07.11.2025 | Dokumente

Tagesaktuelles Plenarprotokoll 21/38

 

**** NACH § 117 GOBT AUTORISIERTE FASSUNG ****

*** bis 11.20 Uhr *** 

 

Deutscher Bundestag

 

38. Sitzung

Berlin, Freitag, den 7. November 2025

Beginn: 9.00 Uhr

 

Präsidentin Julia Klöckner: 

Guten Morgen, alle zusammen zu dieser Sitzung - es ist die 38. - am Freitag! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 29a und 29b:

 

29.

a)

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz – StoFöG)

Drucksache 21/2507

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO

 

 

 

b)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kay Gottschalk, Jan Wenzel Schmidt, Hauke Finger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Aufhebung der sogenannten Wegzugsbesteuerung gemäß des § 6 des Außensteuergesetzes

Drucksache 21/2544 

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss

 

 

Für die Aussprache wurde eine Dauer von 60 Minuten vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bundesregierung Herr Bundesminister der Finanzen, Lars Klingbeil. Bitte sehr.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Lars Klingbeil, Bundesminister der Finanzen: 

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir haben uns als Bundesregierung vorgenommen, nicht im Status quo zu verharren, sondern weitreichende Veränderungen voranzubringen, damit unser Land stark bleibt, damit wir zeigen, was wir in Deutschland können. Dazu haben wir uns in den ersten sechs Monaten dieser Regierung auf den Weg gemacht.

Dazu gehören 500 Milliarden Euro Sondervermögen, um unser Land stärker zu machen, um unser Land zu modernisieren, um unser Land gerechter zu machen. Das ist eine hohe Summe an öffentlichen Investitionen, die wir bereitstellen und mit denen wir Schulen und Kitas, Straßen, Bahnen und Brücken, die Digitalisierung, den Klimaschutz, den sozialen Wohnungsbau voranbringen. 

Klar war aber immer auch: Es geht nicht nur um öffentliche Investitionen. Es muss auch um private Investitionen gehen. Wir alle wissen, was in Deutschland an privatem Vermögen, an privatem Kapital vorhanden ist. Wir wollen, dass damit gearbeitet wird. Deswegen haben wir neben den öffentlichen Investitionen auch Gesetze auf den Weg gebracht, um die privaten Investitionen anzureizen. 

Ich will hier daran erinnern, dass wir sehr schnell im Parlament die Unternehmensteuerreform verabschiedet haben, dass wir sehr schnell die degressiven Abschreibungen auf den Weg gebracht haben. Heute bringen wir hier mit dem Standortfördergesetz ein weiteres wichtiges Gesetz auf den Weg, um private Investitionen in unserem Land anzureizen. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist richtig, dass wir auf Investitionen setzen. Dass wir unser Land voranbringen, dass wir öffentliche und private Investitionen zusammendenken, das ist ein richtiger Schritt, den wir hier jetzt gemeinsam gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Standortfördergesetz hat verschiedene Komponenten. Die erste ist: Es soll wieder Spaß machen, in Deutschland ein Unternehmen zu gründen.

(Beifall der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Klar ist: Wer hier gründet, soll auch hier wachsen und hier im Land erfolgreich sein. Start-ups und kleinere Unternehmen in Deutschland müssen einfacher an Geld kommen; denn wir alle wissen, dass es gerade junge, dass es kleine, dass es innovative Unternehmen sind, die ein Motor für Wachstum, für gute Arbeitsplätze und für Investitionen in unserem Land sind.

Die zweite Komponente ist, dass wir mit dem Standortfördergesetz jetzt Anreize für mehr private Investitionen vor allem in Infrastruktur und erneuerbare Energien in Deutschland schaffen, dass wir damit auch moderne Arbeitsplätze in den Fokus rücken und dass wir deutlich machen: Wir wollen diese Investitionen hier am Wirtschaftsstandort Deutschland haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und das Dritte, was mit diesem Gesetz verbunden ist, ist, dass es weniger Bürokratie und Papierkram für die Finanzinstitute gibt, also mehr Zeit, sich um das eigentliche Geschäft zu kümmern, mehr Zeit, sich um die Finanzierung von Unternehmen zu kümmern. Deswegen streichen wir Prüf-, Melde- und Anzeigepflichten. Vieles davon war unnötig. Wir haben das jetzt angepackt. Ich sage hier aber auch: Wir machen keine Abstriche beim Verbraucher- und beim Anlegerschutz. Aber es ist wichtig, dass wir hier auch entbürokratisieren und das Handeln der Finanzinstitute insgesamt einfacher machen. 

Ich kann hier noch mal - auch mit ein bisschen Stolz - sagen, dass wir jetzt nach sechs Monaten neben dem Wachstumsbooster mit dem Standortfördergesetz einen weiteren wichtigen Impuls für mehr Wettbewerbsfähigkeit, für wirtschaftliche Stärke, für Arbeitsplätze setzen. Wir bringen als Koalition damit Deutschland voran, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will Ihnen aber auch sagen, dass dieser Weg weitergehen muss. Neben Investitionen, öffentlich und privat, neben der Senkung der Energiekosten - wir hatten gestern einen erfolgreichen Stahlgipfel, der uns verpflichtet, das alles umzusetzen, was wir dort besprochen haben - geht es weiter, indem wir unser Land konsequent modernisieren, die Staatsmodernisierung vorantreiben, Bürokratie abbauen und indem wir auch weiter gucken, wie private Investitionen angereizt werden können. 

Deswegen werden Katherina Reiche und ich in den kommenden Wochen für die Bundesregierung den Deutschlandfonds vorlegen: ein wichtiges Vorhaben des Koalitionsvertrages. Wir wollen, dass nicht nur das private Kapital, das in Deutschland vorhanden ist, angereizt wird, sondern wir wollen auch das klare Signal an die Investoren dieser Welt senden: Deutschland ist ein attraktiver Standort. 

Dafür kämpft diese Koalition. Dafür kämpft diese Bundesregierung. Auf diesem Weg befinden wir uns, und diesen Weg gehen wir konsequent weiter.

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der AfD hat nun der Abgeordnete Kay Gottschalk das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Kay Gottschalk (AfD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Schaut man, Herr Klingbeil, in den Gesetzentwurf, ist man zunächst mal überrascht. Es ist wie bei Ihrer Reform der Körperschaftsteuer: Sie kommt zu spät, und es ist Klein-Klein. Sie müssen nämlich dazusagen: Ab 01.01.2028 wollen Sie in gigantischen 1-Prozent-Schritten die Körperschaftsteuer senken.

(Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt (SPD))

Meine Damen und Herren, das ist gerade so, als wenn das Haus brennt, und die Feuerwehr kommt eine Woche später, um festzustellen: Der ganze Schuppen ist abgebrannt. So betreiben Sie Wirtschafts- und Finanzpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Aber kommen wir zur Geschichte. Warum ist dieses Gesetz denn überhaupt notwendig? Da sollte man vielleicht mal für die CDU, die sozusagen Dauerregierungspartei in Deutschland ist und in Hauptverantwortung steht, die Geschichte zitieren. 

Mit der ersten Bauchentscheidung hat die von Ihnen so hochverehrte Ex-FDJlerin, Ex-Vorsitzende und Ex-Kanzlerin im Alleingang den Atomausstieg besiegelt mit ruinösen Folgen für unser Land. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Quatsch! Unglaublich!)

Sie können das jeden Tag, jeden Monat auf Ihrer Stromrechnung sehen. Mit dem zweiten Alleingang, der sogenannten Masseneinwanderung 2015, 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Thema verfehlt! Wir reden über das Standortfördergesetz! Sagen Sie mal was zum Gesetzentwurf!)

gab es den nächsten finanziellen Trugschluss, der für unsere Sozialsysteme zu explodierenden Kosten führte.

(Zuruf der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und dann, meine Damen und Herren - die SPD sägt ja immer mit, wenn es um gute deutsche Geschichte geht -, lässt sich der sogenannte Kanzler Scholz am 7. Februar 2022 von Joe Biden vor laufender Kamera mit der Aussage: „Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“ wie ein Schulbub vorführen, meine Damen und Herren. Kein Widerspruch vom Sozialisten! 

(Michael Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist das Bundesinteresse, was Sie hier vertreten?) 

Wo blieben da deutsche Interessen oder Souveränität oder die Bedenken für unseren deutschen Wirtschaftsstandort, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD - Michael Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da rollt wohl der Rubel!)

Beides sind historisch echte Zäsuren; denn sie markieren einen Wendepunkt in der Energie- und damit auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Alle drei Maßnahmen zusammen haben zu diesem Chaos und den Dingen, zu denen ich noch ausführen werde, geführt. Sie, meine Damen und Herren, tragen Verantwortung: vor den Arbeitslosen, vor den Sozialsystemen und vor dem Niedergang der deutschen Wirtschaft. Mit Klimahysterie und CO2-Märchen - die Grünen sind da auch gut mit ihren NGOs beteiligt: Agora Energiewende sei hier zitiert, der Graichen-Clan bei Herrn Habeck - haben Sie die ganze Sache mit der Dessertkirsche obendrauf rundgemacht.

(Zuruf des Abg. Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und nun zu den Fakten. 2025 dürfen wir mit 22 000 Firmeninsolvenzen rechnen. Ein absoluter Höchststand!

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Reden Sie mal zum Gesetzentwurf! Zehn Minuten am Thema vorbei!)

Das ist bitter, nicht nur für die Inhaber und für die Beschäftigten. Das ist vor allen Dingen auch bitter für die Finanzämter: Es wird massive Steuereinbrüche bedeuten. Vor allen Dingen ist es dann besonders bitter - und das sei Ihnen hinter die Ohren geschrieben -, wenn nicht das eigene, sondern das politische Versagen für das Scheitern dieser ganzen Unternehmen verantwortlich ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

250 000 Industriearbeitsplätze: futsch. Dafür immerhin - da sind die Sozialisten stark - 300 000 Stellen in der öffentlichen Verwaltung; Wertschöpfung gleich null. Den Kommunen werden im nächsten Jahr die Gewerbesteuern wegbrechen. 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Die wollen Sie ja gleich ganz streichen! Sie wollen die Gewerbesteuer streichen!)

Was zu tun ist, beschreibt meine Partei hier seit Jahren unermüdlich. Mittlerweile - darüber freue ich mich - sehen die Bürger es genauso. Es ist ganz einfach: zurück zur Kernenergie, weg mit der CO2-Bepreisung, Abbau der steuergeldfinanzierten EU-Bürokratie und seiner nationalen Ausstrahlung. 

Und was ist mit dem Draghi-Report, den Sie hier gefeiert haben? Wie immer - so ist auch Ihre Politik in den letzten 20 Jahren -: viel Blabla, viele Gesprächskreise; Ergebnisse und Handlungen gleich null, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Sie schon ein Sondervermögen mit 500 Milliarden Euro errichten - nochmals für die Zuschauer: das sind 500 Milliarden Euro Sonderschulden, die wir hier auftun, die irgendwann Ihre Kinder und Enkel zurückzahlen dürfen -, wenn Sie hier schon Rekordschulden finanzieren - übrigens hat das nach John Maynard Keynes noch nie geholfen, sondern ist meistens in die Hose gegangen -, dann stecken Sie das Geld doch wirklich in die Infrastruktur und tricksen nicht schon wieder ähnlich wie bei anderen Haushalten, indem Sie es für die Deckung laufender Ausgaben nutzen, meine Damen und Herren! Auch hier haben Sie eben ganz bewusst Augenwischerei betrieben, Herr Klingbeil.

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Märchenstunde der AfD!)

Kommen wir zum steuerlichen Digitalisierungsindex: ein weiteres Scheitern Ihrer Politik. Wir sind dort auf Rang 31 - die Sozialdemokraten würden sagen: 31. Sieger - von 33 Plätzen, meine Damen und Herren. 

(Heiterkeit des Abg. Dr. Götz Frömming (AfD))

Das macht den Standort auch nicht attraktiv. Und wie bei allen Rankings, wo es um Attraktivität und Erfolg geht, heißt es: Willst du Deutschland oben sehen, musst du die Tabelle drehen! Das ist traurig. Und mit der AfD - das schwöre ich Ihnen, wir werden bald regieren - werden wir endlich das Niveau eines Schwellenlandes wieder verlassen. Das verspreche ich den Menschen hier auf der Tribüne.

(Beifall bei der AfD - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein! Sie stürzen uns in den Ruin!)

Stärken Sie mit diesem Gesetz den Binnenmarkt? Nein. Die steuerliche Entlastung bleibt aus; auch das hatte Herr Merz ja großspurig versprochen. Merken Sie das auf Ihrer Stromrechnung, meine Damen und Herren? Ich glaube, kaum. Und nächstes Jahr, wenn dann vielleicht einige von Ihnen Lohnerhöhungen kriegen, dann gucken Sie mal auf die andere Seite, nämlich auf Ihre Sozialabgaben, Krankenversicherungsbeiträge etc. 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Noch kein Wort zum Standortfördergesetz!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage aus der SPD-Fraktion zu?

Kay Gottschalk (AfD): 

Ja, natürlich. Ich bin da ja demokratisch.

(Jens Behrens (SPD): Da muss er selber lachen!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Bitte, Herr Abgeordneter Wiese.

Dirk Wiese (SPD): 

Herr Abgeordneter Gottschalk, vielen Dank, dass Sie im Gegensatz zu anderen Kollegen Ihrer Fraktion die Zwischenfrage zulassen. - Ich will mal auf das eingehen, was Sie selbst beantragen. Sie haben heute einen eigenen Antrag zur Abstimmung gestellt: „Aufhebung der sogenannten Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 des Außensteuergesetzes“. 

Kay Gottschalk (AfD): 

Richtig.

Dirk Wiese (SPD): 

Die Wegzugsbesteuerung besagt ja, dass Vermögenswerte im Privatvermögen über 500 000 Euro - Anteile von Investmentfonds, Anschaffungskosten - unter diese Wegzugsbesteuerung fallen. Privatvermögen wie Immobilien, geistiges Eigentum, bewegliche Sachen wie Kunstwerke, Schmuck oder Ähnliches, also das, was der normale Bürger tatsächlich besitzt, fällt nicht darunter. 

Sie schreiben aber in Ihrem Antrag: „Wir wollen es ermöglichen, dass Bürger frei ins Ausland reisen“, obwohl der normale Bürger tatsächlich gar nicht unter die Wegzugsbesteuerung fällt. 

(Jörn König (AfD): Sind Unternehmer unnormale Bürger, oder was?)

Und jetzt ist Folgendes interessant: Die Wegzugsbesteuerung ist ja von Willy Brandt und Helmut Schmidt eingeführt worden, weil damals ein sehr reicher Unternehmer, der Inhaber des Kaufhauskonzerns Horten AG, 1,13 Milliarden D-Mark in die Schweiz transferieren und keine Steuern mehr hier in Deutschland zahlen wollte und sich tatsächlich auch vor der Steuer gedrückt hat. Er wollte sich der Förderung des Gemeinwohls entziehen. 

Und darum meine Frage an Sie: Warum wollen Sie den reichen Menschen bei uns im Land die Steuerflucht in andere Länder wieder ermöglichen? Was haben die entsprechenden Unternehmer Ihnen möglicherweise an Spenden gezahlt, dass Sie so einen Antrag für die Reichen bei uns im Land stellen? 

(Lachen bei der AfD)

Welche Verbindungen gibt es in die Schweiz? 

(Dr. Götz Frömming (AfD): Gestern Moskau, heute Schweiz!)

