liegt das Licht des Scheinwerfers auf der gesamten Bundesregierung. Ich frage Sie: Finden Sie es eigentlich in Ordnung, ein Geschäftsmodell zu unterstützen, bei dem gegen Geld politischer Einfluss versprochen wird? Finden Sie es in Ordnung, dass Bundesminister weiterhin an diesen Veranstaltungen teilnehmen, obwohl ein Ministerkollege daran direkt oder indirekt verdient? Ich finde das nicht in Ordnung und die Öffentlichkeit auch nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Charlotte Antonia Neuhäuser (Die Linke))
Vielmehr entsteht hier der Eindruck eines schwarzen Filzes,
(Enrico Komning (AfD): Erinnern Sie sich mal an den Filz im Wirtschaftsministerium Habeck!)
und dieser Eindruck schadet der Kultur- und Medienpolitik in Deutschland.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Weimer, Sie sind jetzt sechs Monate im Amt und haben in diesen sechs Monaten ehrlicherweise leider wenig Gutes vollbracht. Das zeigt sich auch in diesem Haushalt. Nur drei Beispiele:
Erstens. Sie kürzen bei der freien Szene, die die Kultur in ihrer Breite stärken soll.
(Martin Reichardt (AfD): Von Weimer bis Graichen, der Anstand muss weichen!)
Sie kürzen ausgerechnet die Mittel für den Fonds Soziokultur, der für viele Menschen oft der erste, niedrigschwellige Zugang zur Kultur ist. Bei einem insgesamt steigenden Etat ist das ein falsches Signal.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. David Schliesing (Die Linke))
Zweitens: der Film. Ja, die Mittel für die Filmförderung sollen erhöht werden. Aber von einem Steueranreizmodell und von einer gesetzlichen Investitionsverpflichtung haben Sie sich öffentlich schon verabschiedet. Beides zusammen wäre aber notwendig, damit Deutschland langfristig beim Film wettbewerbsfähig bleibt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU))
Stattdessen wollen Sie Deals mit Amazon und Co., intransparente Deals, die den deutschen Film abhängig machen vom guten Willen einzelner Streamer. Ich würde sagen: Hören Sie besser mal auf die über 40 Verbände der Filmbranche, die klar fordern: Wir wollen eine echte Investitionsverpflichtung per Gesetz, und zwar jetzt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei all Ihren Träumen von Blockbustern „Made in Germany“ - dagegen habe ich gar nichts - vergessen Sie leider die deutschen Kinos. Dabei sind die Kinos oft die letzten verbleibenden Kulturorte in vielen Regionen. Denen wollten Sie mit Ihrem Entwurf das erfolgreiche Zukunftsprogramm Kino streichen, mit dessen Hilfe Kinos zum Beispiel Leinwände oder Projektoren erneuern können. Das zeigt Ihre mangelnde Wertschätzung und Unterstützung für die deutschen Kinos, und das ist ein Problem dieser Regierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Wir haben ein eigenes Förderprogramm für Kinos!)
Und vor allem: Sie haben den Kulturpass auf dem Gewissen. 100 Euro zum 18. Geburtstag für Bücher, für Kinobesuche, für Konzertbesuche - eine bestechend einfache und erfolgreiche Idee Ihrer Vorgängerin Claudia Roth. Und das nehmen Sie den jungen Menschen mit fadenscheinigen Begründungen jetzt weg. Seien Sie einfach ehrlich und sagen Sie den jungen Menschen im Land: Ihr sollt zwar künftig das Land verteidigen, ihr sollt die Klimakrise bewältigen und alles Mögliche, aber 100 Euro für Kultur hat diese Regierung nicht übrig. Was für ein fatales Signal in diesen Zeiten!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)
Dieser Haushalt zeigt eine falsche Prioritätensetzung in der Kultur- und Medienpolitik. Wir brauchen keinen Kulturkampf, wir brauchen gerade in diesen Zeiten einen Kampf für die Kultur.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)
Und davon ist diese Bundesregierung leider weit entfernt.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist für die Fraktion Die Linke, ist David Schliesing.
(Beifall bei der Linken)
David Schliesing (Die Linke):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatsminister Weimer, Ihr Interessenkonflikt ist nicht gelöst und der Skandal nicht vom Tisch.
(Beifall bei der Linken)
Die Ankündigung, die Firmenanteile vorübergehend an einen Treuhänder abzugeben, ist lediglich eine Nebelkerze. Das ist ein demokratieerschütterndes Problem.
Dass der Bundeskanzler Ihnen trotzdem ein gutes Arbeitszeugnis, inklusive zynischer Begründung, ausstellt, ist allerdings vor dem Hintergrund des heute zu beratenden BKM-Haushalts offensichtliche Realitätsverweigerung.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der AfD)
Denn der Haushalt zeigt: Von Ihren „Leuchtland“-Fantastereien sind wir Lichtjahre entfernt. Dieser Haushalt schreibt im Kern bestenfalls die kaum mehr tragbare Stagnation fest und bringt für weite Teile der Kulturszene Kürzungen mit sich. Den riesigen Bedarfen und dem ungeheuren Investitionsstau wird er nicht ansatzweise gerecht.
(Beifall bei der Linken)
Durch die Kürzungspolitik der letzten Jahre, beispielsweise bei den Bundeskulturfonds, droht bei vielen sowieso prekär beschäftigten Künstlerinnen und Künstlern das Licht ganz auszugehen. Die Streichung der Mittel für das Bündnis internationaler Produktionshäuser ist eine Katastrophe, genauso wie die Entscheidung, das erfolgreiche Strukturförderprogramm „Verbindungen fördern“ nicht fortzuschreiben. Machen Sie das rückgängig!
(Beifall bei der Linken)
Wenn Sie angesichts der Desinformationskampagnen von Trump, Putin und den „Elonmuskottchen“ der AfD die Demokratie tatsächlich international fördern wollten, würden Sie die Haushaltsmittel für die Deutsche Welle aufstocken und sie nicht auf den letzten Metern um 10 Millionen Euro kürzen.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie feiern sich dafür, dass der BKM-Etat um 240 Millionen Euro ansteigt. Davon abgesehen, dass dies fast ausschließlich der Filmbranche zugutekommt, verteilen Sie das Geld auch dort sehr ungerecht. Filmförderung darf sich nicht allein auf Blockbuster konzentrieren. Zum Film gehören zum Beispiel die kleinen und größeren Filmfestivals; sie spielen bei Ihnen aber keine Rolle. Dazu gehören die vielen Programmkinos; auch sie gehen leer aus. Über den Tellerrand hinausgeschaut: Frankreich oder Italien fördern ihre Kinos in dreistelliger Millionenhöhe.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Und schaut man sich in Deutschland die soziale Situation eines Großteils der Beschäftigten in der Kultur an, sieht man: Es ist bitter. Wann sorgen Sie endlich proaktiv für soziale Verbesserungen?
(Beifall bei der Linken)
Symptomatisch sind in diesem Zusammenhang Ihre Rentenpläne. Die Linke lehnt ihren Aktivrentenquatsch grundsätzlich ab, weil sich die Alterssicherungssituation damit nicht verbessert und die Aktivrente ausschließlich als Steuergeschenk an Besserverdiener funktioniert. Dass Sie aber die im Kultur- und Medienbereich selbstständig Tätigen dabei außen vor lassen, geht gar nicht. Das zeigt den mangelnden Stellenwert, den Soloselbstständige bei Ihnen offensichtlich haben.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Wie es sozial anders gehen kann, zeigt man in Irland. Nachdem das dortige Pilotprojekt für ein Künstler/-innengrundeinkommen deutlich positive Auswirkungen hatte, wird es dauerhaft ab 2026 fortgesetzt. Nehmen Sie sich daran ein Beispiel! Investieren Sie in lebendige kulturelle Vielfalt statt in Prestige. Nehmen Sie die Kürzungen zurück!
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Kultur endlich als Staatsziel ins Grundgesetz gehört.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist Kerstin Radomski für die Unionsfraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kerstin Radomski (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen heute am Ende eines außergewöhnlichen haushaltspolitischen Abschnitts: Wir haben in einem Jahr zwei Haushalte verabschiedet. Das, wofür eine Bundesregierung und anschließend das Parlament in seinen Beratungen eigentlich ein ganzes Jahr brauchen, haben wir in einem Jahr gebündelt. Das war nur dadurch möglich, dass viele Haushälter und Mitarbeiter in den Sommerferien präsent waren, unter anderem unsere Ausschussvorsitzende, Frau Paus.
Diese beiden Haushalte ermöglichen es uns, ab dem kommenden Jahr wieder in den regulären Haushaltstakt zurückzukehren. Das ist entscheidend für die Planungssicherheit der Ressorts, der Länder und Kommunen und der vielen Träger vor Ort, die auf verlässliche Bundespolitik angewiesen sind.
Gleichzeitig haben wir im Etat des Einzelplans 04 – Bundeskanzleramt - den Organisationserlass des Bundeskanzlers haushalterisch nachvollzogen. Die neuen Zuständigkeiten, einschließlich der Bündelung von Sport und Ehrenamt, sind nun in diesem Einzelplan abgebildet. Die Ostbeauftragte - der ehemalige Ostbeauftragte war im Einzelplan des Kanzleramts angesiedelt - wurde haushalterisch dem Finanzministerium übertragen. Es wurden auch Inhalte verändert: Die kulturellen Angelegenheiten der Vertriebenen und der nationalen Minderheiten sind nun im Einzelplan 06 verortet. Das alles schafft Ordnung, Transparenz und bessere Steuerbarkeit.