Ich meine, vielleicht profitiert Ihre eigene Fraktionsvorsitzende Alice Weidel, die ja auch Verbindungen in die Schweiz hat, von dieser Wegzugsbesteuerung, die Sie machen wollen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sarah Vollath (Die Linke))

Also kurz und knapp: Warum legen Sie etwas auf den Tisch, bei dem gilt: den Reichen geben, den Arbeitern bei uns im Land nehmen?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kay Gottschalk (AfD): 

Danke für die Frage. Ich will sie gerne beantworten. - Sie haben, wie immer, einen Teil der Geschichte vergessen. 1931 hieß diese Steuer „Reichsfluchtsteuer“ und war wenig erfolgreich. Später hieß sie - und da schließe ich mich an, sie war moralisch verwerflich - „Nazisteuer“. Und genau wie Sie es angesprochen haben, hat man 1972 mit dem Wegzug von einem sehr reichen Unternehmer hier in Deutschland dann wieder die sogenannte Wegzugsteuer eingeführt. 

Um es den Menschen mal zu sagen: Man kann natürlich physische Mauern bauen. Und man kann steuerliche Mauern bauen. Denn das Schräge an diesem Gesetz ist - das haben Sie nicht gesagt -: Wenn Sie unrealisierte Gewinne haben, müssen Sie diese mit 45 Prozent plus Solidaritätszuschlag besteuern. 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Richtig so! - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie gar keine Steuern erheben?)

Und wir reden heute darüber, den Standort Deutschland attraktiv zu machen. Wie wirkt das eigentlich auf ein Start-up? Oder wie würde es auf Sie wirken: Sie ziehen Deutschland als Industriestandort in Betracht, 

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Sie haben heute über den Standort relativ wenig gesagt! - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich dachte, Sie wollten gerne für die Leute, die nicht viel haben, keine Steuern erheben? - Dirk Wiese (SPD): Sie rufen auf zur Steuerflucht! Sagen Sie das doch!)

machen eine Evaluation, prüfen sehr gründlich, was denn die Standortvorteile sind - ich kann die nicht sehen nach den Ausführungen von Herrn Klingbeil -, und dann lesen Sie obendrauf noch, dass Deutschland immer unattraktiver wird, weil die Energiepreise steigen, weil die Sozialkosten steigen, weil die Infrastruktur kaputt ist etc. 

(Dirk Wiese (SPD): Reden Sie doch mal zu Ihrem Antrag! - Frauke Heiligenstadt (SPD): Antworten Sie mal!)

Wenn ich also dann meinen Standort verlagere, muss ich auch noch über 45 Prozent Steuern 

(Dirk Wiese (SPD): Anteile!)

auf noch nicht realisierte Gewinne zahlen. 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Richtig so!)

Und nochmals, das hat - mein Kollege hat es eben auch gesagt - nichts damit zu tun, dass wir Menschen exkulpieren wollen, hier ihre Steuerschulden nicht zu begleichen. 

(Dirk Wiese (SPD): Welcher Kollege hat das denn gesagt? Sie sind der erste Redner!)

Aber ein Unternehmer kann im Übrigen auch eine natürliche Person sein. Einem Unternehmer kann eine GmbH gehören, und er sagt: Mir gefällt der Standort nicht mehr. - Sie bauen quasi eine Steuermauer um unser Land herum. Ich finde, die Zeit der Mauern sollte in Deutschland doch vorbei sein, oder?

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Hiermit ist die Frage zumindest formal beantwortet, und Ihre Redezeit läuft weiter.

Kay Gottschalk (AfD): 

Danke schön, Frau Präsidentin. - Kommen wir wieder zur Standortförderung: Das heißt für mich und meine Partei eben auch, motivierte Mitarbeiter im Land - oder Sie würden sagen: bei der Stange - zu halten. Tatsache ist: Schauen Sie in die Zahlen: Jedes Jahr verlassen mehr als 150 000 echte Fachkräfte in saldo unser Land. Das ist ein Aderlass, der schon seit Jahren so geht. Das ist übrigens auch explizit ein Ausfluss Ihrer Sozialpolitik.

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Da sind viele Migrantinnen und Migranten dabei, weil sie die Nase voll haben! Migranten, die Sie hier wegjagen wollen!)

Wir haben mittlerweile gemäß der OECD - auch da können Sie wieder auf den Lohnzettel gucken, wenn das Weihnachtsgeld kommt - die höchste Steuer- und Abgabenlast hier in Deutschland, mehr als 50 Prozent. Ich habe es gestern schon gesagt: Ihre Einnahmen, Ihre Gelder gehen für den Staat drauf. Anders gesprochen: Bis Juli arbeiten Sie für den Staat und nicht für Ihre Familie und für Ihre Tasche. 

Und übrigens will ich auch mal der SPD und anderen ins Gewissen reden: Den Standortvorteil, den wir mal gehabt haben - das haben Sie mit keinem Wort erwähnt, Herr Klingbeil -, nämlich gut ausgebildete Arbeitskräfte, den hatten wir mal. Fragen Sie heute mal Unternehmen und Ausbilder nach dem Stand der Absolventen, ob diese für Job und Ausbildung brauchbar sind! Ich frage da in Richtung der Regierungsfraktionen: Was tun eigentlich Ihre hohen politischen Staatsdiener so im Bildungsministerium, insbesondere die Ideologen und Parteigänger in den oberen Etagen? 

(Dr. Philipp Rottwilm (SPD): Kein Satz zum Gesetz! - Dirk Wiese (SPD): Beantworten Sie doch mal die Frage! - Frauke Heiligenstadt (SPD): Zehn Minuten voll am Thema vorbei!)

Herr Klingbeil, ich spreche Sie konkret an: Tun Sie doch wirklich etwas, und senken Sie sofort die Unternehmensteuern! Dabei würden wir Sie und auch die CDU unterstützen. 

(Dr. Philipp Rottwilm (SPD): Wahrscheinlich nicht gelesen! - Gegenruf der Abg. Frauke Heiligenstadt (SPD): Nee!)

Das Fazit also: Im globalen Wettbewerb - und ich war ja in Washington - lacht man hinter verschlossenen Türen: Was sollen wir in Deutschland? Dann gehen wir doch lieber nach Spanien, 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, so ein Quatsch! Reden Sie mal mit der Deutschen Bank! Das stimmt überhaupt nicht!)

nach Amerika, nach Kanada, nach Australien, in andere Länder, aber mit diesen Zahlen nicht nach Deutschland. 

Laut Allensbach, ganz aktuell - das ist nicht von mir, könnte von mir sein -, hat die Industrie ihre Hoffnung auf Besserung bereits aufgegeben. Der Standort, dieses Land und unsere Wirtschaft - und das ist der zentrale Merksatz, den unsere Partei vortragen wird - wird ohne Überwindung der grünen Transformation nicht gesund, meine Damen und Herren. Und das schreibe ich Ihnen von der CDU ins Stammbuch.

(Beifall bei der AfD)

Kurz noch zu Ihrem Zukunftsfinanzierungsgesetz. Das Motto heißt wieder: Steuergelder raushauen. Immerhin eine Fleißarbeit: Auf 261 Seiten findet sich dieser bunte Strauß, den Sie hier kurz angerissen haben. Aber auch das sei den Bürgern mal mitgeteilt - ich glaube, die Bildungsmisere kommt teilweise schon in den Regierungsetagen an -: Die letzten drei Regierungen, inklusive Ihrer Regierung, Kollegen der CDU, haben 1,6 Milliarden Euro rausgeschmissen für externe Berater. Das muss man sich mal vergegenwärtigen. Hierzu gab es auch schon den einen oder anderen Untersuchungsausschuss und die eine oder andere Enquete-Kommission. Gleichzeitig haben Sie seitdem - ich habe eine Anfrage gestellt - sogar 60 000 neue Stellen in der Bundesverwaltung geschaffen. Das drückt eigentlich das gesamte Elend Ihrer 20 Jahre Regierungszeit aus, meine Damen und Herren.

Kommen wir noch mal zur Wegzugsteuer. Herr Klingbeil, ich habe Ihr Ministerium zur Wegzugsteuer befragt - das ist interessant -, ob man denn mal eine Evaluation gemacht hat, was diese Wegzugsteuer so an Einnahmen gebracht hat und - das fand ich noch viel spannender - wie sinnvoll sie ist. Die Antwort auf meine Anfrage war: Das wissen wir nicht. - Meine Damen und Herren, Sie haben ein Ministerium und einen Minister, der im Blindflug unterwegs ist. Sie wissen es nicht. Und dann noch so eine qualifizierte Zwischenfrage. Donnerwetter! 

Kommen wir aber zu den Schlussfolgerungen und dazu, wie wir tatsächlich in Deutschland den Laden wieder flottkriegen könnten. Fangen Sie also an, die Maßnahmen, die ich eben umschrieben habe, zu realisieren! CDU/CSU, befreien Sie sich endlich von Ihren linken und grünen Zwangsjacken und Zwangsneurosen, die Sie so in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben. Und kommen Sie endlich wieder auf die weiße und helle Seite der Macht!

(Heiterkeit des Abg. Dr. Götz Frömming (AfD))

Befreien Sie Deutschland von dieser links-grünen Bevormundungspolitik!

Und ein Vergleich sei mir auch gestattet: Die Vereinigten Staaten setzen im Gegensatz zu Ihnen tatsächlich auf aggressive Subventionen in den Bereichen, die Arbeitsplätze schaffen, und selbstverständlich auch an der einen oder anderen Stelle auf Protektionismus. Und Frankreich zum Beispiel weist auf staatliche Lenkung und - ein Fremdwort für Sie! - Souveränität hin. Merken Sie den großen Unterschied eigentlich noch? 

Meine Damen und Herren, wenn jetzt also demnächst Landtagswahlen anstehen und Sie vielleicht aus Rheinland-Pfalz oder auch aus Baden-Württemberg sind: Machen Sie das Kreuz bei der AfD im Interesse Ihrer Kinder, der Wirtschaft und Ihrer Renten!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Frauke Heiligenstadt (SPD): Zum Gesetz nicht ein Wort! Nichts dazu gehört!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Mechthilde Wittmann das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU): 

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt über zehn Minuten einzig und allein ein Schlechtmachen der Bundesrepublik Deutschland erlebt. Das hat dieses Land nicht verdient!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Tino Chrupalla (AfD): Dafür sind Sie verantwortlich! - Dr. Götz Frömming (AfD): Das war eine Beschreibung!)

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein großartiges Land. Ich bin stolz auf ihre Bürgerinnen und Bürger, die anpacken. Ich bin stolz auf die Unternehmer, auf die Handwerker, auf alle, die dieses Land so großartig machen. Und deswegen werden wir heute mit dem Standortfördergesetz die Rahmenbedingungen rechtssicher machen, damit wir noch einen weiteren Schritt nach vorne gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Arbeitskreis Steuerschätzung hat uns letzte Woche seine neuesten Prognosen vorgelegt. Und er hat da eingepreist, was wir zum einen mit dem Investitionssofortprogramm sofort umgesetzt haben und zum anderen rechtssicher und qualitativ durchdacht jetzt, sechs Monate später, mit dem Standortfördergesetz angehen, nämlich alles, was diesen Standort starkmachen kann und damit zu einem zu einem erhöhten Steueraufkommen führt. Und deswegen ist die Steuerschätzung, die wir bekommen haben, genau das richtige Signal, das uns zeigt: Eine unabhängige, konservativ rechnende Kommission, die darauf schaut, was wir wirklich tun, hat uns bestätigt: Es ist der richtige Weg. Und den gehen wir mit dem heutigen Gesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen nicht den Standort schlechtreden, sondern private Investitionen fördern. Wir wollen den Finanzstandort Deutschland weiter auf Zack bringen; wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit stärken, die Innovationskraft. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, da ist es unser Ziel, wie wir es Ihnen versprochen haben, Investitionen in die Infrastruktur zu fördern, in die erneuerbaren Energien. Und dafür wollen wir auch privates Kapital mobilisieren. 

Wir haben unser Kapital, das, was die Steuerzahler uns gegeben haben, bereits mobilisiert. Jetzt geht es um mehr als 9 Billionen Euro Geldvermögen 

(Jörn König (AfD): Da müssen Sie mal die Rahmenbedingungen schaffen, dass man das Geld gerne ausgibt!)

das auf deutschen Konten liegt und darauf wartet, dass es da investiert werden kann, wo Zukunft liegt, wo zwar tatsächlich ein Wagnis liegt, aber auch die Chance, diesen Standort damit wirklich aufzubauen. Und deswegen ist es genau der richtige Rahmen, nicht nur für bestehende Unternehmen, meine Damen und Herren, sondern eben auch für junge und wachsende Unternehmen; diese wollen wir damit in eine ganz neue Lage versetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir geben den Start-ups und den Scale-ups Zugang zu Wagniskapital. „Wagniskapital“ heißt nicht, auf irgendetwas zu wetten; das ist Spekulation. „Wagniskapital“ heißt, an etwas zu glauben, es zu wagen, diesen Schritt nach vorne zu gehen. Ich glaube, das können wir damit tun. Denn mit diesem Gesetz stärken wir nicht nur die privaten Investitionen an sich, sondern auch die privaten Investitionen aus den Fonds. Sie wissen: Ganz viele dieser Investitionen sind hier gebündelt und warten darauf, mit hoher Expertise angelegt zu werden.

Wir geben den Spielraum für diese Fonds, und zwar dadurch, dass sie jetzt auch in gewerbliche und gewerblich geprägte Personengesellschaften investieren können; denn ganz viele von diesen sind so organisiert. 

Wir möchten Spielräume für Venturecapital-Fonds, die häufig in dieser Rechtsform unterwegs sind. Wir möchten, 

(Jörn König (AfD): Kollegin Wittmann, Sie sind in der Regierung! Sie können einfach machen! Sie müssen nicht „möchten“!)

dass unsere Wachstumsunternehmen davon profitieren können, ja, und nicht nur die inländischen; wir möchten auch die ausländischen wieder anwerben. Genau dies wird uns damit gelingen. Es ist ein Ziel in unserem Koalitionsvertrag, und wir setzen es heute um.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Damit senden wir etwas in die Branche, was ganz wichtig ist. Ein Teil ist die Rechtssicherheit; die geben wir heute. Und der zweite Teil ist die Psychologie, zu sagen: Wir können das gemeinsam: die Regierung mit ihren Bürgerinnen und Bürgern und mit den Unternehmen. 

Lassen Sie mich noch einige Punkte hervorheben. Wir werden auch den steuerlichen Roll-over, die Reinvestition, entsprechend erleichtern, das Wachstum damit stärken. Ich gehe davon aus, dass das nachher noch Thema sein wird.

Wir werden die Gewinne eben nicht sofort besteuern, sondern wir geben den Private-Equity- und Venturecapital-Fonds die Möglichkeit und die Zeit, zu reinvestieren: Wir erhöhen die Schwelle von jetzt einer halben Million auf 2 Millionen Euro. Das ist ein echter Aufschlag. Der wird genau da ankommen, wo wir ihn brauchen, nämlich im Mittelstand und bei unseren jungen und kleineren Unternehmen, die diesen Booster immer wieder brauchen. Und damit erfüllen wir auch die Zusagen aus der so genannten Wachstums- und Innovationsinitiative der KfW. Es ist Dynamik und Kapital für den deutschen Mittelstand. 

Meine Damen und Herren, wir erleichtern außerdem den Kapitalmarktzugang, ebenfalls ein Projekt, das wir uns lange vorgenommen haben. Wir stellen uns so auf, wie das in der Europäischen Union eigentlich schon seit Längerem richtig sein sollte. Mit dem heutigen Tag können wir dies tun. Grenzüberschreitende Märkte sind viel leichter zu erschließen, wenn sie Prospekte beispielsweise nur noch in Englisch erstellen müssen. Das ist auch ein Teil des Bürokratieabbaus, den wir hier anstreben. Wir werden die entsprechende Schwelle für prospektfreie Angebote von 8 auf 12 Millionen Euro erhöhen - wiederum ein kleiner Schritt, aber ein großes Investment, das dadurch möglich wird. 

Die Börsenzulassungsregeln werden wir entschlacken. Die doppelten Verwaltungsakte werden aufgehoben. Die Voraussetzungen für Emittenten entfallen, entsprechend auch die Veröffentlichungspflicht der Börsenzulassung im Bundesanzeiger. Kurz und gut: All dieser Papierkram, bei dem wir vorher gesagt haben: „Der muss weg“, das wird in diesem Gesetz umgesetzt. Wir zeigen: Bürokratieabbau wird von uns nicht erzählt; er wird gemacht. Mit dem heutigen Tag kann jeder, der zustimmt, mit dabei sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir senken auch den Mindestnennwert der Aktien von ursprünglich 1 Euro auf 0,01 Euro, also auf 1 Cent. Der eine oder andere wird fragen: Was ist das denn? Ja, das ist manchmal genau der entscheidende Hebel für die kleinen Start-ups, die sich im Schwanken befinden, die jetzt diese ganz kleinen Investitionen brauchen, damit etwas geht. Und deswegen können auch diese kleinen Unternehmen, die Wachstumsunternehmen, schon mit einem sehr geringen Grundkapital börsenfähig gemacht werden und können sich so auf dem Markt ihr Kapital suchen. Und das ist genau das, was wir wollen. 

Wir wollen nicht, dass sie von uns einfach nur ihre Vorgaben bekommen; wir wollen, dass sie selber rausgehen. Heute schaffen wir alle Voraussetzungen dafür. Wir werden Energie- und Infrastrukturprojekte auf diese Weise voranbringen. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU): 

Lassen Sie es uns gemeinsam tun: für dieses Land, für unser Deutschland.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Katharina Beck das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Und auch liebe Start-up-, Scale-up- und Finanzierungsszene! Heute geht es endlich um die junge, zukunftsfähige, zukünftige Wirtschaft. Und das ist gut so; das ist ein guter Tag. 

Dieses Standortfördergesetz ist ein Grund, warum ich so traurig war, dass die Ampel zu Ende ging: Dieses Gesetz hieß mal „Zukunftsfinanzierungsgesetz II“, und das hätte ich super gerne in der letzten Legislatur noch umgesetzt. Ich sage wirklich und ausnahmsweise: Hören Sie sich einfach die Rede von Mechthilde Wittmann an. Da ist viel Gutes drin, das gut für Finanzierung ist. 

Aber ganz ehrlich: Das reicht einfach nicht. 

(Zuruf des Abg. Fritz Güntzler (CDU/CSU))

Wir haben die letzten sechs Monate von dieser Bundesregierung bei den Themen Start-ups, Scale-ups, Wagniskapital-, Mezzaninkapital-, Fremdkapitalfinanzierung einfach nicht ausreichend viel gesehen. 

Sie haben Beauftragte abgeschafft. Damit wollten Sie Bürokratie abbauen. Aber die Stelle der Start-up-Beauftragten abzuschaffen, das war ein fataler Fehler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn sie hatte es ja geschafft, Start-ups, die junge, die neue Wirtschaft, und das Wachstum von morgen zusammenzudenken. 

Wir als Ampel hatten schon im Juli 2022 eine fertige Start-up-Strategie in den Bereichen Finanzierung, Vergabe, Talentgewinnung, Social-Entrepreneurship-Förderung. Und was sehen wir hier? Gerade erst hat eine sogenannte Stakeholder-Befragung begonnen, um zu erfahren, was man tun sollte. Man weiß, was man tun muss; man weiß, was noch offen ist, wenn man Wirtschaftsministerin wird. Jetzt muss gehandelt werden!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich teile die Meinung, dass wir in einer tiefen strukturellen Wirtschaftskrise sind. Aber, Herr Gottschalk von der AfD, wenn Sie das Ruder übernehmen würden, wäre Deutschland wirklich ruinös. 

(Zuruf des Abg. Georg Schroeter (AfD))

Das Wort „Dexit“ sagen Sie ja gar nicht mehr. Sie stellen sich hierhin und reden gar nicht über Ihr Programm. Der Dexit würde jeden Bürger über 2 000 Euro Wohlstandsverlust kosten. 

(Jörn König (AfD): Da war die Ampel aber teurer!)

Das ist unfassbar schlimm. Unsere exportorientierte Wirtschaft, die vom europäischen Binnenmarkt abhängt, wäre auf der Stelle tot. Also von daher: Bitte niemals mit irgendwelchen wirtschaftlichen Argumenten die AfD wählen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Aber: Wir müssen es schaffen, besser zu werden. Wir müssen es bei der Finanzierung schaffen. Bitte belassen Sie es nicht nur bei diesen Regelungen! Es ist alles richtig, was Sie gesagt haben, Frau Wittmann und Herr Klingbeil. Wir müssen aber bitte, bitte die Kapitalmarktunion vorantreiben. 

(Jörn König (AfD): Nee! Müssen wir nicht!)

Das ist ein sperriges Wort dafür, dass wir es als Europa damit aufnehmen können, was in den USA gang und gäbe ist und sogar leider auch in China. Dort gehen jetzt junge Unternehmen, die gerne hier sein würden, hin, weil sie dort eine verlässliche Finanzierung bekommen. Wir müssen auch bei langweiligen Dingen wie Garantien oder Bürgschaften für die neue Industrie besser werden. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Danke schön. Ein Beispiel aus meinem Wahlkreis in Hamburg: traceless ist jetzt auch für den Zukunftspreis nominiert. Es produziert aus Maisabfällen neues, nachhaltiges Plastik, das man einfach so auf den Kompost werfen könnte. Das ist eine großartige Innovation made in Germany, eine Ausgründung aus der Technischen Uni Hamburg. Was braucht dieses Unternehmen? Es braucht natürlich eine Produktionsanlage. Wenn wir über Wagniskapital reden - ich rede viel lieber über Unternehmungskapital, Venturecapital; das ist eigentlich viel cooler -, dann ist nicht immer nur Eigenkapital gemeint. Gerade als Industriestandort brauchen wir auch Darlehen oder Mezzaninkapital; das ist ein bisschen technisch, aber es ist unfassbar wichtig. Das erwähnte Unternehmen brauchte vom Hamburger Stadtparlament eine Bürgschaft, eine riesige Entscheidung, nur um eine neue Minifabrik zu bauen. Das dauert, das zieht sich. Das kann sich unser Standort nicht leisten. Deswegen muss die Kapitalmarktunion kommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema EXIST. Wir haben mehrere Tausend Gründerinnen und Gründer pro Jahr. Das Schlechtreden des Wirtschaftsstandortes ist total dramatisch. Viele Leute haben richtig Bock, ein Unternehmen zu gründen. EXIST, das staatliche Unterstützungsprogramm, ist überbucht. Hier geht es nur um ein paar Millionen Euro, Frau Reiche. Sie haben ein halbes Jahr gebraucht, um sich das Programm zu sichern. Bitte geben Sie noch ein paar Millionen obendrauf, um jungen Gründerinnen und Gründern unter die Arme zu greifen, damit es am Standort weitergeht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen im Vergaberecht Verbesserungen. Machen Sie beim Tariftreuegesetz nicht den Fehler, neue Hürden für Start-ups aufzubauen. Wir werden Ihnen in einem Antrag ein paar Tipps geben, wie es einfacher gehen kann und dass Start-ups eben nicht in Schwierigkeiten kommen. Vereinbaren Sie Zahlungsziele unter 30 Tagen und Abschlagszahlungen, machen Sie den Staat zum Ankerkunden; das ist nötig. Verbessern Sie die Bedingungen bei der Talentgewinnung. Reden Sie nicht über Stadtbilder, sondern sagen Sie: Der Standort Deutschland ist attraktiv für Menschen aus dem Ausland. - Die Start-up-Szene ist schockiert über die Stadtbild-Diskussion, und Menschen wollen deswegen nicht mehr nach Deutschland kommen. Wir brauchen Talente, wir brauchen Bewegung, und wir müssen auch die Sozialunternehmen mitdenken, die sich zum Beispiel eine Gesellschaft mit gebundenem Vermögen wünschen. Aber da sind Sie ja dran. Ich drücke Ihnen die Daumen.

Wir unterstützen Sie, wo immer es geht, aber denken Sie bei Start-ups, Scale-ups und der Finanzierungsfrage bitte ein bisschen größer. 

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Die Linke rufe ich Lisa Schubert zur ersten Rede auf.

(Beifall bei der Linken)

Lisa Schubert (Die Linke): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Zuhörende! Ich spreche als Teil einer jungen Generation, die früh lernen musste, dass ihre Interessen hier nicht vertreten werden, einer Generation, die der führenden Politik in den letzten Jahren dabei zuschauen durfte, wie sie die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer und die Mächtigen immer mächtiger gemacht hat, während die Demokratie vor sich hin bröckelt wie die Dächer unserer Schulen. 

Auch die neue Regierung weigert sich, Verantwortung für meine und alle kommenden Generationen zu übernehmen. Junge Menschen finden keine Wohnung, weil Mieten zu hoch sind, lernen in maroden Schulen, bekommen nur noch befristete Verträge und sollen jetzt auch noch an die Front. 

Klimaziele werden zugunsten der Profite der fossilen Lobby gestrichen, anstatt die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die größte Krise unserer Zeit einzudämmen. Höchste Zeit also für ein Gesetz, in dem es darum gehen sollte, unsere Zukunft zu finanzieren!

(Beifall bei der Linken)

Das könnte das Standortfördergesetz sein. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zielt die Bundesregierung jedoch einzig und allein darauf ab, durch die Förderung von privaten Investitionen den Finanzstandort Deutschland zu stärken, und das ist mehr als enttäuschend.

(Beifall bei der Linken)

Was ist dieses Gesetz wirklich? Es ist die vorweihnachtliche Erfüllung eines langen Wunschzettels der Finanzlobby. Dieses Gesetz wird nicht zum Wohl aller beitragen, wie es in der Begründung fälschlicherweise behauptet wird. Wer selbst kein hebelwilliges Privatkapital besitzt - sprich: wer nicht zu den Reichsten dieses Landes gehört -, der hat von diesem Gesetz absolut nichts zu erwarten. 

Die Bundesregierung beschränkt sich wieder einmal nur darauf, Anreize zu setzen. Ihre einzige Strategie, um die Klimakrise einzudämmen, ist, privates Kapital zu mobilisieren und so den Umbau zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft finanzieren zu können. Dabei ignoriert die Regierung, was Zivilgesellschaft und Wissenschaft schon lange sagen: Das Geschäftsmodell privater Finanzinvestoren setzt auf kurzfristige Gewinnmaximierung und steht damit im direkten Widerspruch zu dem, was es für die Finanzierung der sozialökologischen Transformation braucht, langfristige und strategisch angelegte öffentliche Investitionen.

(Beifall bei der Linken)

Es hat historisch gesehen noch keine einzige erfolgreiche Industrietransformation gegeben, die ohne langfristige strategische Planung und staatliches Kapital stattgefunden hat. Dass es diesmal ohne klappen soll, glaubt Ihnen wirklich niemand. 

Statt auf die Wissenschaft zu vertrauen, setzt die Bundesregierung mit diesem Gesetz ausgerechnet auf Private Equity, also auf die übelsten Investoren, die der neoliberale Finanzkapitalismus hervorgebracht hat. Das ist kein Versehen, sondern Ausdruck einer Politik, die sich nicht den Menschen in diesem Land verschrieben hat, sondern mit BlackRock-Kanzler Merz den Interessen des Finanzkapitals. 

(Franziska Hoppermann (CDU/CSU): O mein Gott!)

Private-Equity-Fonds sind aggressive Finanzinvestoren, deren Geschäftsmodell darauf spezialisiert ist, kurzfristige Gewinne für superreiche Anleger auf Kosten der Gesellschaft zu machen. Sie kaufen und verkaufen Wohnungen und treiben Immobilienpreise und Mieten durch die Decke. Sie kaufen Pflegeheime und Arztpraxen und sparen unser Gesundheitssystem kaputt. Für diese Finanzinvestoren ist dieses Gesetz gemacht. 

Und nicht nur das: Verschleiert als Bürokratieentlastung für Banken, schwächt die Bundesregierung mit diesem Gesetz den Verbraucherschutz und die Kontrollmöglichkeiten der Finanzaufsicht. Mit dem Gesetz soll das Mitarbeiter- und Beschwerderegister für Finanzberater abgeschafft werden. Dieses wurde nach der Finanzkrise 2008 zum Schutz von Privatanlegerinnen und Privatanlegern geschaffen, die aufgrund von provisionsgetriebener Falschberatung große Teile ihres Ersparten verloren haben. Statt Politik für die Menschen in diesem Land zu machen und ein Provisionsverbot in der Finanzberatung zu erlassen, das nachweislich finanzielle Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bringen würde, erfüllt die Bundesregierung wieder einmal nur die Wünsche der Bankenlobby.

(Beifall bei der Linken)

Die Bundesregierung zeigt mit diesem Gesetz, für wen sie Finanzpolitik macht: für Finanzberater und für Superreiche, die bereits jetzt viel zu niedrige Steuern zahlen und sich mit ihren Investitionen in Private Equity an öffentlicher und sozialer Infrastruktur bereichern. 

Der Gesetzentwurf bringt keine Standortförderung, sondern die Förderung der Finanzelite. In Ihrem Koalitionsvertrag schreiben Sie, Sie wollen „neue Zuversicht stiften“. Das aber tun Sie mit diesem Gesetz nur für die Finanzlobby. Meine Generation spürt keine Zuversicht. Wir spüren die Hitzerekorde, die Ungerechtigkeit und die Kälte einer Politik, die lieber den Finanzstandort pflegt als das Leben der Menschen. Doch große Teile der Jugend, die Sie kriegstüchtig machen wollen, kämpft schon längst: um Perspektiven, um soziale Gerechtigkeit und um das Überleben dieser Welt, und das macht mir Hoffnung. Es sind die vielen Menschen, die sich nicht länger von schönen Worten in schlechten Gesetzen täuschen lassen, sondern die selbst aktiv werden, die sich selbst organisieren, streiten, demonstrieren und zeigen: Zukunft entsteht nicht durch Deregulierung und Profitmaximierung aggressiver Finanzinvestoren, sondern durch Solidarität und die Überwindung dieses kapitalistischen Systems.

(Beifall bei der Linken)

Wir lassen uns nicht abspeisen mit alten Ideen in neuem Gewand. Gemeinsam mit den Menschen werden wir als Linke dafür sorgen, dass Standortförderung das bedeutet, was es eigentlich heißen sollte: ein Land, das Menschen stärkt, nicht kurzfristige Finanzmarktrendite. 

(Beifall bei der Linken)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Frauke Heiligenstadt das Wort. Bitte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frauke Heiligenstadt (SPD): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich ganz kurz auf einige Wortbeiträge eingehen. Die Rechtsaußenseite malt alles total schwarz und ist der Vergangenheit verhaftet. Sie reden noch über das Zukunftsfinanzierungsgesetz aus der letzten Legislaturperiode. Aber wir wissen ja, dass Sie gerne Vergangenheit predigen. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Nur noch so viel: Alleine Ihr Vorhaben, Unternehmen und Personen zu unterstützen, die Deutschland steuerflüchtig verlassen wollen, durch die vollständige Abschaffung der Wegzugsbesteuerung, entlarvt Ihre Finanzpolitik. Darüber haben wir schon gestern gesprochen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Schubert, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede! Aber in einer Rede vollständig auszublenden, dass wir gerade 500 Milliarden Euro Sondervermögen auf den Tisch legen, 

(Jörn König (AfD): Sonderschulden!)

dass wir Investitionen in öffentliche Einrichtungen, in Infrastruktur, für Kommunen, für Kindergärten, für Brücken, Straßen und Schiene zur Verfügung stellen, das finde ich nicht angemessen. Das Standortfördergesetz - der Minister hat das heute bei der Einbringung schon angesprochen - ist tatsächlich die Komplementärfinanzierung zu diesen großen öffentlichen Investitionen, die wir in dieser Legislaturperiode und darüber hinaus tätigen werden. 