Der Kulturhaushalt - da muss ich meinem Vorredner widersprechen - wächst tatsächlich, und zwar mit einem Plus von 10 Prozent.
Ich möchte auf das eingehen, was wir im parlamentarischen Verfahren erreicht haben. Das sind unter anderem die Aufwüchse bei den wichtigen Bundesprogrammen für Kulturbauten und Denkmäler. Mit über 120 Millionen Euro für KulturInvest führen wir die Kulturbautenoffensive konsequent fort. Mit 50 Millionen Euro setzen wir das Denkmalschutz-Sonderprogramm fort.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erinnerungskultur. Sie ist keine punktuelle Aufgabe, sondern ein dauerhafter Bestandteil unseres demokratischen Selbstverständnisses. Wir stärken die Stiftung Berliner Mauer zum 65. Jahrestag des Mauerbaus mit 250 000 Euro, wir stärken das Bundesarchiv bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur durch Digitalisierung der Stasiakten mit 420 000 Euro und stellen für das Hambacher Schloss als zentralen Ort unserer Demokratiegeschichte 100 000 Euro zur Verfügung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Wiese (SPD))
Ein weiterer Ort, an dem Millionen Menschen zusammenkommen, ist der Sport. Wir füllen die Sportmilliarde mit Leben. Ich knüpfe an meine Vorrednerin Wiebke Esdar an. Mit der zweiten Tranche von 333 Millionen Euro setzen wir das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Sportstätten“ wie vorgesehen fort. 20 Millionen Euro sind für das Bundesprogramm „Deutschland lernt Schwimmen“ vorgesehen. Schwimmen, muss ich sagen, gehört ja zu dem Sport, der Leben retten kann: Wenn man es beherrscht, geht man nicht unter.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
- Klar, dass da Politiker gerne klatschen. - Die Kommunen können Projekte anmelden, planen und umsetzen. Das ist ein wichtiger Fortschritt für die Turnhallen, Sportplätze und Trainingsstätten im ganzen Land.
Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle, dass die Sportmilliarde auch für den Leistungssport geöffnet wird: 150 Millionen Euro aus dem Sondervermögen stehen für Sportstätten des Spitzensports zur Verfügung. Damit ergänzen wir die Förderung des Breitensports um einen starken Impuls bei der Förderung des Leistungssports.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt - das wird wieder einmal deutlich - trägt eine klare Handschrift: Kein Gesetz verlässt den Deutschen Bundestag so, wie es ihn betreten hat. Das Parlament hat gearbeitet, über Monate. Wir investieren in Sport und Kultur und investieren in den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Lassen Sie mich zum Schluss noch denjenigen danken, die daran mitgewirkt haben: Ich danke an dieser Stelle den Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern, den Haushälterinnen und Haushältern natürlich, aber genauso dem Ausschusssekretariat sowie den Arbeitsgruppen unserer Fraktion, die alle wenig Pause und viel Arbeit hatten in diesem Jahr. Aber es ist gelungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Der nächste Redner in dieser Debatte ist Martin Erwin Renner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Martin Erwin Renner (AfD):
Grüß Gott! Hochverehrtes Präsidium! Sehr verehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Wir sprechen über den Haushalt, einen Etat, der Kultur und Medien stärken und fördern soll. Aber das tut er nicht. Tatsächlich werden wieder hauptsächlich Ideologie, Haltung und Opportunismus gefördert. Die Bürger sollen nicht befähigt, sondern bevormundet und erzogen werden. Damit muss Schluss sein!
(Beifall bei der AfD)
Kulturpolitik soll Freiheit und Werte sichern. Medien sollen frei und unabhängig berichten. Freiheit bedeutet: Der Bürger entscheidet selbst - ohne staatliche Belehrung, ohne politisch erwünschte Haltung.
Doch auch dieser Haushalt, wie seit vielen Jahren, verbreitet - zuhören! - die teuflische Dreifaltigkeit der Wokeness, der Klimareligion und des Sozialismus. Das hat mit echter Kulturförderung nichts zu tun.
(Beifall bei der AfD - Widerspruch der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Nehmen wir die Deutsche Welle: Sie verschlingt enorme Summen, fast 400 Millionen Euro. Sie will weltweit Völker und Staaten zu unserer - also Ihrer - europaweiten Demokratur bekehren. Kundenfang in vielen Heimatsprachen, aber keine Förderung der deutschen Sprache, so wie sie das Deutsche-Welle-Gesetz fordert. Mehr komplizenhafte EU-Außenpolitik als Berichterstattung. Und ganz sicher nicht staats- und regierungsfern. Dieser Propagandaapparat braucht nicht mehr Geld, sondern massiven Rückbau.
(Beifall bei der AfD)
Dasselbe gilt für die Serienproduktion: 250 Millionen Euro für Projekte, die kaum einer sehen will. Mehr Agitation als Kunst und Kultur, mehr Indoktrination als Unterhaltung: Der Nutzen geht gegen null. Es reicht! Diese Mittel müssen gestrichen werden.
(Beifall bei der AfD)
Dann der Kulturstaatsminister Weimer: gibt sich als konservativer und intellektueller Leuchtturm, plustert sich mächtig auf - moralisch, intellektuell, rhetorisch -, bleibt aber doch nur ein kleiner Gernegroß, der in schmuddeligen Skandalen daherlatscht. Urheberrechtsverstöße, fragwürdige Geschäftsideen, oligarchische Verflechtungen: Nichts davon passt in dieses Ressort „Kultur und Medien“.
(Beifall bei der AfD)
Man erzählt uns seit Jahren, der Bereich „Kultur und Medien“ sei ein Glücksbrunnen, man müsse nur genug Steuergeld hineinwerfen, dann komme schon das Schöne, das Wahre und Gute hervor. Nein! Ein ideologischer Sumpf bleibt ein ideologischer Sumpf. Damit muss endlich Schluss sein! Man trocknet diesen Sumpf nicht mit schönen Worten aus, sondern mit Mut und Entschlossenheit - aber ganz sicher nicht mit Friedrich Merz, dem Kompagnon von Herrn Weimer.
(Beifall bei der AfD)
Auch Merz: ein Mann der großen Worte und nur der klitzekleinen Tätchen, ohne Realitätssinn.
Das alles muss endlich aufhören! Wir brauchen mehr Trumpismus und keinen heuchlerischen Merzismus.
(Beifall bei der AfD - Lachen der Abg. Awet Tesfaiesus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Widerspruch der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir wollen echte, unabhängige Kultur und Kunst - Kunst, die überrascht, inspiriert und ideologisch frei ist.
(Zuruf der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir wollen Medien, die berichten, was ist, und nicht, was sein soll. Wir wollen eine Filmszene, die Kreativität belohnt, statt tumbe Haltung. Wir wollen eine Kultur- und Medienlandschaft, die lebt, die atmet, die nicht ideologischen Vorgaben zu folgen hat, weil sonst kein Steuergeld fließt. Wir wollen eine Kultur, die in unserer Gemeinschaft den mündigen, den freien und den souveränen Bürger bedient und beglückt.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Martin Erwin Renner (AfD):
Adieu! Schön, dass ich Sie heute beglücken konnte.
Danke.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, will ich nur mitteilen, dass ich mir die Rede im Hinblick auf die unmittelbare Bezugnahme auf Herrn Weimer noch mal anschauen werde.
(Stefan Keuter (AfD): Machen Sie das! Wir werden uns Herrn Weimer auch noch mal anschauen!)
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die SPD-Fraktion Siemtje Möller.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Siemtje Möller (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ich sehe aktuell keine Gefahr für Deutschland durch Russland“, dieses Zitat stammt nicht aus einem Kreml-Briefing, sondern vom AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla, zu Gast bei „Markus Lanz“ vor nicht einmal zwei Wochen. Kaum zwei Atemzüge später fabuliert er davon, dass natürlich auch Polen eine Gefahr sein kann.
(Tino Chrupalla (AfD): Nord Stream! Nord Stream! Nord Stream! Sagen Sie mal was zu Nord Stream!)
Wer so spricht, verabschiedet sich vollständig von Realität, Verantwortung und jedem Rest politischen Anstands. Das ist brandgefährlich,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU))
weil es die Sicherheitsinteressen unseres Landes ins Gegenteil verkehrt, und es zeigt: Die AfD ist nicht nur außenpolitisch ahnungslos, sie ist sicherheitspolitisch eine Gefahr für unser Land.
Und Sie geben ja hier im Plenum auch ganz offen zu, dass Sie die besten Verbindungen nach Russland haben.
(Enrico Komning (AfD): Ja, weil wir ehrlich sind! - Martin Reichardt (AfD): Wie ist denn eigentlich Herr Stegner dahin gekommen? Ist der auf allen vieren gekrabbelt?)
Während Sie, die AfD, sich selbst gern als patriotische Kraft inszenieren, beschäftigen Sie chinesische Spione in Ihren Büros, treffen Putins Schergen auf Luxustrips in Russland und betreiben in diesem Parlament systematisch das Geschäft des Kremls.
(Martin Reichardt (AfD): Was ist denn mit Herrn Stegner?)
Dazu passen die jüngsten Berichte des „Spiegels“, wonach die AfD ihre auf Steuerkosten finanzierten Besuchergruppen zu Terminen in die russische Botschaft schickt;
(Tino Chrupalla (AfD): Das ist doch nicht verboten! - Martin Reichardt (AfD): Da sind wir gern gesehen! Na und! Ist eine Botschaft! Das ist nicht verboten! Was wollen Sie eigentlich, Frau Möller?)
übrigens nicht im Rahmen des offiziell vom Bundespresseamt organisierten Programms.
Und anstatt den Aggressor klar zu benennen, unterstellt der AfD-Chef ernsthaft eine Bedrohung durch unseren wichtigsten Partner im Osten, nämlich durch Polen. Das ist nicht patriotisch, das ist genau das Gegenteil: Das ist verantwortungslos, irrational und gefährdet Deutschlands Sicherheit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Sie sind keine Patrioten, Sie sind eine Gefahr.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD - Martin Reichardt (AfD): Ja, das stimmt: Wir sind eine Gefahr dafür, dass Sie wiedergewählt werden! Weil wir Sie politisch absägen!)
Denn wer der Aggressor ist, ist klar: Es ist Wladimir Putin. Es ist seine expansive, revisionistische Politik, die in der Ukraine unzählige Menschenleben fordert, die europäische Friedensordnung zerstören will und die internationale Sicherheitsarchitektur konterkariert.
(Uwe Schulz (AfD): Speichern Sie einfach mal den ganzen Blödsinn aus!)
Er könnte diesen Krieg heute beenden, indem er seine Truppen zurückzieht und den Beschuss stoppt.
In Genf laufen derzeit Gespräche auf Grundlage des amerikanischen 28-Punkte-Plans.
(Jörn König (AfD): Das ist die Haushaltsdebatte!)
Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar, dass er gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien dafür gesorgt hat, dass Europa und die Ukraine hier nicht nur zuschauen müssen, sondern mit am Tisch sitzen. Denn es ist doch völlig klar: Es darf niemals Verhandlungen über die Köpfe Europas und vor allen Dingen der Ukraine hinweg geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Martin Reichardt (AfD): Zum Thema reden müssen nur wir!)
Doch selbst ein Waffenstillstand - so sehr man ihn sich wünscht und so sehr wir daran arbeiten, dass er eintreten möge - beseitigt die Bedrohung durch Russland nicht, auch wenn die AfD - das haben Sie ja heute und an vielen Stellen schon bewiesen - das nicht wahrhaben möchte.
(Martin Reichardt (AfD): Sie sind ja eine Verteidigungsexpertin reinsten Wassers!)
Russland rüstet ungeachtet dessen weiter auf, und zwar in einem Ausmaß, das wir seit Jahrzehnten nicht gesehen haben: mehr Munition, mehr Drohnen, mehr Panzer, bald rund 1,6 Millionen Soldatinnen und Soldaten in den russischen Streitkräften, doppelt so viele wie vor Beginn des Krieges. Das ist kein defensives Verhalten, sondern ein unmissverständliches Signal, dass Russland auch künftig eine ernsthafte Bedrohung für die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung darstellt.
Für uns bedeutet das: Europa muss in der Lage sein, sich selbst vor Aggressionen zu schützen; das erwarten auch unsere transatlantischen Partner von uns - zu Recht. Da kommt Deutschland als bevölkerungsreichstem und wirtschaftlich stärkstem Land im Herzen Europas eine Schlüsselrolle zu, die wir einnehmen. Wir leisten diesen Beitrag mit Material und Fähigkeiten der Bundeswehr, aber eben auch, indem wir ihren Personalkörper stärken. Wir brauchen viele Soldatinnen und Soldaten, die das Material bedienen können, aber auch eine starke Reserve, die unsere Durchhaltefähigkeit erhöht.
Deshalb führen wir den neuen, zunächst freiwilligen Wehrdienst ein
(Zuruf von der AfD: „Zunächst“!)
und setzen die Wehrerfassung wieder ein. Im Verteidigungsfall müssen wir wissen, auf wen die Bundeswehr im Rahmen einer dann wieder geltenden allgemeinen Wehrpflicht zurückgreifen könnte. Alle 18-Jährigen erhalten ab dem kommenden Jahr einen Fragebogen, in dem unter anderem die Bereitschaft zum Ableisten des Wehrdienstes abgefragt wird. Zusätzlich werden die ab dem 1. Januar 2008 geborenen Männer zur verpflichtenden Musterung eingeladen.
Durch diese aktive Ansprache, attraktive Rahmenbedingungen und eine moderne Ausbildung werden wir - da bin ich überzeugt - genügend Freiwillige gewinnen.
(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))
Denn wir erleben doch jeden Tag, wie engagiert junge Menschen sind. Eine aktuelle Studie zeigt, dass eine Mehrheit von ihnen sogar einen allgemeinen Pflichtdienst befürwortet. Diese Generation ist nicht unpolitisch oder desinteressiert - sie ist reflektiert, verantwortungsbereit und will ihren Beitrag leisten.
Deswegen bin ich sicher, dass ein attraktiver, moderner und sinnvoll gestalteter Wehrdienst auf hohe Bereitschaft stoßen wird und eine echte Chance darstellt, unsere Sicherheit nachhaltig zu stärken.
Durch die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln im Haushalt für 15 000 weitere Stellen beim Freiwilligendienst stärken wir gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Sinne sind das sehr wichtige und gute Maßnahmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Die nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Tina Winklmann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dunja Kreiser (SPD))
Tina Winklmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatsministerin Schenderlein! Kolleginnen und Kollegen! Wenn es im Haushalt um den Bereich Sport und Ehrenamt geht, geht es um die Menschen in unserem Land und um ihr Engagement, ihren Einsatz für unsere Gesellschaft, für unsere Demokratie, für unseren Zusammenhalt und um die Botschaft, die unser Land in die Welt sendet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es kommt mir manchmal zu knapp vor, wenn einem in der Debatte immer der bekannte Satz „Wer hat das nicht gemacht?“ um die Ohren fliegt. Es geht darum, dass sich die Menschen in unserem Land bewegen und begegnen können, dass sie zusammenhalten, ihre herausragenden Leistungen präsentieren und ihren Job, den sie mit Leidenschaft machen, ausüben können, und das ohne Ausgrenzung,
(Jörn König (AfD): „Ohne Ausgrenzung“! - Martin Reichardt (AfD): Ohne Grüne!)
ohne Antisemitismus, ohne Rassismus.
(Jörn König (AfD): Ohne Ausgrenzung! Mit der AfD! - Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau! Darum muss es gehen!)
Es geht um einen barrierefreien Zugang und um volle Unterstützung all derer, die ihren Job machen und das Land dadurch am Laufen halten. Darum geht es.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir stehen kurz vor den Olympischen und Paralympischen Winterspielen in Cortina und Mailand. Hier geht es darum, dass Athletinnen und Athleten dort am Start sind, die sich keine Gedanken machen müssen, wie sie finanziell über die Runden kommen,
(Martin Reichardt (AfD): Doch! Wenn sie sich politisch falsch äußern, kriegen sie kein Geld mehr!)
die sich auf die Wettkämpfe konzentrieren und alles geben können. Das ist unsere Aufgabe. Ohne Leistungssportpersonal kann kein starkes Team an den Start gehen, das Erfolge erzielen kann.
Auch wir machen uns auf den Weg, als Gastgeberland die Welt zu Olympischen und Paralympischen Spielen wieder bei uns zu begrüßen. Dafür muss die Vorbereitung jetzt starten, und zwar gezielt und nicht morgen. Deswegen fragen wir uns, warum der benötigte Aufwuchs beim Leistungssportpersonal bei der Förderung unserer Athletinnen und Athleten leider wieder fehlt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kein Platz für Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit auf unseren Sportplätzen, in unseren Hallen, Schwimmbädern und Stadien!
(Jörn König (AfD): Also doch Ausgrenzung!)
Darüber sind wir uns alle doch mehr als einig. Warum werden aber dann die Mittel im Programm gegen Extremismus und Antisemitismus, das nicht nur hervorragende Arbeit leistet, sondern extrem wichtig ist für unsere Demokratie, nicht erhöht?
(Martin Reichardt (AfD): Dafür werden Sie hervorragend bezahlt, Sie und Ihre Leute! Fürs Nichtsun!)
Es ist seit Jahren überzeichnet - aber Stillstand.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir Grüne haben uns dafür eingesetzt, dass diese Regierung einen finanziellen Spielraum hat wie noch nie und unser Land und unsere Menschen stärken kann. Aber da läuft gewaltig was schief. Es gibt sehr viel Geld, das auch benötigt wird, zum Beispiel aus dem Bauministerium, für den Sport. Die 1 Milliarde Euro finden wir nicht; aber es ist ein wichtiger Schritt zur Sanierung unserer Sportstätten und unserer Schwimmhallen, den wir begrüßen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir es jetzt noch schaffen, die Förderprogramme so abzuändern, dass mehr Sportvereine die Möglichkeit erhalten, auch kleinere Fördersummen beantragen zu können, um ihre Sportstätten zu sanieren und zukunftsfit zu machen, dann wirken sie wirklich. Damit gehen wir den nächsten wichtigen Schritt für unser Land, für den Breitensport, für den Rehasport, für den Gesundheitssport und unterstützen damit die Ehrenamtlichen direkt. Wer in den Sportvereinen, Fanprojekten und Freiwilligendiensten unterwegs ist, sieht jeden Tag, wie viel demokratische Kraft und wie viel sozialer Halt und Engagement hier drinstecken. Aber es braucht Rahmenbedingungen; sonst geht diese Kraft sehr schnell verloren.
Durch den Umzug ins Kanzleramt wurden der Sport und das Ehrenamt aufgewertet. Aber hier muss mehr passieren: nicht nur verschieben, sondern gezielt stärken und klare Strukturen. Unsere Anträge helfen Ihnen beim nächsten Mal dabei. Stimmen Sie zu!