(Johannes Schraps (SPD): Sehr richtig!)

Wir brauchen natürlich auch privates Kapital. Man kann nicht alles ausschließlich mit öffentlichen Investitionen anreizen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Erstens. Es ist schon angesprochen worden: Wir verbessern die Rahmenbedingungen für Start-ups und Scale-ups, das heißt für Unternehmen, die in der Gründungsphase oder in einer Wachstumsphase sind. Es sind nicht die Riesenkonzerne und das große Kapital, die wir hier unterstützen wollen, sondern das sind kleine, innovative Unternehmen, die dringend Unterstützung finanzieller Art, auch aus dem privaten Bereich, brauchen, weil sie aufgrund der Rahmenbedingungen manchmal keine Kredite von Banken erhalten können. Das macht den Standort Deutschland attraktiver, auch für Talente, und damit stärken wir den Mittelstand. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir schaffen zweitens auch Planungs- und Rechtssicherheit für Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur. Die sogenannten Kapitalsammelstellen wie Pensionsfonds, auch aus anderen Ländern, stehen in Deutschland Schlange und möchten in erneuerbare Energien investieren. Das ist sinnvoll und richtig. Damit können unsere Netze schneller ausgebaut werden. Damit können wir wichtige Schübe im Ausbau der erneuerbaren Energien erzeugen. Und das zeigt ja, dass die Politik der letzten Jahre, auch auf solche wichtigen Energien zu setzen, der richtige Weg war.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) 

Drittens. Wir bauen überflüssige Bürokratie ab. Ja, man kann grundsätzlich kritisieren, dass das Meldewesen bei Banken entschlackt werden soll. Aber, liebe Frau Schubert, das hat die BaFin als Aufsichtsbehörde selbst vorgeschlagen. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Mechthilde Wittmann (CDU/CSU): So ist es! Und die Bundesbank!)

Wir schaffen diese Meldepflicht auch nicht ohne einen Ersatz ab. Einen solchen gibt es auf europäischer Ebene. Das heißt, wir schaffen nur Doppelstrukturen ab. Deshalb hat die Aufsichtsbehörde das auch selbst vorgeschlagen. Wenn wir an dieser Stelle Bürokratie abbauen, dann ist das richtig. Das hilft den Unternehmen, das hilft den Investitionen im Land, das hilft den Gründerinnen und Gründern, dem Handwerk und unserer Industrie. Das ist moderne Politik, die diese Bundesregierung jetzt auf den Weg bringt, und das unterstützen wir gerne. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Schluss dem Bundesfinanzminister und dem Bundesfinanzministerium mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einmal danken. Wir haben das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und das Mindeststeuergesetz gemacht sowie das Energie- und Stromsteuergesetz geändert. Die Aktivrente wird kommen. Wir werden Kryptowährungen zukünftig besteuern können. Wir machen das Cuxhaven-Gesetz. Die Agrardieselrückvergütung ist abgeschlossen.

Präsidentin Julia Klöckner:

Trotzdem ist Ihre Zeit jetzt abgelaufen. 

Frauke Heiligenstadt (SPD): 

Wir werden bei der Pendlerpauschale entlasten. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Die Zeit ist abgelaufen. Danke schön.

Frauke Heiligenstadt (SPD): 

Danke für diese Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Hauke Finger das Wort.

(Beifall bei der AfD)

Hauke Finger (AfD): 

Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen! Hochverehrte Bürger! Gerade wurde hier behauptet, dass wir von der AfD die Zukunft immer nur Schwarzmalen würden. 

(Mechthilde Wittmann (CDU/CSU): Einfach im Protokoll nachlesen!)

Meine Damen und Herren, in Wahrheit ist es doch so, dass wir die Realität und vor allem die Folgen Ihrer schlechten Politik beschreiben, die sich ja nun schon einige Jahrzehnte hinzieht, und dann zeichnen wir ein positives Deutschlandbild, welches wir nach unserer Regierungsübernahme erreichen wollen und erreichen werden.

(Beifall bei der AfD)

Minister Klingbeil hat in der Einbringungsrede weitreichende Veränderungen angekündigt. Die große Vision dieses Standortfördergesetzes zerfällt allerdings bei näherer Betrachtung der heute vorgeschlagenen Form in ideologische und wirkungsarme Mosaiksteinchen. Zudem entspricht der heutige Entwurf in weiten Teilen dem Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz - das wurde gerade schon angesprochen -, einem nicht verabschiedeten Gesetzentwurf vom August letzten Jahres.

(Jörn König (AfD): Oh! Ein Ampelgesetz!)

Heute besprechen wir einen neuen Gesetzentwurf, für den bereits seit über einem Jahr viele hilfreiche Hinweise vorliegen, die aber nicht eingearbeitet wurden. Die Wirtschaft ist auf Talfahrt, und Sie verschenken hier mit dieser Art der Gesetzgebung leichtfertig kostbare Zeit, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der AfD)

Was ist inhaltlich zu kritisieren? Wo „Infrastruktur“ draufsteht, ist bei Ihnen hauptsächlich erneuerbare Energie drin. 

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Das ist gut! Das ist kumulativ!)

Ob mit privaten Geldern unsere Straßen und Brücken repariert, ob Glasfaser oder mobiles Internet ausgebaut werden oder ob nicht, das wird weder projektbezogen noch volkswirtschaftlich überprüft. Aber erneuerbare Energie, das ist bei Ihnen natürlich immer gut. Dass Flatterstrom aber keine stabile Grundlastversorgung ermöglicht, dass Batterien von Elektroautos umweltschädlich sind und dass am viel zu teuren grünen Wasserstoff die ganze deutsche Stahlindustrie zugrunde geht, das nehmen Sie billigend in Kauf. 

(Beifall bei der AfD - Michael Thews (SPD): Zurück zur Dampfmaschine!)

Der gestrige Stahlgipfel wird daran wahrscheinlich auch nichts Wesentliches ändern können. 

Ebenfalls nicht durchdacht: Bei gewerblichen Einkünften entstehen teilweise sehr komplexe steuerliche Neubewertungen für Fonds, die in ihrer Wirkung nur schwer abschätzbar sind. Das könnte laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und dem Verband der Chemischen Industrie sogar zu einem Investitionshemmnis werden. 

Sie machen hier Vorschläge zum Ausbau von Datensammelstellen, gehen dabei aber nur unzureichend auf die Datenformate ein. Sie haben teilweise wirklich vernünftige Ideen zum Bürokratieabbau, aber die sind aus unserer Sicht noch nicht richtig ausgereift.

Ein weiterer Etikettenschwindel: In der Überschrift steht „Förderung […] des Finanzstandorts“, aber im Kleingedruckten finden wir: Umsetzung von EU-Regularien. Um deutsche Start-ups für Risikokapitalgeber attraktiver zu machen, wollen Sie Börsengänge vereinfachen. Im Rahmen der Umsetzung des EU Listing Acts wollen Sie Wertpapierprospekte vereinfachen. Aber die umfassenden deutschen Haftungsregelungen wollen Sie nicht in ausreichendem Maße anpassen. In der aktuellen Version könnten im schlechtesten Fall Seitenzahlbeschränkungen für Prospekte nach dem Listing Act der EU zu einem Haftungsfall nach deutschem Recht führen, wegen Unvollständigkeit des Prospekts. Sie müssen also nachbessern. Mit der blinden Übertragung von EU-Regeln auf den Finanzplatz Deutschland sind Sie jedenfalls zum Scheitern verurteilt. 

(Beifall bei der AfD)

Im Ergebnis liefern Sie viele nette kleine Ideen, die aber leider nicht zu Ende gedacht sind. Diese Mikroverbesserungen als Standortfördergesetz zu bezeichnen, das kann man dann schon als Mogelpackung betrachten. Außerdem wird hier kostbare Zeit verschenkt. Vieles lag bereits vor, hätte ausgearbeitet und auf den Weg gebracht werden können. Dann hätten wir heute eine Version 2.0 diskutieren können. Aber während die Wirtschaft in den Keller rauscht, haben Sie es versäumt, rechtzeitig zu handeln. Schade, diese Chance haben Sie verpasst!

Wir erwarten, dass Sie die von uns geforderten Verbesserungen und die Hinweise in der Praxis umsetzen. Im Ausschuss werden wir Ihnen auf die Finger schauen. Die Wirtschaft braucht keine Rohrkrepierer, sondern Wachstumsimpulse, und zwar schnell. Wir freuen uns auf die kommenden Beratungen im Ausschuss. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Fritz Güntzler das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Fritz Güntzler (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben es heute schon mehrfach gehört - das bestreitet hier ja auch niemand -: Unsere Wirtschaft steht vor herausfordernden Zeiten. Wir sehen eine gewisse Wachstumsschwäche, wir sehen Investitionszurückhaltung in der Wirtschaft, und wir sehen uns einem internationalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Die deutsche Wirtschaft stagniert seit fünf Jahren. Wir mussten zwei Jahre Rezession wahrnehmen. Die Wirtschaft steht vor erheblichen strukturellen Herausforderungen im Transformationsprozess. Ich nenne nur die Dekarbonisierung als Beispiel. Die Koalition hat dies aber ganz klar im Koalitionsvertrag benannt, analysiert und - das Entscheidende - ein Gesamtkonzept für die Wirtschaft hinterlegt. Wir schaffen in dieser Koalition einen besseren Rahmen und bessere Standortbedingungen für unsere Wirtschaft, damit es in unserem Land wieder vorangeht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Da ich hier immer höre, das sei Klein-Klein: Wer sich mit Wirtschaftspolitik und mit dem Aufbau unseres Wirtschaftssystems auseinandersetzt, wird erkennen, dass viele Maßnahmen ineinandergreifen müssen, um zu einem Erfolg zu kommen, und dass es nicht die Maßnahme gibt, die den Erfolg bringt. Von daher ist es klug, dass wir sukzessive Dinge umsetzen, um unser Land wieder erfolgreich zu machen. 

Das Maßnahmenpaket greift. Die Kollegin Wittmann hat die Steuerschätzung angesprochen. Wir sehen auch andere positive Rahmendaten. Wir sprechen mit Investoren im Ausland. Man merkt: Es geht in Deutschland voran. Wir haben die Chance, dieses Land wirtschaftlich nach vorne zu bringen, und wir werden diese Chance als Koalition nutzen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben kurz nach der Regierungsübernahme innerhalb von acht Wochen einen Investitionsbooster beschlossen. Man kann natürlich mahnend darauf hinweisen, dass die Senkung der Körperschaftsteuer hätte schneller kommen können. Ich sage Ihnen aber: Wenn Sie sich mit Investoren unterhalten, erfahren Sie, dass sie von längeren Investitionszyklen ausgehen und das antizipieren, was kommt. Wenn ab 2028 die Körperschaftsteuer sinkt, dann ist es die erste Unternehmensteuersenkung nach 20 Jahren. Es ist ein großer Erfolg für diese Koalition, dass wir das gemeinsam beschließen konnten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es ist richtig, die Abschreibungsbedingungen zu verbessern. Es ist richtig, dass wir auch die Gastronomie stützen werden, indem wir die Umsatzsteuer auf Speisen senken werden. Es ist richtig, dass wir die Energiekosten verringern, indem wir die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, die Gaspreisumlage und die Netzentgelte senken. Wir haben Bürokratiekostenabbauprogramme vorgesehen; der Minister für Digitalisierung ist da aktiv. Wir werden unser Land modernisieren und damit auch Bürokratie abbauen. Denn das, was die Unternehmen am meisten belastet, ist der hohe bürokratische Aufwand. Überall packen wir an und sorgen dafür, dass alles ineinandergreift. Zudem schaffen wir Arbeitsanreize durch eine Aktivrente und durch steuerfreie Überstundenzuschläge. Das ist das Gesamtkonzept für unser Land und unsere Wirtschaft, das wir verfolgen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin froh, dass wir heute das Standortfördergesetz beraten. Ich schließe mich dem Dank der Kollegin Heiligenstadt an das Ministerium und den Minister an, dass dieses Gesetz, das für erhebliche Verbesserungen sorgen wird, so schnell vorgelegt wurde; denn wir brauchen in Deutschland ein besseres Investitionsklima. Es ist schon gesagt worden: Allein öffentliche Investitionen aus dem 500-Milliarden-Euro-Sonderprogramm werden es nicht schaffen. Denn 90 Prozent der Investitionen in diesem Land kommen aus dem privaten Sektor. Das müssen wir fördern, und da setzen wir an. Wir brauchen einen verbesserten Zugang der Unternehmen bei der Finanzierung. Das ist ein erheblicher Faktor für mehr Innovation, für mehr private Investitionen und damit auch für volkswirtschaftliches Wachstum in diesem Land.

Von ganz besonderer Bedeutung sind - da unterstütze ich sehr, was Frau Kollegin Beck gesagt hat - die Start-ups. In der ganze Start-up-Szene befinden sich unter Umständen die zukünftigen Hidden Champions und DAX-Unternehmen. Sie schaffen Innovation; das sind die Innovationstreiber in unserem Land. Wir müssen feststellen, dass sie mehr Kapital brauchen. Laut einschlägigen Studien sind 23 Prozent der Start-up-Unternehmen unterfinanziert. Der Finanzierungsbedarf wird auf circa 30 Milliarden Euro beziffert. Und da setzen wir an. Wir versetzen Kapitalsammelstellen wie Fonds in die Lage, in gewerblich tätige Personengesellschaften zu investieren und damit einen Booster auszulösen, sodass die Start-up-Szene weiter erfolgreich arbeiten kann. Von daher ist es auch richtig, den Roll-over-Freibetrag zu erhöhen - für die Fachleute: § 6b EstG -, sodass man, wenn man in eine Kapitalgesellschaft investiert und Geld verdient hat, nach dem Exit keine Steuern zahlen muss, sofern man das Geld in die nächste Kapitalgesellschaft investiert. Das alles sind kluge Maßnahmen, die wir nach vorne bringen wollen. 

Zur AfD. Standortförderung kann nicht dadurch geschehen, dass man aus der EU austritt, dass man einen Dexit macht. Das kostet 2,5 Millionen Arbeitsplätze. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das würde bedeuten, dass die Wirtschaft um 6 Prozent schrumpft. Standortförderung macht diese Koalition. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Zeit ist abgelaufen.

Fritz Güntzler (CDU/CSU):

Die AfD würde unser Land ruinieren. 

Herzlichen Dank. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Abgeordneter Sascha Müller das Wort. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich im Wesentlichen um das Gesetz, das bereits zu Zeiten unserer Regierungsbeteiligung als Zukunftsfinanzierungsgesetz II auf den Weg gebracht wurde. 

(Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann (CDU/CSU))

Schon der Vorgänger Zukunftsfinanzierungsgesetz I aus unserer Regierungszeit war ein Gesetz, das den Start-up-Standort Deutschland ganz nach vorn gebracht hat, und genau da knüpft nun dieses Gesetz an. Wir freuen uns, dass Sie unsere Ideen übernehmen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch dieses Nachfolgegesetz steht unter der Prämisse, dass Deutschland, ergänzend zu öffentlichen Investitionen, mehr privates Kapital mobilisieren muss: für die Dekarbonisierung, für die Digitalisierung und dafür - kurz gesagt -, die strukturellen Probleme unseres Landes zu lösen. Wir müssen den Unternehmen helfen, mehr zu investieren und ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen. Der Kapitalmarkt kann dafür ein Ort sein, aber eben nur, wenn er europäisch gedacht und europäisch reguliert wird. Deutschland kann und sollte hier nicht in Wettbewerb mit 26 anderen Mitgliedstaaten stehen; das macht schlichtweg keinen Sinn. Nein, wir brauchen klar die Kapitalmarktunion. Deswegen ist es richtig und überfällig, dass es beispielsweise endlich einen europäischen Datenpool für Unternehmensinformationen gibt; denn so muss sich niemand mehr durch 27 verschiedene nationale Register klicken. 