Beim Sportfördergesetz wollen wir mehr Parität für einen starken Sport. Der Teamsport muss in den Fokus gerückt werden. Wir stehen bereit, Ihnen dabei zu helfen.
Ein sportlicher Gruß aus dem Parlament geht an unsere Frauen-Handballnationalmannschaft, die heute in die WM startet. Wir drücken euch die Daumen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Sie müssen zum Ende kommen, Frau Kollegin.
Tina Winklmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir sind bei euch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Herzlichen Dank. - Die nächste Rednerin ist die Staatsministerin beim Bundeskanzler, Dr. Christiane Schenderlein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dr. Christiane Schenderlein, Staatsministerin beim Bundeskanzler:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele haben uns belächelt, als wir die Forderung nach einer Sportmilliarde in den Koalitionsvertrag geschrieben haben. Aber der vorliegende Haushalt zeigt: Wir halten Wort. Die Sportmilliarde kommt. - Und mehr als das: Mit den Beschlüssen der Haushälter stellen wir für 2025 und 2026 rund 700 Millionen Euro bereit, um unsere kommunalen Sportstätten zu sanieren. Weitere 250 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, unsere Schwimmbäder wieder auf Vordermann zu bringen. Das zahlt sich aus; denn ohne kommunale Schwimmbäder hätten Sportgrößen wie Franziska van Almsick oder Lukas Märtens nie schwimmen gelernt.
(Zuruf von der AfD: Das ist Quatsch!)
Gleichzeitig lernen in Deutschland immer weniger Kinder schwimmen. Darum haben wir auch das Programm „Deutschland lernt Schwimmen“ auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dafür braucht es sanierte Schwimmbäder und mehr Kurse.
Zusätzlich habe ich mich dafür starkgemacht, nochmals bis 2029 150 Millionen Euro für unsere Spitzensportinfrastruktur zu sichern. Damit können wir zum Beispiel das Schwimmzentrum in Magdeburg, die Bogensporthalle in Berlin oder den „Campus Sportdeutschland“ in Frankfurt realisieren.
Zudem findet sich das Sportfördergesetz in der Ressortabstimmung. Wir sind auf einem guten Weg, das Gesetzesvorhaben zeitnah im Kabinett zu verabschieden.
Warum machen wir das? Wir wollen bei den Olympischen und Paralympischen Spielen wieder oben im Medaillenspiegel mitspielen. Damit das auch wirklich klappt, legen wir die Förderung in die Hände der Spitzensport-Agentur. Das ist unsere neue Schaltstelle. Dort werden wir zusammen mit Experten dafür sorgen, dass Athletinnen und Athleten die besten Chancen erhalten, ihre eigenen Ziele zu verwirklichen, aber auch das zu erreichen, was wir uns alle wünschen, nämlich wieder mehr Edelmetall für Deutschland - gerne auch bei Olympischen und Paralympischen Spielen im eigenen Land. Denn unser Ziel ist es, die Spiele nach Deutschland zu holen.
Für die Bundesregierung ist die Bewerbung das sportpolitische Ziel dieser Legislaturperiode. Der Kabinettsbeschluss zum Olympiapaket hat das noch mal deutlich unterstrichen. Wir stehen an der Seite des Sports und sagen: Wir wollen die Spiele in Deutschland. - Zudem hat das Münchener Olympiareferendum gezeigt: Es gibt eine breite Mehrheit in der Bevölkerung für Olympia. Viele Menschen in Deutschland wollen gerne Gastgeber sein für das wichtigste Sportfest der Welt. Sie wollen Olympische und Paralympische Spiele bei uns erleben.
Aber: Kein Olympia ohne engagierte Menschen und ohne Ehrenamt. Wir brauchen Menschen, die sportbegeistert sind und Gäste aus aller Welt gerne in Deutschland willkommen heißen wollen, die für die Idee der Olympischen und Paralympischen Spiele, für Völkerverständigung und friedlichen Wettstreit brennen, die sich freiwillig engagieren, Ehrenamtliche und Engagierte. Ohne sie gibt es keinen Breitensport, kein Schwimm- und Fußballtraining, keine freiwillige Feuerwehr und keinen freiwilligen Besuchsdienst. Die gute Nachricht ist: Rund 27 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich regelmäßig; das sind die aktuellen Daten aus dem Freiwilligensurvey. Sie sind so wertvoll, so ein großer Schatz; wir müssen uns um diese Menschen kümmern. Deshalb tun wir gut daran, diesen Schatz zu hegen und zu pflegen; denn es sind die Menschen, die bereit sind, zusätzlich zum Job, zum Alltag, zur Familie noch einmal mehr zu geben.
An diesem Punkt setzt der „Zukunftspakt Ehrenamt“ an, von dem ein Teil bereits durch das Steueränderungsgesetz 2025 umgesetzt werden soll. Mit den Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht und bei der Haftungsprivilegierung erhöhen wir die Spielräume von Vereinen und Mitgliedern merklich. Ebenso schaffen wir mehr Rechtssicherheit für Engagierte, indem wir die Haftungsregeln verbessern. Weitere wichtige Schritte, unter anderem im Datenschutz-, Vereins- und Zuwendungsrecht, habe ich für die kommenden Monate fest im Blick.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das zeigt doch nochmals: Wir halten Wort. Und wir haben noch viel vor für den Breiten- und den Spitzensport, für die Engagierten in unserem Land. Sie alle sind unverzichtbare Säulen unserer Gesellschaft. Sie halten unsere Gesellschaft zusammen, halten unser Land weltoffen und lebenswert. Diese Regierung will in den kommenden Jahren dafür sorgen, dass diese Menschen die Anerkennung bekommen, die ihnen zusteht. Ich lade Sie herzlich ein, daran mitzuwirken.
Aber heute danke ich erst einmal herzlich allen Kolleginnen und Kollegen und allen Haushältern für die konstruktiven Beratungen im Rahmen der Haushaltsverhandlungen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. - Der nächste Redner ist Matthias Helferich von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Matthias Helferich (AfD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Symbolisch für den Zustand der bundesrepublikanischen Kultur- und Erinnerungspolitik ist der Umgang mit dem Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen. Das Oberschlesische Landesmuseum musste für den Erhalt in seiner ursprünglichen Größe und Breite kämpfen. Es ging um lächerliche 900 000 Euro für den Erhalt einer Stätte, die unserem kulturellen Erbe gewidmet ist. Gleichzeitig entstand, fast unbeobachtet von der deutschen Öffentlichkeit, in Nigeria das Museum of West African Art. 8,6 Millionen Euro erhielt das Chaos-Museum aus deutschen Bundesmitteln. Es sollte die neue Heimat der restituierten Benin-Bronzen werden. Die Eröffnung dieser Außenstelle postkolonialer Sühnepolitik wurde sodann von Anhängern des Obas von Benin gewalttätig gestört. Das Museum bleibt bis zum heutigen Tage geschlossen, die Benin-Bronzen werden vor der Öffentlichkeit verborgen, deutsches Steuergeld wird verschwendet, und der Kulturstaatsminister schweigt. Das kann er ja im Übrigen am besten.
(Beifall bei der AfD)
Was würde ein Kulturstaatsminister tun, der nicht Geisel seiner eigenen Geschäftspraktiken ist, kein Amigo, sondern ein echter Mann der Freiheit? Er würde bizarre Transen-Shows aus dem Gropius Bau und Jan Böhmermann aus dem HKW verbannen. Dieser Kulturstaatsminister würde die postkoloniale Erinnerungs- und Restitutionspolitik für gescheitert erklären. Er würde jede Erinnerungspolitik für gescheitert erklären, die stets die Schuld und Sünde betont und keine Vergebung zulässt.
(Beifall bei der AfD)
Er hätte in Halle auf der Büchermesse „Seitenwechsel“ Ausschau nach echten Verlagspreisträgern gehalten. Er wäre aufgestanden, als das freie Medium „Apollo News“ von links bedroht wurde. Er hätte lautstark kritisiert, als die Bibliothek des Konservatismus aus dem Bibliotheksverbund verbannt wurde. Er hätte sich vor coronakritische Künstler gestellt, die vom Staatsanwalt verfolgt wurden, anstatt sich von den feisten Staatskünstlern hofieren zu lassen. Er hätte dafür gesorgt, dass Kunstfreiheit bedeutet, dass Kunst im Getriebe sein muss.
Herr Kulturstaatsminister, machen Sie den Weg frei für einen solchen Kulturstaatsminister von Format, einen ehrbaren Diener von Staat, Volk und Kultur! Treten Sie zurück - und schreiben Sie vielleicht wieder Gedichte!
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Die nächste Rede hält Frauke Heiligenstadt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Frauke Heiligenstadt (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur, damit Sie nicht irritiert sind: Die Rede, die Sie gerade gehört haben, kam von einem Redner, der sich öffentlich zum freundlichen Gesicht des Nationalsozialismus erklärt hat. - Das vielleicht nur vorab.
(Zuruf von der AfD: Blödsinn! - Weitere Zurufe von der AfD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man der Opposition heute zuhört, könnte man meinen, der Haushalt 2026 sei verfassungswidrig und der Untergang des Abendlandes gleich mitbeschlossen. Möglicherweise denken auch einige, dass die Rednerinnen und Redner der Regierungskoalition das eine oder andere vielleicht etwas zu positiv darstellen. Beides trifft es meiner Meinung nach nicht. Sicherlich: Schönreden hilft niemandem - aber Schwarzmalen eben auch nicht.