Das sind sinnvolle Schritte, aber es ist eben nur die Grundlage. Denn wenn wir den Finanzplatz Europa wirklich stärken wollen, dann braucht es mehr politisches Commitment. Der europäische Kapitalmarkt ist kein Selbstzweck. Europäische Unternehmen müssen sich über europäische Kapitalmärkte finanzieren können und dürfen nicht länger gezwungen sein, in die USA auszuweichen, wie wir es in der Vergangenheit viel zu oft gesehen haben. 

Zum Thema „Bürokratieabbau und Vereinfachung“. Es ist in aller Munde, und das unterstützen wir natürlich auch, beispielsweise durch ein gut gemachtes Kleinbankenregime. Ich möchte Ihnen aber hier die Illusion nehmen, man könne den Kapitalmarkt allein durch weniger Regulierung beleben. Das wäre ein Trugschluss. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Klar ist: Eine Stärkung der Kapitalmärkte funktioniert nicht ohne Vertrauen, gute Aufsicht und Verantwortung. Und genau da sehe ich im Gesetz noch Lücken. Eine Lücke, die in dem Gesetzentwurf aus unserer Regierungszeit übrigens so nicht enthalten war, ist die Abschaffung des Millionenkreditmeldewesens. Ja, das spart auf beiden Seiten vielleicht Geld. Aber es kostet auch wertvolle Informationen; denn eine Bank wüsste dann künftig nicht mehr, ob ihr Kunde nicht schon anderswo Millionenkredite aufgenommen hat. Wir sollten hier wirklich abwarten, bis das europäische Meldesystem vergleichbare Informationen liefert. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleiches gilt beim Mitarbeiter- und Beschwerderegister, das Verbraucherschutz und Aufsicht dient. Ja, auch wir sind für weniger Bürokratie. Aber wir lehnen es selbstverständlich ab, dass unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus der Anlegerschutz abgebaut wird. Man kann Vertrauen nicht durch Wegschauen erzeugen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sehen, es wird Gelegenheit geben, auch diesen Gesetzentwurf im Ausschuss noch zu verbessern. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen und danke für die Aufmerksamkeit. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Klaus Wiener das Wort. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Klaus Wiener (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Standortverschlechterungsreden der AfD noch etwas zum Standortfördergesetz, und zwar - weil viele Details schon angesprochen wurden - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Ja, es stimmt, Deutschland steckt in einer tiefen Strukturkrise. Wir wachsen jetzt seit fünf Jahren nicht mehr.

(Jörn König (AfD): Sie als Regierung haben ja auch nichts damit zu tun!)

 Fünf Jahre, das ist ein ungewöhnlich langer Zeitraum, und wir müssen uns von dieser schwachen wirtschaftlichen Grundtendenz lösen. Dafür braucht es bessere Rahmenbedingungen. Aber genau daran arbeitet ja diese Bundesregierung. Es geht vor allem darum, dass wir die Angebotsbedingungen verbessern. Da wurde schon viel auf den Weg gebracht. 

Was jetzt zu tun ist, wissen wir im Grunde auch schon lange. Der ehemalige EZB-Chef Draghi hat es noch einmal in seinem Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit präzise zusammengefasst. Draghi lässt in dem Bericht keinen Zweifel daran, dass wir für die Bewältigung all dieser Aufgaben Geld benötigen, und zwar sehr viel Geld. 

(Zuruf des Abg. Jörn König (AfD))

Da werden Summen genannt, gegen die selbst die Zahlen des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz - immerhin 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre - gering anmuten. Das Gleiche gilt für Projektionen der Europäischen Kommission oder der einschlägigen Forschungsinstitute. 

Zur Wahrheit gehört eben einfach: Die verfügbaren öffentlichen Gelder reichen trotz höherer Schulden nicht aus, um alle Herausforderungen unserer Zeit adressieren zu können. Wir brauchen Geld für den Energiebereich, die Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Liste ist lang. Es ist wichtig, dass wir private Finanzmittel mobilisieren; denn die öffentlichen alleine werden es nicht machen. 

Wenn wir mehr Geld brauchen - und das will ich deutlich betonen -, dann können wir das nicht über höhere Steuern hinbekommen, wie einige das hier immer wieder einfordern. Vielmehr brauchen wir attraktive Investitionsmöglichkeiten. Und genau hier setzt ja das Standortfördergesetz an. Es bündelt zahlreiche Maßnahmen, mit denen mehr private Investitionen ermöglicht werden sollen - das ist ja hier auch schon verschiedentlich aufgeführt worden -, und zwar insbesondere für die Bereiche Infrastruktur und erneuerbare Energien sowie - das will ich betonen, Frau Beck - für Wachstumsunternehmen; das ist sehr wichtig. 

Dieses Gesetz ist gut für Anleger, aber auch für die Volkswirtschaft insgesamt und damit letztlich für alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. In Bereichen wie der Infrastruktur oder dem Energiesektor können Anleger - das ist die Besonderheit dieser beiden Bereiche - von stabilen und planbaren Erträgen bei geringem Anlagerisiko profitieren. Das hilft zum Beispiel bei der Altersvorsorge, die ja bekanntlich über viele Jahrzehnte aufgebaut werden muss.

Noch wichtiger ist meines Erachtens aber, dass mit dem Standortfördergesetz Investitionen in junge Unternehmen, in Start-ups erleichtert werden. Deutschland ist trotz der aktuellen Herausforderungen ein starkes Industrieland - Gott sei Dank, möchte man sagen -, aber wir erleben auch, dass traditionelle Wertschöpfungsbereiche zunehmend unter Druck geraten, weil andere Länder inzwischen auch in der Lage sind, hochwertige industrielle Erzeugnisse zu fertigen.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir in zukunftsweisenden Branchen und Technologien besser werden. Ich nenne hier nur die künstliche Intelligenz, die Quantentechnologie, die Raumfahrt, die Mikroelektronik; die Liste ist lang.

Das Gute ist, dass Deutschland eine sehr lebendige Start-up-Szene hat. Da gibt es viele talentierte Menschen, die sich um innovative Geschäftsmodelle kümmern. Aber was leider oftmals fehlt, ist das Geld, um aus einem noch jungen Unternehmen in der Wachstumsphase ein wirklich großes zu machen. 

Da laufen uns regelmäßig die Amerikaner den Rang ab - leider, muss man sagen -, und nicht selten werden solche Unternehmen an die großen Unternehmen dieser Welt verkauft, bevor sie selbst in der obersten Liga mitspielen können.

Was uns damit fehlt, ist genau das, was volkswirtschaftlich mit dem Begriff „kreative Zerstörung“ beschrieben wird, ein sperriger Begriff zugegebenermaßen, aber er beschreibt genau das, was eine dynamische Wirtschaft ausmacht: In einer Welt, die sich technologisch immer wieder ändert - und das wird auch so bleiben - lösen neue Geschäftsmodelle die alten ab. 

Genau hier setzt das Standortfördergesetz an. Investmentfonds können zukünftig mehr Geld in junge Unternehmen investieren; das ist sehr gut. Es bringt gezielt steuerliche Anreize für private Investitionen. Es baut Bürokratie ab, ohne - das will ich auch noch mal betonen - dass der Verbraucherschutz oder die Finanzmarktstabilität leiden würden. 

Mit all dem, was wir auf den Weg bringen, sind wir, glaube ich, auf einem guten Weg. Deswegen freue ich mich auch auf die weiteren Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Dr. Philipp Rottwilm das Wort. Bitte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Philipp Rottwilm (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich steht das Standortfördergesetz unter einer ganz einfachen Überschrift: Weniger Bürokratie, mehr Investitionen. 

Unser Land steht wirtschaftlich vor drei zentralen Herausforderungen: 

Erstens. Wir befinden uns seit drei Jahren in einer Rezession; wir haben das eben schon einige Male gehört.

Zweitens. Wir sind zu sehr vom Ausland abhängig. Das gilt für Rohstoffe wie seltene Erden. Das gilt für Energie. Das gilt aber auch für Wachstumsfinanzierung.

Und drittens. Wir stehen vor gewaltigen Transformationsprozessen. Wir müssen unsere Infrastruktur erneuern. Wir müssen unsere Energieversorgung sauber und nachhaltig gestalten. Und wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit wiederherstellen.

Alle drei Herausforderungen verlangen nach derselben Lösung: mehr Investitionen in unser Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein wichtiger Teil dieser Investitionen muss vom Staat kommen. Lieber Minister Klingbeil, es ist Ihnen zu verdanken, dass wir diesen Teil nun endlich liefern. Mit den 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur haben wir den gordischen Knoten durchschlagen, der dieses Land über ein Jahrzehnt blockiert hat.

Doch staatliche Investitionen allein genügen nicht. Damit sie wirken können, müssen sie von privatem Kapital in viel größerem Umfang gehebelt werden. Wir sprechen hier von Tausenden Milliarden Euro, die wir über die nächsten Jahre mobilisieren müssen - Milliarden, die in leistungsfähige Stromnetze, in Windparks, in Solaranlagen, in innovative Start-ups, in neue Technologien und in unseren Mittelstand fließen müssen. 

Genau hier setzen wir an. Mit diesem Gesetz bauen wir massiv Bürokratie im Finanzsektor ab. Wir machen den Finanzstandort Deutschland wieder fit für den internationalen Wettbewerb, damit die so dringend benötigten privaten Investitionen auch fließen. 

Lassen Sie mich drei besonders wichtige Maßnahmen hervorheben: 

Erstens. Wir verbessern die Rahmenbedingungen für private Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien.

Zweitens. Wir erleichtern es Unternehmen, ihre Gewinne wieder in ihre eigenen Betriebe zu investieren.

Und drittens. Wir ermöglichen, dass in Zukunft viel mehr privates Kapital in deutsche Scale-ups fließt - in die Unternehmen also, die bisher oft genau dann abgewandert sind, wenn sie ihren Durchbruch erzielt haben und große Finanzierungen benötigen. Denn diese Finanzierungsrunden - das haben wir eben auch schon gehört - fehlen uns in Deutschland; da müssen wir ran. 

In Deutschland regen wir uns gelegentlich auf, wenn sich Investoren aus China, Katar oder den USA an unseren erfolgreichen Unternehmen beteiligen. Wir selbst aber zaudern bei innovativen Projekten, finden immer neue Gründe, warum sie schiefgehen könnten und ärgern uns dann, wenn es doch klappt: Mannomann, wären wir doch dabei gewesen! - Nein, das muss aufhören. Wir müssen auch selbst in unsere Topunternehmen investieren. Genau dafür schaffen wir mit diesem Gesetz die Voraussetzungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und wir senden eine Botschaft an all die Unternehmen, die an den Standort Deutschland glauben, an ihre mutigen Gründer, an ihre überzeugten Investoren und an ihre fleißigen Mitarbeiter. Ihnen allen sagen wir: Wir wollen euch hier! Wir glauben an euch,

(Marc Bernhard (AfD): Die glauben aber nicht mehr an euch!)

und deswegen räumen wir euch die Hürden aus dem Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Präsidentin Julia Klöckner:

Der letzte Redner in dieser Debatte ist für die CDU/CSU-Fraktion Herr Abgeordneter Philip Hoffmann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Philip M. A. Hoffmann (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Standortfördergesetz verbessern wir die Rahmenbedingungen für private Investitionen und für den Finanzplatz Deutschland. Wir beenden die Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft und vor allem für junge Unternehmen. 

Wir tun das, weil es notwendig ist; denn die Lage ist eindeutig. Deutschland hat im internationalen Vergleich an wirtschaftlicher Dynamik verloren. In den letzten Jahren lag unser Produktivitätswachstum deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Und auch die Zahlen des ifo-Instituts zeigen, dass die privaten Investitionen in Deutschland in den letzten fünf Jahren deutlich gesunken sind.

Deswegen wollen wir mit dem Standortfördergesetz Wachstum fördern, in die Energie und Infrastruktur von morgen investieren und Bürokratie abbauen. Deutschland hat Unternehmen, Deutschland hat Ideen, und Deutschland hat Talente. Aber es fehlt zu oft an Kapital, gerade in den entscheidenden Wachstumsphasen, in denen es darauf ankommt. 

Für junge Unternehmen wird es vor allem dann schwierig, wenn sie wachsen wollen, wenn sie skalieren, internationalisieren und größer werden wollen. Genau in dieser Phase bekommen Start-ups in Deutschland zu wenig Zugang zu Wachstumskapital. Die Zahlen bestätigen das: 77 Prozent aller Start-ups sehen bislang einen Mangel an Investitionskapital. 

Dabei kennen wir alle die Folgen: Die Unternehmen gehen ins Ausland, weil sie hier kein Kapital finden, vor allem in die USA. Und mit den Unternehmen gehen Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Zukunftschancen aus Deutschland weg.

Mit dem Standortfördergesetz ändern wir das. Wir verbessern die Finanzbedingungen für Unternehmen. Wir öffnen Kapitalquellen, und wir schaffen einen wettbewerbsfähigen Finanzstandort, damit der Finanzplatz Deutschland wieder attraktiv wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit dem Standortfördergesetz schaffen wir einen besseren Rahmen und beseitigen Hemmnisse für Investitionen in Energie und Infrastruktur. Wir bauen Bürokratie ab. Wir bauen Melde- und Anzeigepflichten ohne Mehrwert ab. Wir schicken Doppelmeldungen endlich in die Vergangenheit. 

Mit der Umsetzung des europäischen Rechts im Standortfördergesetz machen wir Schluss mit Gold-Plating. Das heißt, wir setzen europäisches Recht eins zu eins um - nicht strenger, nicht komplizierter, sondern eins zu eins. 

Das ist ein Politikwechsel, der unsere Wettbewerbsfähigkeit stärkt und die Wirtschaft jährlich um Millionen entlastet. Dieses Gesetz löst echte Probleme, schafft Zugang zu Kapital und stärkt den Finanzplatz Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Standortfördergesetz ändern wir den Rechtsrahmen, damit Unternehmen bei uns in Deutschland bleiben. Wir bauen Bürokratie messbar ab, damit Unternehmen wachsen können, damit Arbeitsplätze entstehen, damit Innovation in Deutschland bleibt und nicht nach London, New York oder San Francisco geht. 

Wir haben einen klaren Kompass. Wir wollen Deutschlands Wirtschaft wieder nach vorne bringen. Dafür brauchen wir einen starken Finanzsektor. Mit dem Standortfördergesetz drehen wir an der richtigen Stellschraube.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Hiermit beende ich die Debatte.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 21/2507 und 21/2544 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir wie vorgeschlagen.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 30:

 

 

30.

 

Beratung des Antrags der Abgeordneten Marc Bernhard, Leif-Erik Holm, Steffen Kotré, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

180-Grad-Wende bei Windindustrie und Photovoltaik einleiten

Drucksache 21/2545 

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat

Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Haushaltsausschuss

 

Für die Aussprache wurde eine Dauer von 60 Minuten vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die AfD-Fraktion Herr Abgeordneter Marc Bernhard. Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Marc Bernhard (AfD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wollen 2 Prozent der Fläche Deutschlands mit Windindustrieanlagen zupflastern. Das heißt, dass zu den 30 000 Windrädern, die heute schon das Land überziehen, 90 000 weitere Monsteranlagen dazukommen. Wo sollen denn diese ganzen Anlagen eigentlich alle noch hingebaut werden?

Heutige Windindustrieanlagen haben mittlerweile eine Nabenhöhe von bis zu 300 Metern, bei einer Gesamthöhe von über 370 Metern. Das ist der totale Wahnsinn. Das ist nämlich genau so, als wenn man den Pariser Eiffelturm mit einem Propeller mit 130 Metern Durchmesser versehen und ihn ein paar Hundert Meter von Ihrem Wohnhaus entfernt aufstellen würde.

Für jede Windindustrieanlage werden 1,5 Hektar Wald vernichtet. Was für ein Wahnsinn! Bäume, die CO2 speichern, werden gefällt,

(Lachen bei Abgeordneten der Linken)

um angeblich CO2 einzusparen. Das zeigt die ganze Absurdität Ihrer Agenda.

(Beifall bei der AfD - Zuruf der Abg. Janine Wissler (Die Linke))

Hundertausende Vögel werden geschreddert; Lärm und Infraschall der nur wenige Hundert Meter entfernten Monsteranlagen rauben den Menschen den Schlaf, zerstören ihre Gesundheit und lassen riesige Flächen veröden.

(Zuruf von der Linken)

Wer wird denn diese riesigen Betonfundamente von 120 000 Windindustrieanlagen mit einem Durchmesser von 25 Metern und einer Gründung bis zu 15 Metern tief jemals wieder aus der Erde entfernen?

Die Unternehmen mit Sicherheit nicht; denn jedes dieser Windräder ist eine GmbH. Man kann sich dann schon vorstellen, was passiert, wenn nach 20 Jahren die Förderung ausläuft und es um den Rückbau geht: Während die Betreiber nämlich einfach reihenweise pleitegehen, dürfen die Bürger den Schaden bezahlen.

(Beifall bei der AfD - Zuruf des Abg. Jörg Cezanne (Die Linke))

Wozu dieser ganze Wahnsinn? Für nichts und wieder nichts! Denn jede neue Solaranlage, jedes neue Windrad macht unser Stromnetz instabiler 

(Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist falsch!)

und den Strom immer noch teurer. Denn diese Zufallsenergien liefern nur Strom,

(Janine Wissler (Die Linke): „Zufallsenergien“?)

wenn der Wind weht oder die Sonne scheint, aber nicht, wenn wir den Strom brauchen.

(Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Quatsch!)

Diese Anlagen produzieren nämlich genau dann Strom, wenn wir ohnehin schon viel zu viel Strom haben, beispielsweise im Sommer mittags um zwölf - so viel, dass wir unsere Nachbarn in der Schweiz, in Österreich oder in Frankreich anrufen müssen, um sie zu bitten, uns zu retten, bevor uns das Netz zusammenbricht.

Die Antwort: Klar, ihr dummen Deutschen, wir nehmen euren Strom. Aber was zahlt ihr uns dafür? - Und dann überweisen wir Hunderte Millionen Euro jedes Jahr, nur damit andere Länder uns unseren überschüssigen Strom überhaupt abnehmen.

(Beifall bei der AfD)

Und in der Nacht, wenn die Zufallsenergien keinen Strom liefern, muss Deutschland wieder beim Nachbarn betteln: Schickt uns Strom, sonst geht bei uns das Licht aus!

(Zuruf des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und unsere Nachbarn? Die liefern natürlich, aber zum zehnfachen Preis. Allein letztes Jahr mussten wir 4 Milliarden Euro für Stromimporte bezahlen.

Und jetzt wollen Sie noch mehr Anlagen dazubauen, die genau dann Strom produzieren, wenn wir eh schon nicht mehr wissen, was wir damit überhaupt machen sollen, und unser Stromnetz schon kurz vor dem Zusammenbruch steht.

(Beifall bei der AfD)

Das ist keine Energiepolitik, das ist staatlich organisierter Irrsinn: Deutschland zahlt und hofft auf den Wetterbericht, während unsere Nachbarländer auf unsere Kosten Strompartys feiern.

(Beifall bei der AfD - Katrin Fey (Die Linke): „Strompartys“? - Zuruf des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zehntausende Netzeingriffe für 6,5 Milliarden Euro waren letztes Jahr erforderlich, um das durch Zufallsenergien immer instabiler werdende Netz stabil zu halten. Vor 20 Jahren waren es gerade mal drei Netzeingriffe pro Jahr. Daran sieht man, dass der weitere Ausbau von Zufallsenergien die jetzt schon höchsten Strompreise der Welt immer noch weiter in die Höhe treibt und unweigerlich in der Katastrophe enden muss.

Deshalb wird eine AfD-Regierung genau das tun, was der Rest der Welt schon längst macht: diesen irrsinnigen Ausbau der Zufallsenergien stoppen und die deutsche Geisterfahrt beenden,

(Beifall bei der AfD)

die Kernkraft wieder einschalten und dafür sorgen, dass Energie in Deutschland endlich wieder für jedermann sicher und bezahlbar ist.

(Beifall bei der AfD - Zuruf des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der CDU/CSU hat nun der Abgeordnete Sepp Müller das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sepp Müller (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „180-Grad-Wende bei Windindustrie und Photovoltaik einleiten“, dazu fordert uns heute die AfD-Fraktion auf.

(Zuruf von der AfD: Ganz genau! - Weitere Zurufe von der AfD)

Beim Lesen der Überschrift war ich, ehrlich gesagt, etwas irritiert.

(Marc Bernhard (AfD): Ach so, Sie hätten 360 erwartet!)

Immerhin ist Deutschland bei der Produktion von Windindustrieanlagen auf Platz drei weltweit mit führend. Wollen Sie tatsächlich über 100 000 Industriearbeitsplätze abschaffen?

(Zuruf des Abg. Leif-Erik Holm (AfD) - Weitere Zurufe von der AfD)

Sie sind die Abrissbirne für Deutschland. Sie schaden unserem Industriestandort.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Leif-Erik Holm (AfD): Während Sie gleichzeitig Hunderttausende Arbeitsplätze in der Automobilindustrie vernichten! So einen Quatsch zu erzählen!)

Schaut man sich den Antrag dann mal genauer an - und da möchte ich eine Beschwerde an denjenigen senden, der ihn geschrieben; er hat mir eine schlaflose Nacht bereitet, weil ich zwischen Irritation und Lachen kaum einschlafen konnte -,

(Zuruf von der AfD: Na ja, das muss an Ihren Augen liegen!)

dann sieht man, dass Sie mehr Fußnoten verwenden, als Sie eigentlich Antragstext schreiben.

Und schaut man sich die Fußnoten genauer an, wird klar, dass mehr als die Hälfte der Fußnoten gar nicht mehr existent und im Netz nachzuweisen ist. Findet man dann doch Fußnoten, die nachzuweisen sind, dann sollten Ihre Antragschreiber das auch genau durchlesen; das empfehle ich Ihnen.

Unter anderem verweisen Sie auf die Webseite klimareporter.de. Da sagt die Originalquelle - weil Sie auf den Preisschock der erneuerbaren Energien hinweisen -: 

„Der Preisschock sorgte für […] Wirbel und war auch Wasser auf den Mühlen für Energiewende-Gegner in Politik und Medien. Sie versuchen glauben zu machen, mit ,grünem Zappelstrom‘ sei kein verlässliches Elektrizitätssystem zu machen, […].“

(Marc Bernhard (AfD): Ist ja auch so! Ist doch auch so! - Weitere Zurufe von der AfD)

- Dann lesen Sie anscheinend nicht weiter; das sollten Sie vielleicht tun. Kerstin Andreae, Chefin des BDEW, sagt, sie

[… ] überrascht die Entwicklung nicht.“

(Marc Bernhard (AfD): Warum sollen denn 70 Gaskraftwerke jetzt plötzlich gebaut werden, wenn alles so sicher und stabil ist?)

„,Zu einem auf Erneuerbaren beruhenden Stromsystem gehören stärkere Preisschwankungen am Spotmarkt‘, [...].“

Und das nützt bei Negativpreisen nicht nur unserer Industrie, sondern auch unserer Wirtschaft.

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter.

Sepp Müller (CDU/CSU): 

Lesen Sie doch mal Ihre eigenen Quellen, und schreiben Sie sie nicht in einen Antrag, wenn sie Ihnen nicht mal für Ihre Argumentation helfen!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abg. Marc Bernhard (AfD))

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion zu?

Sepp Müller (CDU/CSU): 

Ich würde gern im Zusammenhang vortragen. Es kann gerne danach interveniert werden. 

Das zieht sich durch Ihren ganzen Antrag. Aber was will die AfD eigentlich? Schauen wir uns das doch mal ganz genau an. Sie wollen die Abschaffung des Klimaschutzgesetzes, den Stopp des Ausbaus der erneuerbaren Energien und deren teilweise Rückabwicklung. Sehr geehrte Damen und Herren, so etwas kann man nur fordern, wenn man sich weigert, der Realität ins Auge zu schauen.

(Marc Bernhard (AfD): Na ja, so wie der Rest der Welt! Nee, der Rest der Welt macht genau was anderes! Deutschland ist doch das einzige Land auf der Welt, das diesen Wahnsinn macht! Aber die sind ja alle dumm! 190 andere Länder auf der Welt sind doof, ja?)

Wir wissen, dass die Mehrheit der Wissenschaft uns nicht nur ins Stammbuch geschrieben hat, sondern sagt: Wir müssen die CO2-Emissionen nach unten drücken, damit wir unser Klima schützen - zur Bewahrung der Schöpfung, für unsere Kinder, für Ihre Enkel. - Sie sollten sich vielleicht mal mit der Mehrheit der Wissenschaft unterhalten und nicht nur Ihre Propaganda in Anträge schreiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme aus Sachsen-Anhalt. Und was bedeutet das? Wir hatten in Sachsen-Anhalt zwei Jahrhunderthochwasser innerhalb von elf Jahren: 2002 und 2013. Wir hatten in Sachsen-Anhalt die größten Waldbrände seit Aufzeichnung. Wir hatten in Sachsen-Anhalt mittlerweile ein Waldsterben im Harz,

(Zuruf des Abg. Bernd Schattner (AfD))

sodass der Brocken von unten, von Wernigerode, bis oben komplett sichtbar ist, weil kein einziger Baum mehr dort steht.

Und all diejenigen, die regelmäßig an den Ballermann fahren und im „Bierkönig“ Party feiern, sollten sich mal den Keller dort unten anschauen. Der ist nicht deswegen nass, weil das Wasser von oben reinläuft, sondern weil das Mittelmeer steigt. Der Klimawandel ist real, und deswegen sollten wir auch hier dagegenwirken. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken - Zuruf des Abg. Marc Bernhard (AfD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich hat diese neue Koalition neben dem Klimaschutz die Themen „Verlässlichkeit“ und „Bezahlbarkeit“ in den Vordergrund gestellt. Die Versorgungssicherheit sichern wir nicht nur mit dem Zubau von zusätzlichen Gaskraftwerken,

(Marc Bernhard (AfD): 70 Stück! Wie irre!)

sondern wir lassen auch die Kohlekraftwerke bis 2038 weiterlaufen. Daher sage ich an meine Kollegen der IGBCE in den Braunkohlemeilern: Herzlichen Dank und Glück auf für eure Arbeit zur Energiestabilität unseres Landes!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bezahlbarkeit gehört natürlich auch dazu. Diese Bundesregierung hat bereits die Gasspeicherumlage um 3,4 Milliarden Euro gesenkt.

(Jens Spahn (CDU/CSU): Abgeschafft! - Leif-Erik Holm (AfD): Und wer bezahlt denn das jetzt?)

Diese Koalition wird die Netzentgelte für die Strombetriebe und die Verbraucherinnen und Verbraucher um 6,5 Milliarden Euro senken.

(Leif-Erik Holm (AfD): Wer bezahlt denn das jetzt? - Marc Bernhard (AfD): Das zahlen die Bürger doch selber über ihre Steuern!)

Diese Bundesregierung wird mit unserer Koalition die Stromsteuer senken.

(Marc Bernhard (AfD): Aber nicht für die Bürger, oder?)

Wir schaffen Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz im Einklang. Und das ist - anstatt Hass und Hetze, was Sie machen - ehrliche, fundierte Politik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Marc Bernhard (AfD): Eijeijei!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Die Möglichkeit für eine Kurzintervention hat nun der Abgeordnete der AfD-Fraktion Herr Dr. Malte Kaufmann. Bitte sehr.

Dr. Malte Kaufmann (AfD): 

Frau Präsidentin, danke, dass Sie die Intervention zugelassen haben. - Herr Müller, ich wollte Ihnen eigentlich eine Zwischenfrage stellen, als Sie gesagt haben, die AfD sei die Abrissbirne für Deutschland,

(Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

und irgendwie den Arbeitsplatzabbau infrage gestellt haben. Wir sind gar nicht in der Regierung. Uns kann man die desaströse Lage, in der sich unser Land befindet, ja wahrlich nicht vorwerfen.

(Leif-Erik Holm (AfD): So sieht es aus!)

Aber was man konstatieren kann, ist, dass allein dieses Jahr bei ZF Friedrichshafen 14 000 Arbeitsplätze abgebaut wurden. Bei Bosch sind es 13 000, bei Audi 7 500, bei Daimler Truck 5 000, bei Brose 1 380, bei thyssenkrupp 11 000. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen und weiter fortsetzen. Würden Sie, Herr Müller, zugeben, dass dieser Arbeitsplatzabbau nichts mit der AfD zu tun hat, sondern mit der desaströsen Wirtschaftspolitik der Vorgängerregierung, der Ampelkoalition, und auch Ihrer Wirtschafts- und Energiepolitik?

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Sie haben die Möglichkeit zur Antwort. Bitte.

(Zuruf von der AfD: Putin ist schuld! - Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Sepp Müller (CDU/CSU): 

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Kaufmann, vielen Dank für Ihre Frage. Sie gibt mir die Möglichkeit, noch mal den Unterschied zwischen unseren beiden Fraktionen klarzumachen.

Das Erste ist: Wir als Koalition haben die Wirtschaft in Gänze im Blick. Deswegen wissen wir, dass die Wirtschaft neben den Energiepreisen - dazu komme ich gleich - die Herausforderungen bei den Bürokratiekosten

(Marc Bernhard (AfD): Da macht ihr doch auch nichts!)

und den Lohnnebenkosten hat. Diese Koalition hat sich mit dem Entlastungskabinett darauf verständigt, 8 Milliarden Euro Entlastung auf den Weg zu bringen, 10 Prozent Sachkostenreduzierung im Sachhaushalt, 8 Prozent Personalkostenreduzierung bei den Bundesbehörden und Bundesministerien.

(Marc Bernhard (AfD): Und was bringt das jetzt der Wirtschaft?)

Wir bauen die Bürokratie ab und entlasten die Wirtschaft, sodass dieses Thema abgearbeitet wird.

(Marc Bernhard (AfD): Was bringt das jetzt der Wirtschaft?)

Bei den Lohnnebenkosten haben wir uns darauf verständigt,

(Marc Bernhard (AfD): …, dass Anträge noch langsamer bearbeitet werden, oder was?)

dass sie nicht weiter steigen sollen, sondern mindestens gedeckelt werden, bestenfalls sinken.

Nun komme ich zu den Energiekosten. Bei diesen sind wir sehr hoch; das stimmt.

(Marc Bernhard (AfD): Die höchsten der Welt!)

Deswegen arbeiten wir mit dem Energie-Monitoring-Bericht daran, dass wir eine Abstimmung bekommen, um unabhängiger zu werden, unter anderem und insbesondere durch erneuerbare Energien.