An einer Sachlage beim Haushalt 2026 gibt es aber definitiv nichts zu rütteln: Dank des Sondervermögens und dank gezielter Bereichsausnahmen im Grundgesetz investieren wir so stark in unser Land wie kaum eine Bundesregierung zuvor, auch und gerade in Klimaschutz, auch und gerade für Infrastruktur, auch und gerade für Wachstum, Innovation und Beschäftigung in unserem Land.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da hilft es auch nichts, wenn aus der Opposition immer so getan wird, als würde hier nichts passieren. Von der linken Seite des Hauses heißt es, der Kurs sei zu hart; von der rechten Seite heißt es, er sei zu weich. Ich finde, das ist ein ziemlich klares Zeichen, dass wir uns in der Mitte gut getroffen haben, dass wir zu vielen Punkten viele gute Kompromisse erzielt haben.
Vielleicht ist die Union an der einen oder anderen Stelle nicht rundum zufrieden, vielleicht ist es die SPD auch bei einigen Punkten nicht vollumfänglich. Aber worauf sich die Menschen in jedem Fall verlassen können, ist: Wir übernehmen Verantwortung für dieses Land, wir suchen nach den besten Lösungen für die Menschen in unserem Land und treffen über Kompromisswege gute Entscheidungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Man kann es auch anders ausdrücken: Nur wenn wir zusammenhalten und kompromissfähig sind, gelingen Schritte nach vorn. Für einige sind diese Schritte zu langsam, für andere sind sie zu schnell.
(Martin Reichardt (AfD): Sie sind einfach schlecht!)
Aber unterschiedliche Auffassungen gehören zu unserer Demokratie. Entscheidend ist doch, dass diese Koalition arbeitet und konkrete Verbesserungen auf den Weg bringt: für Wachstum, für Wohlstand und den sozialen Zusammenhalt.
Aus dem Finanzausschuss kann ich berichten: Wenn man konstruktiv zusammenarbeitet, geht vieles in kürzester Zeit. So haben wir zum Beispiel den Wachstumsbooster beschlossen. Eckpunkte für die Frühstartrente erarbeiteten wir. Das Thema Fachkräftemangel haben wir unter anderem mit der Aktivrente angepackt. Die Energiesteuer für Unternehmen haben wir massiv gesenkt durch die Absenkung der Netzentgelte, und wir haben Strompreissenkungen für alle möglich gemacht. Die Pendlerpauschale werden wir erhöhen, und das Ehrenamt werden wir deutlich entlasten. Ich könnte noch viele weitere Punkte aufzählen.
Ein Punkt ist mir besonders wichtig: Wir haben uns auf eine Verstärkung im Kampf gegen Schwarzarbeit und Finanzkriminalität verständigt. Viele Menschen, die in diesem Land Tag für Tag arbeiten, halten sich an die Regeln. Sie empfinden es als zutiefst ungerecht, wenn sich einige wenige aus der Verantwortung ziehen. Deshalb ist es gut, richtig und wichtig, gegen Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorzugehen. Das ist auch eine Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Menschen können sich darauf verlassen, dass wir weiterhin an Kompromissen und an Lösungen für sie arbeiten. Deshalb möchte ich zum Schluss appellieren: Hören wir auf, Kompromisse zu verteufeln!
Vizepräsident Omid Nouripour:
Sie müssen zum Ende kommen, bitte.
Frauke Heiligenstadt (SPD):
Wer das tut, schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt; denn Kompromisse zu suchen, zu erklären -
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank.
Frauke Heiligenstadt (SPD):
- und sie auch auszuhalten, gehört zur Demokratie dazu.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unsere Geschäftsordnung sieht vor, dass Personen, die persönlich angesprochen worden sind, persönliche Erklärungen abgeben können. Darum hat der Abgeordnete Matthias Helferich gebeten, dem ich dazu das Wort erteile.
Matthias Helferich (AfD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte eine persönliche Erklärung abgeben.
Natürlich ist es einigermaßen lächerlich, die Fremdzuschreibung, die mir zuteilwurde, als ich mich selbst mal auf Twitter als „freundliches Gesicht des Rechtspopulismus“ bezeichnet habe
(Frauke Heiligenstadt (SPD): NS! - Sören Pellmann (Die Linke): Nicht verharmlosen jetzt! - Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Gegenruf der Abg. Beatrix von Storch (AfD): Jetzt hören Sie doch mal zu!)
und Linke dann schrieben, ich sei höchstens das „freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“, jetzt ins Feld zu führen. Der türkische und auch gecancelte Erfolgsautor der Katzenkrimis, Akif Pirinçci, hat mal gesagt: Ob Sie mich Nazi oder Klobürste nennen, ist mir herzlich egal bei der Lage des Landes, und inzwischen tun Ihre Vorwürfe nicht mehr weh.
Dass Menschen Fehler machen, auch in ihrer Jugend, und manchmal auch ironische Fremdzuschreibungen übernehmen, zeigt auch das Schaffenswerk unseres Kulturstaatsministers. Mit der Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus seinem Gedicht „Unglück“:
„überwuchert mit Eiterbeuteln
nötigt er die Schwangere
zum Fleischreiben
sein Pech
dass sein Schwanz platzt
ihr Pech
dass warmer Eiter ihren Unterleib
überflutet
und das Kind ersäuft“
Das stammt aus der Feder unseres Kulturstaatsministers. Wir machen also alle mal Fehler.
(Beifall bei der AfD - Martin Reichardt (AfD): Eklig! - Zuruf von der AfD: Unerhört! - Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unanständig!)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Frau Heiligenstadt, möchten Sie antworten? - Bitte.
Frauke Heiligenstadt (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gibt mir die Möglichkeit, direkt darauf zu antworten.
(Beatrix von Storch (AfD): Nein, das gibt es nicht!)
Es ist überall nachzulesen - es hilft auch nichts, dass Sie jetzt versuchen, zu relativieren,
(Beatrix von Storch (AfD): Das ist eine persönliche Erklärung, da gibt es doch keine Replik! Was ist denn das?)
dass Sie damals angeblich gesagt haben, Sie seien das „freundliche Gesicht des Rechtspopulismus“ -, dass Sie sich als das „freundliche Gesicht des NS“ bezeichnet haben. Das ist entsprechend dokumentiert;
(Martin Reichardt (AfD): Das war keine Kurzintervention! Da gibt es keine Antwort!)
zumindest ist es in sehr vielen Artikeln nachzulesen.
(Martin Reichardt (AfD): In Ihren sozialdemokratisch dominierten Zeitungen, da steht das sicherlich überall drin!)
Ich gehe mal nicht davon aus, dass Ihnen die Maus verrutscht ist, wie das bei anderen Mitgliedern Ihrer Partei schon passiert ist.
Aber ich frage mich, wenn Sie jetzt geläutert sein sollen, warum die NRW-AfD Sie im Juli aus der Partei ausgeschlossen hat; möglicherweise läuft da ja noch ein Verfahren. Ich glaube, die haben Sie nicht ausgeschlossen, weil Sie zu linksextrem sind.
(Zuruf von der AfD: Sie wissen halt zu wenig!)
Deswegen nehme ich von den Vorwürfen überhaupt nichts zurück.
Und zum Rest Ihrer Bemerkung muss man, glaube ich, nichts mehr sagen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Wir fahren in der Rednerliste fort. Der nächste Redner ist Jörn König für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Jörn König (AfD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Und vor allem: Liebe Sportler! Gleich als Einwurf: Eigentlich gibt es auf eine persönliche Erklärung keine Erwiderung.
Vizepräsident Omid Nouripour:
Ich müsste Ihnen theoretisch einen Ordnungsruf erteilen,
(Martin Reichardt (AfD): Ja, für die Wahrheit gibt es immer Ordnungsrufe!)
mache das jetzt aber nicht.
Ich erteile Ihnen hiermit einen Ordnungsruf, Herr Reichardt. Sie kennen anscheinend die Geschäftsordnung nicht. Da ist vorgesehen, dass auf persönliche Erklärungen auch erwidert werden kann. - Ich hatte gerade darum gebeten, dass Ihr Geschäftsführer nach vorne kommt, um das erläutert zu bekommen. Das brauchen Sie jetzt nicht mehr; ich lese es vor. - Sie bekommen den Ordnungsruf, weil Sie genau wissen, dass Kritik am Vorsitz in den Ältestenrat gehört. Solange Sie nicht bereit sind, das zu verstehen, gibt es Ordnungsrufe. Das wird auch so bleiben.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich lese es jetzt einmal vor. In der neu beschlossenen Geschäftsordnung heißt es auf Seite 14 in § 27a:
„Wenn es um die Zurückweisung von Äußerungen gegen die eigene Person oder um die Richtigstellung eigener Äußerungen geht, soll das Wort nach Satz 1 erteilt werden. Dieser Anlass ist dem Präsidenten bei der Wortmeldung vorab mitzuteilen.“
Davor steht:
„Der Redner“
- auf den sich die persönliche Erklärung bezieht -
„darf auf eine Kurzintervention noch einmal kurz antworten.“
(Stefan Keuter (AfD): Kurzintervention! - Beatrix von Storch (AfD): Kurzintervention!)
- Auch Sie kriegen einen Ordnungsruf, weil Sie anscheinend nicht verstanden haben, dass diese Debatte in den Ältestenrat gehört. Herzlichen Dank dafür! Das werden wir im Ältestenrat weiter vertiefen. - Dieser Absatz bezieht sich auch auf persönliche Erklärungen. § 27a, das können Sie gerne nachlesen und im Ältestenrat weiter erörtern.