(Marc Bernhard (AfD): Unabhängig von seltenen Erden aus China zum Beispiel! Die haben das ganze Silizium hergestellt! Das kommt doch alles aus China! Super Unabhängigkeit! - Zuruf des Abg. Georg Schroeter (AfD))

Denn Ihr Vorschlag - und das ist der Unterschied zwischen uns beiden - sieht vor, dass wir abhängig bleiben von Katar, die ankündigen, nicht mehr zu liefern, von Amerika, die uns sagen, dass wir Energieimporte im Wert von 750 Milliarden US-Dollar abnehmen sollen, von Russland, die vorher den Gashahn abgedreht haben.

Unabhängigkeit wird Geld kosten, Abhängigkeit wird uns die Freiheit kosten.

(Zuruf von der AfD: Wir machen uns wetterabhängig!)

Wir kämpfen für die Freiheit, damit die Bürgerinnen und Bürger in Wohlstand und Sicherheit leben können, und machen uns nicht abhängig als Vasallen anderer Länder.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Marc Bernhard (AfD): Nur von China!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Wir fahren fort in der Debatte. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Abgeordnete Katrin Uhlig das Wort. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Müller, wir teilen, dass man beim Lesen des Antrags entweder irritiert ist oder lacht - je nachdem, was man sich da anschaut. Herr Müller hat zum Antrag selber auch eigentlich schon alles gesagt. Der Antrag fordert die Rolle rückwärts ins fossile Zeitalter,

(Dirk Brandes (AfD): Nein! Ins nukleare Zeitalter!)

möchte nicht nur unseren Wirtschaftsstandort schwächen, sondern auch horrende Summen in fossile Abhängigkeiten stecken, alles unter dem Deckmantel des Einsparens. Das macht überhaupt gar keinen Sinn. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Marc Bernhard (AfD): Kernenergie wird gefordert! Kernenergie! So wie im Rest der Welt!)

Dabei pusht der Antrag gleichzeitig die unfassbar teure Atomkraft, die unsere Energieversorgung um ein Vielfaches teurer machen würde und wo der Staat die großen Teile der Entsorgung bereits übernimmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Marc Bernhard (AfD): Deswegen kostet ja auch im Rest der Welt der Strom die Hälfte! Weil das so teuer ist, oder? Weil es so teuer ist!)

Es sollte aber nicht verwundern. Denn erneuerbare Energien bieten die Möglichkeit, Deutschland und Europa souverän aufzustellen, statt von einzelnen Ländern bei Öl und Gas, aber auch bei Atomkraft massiv abhängig zu sein; der Kollege Müller hat es eben ausgeführt. Aber vermutlich geht es Ihnen um viel mehr.

(Zurufe der Abg. Dr. Michael Kaufmann (AfD) und Georg Schroeter (AfD))

- Jetzt seien Sie doch mal still! Sie hatten doch eben Zeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Linken)

Das Besondere am Ausbau der erneuerbaren Energien ist doch, dass jeder und jede teilhaben und mitmachen kann beim Ausbau der Energiewende: 

(Marc Bernhard (AfD): Nee! Nur jeder, der ein Eigenheim hat, kann mitmachen! Und der Geld hat! - Zurufe der Abg. Steffen Janich (AfD) und Marcel Queckemeyer (AfD))

Bürgerprojekte, Energy Sharing, Mieter/-innenstrom, Dach-PV - entweder zur Eigenversorgung oder zur Volleinspeisung -, Windparks und Freiflächen-PV, von denen die Kommunen profitieren.

(Marc Bernhard (AfD): Es kann nicht jeder mitmachen! 80 Prozent der Menschen können in Deutschland nicht mitmachen!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Entschuldigung. - Sie haben nachher in der Debatte noch die Chance, als Fraktion zu reden. Nun können Sie bitte der Kollegin zuhören.

Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Wir sind noch nicht bei allen Aspekten so weit, wie wir sein sollten; aber die Energiewende ist ein Mitmachprojekt, das unsere Energieversorgung breiter aufstellt und uns unabhängiger machen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Helmut Kleebank (SPD))

Für mich ist gerade das EEG auch ein Zeichen, wie wichtig das Parlament in unserer Demokratie ist. Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus diesem Hohen Hause haben sich damals, vor 25 Jahren, zusammengeschlossen, einen Gedanken entwickelt, die Idee dann in ein Gesetz gegossen und es beherzt und mit Mut durchgebracht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Nina Scheer (SPD) - Zuruf des Abg. Marcel Queckemeyer (AfD))

Nicht die Regierung, sondern dieses Hohe Haus war es, das den Grundstein für die Energiewende gelegt hat: ein Gesetz, das vielleicht am Anfang von vielen großen Konzernen noch belächelt wurde, das am Ende aber die alten Strukturen der Energieversorgung aufgebrochen und demokratischer gemacht hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Helmut Kleebank (SPD) - Marc Bernhard (AfD): Und die Arbeitsplätze vernichtet hat!)

Klar ist: Ein Projekt wie die Energiewende geschieht nicht über Nacht. Wir müssen Strukturen umbauen, manches neu denken und mit Mut für unser Land den Rahmen gestalten. Es irritiert mich schon, dass die jetzige Bundesregierung bei einem Anteil von 60 Prozent erneuerbarem Strom im Strommix nur redet. Wir müssen doch jetzt handeln. Mir macht es Sorgen, dass die Bundesregierung zwar viel darüber redet, aber weiterhin unklar ist, was ihr Plan ist.

(Marc Bernhard (AfD): Das steht in dem Antrag drin! Lesen!)

Wir brauchen Digitalisierung, Speicherkapazitäten, einen Ausbau aller Stromnetzebenen, einen Markt für gesicherte Leistung, und der Wasserstoffhochlauf muss endlich in Gang kommen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Marc Bernhard (AfD): Wozu denn? Wer braucht denn Wasserstoff?)

Erste Richtungsentscheidungen wurden in der letzten WP schon getroffen. Jetzt müssen wir darauf antworten und darauf aufbauen, damit es weitergeht. Wir müssen unser Stromsystem fitmachen für einen weiter steigenden Anteil erneuerbarer Energien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Ministerin dann aber ankündigt, dass aus ihrer Sicht die Strombedarfsprognose für 2030 nach unten korrigiert werden soll und alles langsamer werden muss, dann ist das ehrlicherweise das Gegenteil von beherztem Handeln.

(Marc Bernhard (AfD): Ich kann ja nicht alle Kraftwerke abschalten und mehr Strombedarf haben!)

Das bedeutet, dass weniger Transformation in der Wirtschaft passieren wird und deshalb der Standort geschwächt wird. Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen: Haben Sie den Mut, den die Erfinder des EEGs hatten!

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit ist abgelaufen. Danke sehr.

Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Gehen Sie beherzt voran, und ändern Sie es!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Dr. Nina Scheer das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dr. Nina Scheer (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist der Umstieg auf die erneuerbaren Energien in vielerlei Hinsicht eine Erfolgsgeschichte, 

(Zuruf von der AfD)

und er ist auch unverzichtbar, da er für Wertschöpfung weltweit steht und die Möglichkeit bietet, Kriege zu verhindern - um nur zwei markante Vorteile zu nennen. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir erleben aber gerade auch im internationalen Wettbewerb um Vorreiterschaften, dass der massive Ausbau der erneuerbaren Energien, wie er gerade in China zu beobachten ist, nicht nur mit Weltmarktführerschaften vereint wird, die letztendlich nur durch Technologien made in Germany entstehen konnten, 

(Marc Bernhard (AfD): Die bauen insbesondere Kernkraftwerke! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Mensch! Jetzt hört doch mal zu!)

sondern dass es jetzt in China weltweit erstmals seit der Industrialisierung auch gelingt, trotz Wachstum zugleich eine Senkung der CO2-Emissionen zu haben. 

(Zuruf von der AfD: Das liegt aber bestimmt nicht an Windmühlen!)

- Das liegt sehr wohl auch an Windmühlen und an Solarenergie, aber eben nicht an der von Ihnen beschworenen Atomenergie. 

(Marc Bernhard (AfD): Das liegt daran, dass die Industrie dichtmacht! Ganz einfach! Wenn Sie die Arbeitsplätze vernichten, sinkt der CO2-Ausstoß!)

Zwar setzt China auch auf Atomenergie, aber im Verhältnis zu den Investitionen in die erneuerbaren Energien ist das verschwindend gering. 

China hat sich deutlich an die Weltmarktspitze gesetzt und baut die erneuerbaren Energien stark aus. In China hat im ersten Halbjahr 2025 gegenüber dem Rest der Welt doppelt so viel Solarenergieausbau stattgefunden. 

(Marc Bernhard (AfD): Und wie viel Kohlekraftwerke? Und wie viel Kernkraftwerke?)

Wenn wir die Zahlen betrachten, auf was für einen Klimawandel wir zusteuern, und zugleich sehen, dass wir eine Reduzierung von CO2-Ausstoß trotz Wachstum hinbekommen - und das nur über Erneuerbare -, dann ist das doch ein ganz klarer Hinweis, in welche Richtung es gehen muss. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Marc Bernhard (AfD): Welches Wachstum? Drei Jahre Rezession!)

- Welches Wachstum? Meine Güte! Sie haben keine Ahnung davon, was in der Welt passiert. Informieren Sie sich einfach! 

(Marc Bernhard (AfD): Also, entschuldigen Sie mal! Drei Jahre Rezession!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage aus den Reihen der AfD zu?

Dr. Nina Scheer (SPD): 

Nein, danke. - Wir haben weltweit im ersten Halbjahr einen enormen Zuwachs an Strombedarfen zu verzeichnen. Wir haben 369 Terawattstunden zusätzlichen Strombedarf durch KI und Rechenzentren. Wir haben aber zugleich auch einen Zuwachs in Höhe von 403 Terawattstunden durch Erneuerbare-Energien-Technologien. Das weltweite Wachstum an Strombedarfen in den entsprechenden Technologien ist ja unaufhaltsam und von uns gewollt; denn wir brauchen sie. Die KI werden wir brauchen. Wir müssen zwar Rahmen setzen, wir brauchen sie aber. Auch die Rechenzentren brauchen wir in der digitalisierten Welt. Die Strombedarfe wachsen dort also. Wenn wir uns jetzt mal eine Sekunde vorstellen würden, das würde rein über fossile Energieträger oder über Atomenergie gedeckt werden, 

(Marc Bernhard (AfD): Warum nicht? Rest der Welt!)

dann würden wir feststellen: Diese existieren überhaupt nicht in den benötigten Mengen. Auch die Bauzeiten für die Kraftwerke geben das nicht her, ganz zu schweigen von den Endlagerkosten, die dann auch aufgefangen werden müssten. 

(Marc Bernhard (AfD): Ach!)

Wenn man sich das einmal vor Augen hält, stellt man fest: Der massive Bedarf beim Stromausbau, den wir haben, kann nur über erneuerbare Energien gedeckt werden; und das wird er auch. 

Und da wollen Sie, nachdem wir als Industrie- und Exportland Deutschland 

(Zuruf von der AfD: Das war mal!)

immer davon profitiert haben, bei dieser Zukunftstechnologie die Nase vorn zu haben, genau dieser Zukunftstechnologie jetzt den Stecker ziehen. Das muss man sich mal reinziehen! 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Leif-Erik Holm (AfD): Weil es nicht funktioniert! Es ist doch offensichtlich!)

Was bedeutet das denn für unser Industrieland? Das bedeutet Abrissbirne; dieses Wort hat mein Kollege gerade schon verwendet.

Noch mal zu den Investitionen in den Zubau erneuerbarer Energien. Wenn es darum geht, wie viel in 2024 weltweit bei der Stromgewinnung zugebaut bzw. darin investiert wurde, sieht man: Zu 92,5 Prozent wurde in erneuerbaren Strom investiert. In 2023 waren es noch 86 Prozent, und im Jahr 2022 waren es 83 Prozent. Auch da sieht man den ganz klaren Trend, dass man bei den Investitionen in Stromgewinnung auf erneuerbare Energien umswitcht. Und da wollen Sie sagen: Wir wollen raus. - Also wir sollen uns als Deutschland abkoppeln von einem weltweit ganz klar zu verzeichnenden Trend.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Leif-Erik Holm (AfD): Der Rest der Welt macht was anderes!)

Dann möchte ich noch mal ganz kurz auf etwas anderes eingehen. Sie sagen ja immer nur, was Sie nicht wollen, wie auch in diesem Antrag. Sie sagen sonst auch immer, dass alles über Atomenergie gehen soll, 

(Marc Bernhard (AfD): Kernkraft!)

verschweigen aber, was das volkswirtschaftlich für die Menschen bedeutet. 

(Marc Bernhard (AfD): Was denn? Auf Dauer günstige Strompreise!)

Wir haben weltweit ein Übereinkommen. Dies haben die Staaten geschlossen in einer Zeit, als man dachte, die friedliche Nutzung könnte eine gute Alternative zu der militärischen Nutzung sein. In den 50er- und 60er-Jahren haben sich die Staaten auf diesen Weg begeben. Sie haben aber zugleich erkannt, dass es dafür überhaupt keine Versicherbarkeit gibt. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Die bauen doch alle neue Atomkraftwerke!)

Kein Investor würde auf die Idee kommen, ein Atomkraftwerk zu bauen, ohne dass ihm irgendjemand anderes die Last bei der Versicherbarkeit abnimmt; denn mit Blick auf die Restrisiken ist dies schlichtweg nicht versicherbar. 

(Dr. Paul Schmidt (AfD): Das ist falsch!)

Deswegen gibt es international ein Übereinkommen. Jeder Staat hat sich verpflichtet und Versicherungshöchstgrenzen eingerichtet. Auch bei uns war das so, während wir Atomenergie genutzt haben. Wir hatten auch eine staatliche, gesetzlich fixierte Versicherungshöchstgrenze. Wenn man die nicht hat, dann investiert niemand in Atomenergie. Auch das verschweigen Sie immer. Das ist eine Subventionierung, die sich gewaschen hat. 

(Marc Bernhard (AfD): Warum baut denn der Rest der Welt Kernenergie, wenn sie so schlecht ist?)

Diese Verallgemeinerung von Kosten und Risiken verschweigen Sie permanent, wenn Sie die Atomenergie hochjubeln. 

(Marc Bernhard (AfD): Schon merkwürdig, dass Deutschland das einzige Land der Welt ist, das seine Kernkraftwerke abschaltet!)

Mit der Energiepolitik, die Sie einfordern, legen Sie die Axt an die Resilienz dieses Landes. Man kann den Menschen nur dringend abraten, 

(Zuruf von der AfD: …, SPD zu wählen!)

auf dieses faule Spiel hereinzufallen. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit ist abgelaufen. 

Dr. Nina Scheer (SPD): 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Ich lasse noch einmal, aber zum letzten Mal für heute, eine Kurzintervention der AfD-Fraktion zu. Das Wort hat Herr Adam Balten. 

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Adam Balten (AfD): 

Vielen Dank für das Zulassen der Kurzintervention, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Dr. Nina Scheer, Sie kennen sich mit Politikwissenschaften aus - schließlich haben Sie dies gelernt -, und Sie sind auch Violinistin. Hier geht es aber um knallharte Themen; es geht darum, wie die Musik spielt. Die Musik, die bei uns im Moment im Stromnetz spielt, sind die 50 Hertz, die gehalten werden müssen. Darauf basiert im Grunde genommen unsere gesamte Industrie. Es ist wirklich wichtig, diese zu halten. Die 50 Hertz ergeben sich aus der Stromerzeugung. 