(Sören Pellmann (Die Linke), an die AfD gewandt: Lesen bildet!)
Jetzt haben Sie aber das Wort, Herr Abgeordneter König.
Jörn König (AfD):
Zurück zum Sport. - Das Budget für den Spitzensport steigt um 3,6 Prozent auf 346 Millionen Euro. Das ist wenig, aber mehr als nichts. Wir als Alternative für Deutschland haben bereits 2018 gefordert, den Spitzensport mit 340 Millionen Euro zu unterstützen. Nach nur sieben Jahren Reaktionszeit haben Sie endlich erkannt, dass unsere Forderung richtig ist. Die damals, also 2018, von uns geforderten 340 Millionen Euro haben heute, im Jahr 2025, eine Kaufkraft von 420 Millionen Euro. Um den ungenügenden Regierungsvorschlag zu verbessern, haben wir insgesamt zwölf Haushaltsänderungsanträge gestellt. Und - oh Wunder! - diese AfD-Anträge hätten zu einem Spitzensporthaushalt von 424 Millionen Euro geführt, genauso wie schon 2018 gefordert. Diese jahrelange Zielstrebigkeit und Konsistenz in der Sportpolitik müssen Sie uns erst mal nachmachen.
(Beifall bei der AfD)
Was machen Sie stattdessen? Sie lehnen diese Anträge ab. Sie schieben die Probleme im deutschen Sport immer weiter vor sich her. Die Situation der Trainer wird nicht verbessert. Die Spitzensportreform ist schon fast zehn Jahre alt und immer noch nicht vollendet. Die Duale Karriere wird mangelhaft umgesetzt. Immer noch verlieren wir Sportler beim Übergang in den Beruf oder in die Berufsausbildung.
Außerdem: Die mangelnde Wertschätzung für unsere Sportler wird auch deutlich in den Olympia- und Paralympiaprämien. Unsere deutschen Sportler bekommen für einen Sieg 20 000 Euro. In Italien sind es 150 000 Euro. Das ist mehr als das Siebenfache. Das alles ist einfach nur beschämend. Besonders beschämend ist die Tatsache, dass die Regierung hundertmal so viel Geld als Bürgergeld für Ausländer ausgibt wie für den deutschen Spitzensport.
(Beifall bei der AfD)
Um es kurz zu machen: Wir werden das alles ändern, und wir haben dafür die Konzepte fertig in der Schublade.
Sport frei und vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Für das Protokoll noch mal präzisiert: Der zweite Ordnungsruf, den ich erteilt habe, ging an den Abgeordneten Keuter, weil Kritik am Vorsitz durchaus erlaubt ist, allerdings im Ältestenrat.
Die nächste Rednerin ist Dr. Ottilie Klein von der Unionsfraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dr. Ottilie Klein (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute auch über den Kulturetat. Wenn wir über Kultur sprechen, dann sprechen wir auch immer über Identität.
(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming (AfD))
Wir sprechen darüber, was unser Land ausmacht, auf welchen Wurzeln unser Land und unsere freiheitliche Demokratie aufgebaut sind. Dabei ist eines sehr klar: Das Gedenken an die Vergangenheit, das Erinnern an den Zivilisationsbruch des Holocausts, begangen in deutschem Namen, das schlimmste Menschheitsverbrechen, ist Teil davon.
Dieser Grundsatz ist umso wichtiger, da der Antisemitismus wieder in die Öffentlichkeit unseres Landes zurückgekehrt ist.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der war nie weg!)
Von rechts, von links, von islamistischer Seite wird unverhohlen Judenhass verbreitet. Es ist ein absoluter Tiefpunkt, dass wenige Tage nach dem Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome der AfD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt nicht nur offen mit Gesten des Nationalsozialismus kokettiert, sondern auch Zweifel an der Singularität des Holocausts sät.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Antwort der politischen Mitte ist hier klar und eindeutig: Wir werden jedem entschlossen entgegentreten,
(Martin Reichardt (AfD): Sie erzählt wieder Märchen!)
der die Bedeutung des Holocausts leugnet, relativiert oder verächtlich macht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Beatrix von Storch (AfD): Das tun Sie, wenn Sie uns als „Nazi“ bezeichnen!)
Das sind wir den Opfern und das sind wir unserem Land selbst schuldig.
(Zurufe der Abg. Steffen Janich (AfD) und Beatrix von Storch (AfD))
Das spiegelt sich auch in unserer Erinnerungskultur und in diesem Haushalt wider. Das ist ein wichtiges Signal in diesen herausfordernden Zeiten.
Ebenfalls im Haushalt verankert ist die Stärkung des Gedenkens an die Opfer der SED-Diktatur. Als Berliner Abgeordnete freut es mich besonders, dass sich die neue Bundesregierung die Fertigstellung des Berliner Einheits- und Freiheitsdenkmals vorgenommen hat, dass wir das Stasi-Unterlagen-Archiv stärken und dass die Stiftung Berliner Mauer zum 65. Jahrestag des Mauerbaus eine Sonderförderung für die wichtige Erinnerungsarbeit erhält. Wir stehen in der Verantwortung, die Geschichte der Teilung Berlins und der Teilung Deutschlands wachzuhalten und der nächsten Generation zu vermitteln. Wir stehen aber auch in der Verantwortung, die Verbrechen der SED-Diktatur klar zu benennen, gerade dann, wenn Die Linke versucht, diese Geschichte umzuinterpretieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Derya Türk-Nachbaur (SPD))
Einen Schwerpunkt dieses Haushalts - das ist heute wiederholt angeklungen - setzen wir auch auf den deutschen Film. Es ist ein starkes Zeichen, dass wir für den Filmstandort Deutschland die Filmförderung auf 250 Millionen Euro verdoppelt haben. Uns muss bei diesem Thema immer bewusst sein, dass es beim Film eben nicht nur um eine Kunstform geht, sondern dass er auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, der Zehntausende Jobs sichert, der lokale Betriebe und Dienstleister mit Aufträgen versorgt und der letztlich auch ein Aushängeschild unseres Landes in der Welt sein kann.
(Beifall bei der CDU/CSU und der Abg. Derya Türk-Nachbaur (SPD))
Deshalb kann jede Investition in den Filmstandort Deutschland einen großen Unterschied machen. Deshalb wollen wir, dass mehr Filme in Deutschland produziert werden, und werden uns auch weiter dafür einsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushaltsentwurf zeigt in klarer Handschrift die erfolgreiche Kulturpolitik dieser Bundesregierung. Wir stärken unsere Kultur. Wir investieren in unsere Kulturbauten. Wir schaffen Verlässlichkeit für unsere exzellenten Theater, Orchester und Museen. Unsere Botschaft dabei ist klar: Als Koalition unterstützen wir Kultur und reden nicht nur darüber. Wir wollen die Vielfalt und Exzellenz in unserer Kultur stützen und sie, anders als die politischen Ränder, eben nicht beschneiden. Das ist unser Anspruch, das ist unsere Aufgabe, und genau so werden wir weitermachen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Der nächste Redner ist Lars Schieske von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Lars Schieske (AfD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Debatten in diesem Hause verfolgt, dann ist mein Eindruck, dass Sie völlig weg von der Realität sind. Es wird von einer Bundesrepublik gesprochen, in der alles wunderbar funktioniert, in der Programme heilen, was politisches Handeln versäumt, und in der jeder Euro aus dem Haushalt eine Wirkung wie aus dem Märchenbuch entfaltet. Doch die Realität draußen sieht anders aus. Auch der neue Haushalt wird daran nichts ändern.
Werfen wir nur einen Blick auf den Sport! Dort findet sich ein Titel mit dem wohlklingenden Namen „Integration durch Sport“. 10,9 Millionen Euro sollen dafür ausgegeben werden. Doch ich muss Ihnen sagen: Integration ist und bleibt Bringschuld. Sie gelingt nicht durch Fördergelder, sondern durch klare Erwartungen, Verantwortung und gelebte Werte. Von der sogenannten Engagementpolitik möchte ich erst gar nicht anfangen. Diese Art der Politik brauchen wir in einer funktionierenden Demokratie nicht - in Ihrer anscheinend schon.
(Beifall bei der AfD)
Aber bleiben wir bei der Integration durch Sport. Was passiert mit den Millionen aus dem Titel tatsächlich? Ein Teil landet bei Vereinen, die immer wieder durch massive Gewalt auffallen, wie bei uns der FC Union Cottbus oder zuletzt viele Amateurspieler in diesem Land erleben mussten. Der andere Teil verschwindet in Seminarräumen und Posten, deren Nutzen bis heute niemand nachvollziehbar belegen kann. Paradebeispiel: die hochdotierte Beauftragte für Vielfalt und Toleranz beim FC Energie Cottbus - VIP-Bereich inklusive, Aufgabenbeschreibung unklar. Unsere Vereine brauchen kein Bürokratiewirrwarr, diktiert von oben. Sie brauchen Menschen, die anpacken und Verantwortung übernehmen. Wir übernehmen Verantwortung.
(Beifall bei der AfD)
In unserem alternativen Haushalt der AfD finden sich solche ideologischen Titel natürlich nicht. Wir investieren dieses Geld in die Sanierung der Sportstätten und somit in echten gesellschaftlichen Mehrwert für unsere Sportler. Und genau das fordern wir von dieser Regierungsbank.
In diesem Sinne: Sport frei!
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Als Nächstes spricht Annika Klose für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Annika Klose (SPD):
Sehr geehrte Herr Präsident! Werte Zuschauer/-innen! Ich glaube, jeder kennt diesen gewissen Unmut, den man hat, wenn man für Dinge bezahlen muss, von denen man gar nichts hat. Ich gebe ein Beispiel:
(Martin Reichardt (AfD): Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Bundeshaushalt!)
Man hat ein Abo, dass man eigentlich kündigen will, aber noch nicht kann. Man hat ein Konzertticket gekauft, aber man kann doch nicht hingehen. Man hat Kleidung bestellt, die aber nicht passt, und man hat vergessen, sie innerhalb der Frist zurückzuschicken. - Man ärgert sich; denn es ist nutzlose Geldverschwendung. Alle kennen das, und ich habe das Gefühl, bei vielen jungen Leuten hat sich ein entsprechendes Gefühl in Bezug auf die Rente festgesetzt.
(Martin Reichardt (AfD): Das stimmt doch auch!)
Sie haben den Eindruck, sie würden zahlen, zahlen, zahlen und hätten am Ende gar nichts davon. Aber, werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte darauf hinweisen: Das ist ein Mythos, und es ist ziemlich fatal, dass sich diese Erzählung festgesetzt hat.
(Beifall bei der SPD)
Tatsächlich ist es nämlich so, dass die gesetzliche Rente in Deutschland wahnsinnig stabil ist.
(Stefan Keuter (AfD): Auf ganz niedrigem Niveau!)
Über die letzten Jahrzehnte hat sie stabil abgesichert, aufgebaut auf der Lohnentwicklung in diesem Land, die kontinuierlich positiv ist. Diese Verlässlichkeit muss sie auch in der Zukunft bieten. Gerade deswegen ist es richtig, dass wir dieses Rentenpaket jetzt auf den Weg bringen und den zukünftigen Generationen sagen: Wenn ihr jetzt einzahlt, wenn ihr mit euren Steuern und Beiträgen dieses System finanziert, dann habt ihr am Ende auch etwas davon, nämlich eine stabile Rente.
(Beifall bei der SPD)
Wir investieren in Zusammenhalt - mit diesem Rentenpaket, aber auch mit diesem Bundeshaushalt. Im Bundeshaushalt 2026 sind ganze 127 Milliarden Euro für die Rente eingestellt. Das ist natürlich verdammt viel. Man muss aber auch sagen: Die Rente stellt für 53 Prozent der älteren Bevölkerung die einzige Absicherung dar, die sie im Alter haben. Man sollte sich mal vorstellen, was passieren würde, würden wir dieses Geld nicht ausgeben: Noch mehr Menschen würden in Altersarmut sinken, dabei ist bereits jetzt jeder fünfte Rentner von Altersarmut bedroht, Frauen sogar noch deutlich häufiger. Wir wollen nicht, dass das Rentenniveau sinkt. Wir wollen es stabil halten, auch in der Zukunft; denn wir wollen nicht noch mehr Rentnerinnen und Rentner Flaschen sammeln sehen, sondern wir wollen, dass sie sich keine Gedanken machen müssen, ob sie ihrem Enkel, ihrer Enkelin ein Weihnachtsgeschenk kaufen können. Das soll selbstverständlich möglich sein.
(Beifall bei der SPD)
Es wird immer gesagt, es gehe hier um Jung gegen Alt. Ich halte das für Quatsch – wenn ich das mal so sagen darf.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube, es geht um Arm und Reich. Es geht um Verteilungsfragen. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen: Unsere sozialen Sicherungssysteme haben Zukunftsfragen vor der Brust. Wir ducken uns nicht weg. Wir haben eine Rentenkommission eingesetzt, die an der Beantwortung folgender Fragen arbeitet: Wie finanzieren wir ab 2031 die Stabilisierung der Rente? Wie schaffen wir es, dass Menschen auch im Alter ihren Lebensstandard sichern können? Dazu gibt es unterschiedliche Konzepte: Man könnte mehr Menschen einzahlen lassen, zum Beispiel die Selbstständigen oder die Abgeordneten. Man könnte beispielsweise auch darüber nachdenken, über die Erhebung einer Vermögens- oder Erbschaftsteuer mehr Steuermittel einzubeziehen. Auch das sind Möglichkeiten.
(Beifall bei der SPD und der Linken)
Für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist völlig klar: Die Beiträge können natürlich nicht ins Unermessliche steigen. Es geht um das Zusammenspiel von gesetzlicher Rentenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Wir müssen ganz klar im Blick haben, dass die Belastungen für diejenigen, die arbeiten und niedrige oder mittlere Einkommen beziehen, nicht durch die Decke gehen. Dafür sorgen wir mit diesem Haushalt, mit den Reformkommissionen, die wir eingesetzt haben. Daran wollen wir weiterarbeiten.
Dieser Haushalt, so wie er ist, ist ein guter. Er sichert den Zusammenhalt der Generationen, den Zusammenhalt der Menschen in diesem Land. Deswegen bitte ich um Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU))
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Der nächste Redner ist Stefan Seidler, fraktionslos.
Stefan Seidler (fraktionslos):
Vielen Dank. - Herr Präsident! Moin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beatrix von Storch (AfD): Moin!)
Der Bundeskanzler ist mit großen Versprechen für mehr Wirtschaftswachstum in den Bundestagswahlkampf gegangen. Seitdem warten die Menschen und Unternehmen bei uns im Norden darauf, dass sich seine Prophezeiungen erfüllen, dass die Wirtschaft bald wieder Fahrt aufnimmt. Das habe ich vergangene Woche beim Besuch der IHK bei mir in Schleswig so wahrgenommen. Dieses Warten zermürbt unser Land.
Alle hoffen darauf, dass durch Wirtschaftswachstum und Investitionen die Steuereinnahmen steigen und Haushaltslöcher verschwinden, damit wir den ernsten Problemen, die uns plagen, entkommen. Diese Hoffnung ist bequem, aber trügerisch. Ich bin überzeugt, dass niemand in unserem Land ernsthaft erwartet, dass wir ohne grundlegende politische Veränderungen unseren Wohlstand werden halten können, wenn wir, wie bei der Rente oder bei den Energiepreisen, immer wieder auf Haushaltsmittel zurückgreifen. Wir finanzieren nicht mehr unsere Zukunft, sondern verschieben Probleme in die nächsten Generationen.
Die Wahrheit ist: Die deutsche Wirtschaft ist in keinem guten Zustand. Unser Wettbewerbsvorteil in der fossilen Industrie schwindet dahin. Es sollte klar sein: Wir können den Dumpingpreisen anderer Länder nicht hinterherrennen. Wir müssen selbst die Standards für eine zukunftsfähige Wirtschaft setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das wissen wir im Norden, und das gilt für ganz Deutschland.
Wir haben die Leute, wir haben die Technologien und wir haben die Unternehmen, um in einer postfossilen Welt erfolgreich zu sein. Deshalb ärgert mich die Erzählung von Teilen der Regierung, dass die nachhaltige Umstellung unserer Energiesysteme und unserer Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit schwächen würde. Das Gegenteil ist der Fall, und das wissen wir alle.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken)
Der Bundeskanzler hat vor wenigen Wochen bei uns an der Westküste bei GP JOULE in Nordfriesland gesehen: Wir müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Das „Mal hü, mal hott“ bei den Klimazielen, beim Verbrenner-Aus und bei unserer Energieinfrastruktur seit der Wahl hilft niemandem.
Nun heißt es sogar, wir könnten uns in diesen international unsicheren Zeiten keine innenpolitischen Krisen leisten. Statt Reformen gemeinsam anzugehen, werden deshalb unbequeme Entscheidungen vertagt. Das ist gefährlich. Demokratie lebt nicht von Konfliktvermeidung und Scheinkompromissen, sondern von mutigen Debatten und klaren Entscheidungen, die den Menschen Orientierung geben können. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir die Probleme nicht verwalten, sondern dass wir sie lösen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für meine Partei, für den SSW, ist klar: Als demokratische Parteien in diesem Haus tragen wir gemeinsam Verantwortung für Stabilität, Reformen und Zusammenhalt. Parteiübergreifend müssen wir Lösungen finden: für eine verlässliche Alterssicherung, auf die man sich auch in 30 Jahren noch verlassen kann, für eine Pflege- und Krankenversicherung, die breit getragen wird, und für ein Wirtschaftsmodell, das eine postfossile Wirtschaft voranbringt, den Wohlstand sichert und konsequent auf die Entwicklung unseres Klimas reagiert. Dafür braucht es langfristige, nachhaltige Reformen, damit das Leben für die Menschen bezahlbar bleibt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Der nächste Redner ist Jakob Blankenburg für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jakob Blankenburg (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vier Stunden Generaldebatte haben wir jetzt hinter uns, und wir haben über die großen tagespolitischen und strukturellen Herausforderungen unseres Landes gesprochen. Zum Abschluss möchte ich den Blick aber noch etwas weiten; denn manchmal frage ich mich, was wohl Menschen in 100 Jahren über uns sagen werden.
(Lachen bei der AfD - Zurufe von der AfD)
Ob sie sehen, dass wir erkannt haben, wie ernst die Lage ist, oder dass wir gezögert haben, obwohl die Wirklichkeit uns längst eingeholt hatte?
Wir leben in einer Zeit, in der der Klimawandel kein Zukunftsthema mehr ist, sondern den Alltag vieler Menschen prägt. Und trotzdem stehen wir an einem Punkt, an dem die Richtung stimmt, aber der Abstand zum Ziel noch viel zu groß ist. Die neue Prognose von 2,8 Grad Erwärmung ist dafür ein Sinnbild.
(Zuruf von der AfD: Wo?)
Sie ist zu hoch, um Entwarnung zu geben, aber sie liegt niedriger als im vergangenen Jahr. Das heißt: Die Welt bewegt sich, und sie bewegt sich, weil Politik wirkt, aber eben nicht schnell genug. Das wurde auch bei der Klimakonferenz in Brasilien deutlich. Ich war dort und habe erlebt, wie eng Fortschritt und Frustration beieinanderliegen. Ein echter Fortschritt ist der Fonds zum Schutz der Regenwälder, ein gemeinsames Projekt von Ländern des Globalen Südens und des Globalen Nordens. Deutschland übernimmt dabei Verantwortung.
(Martin Reichardt (AfD): Deutschland verpulvert Geld!)
Ich möchte ausdrücklich sagen: Umweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan haben in Belém Haltung gezeigt. Genau so braucht es Deutschland auf der Weltbühne.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber Belém hat auch gezeigt, wie viele Staaten zwar wissen, was notwendig ist, aber trotzdem bremsen. Ein verbindlicher Ausstieg aus fossilen Energien wurde von einigen wenigen öl- und gasexportierenden Staaten blockiert. Das ist bitter, und es zeigt, dass wir hier zu Hause schneller und gerechter handeln müssen, wenn wir global glaubwürdig bleiben wollen. Denn Klimapolitik ist kein Projekt für idealisierte Durchschnittsbürger, sie trifft Menschen, die sehr unterschiedlich leben. Wer ein gutes Einkommen hat, wohnt oft in einem modernen Gebäude und kann investieren. Wer wenig hat, lebt in alten Wohnungen mit hohen Heizkosten und hat kaum Spielraum. Mieterinnen und Mieter können nicht selbst entscheiden, wann saniert wird. Menschen auf dem Land brauchen das Auto, weil es oft keine Alternative gibt. So sieht es in Deutschland aus, und genau deshalb braucht es eine Klimapolitik, die sozial gerecht ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Haushalt 2026 setzen wir dafür wichtige Akzente: sozialgestaffelte Förderung, Unterstützung für Wärmenetze, Mittel für Klimaanpassung. Ja, es ist richtig und wichtig, dass diese Bundesregierung investiert; denn ohne diese Investitionen wären die Lasten für viele Menschen kaum tragbar. Ohne Investitionen würden wir weder gerechter noch schneller.
Was ich auch aus Belém mitgenommen habe, ist ein Gefühl von gemeinsamer Verantwortung. Menschen aus völlig unterschiedlichen Ländern, mit völlig unterschiedlichen Ausgangslagen - und trotzdem arbeiten sie zusammen, weil sie wissen, dass niemand diese Aufgabe allein stemmen kann. Dieses Gefühl brauchen wir auch hier; denn gerechte Klimapolitik schützt Existenzen, schafft gute Arbeit.
Vizepräsident Omid Nouripour:
Herr Abgeordneter, zum Ende kommen müssen Sie jetzt allein.
Jakob Blankenburg (SPD):
Sie sorgt für bezahlbare Energie, und sie hält unser Land zusammen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Die letzte Rednerin in dieser Aussprache ist Bettina Lugk von den Sozialdemokraten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bettina Lugk (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Sportkernhaushalt beim Bundeskanzleramt legt 2026 noch einmal deutlich zu: auf dann 366 Millionen Euro. Das ist nicht nur ein neuer Rekord, sondern auch ein ganz starkes Signal. Wir zeigen: Der Sport in Deutschland hat einen hohen Stellenwert, und wir stellen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung.
(Beifall bei der SPD)
Besonders hervorheben möchte ich den Aufwuchs der Mittel für die Sportstätten des Spitzensportes, die auf 150 Millionen Euro anwachsen. Es ist ganz klar: Unsere Spitzenathletinnen und Spitzenathleten brauchen moderne und leistungsfähige Anlagen, wenn sie international vorn dabei sein wollen.
Und es bleibt nicht dabei: In der Bereinigungssitzung konnten noch einmal Mittel nachgelegt werden. Dafür danke ich den Haushälterinnen und Haushältern ganz ausdrücklich.
Ein besonderer Erfolg ist, dass die Fördermittel für Athleten Deutschland e. V. um 150 000 Euro auf 920 000 Euro steigen. Das ist ein wichtiges Signal für all jene, die sich Tag für Tag für die Rechte und Bedürfnisse unserer Athletinnen und Athleten einsetzen.
Vizepräsident Omid Nouripour:
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?
Bettina Lugk (SPD):
Ja, bitte.
Vizepräsident Omid Nouripour:
Bitte schön.
Adam Balten (AfD):
Sehr geehrte Frau Lugk, vielen Dank für Ihre Ausführungen und dass Sie sich mit dem Sport beschäftigen. 2023 hat die SPD auf X behauptet: „Trans* Frauen sind Frauen. Punkt.“ Ein Jahr später haben wir das traurige Erlebnis gehabt, im Fernsehen miterleben zu können, wie Imane Khelif, ein Mann, eine Frau verprügelt hat.
(Zuruf von der SPD: Das ist eine Lüge!)
Jetzt ist es so: Sie wollen Olympia gerne hierhin holen. Und da ist die Frage, ob Transfrauen und Transmänner dann letzten Endes doch einen biologischen Unterschied haben. Also, ich persönlich kann behaupten: Ich würde jede Frau, die hier im Raum ist, spielend im Armdrücken schlagen. Also, es gibt durchaus einen Unterschied. Hat die SPD jetzt ihre Position ein bisschen geändert? Hat die SPD ihre Position überdacht, oder stehen Sie immer noch zu dieser Aussage? – Vielen Dank.
(Zurufe von der SPD und der Linken)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Bitte, Ihre Antwort.
Bettina Lugk (SPD):
Da sich mir komplett nicht erschließt, wie Ihre Aussagen und Ihre Fragen eigentlich mit dem Haushalt und dem Punkt, dass wir für Athleten Deutschland e.V. einen Mittelaufwuchs generieren konnten, zusammenhängen, glaube ich, erübrigt sich die Antwort auf die Frage inhaltlich. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Setzen Sie gerne fort.
Bettina Lugk (SPD):
Wir setzen mit diesem Haushalt weitere Impulse. Wir nehmen beispielsweise 250 Millionen Euro in die Hand, um Schwimmbäder zu sanieren, und das zusätzlich zur Sportmilliarde; denn für uns ist ganz klar: Die Fähigkeit, schwimmen zu können, darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
(Beifall bei der SPD)
Unter der Überschrift „Deutschland lernt Schwimmen“ soll dazu beigetragen werden, dass Kinder und Jugendliche eine bessere Schwimmfähigkeit haben; denn es ist ganz klar: Schwimmen können rettet Leben.
Eine weitere Sache möchte ich noch erwähnen: Wir debattieren hier den Kernhaushalt des Sports im Einzelplan 04. Das ist die Sportförderung, die auf den ersten Blick sichtbar ist. Dennoch tragen viele Ressorts dazu bei, dass Sport in Deutschland stark bleibt. Da nenne ich zum Beispiel die Bundeswehr mit ihren Sportförderstellen, die Bundespolizei, den Zoll oder auch die Förderung für die Sportjugend bzw. das Bauministerium, das sich um die Sportstättensanierung kümmert. Rechnet man das alles zusammen, investiert der Bund im nächsten Jahr mehr als 1 Milliarde Euro. Das betone ich so besonders, weil es doppelt so viel ist, wie hier gefordert wurde.
(Beifall bei der SPD)
Das zeigt, dass die Sportförderung eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Diese Gemeinschaftsleistung wird insbesondere auch dadurch deutlich, dass der Sport durch das Ehrenamt lebt. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement wäre unsere Gesellschaft unfassbar viel ärmer und definitiv auch kälter. Ich danke daher im Namen meiner Fraktion allen ehrenamtlich Engagierten - das sind 27 Millionen in diesem Land - für ihren Einsatz für unsere Gesellschaft, für Kultur, Sport, Soziales, also für uns alle. Lassen Sie uns weiter gemeinsam an dem Zusammenhalt arbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsident Omid Nouripour:
Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen zu dieser Aussprache liegen nicht vor. Damit schließe ich dieselbige.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 04 - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt - in der Ausschussfassung. Es ist namentliche Abstimmung verlangt.
Sie haben zur Abgabe Ihrer Stimme nach Eröffnung der Abstimmung 20 Minuten Zeit. Die Abgeordneten hier im Saal bitte ich, noch einen kurzen Moment zu bleiben; denn es folgt noch eine einfache Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Das ist bereits erfolgt. Dann eröffne ich die namentliche Abstimmung über den Einzelplan. Die Abstimmungsurnen werden um 13:35 Uhr geschlossen. Das bevorstehende Ende der namentlichen Abstimmung wird Ihnen rechtzeitig bekannt gegeben.
Wir stimmen nun über den Einzelplan 22 - Unabhängiger Kontrollrat - in der Ausschussfassung ab. Wer stimmt für den Einzelplan 22? - Das ist die Union, das ist die AfD-Fraktion, das ist die SPD, das ist Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Gibt es Neinstimmen? - Sehe ich nicht. Enthaltungen? - Auch nicht. Dann ist der Einzelplan 22 einstimmig angenommen.
Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der
43. Sitzung – wird am
Donnerstag, den 27.11.2025
auf der Website des Bundestages unter „Dokumente“, „Protokolle“, „Endgültige Plenarprotokolle“ veröffentlicht.