Können Sie uns und den Zuschauern an den Bildschirmen vielleicht erklären, was denn diese 50 Hertz sind? Wir reden ja über technische Dinge. Und inwieweit soll Deutschland nur mit Photovoltaik und mit Windenergie, deren Leistungen sehr, sehr schwankend sind, versorgt werden? Und können Sie uns sagen, ob wir uns in Deutschland derzeit, wenn wir keine Kernkraftversorgung von außen hätten und nicht über andere Energieträger versorgt werden würden, überhaupt das ganze Jahr selber mit Strom versorgen könnten? Könnten Sie das bitte mal mit Ihrem Fachwissen ein bisschen näher erläutern? - Vielen Dank. 

Dr. Nina Scheer (SPD): 

Ich kann sehr gerne mit Ihrem nicht vorhandenen Fachwissen aufräumen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Und zwar geht es darum - ich habe gerade schon die Zahlen genannt; offenbar haben Sie nicht zugehört -: Die Investitionen, die weltweit in Elektrotechnologie gehen, sind doppelt so hoch, übrigens auch in Batterien, wie in fossile Energieträger.

(Zuruf von der AfD: Es geht jetzt um die Technik! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Jetzt hören Sie doch mal zu! Also, das gibt es doch gar nicht!)

Und Batterien heißt, dass man im System genau diese fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen ausgleichen kann.

(Marc Bernhard (AfD): Mit Batterien?)

- Mit Batterien und auch mit anderen Technologien. 

Ich kann Ihnen gerne noch mal das Fachwissen vortragen, welches wir übrigens in der gesamten Fraktion und auch im ganzen Haus, nur eben nicht in Ihren Reihen haben. 

(Marc Bernhard (AfD): Im Stromnetz speichern! Wie Frau Baerbock!)

Das ist sehr, sehr bedauerlich. Aber es geht um den Ausgleich von fluktuierenden erneuerbaren Quellen durch eine breite Palette an Speichern, 

(Marc Bernhard (AfD): Die es nicht gibt!)

und dazu gehören auch Batterien. Weltweit gibt es doppelt so hohe Investitionen in genau diese Kombination „Erneuerbare plus Speicher“ gegenüber fossilen Energieträgern. 

(Marc Bernhard (AfD): Die es nicht gibt!)

Sie können natürlich jetzt einfach weiter behaupten, dass das nicht so sei, 

(Marc Bernhard (AfD): Wo sind sie denn? Es gibt sie nicht!)

oder mit Hertz-Zahlen Dissonanzen, wenn Sie mich schon als Musikerin ansprechen, in die Diskussion hineinbringen. Es sind Dissonanzen, die Sie hineinbringen; aber es hat mit Fakten rein gar nichts zu tun. Es tut mir leid. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner: 

Nein, das ist jetzt hier kein Dialog. Ich stelle einfach noch einmal fest - ich glaube, das überfordert auch keinen -: Wer eine Frage stellt, kann die Frage stellen, wie er will. Und wer eine Antwort gibt, kann die Antwort geben, wie er will. Aber dass man das dann noch mal kommentiert, ist hier so nicht vorgesehen. Vorgesehen ist jetzt, dass wir fortfahren in der Debatte. 

Jetzt hat für die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete Janine Wissler das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der Linken)

Janine Wissler (Die Linke): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz vor der Klimakonferenz in Brasilien warnt die UN, dass wir aktuell auf 2,8 Grad Erderwärmung zusteuern. Das 1,5-Grad-Fenster schließt sich. Und mit jedem Zehntelgrad mehr werden die Folgen dramatischer: Hitze, Dürren, Fluten, Ernteausfälle. Die UN spricht von dem Risiko eines Klimakollaps. Die dramatischen Folgen des Klimawandels sind längst Realität. Sie schaffen Naturkatastrophen, Hungersnöte, Konflikte und immer neue Fluchtursachen.

Und was fordert die AfD? Sie leugnet den menschengemachten Klimawandel und will erneuerbare Energien zurückdrängen. Sie wollen zurück zur Atomenergie, 

(Marc Bernhard (AfD): Nee, Kernenergie! - Enrico Komning (AfD): Ja, wollte die CDU auch mal!)

erklären die Klimakrise zur Hysterie, Windräder zum Problem und machen sich auf einmal Sorgen um das Recycling von Solarpanels sowie um Müllprobleme und hohe Rückbaukosten beim Abriss von Windrädern. 

(Marc Bernhard (AfD): Die werden gar nicht zurückgebaut! Das ist ja das Problem!)

Die Rückbaukosten für Atomkraftwerke betragen übrigens 1 Milliarde Euro - pro Anlagenblock, wohlgemerkt. 

(Zuruf des Abg. Enrico Komning (AfD))

Und da sind die Kosten für die Endlagerung des Atommülls noch nicht mal mit drin. Die Geschichte vom billigen Atomstrom und den teuren Erneuerbaren ist eine Mär, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber von Tatsachen lassen Sie sich in Ihrem Weltbild ja bekanntlich nicht beirren. 

(Dr. Michael Kaufmann (AfD): Warum sind dann unsere Strompreise so hoch?)

Und dann die plötzliche Liebe zum Naturschutz, die immer dann erwacht, wenn irgendwo ein Windrad geplant ist; denn dann ist der Wald auf einmal heilig. Wenn es um Straßenbau oder um Tagebau geht, kann fröhlich abgeholzt werden. Aber wenn ein Windrad aufgestellt werden soll, dann wird die AfD zum Waldschützer. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Weil es nicht funktioniert! Warum sollen wir Wald abholzen, wenn es nicht funktioniert?)

Also das ist doch wirklich absurd! 

(Beifall bei der Linken)

Ich sage Ihnen: Klimaschutz ist Naturschutz. Die größte Gefahr für Wälder, Arten und Ernten ist der Klimawandel 

(Marc Bernhard (AfD): Nee, das sind die Grünen!)

und doch nicht das Windrad am Horizont. 

Und der Antrag der AfD ist wirklich auf allen Ebenen daneben. Sie beantragen, dass der Bundestag die Bundesregierung auffordert, das Klimaschutzgesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetz 

(Zuruf von der AfD: … zu streichen!)

„aufzuheben“. 

(Dr. Michael Kaufmann (AfD): Weg damit!)

Ich empfehle Ihnen, den Begriff „Gewaltenteilung“ mal zu googeln. Die Bundesregierung kann keine Gesetze „aufheben“. 

(Sepp Müller (CDU/CSU): Ja!)

Gesetzgeber ist der Deutsche Bundestag. Ich weiß, mit den Grundregeln der Demokratie haben Sie es nicht so. Aber vielleicht schauen Sie das noch mal nach. 

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Sepp Müller (CDU/CSU): Da sollten die Referenten wirklich mal gut nachprüfen, was sie aufschreiben in den Anträgen! Lächerlich ist das, was die AfD schreibt!)

Anträge unterlaufen ja normalerweise in den Fraktionen einer Rechtsprüfung, und die Rechtsprüfung soll abgleichen, ob die Forderungen mit geltendem Recht übereinstimmen. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, bei Ihnen in der AfD bedeutet Rechtsprüfung nicht, abzugleichen, ob es mit geltendem Recht vereinbar ist, sondern Rechtsprüfung bedeutet bei der AfD offenbar, zu prüfen, ob der Antrag auch rechts genug ist. Und dann kommt eben so was dabei raus. 

(Beifall bei der Linken - Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Leif-Erik Holm (AfD): Das ist ja ein Hammergag!)

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Bundesregierung bremst die Energiewende aus. Wirtschaftsministerin Reiche spricht gern von Technologieoffenheit und plant dann Gaskraftwerke in einer Größenordnung, die Milliarden bindet und neue Abhängigkeiten zementiert. Was wir brauchen, sind ein schneller Ausbau der Erneuerbaren, sind starke Netze und verlässliche Speicher statt Gaslobbyismus. 

Sonst redet die Ministerin immer gerne von Investitionssicherheit für die Wirtschaft. Aber wenn es um Zukunftstechnologien geht, um Wärmepumpen oder um Solarenergie, ist Ihnen Planungssicherheit für die Unternehmen und auch der Verlust von Arbeitsplätzen offenbar egal. Deshalb wurden Sie, wie ich hörte, beim Branchentreff der Heizungsbauer ausgebuht - in Abwesenheit, aber vollkommen zu Recht. 

Frau Reiche, Sie sagen, Klimaschutz sei überbetont worden und die Klimaziele würden den Wohlstand gefährden. Ich sage Ihnen: Nichts gefährdet den Wohlstand so sehr wie der Klimawandel. Bis 2050 drohen Klimaschäden in Höhe von 900 Milliarden Euro! Das sagt eine Studie der Bundesregierung. Schon in den nächsten 25 Jahren zahlen wir damit sechsmal mehr für die Schäden, als es kosten würde, die Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Ja, Klimaschutz kostet Geld, aber kein Klimaschutz ist viel teurer! 

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf von der AfD: Blödsinn!)

Schon jetzt: Der Versicherer Münchener Rück bzw. Munich Re beziffert die Schäden durch Naturkatastrophen allein im ersten Halbjahr dieses Jahres auf 131 Milliarden Euro. Die Allianz warnt, dass ganze Weltregionen quasi unversicherbar werden. Das sind Kosten, aber vor allem: Das gefährdet die Lebensgrundlagen der Menschen, meine Damen und Herren. 

Der AfD-Antrag ist also völliger Unsinn. Natürlich fragen Menschen trotzdem zu Recht: Warum ist denn der Strom manchmal so teuer, 

(Zuruf von der AfD: Manchmal?)

wenn doch Sonne und Wind nichts kosten? Das liegt nicht am fehlenden Atomstrom, sondern das liegt an der Gestaltung der Strombörse. Da kommen nämlich zuerst die günstigsten Kilowattstunden zum Zug, also aus Wind und Solar, dann die teureren und am Ende die teuersten - oft Gas, weil die Gaskraftwerke oft einspringen, wenn es eng wird. 

(Zuruf von der AfD)

Das Problem: Das letzte noch benötigte, teuerste Kraftwerk setzt den Preis für alle. Wenn am Ende also Gas gebraucht wird, wird auch der günstige Windstrom zu diesem Preis abgerechnet. Und das ist einfach absurd! 

(Beifall bei der Linken)

Stellen wir uns mal vor, ich hole mir in der Kantine ein belegtes Brötchen, und Herr Koller - er schaut mich gerade so freundlich an - holt sich auch ein belegtes Brötchen; dann sind die Brötchen aus, und irgendein anderer Abgeordneter isst stattdessen Kaviar. 

(Adam Balten (AfD): Wir sind hier nicht in der Kantine!)

Und das würde dann bedeuten, dass Herr Koller und ich für unsere belegten Brötchen den gleichen Preis wie für den Kaviar zahlen müssten. Ungefähr so funktioniert der Strommarkt, meine Damen und Herren. Das Grenzpreisprinzip gilt den Freunden der Marktwirtschaft als effizient, aber es führt eben dazu, dass Strom teurer wird. Das wollen wir ändern durch günstige Erzeugung und mehr Speicher. Dann sinkt der Preis. Energie muss bezahlbar sein, meine Damen und Herren! 

(Beifall bei der Linken)

Die Energiewende ist für uns nicht nur ein Austausch der Energieträger. Wir wollen auch die Eigentumsstrukturen ändern: Energie in öffentlicher Hand, dezentral, Stadtwerke starkmachen, Menschen vor Ort an den Erträgen beteiligen - für bezahlbare Energie, sichere Versorgung und echten Klimaschutz. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit ist zu Ende. 

Janine Wissler (Die Linke): 

Ich komme zum Schluss. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Nein, es ist schon Schluss gewesen. 

Janine Wissler (Die Linke): 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der Linken)

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke sehr. Ihre Redezeit ist um. 

Das Wort hat nun für die CDU/CSU-Fraktion Herr Abgeordneter Hans Koller. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hans Koller (CDU/CSU): 

Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute beschäftigen wir uns wieder mit einem Antrag von der AfD, bei dem man sich die Frage stellt: Meinen die das wirklich ernst? 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD - Zurufe von der AfD: Ja!)

- Ah ja. Dazu würde mir wieder ein Spruch einfallen; aber ich verkneife ihn mir. - Sie wissen ja genau, wie unrealistisch, wie fern jeglicher Mehrheit Ihre Vorschläge hier sind. 

(Beifall der Abg. Dr. Nina Scheer (SPD) - Zuruf von der AfD: Das entscheiden die Bürger! - Weiterer Zuruf von der AfD: Wir sind die beliebteste Partei!)

Sie erinnern sich vielleicht an das Jahr 2011 zurück, an Fukushima. 

(Zuruf des Abg. Marc Bernhard (AfD))

Und Sie erinnern sich sicherlich auch zurück, welche Stimmung hier im Lande war. Sie spielen sich doch zum Volkstribun auf. Das forderte die Politik auf, noch schneller aus der Energieerzeugung aus Kernenergie auszusteigen. Das wollten die Menschen. 

(Widerspruch bei der AfD)

Das hat die Politik mehrheitlich beschlossen. 

(Zurufe von der AfD)

Sie wollen mit Ihrem Antrag den Menschen Sand in die Augen streuen. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie vermitteln den Eindruck: Man geht in ein Kernkraftwerk, macht den Lichtschalter an, und alles läuft wieder. 

(Leif-Erik Holm (AfD): So schnell geht’s! - Weiterer Zuruf von der AfD: Ja!)

- Ach ja, so schnell geht es? - Das kommt mir so vor, als wenn dem Landwirt im August einfällt, auf seinem Kartoffelacker doch keine Kartoffeln anzupflanzen, er diese deshalb umpflügt und im August wieder Mais anbaut. 

(Marc Bernhard (AfD): Das hat die CDU vor der Wahl genau so gesagt! Das haben doch Sie von der CDU vor der Wahl genau so gesagt! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Das ist falsch, Herr Bernhard! Wir haben genau was anderes gemacht!)

So kommt mir Ihr Antrag vor. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben diesen Weg beschritten. Und ja, ich gebe Ihnen vielleicht noch dahin gehend recht - - 

(Marc Bernhard (AfD), an den Abg. Sepp Müller (CDU/CSU) gewandt: Sie wollten die Kernkraftwerke wieder einschalten! Das haben Sie vor der Wahl behauptet! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Die drei wollten wir weiterlaufen lassen! Lesen Sie doch mal richtig! - Weitere Zurufe von der AfD)

- Vielleicht könnten Sie mal wieder zuhören. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Passen Sie mal auf: Sie als AfD-Fraktion haben nachher noch die Chance, zu Wort zu kommen; Sie haben ja noch einen Redebeitrag. Vielleicht heben Sie sich die Zwischenrufe für die Redebeiträge auf. 

Ich nutze jetzt kurz die Unterbrechung: Herr Abgeordneter, möchten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion zulassen? 

Hans Koller (CDU/CSU): 

Ja, bitte. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter Malte Kaufmann. 

Dr. Malte Kaufmann (AfD): 

Vielen Dank für die Zulassung der Zwischenfrage, Herr Koller. - Da Sie gerade behauptet haben, die Mehrheit der Deutschen wolle nicht zur Kernenergie zurückgehen, muss ich Sie eines Besseren belehren. Es wurde kürzlich eine Umfrage von Verivox veröffentlicht: 55 Prozent der Befragten in der veröffentlichten Erhebung befürworten, zurückzugehen, also einen Wiedereinstieg in die Kernenergie. 36 Prozent lehnen es ab, 9 Prozent sind unentschlossen. Von daher: Von wegen, wir würden Fake News oder so was verbreiten. Ich glaube, das machen eher Sie. - Wie stehen Sie dazu? 

(Beifall bei der AfD)

Hans Koller (CDU/CSU): 

Herr Kollege, das mag heute so sein. Ich habe von Fukushima, vom Jahr 2011 gesprochen. 

(Sepp Müller (CDU/CSU), an die AfD gewandt: Genau, hören Sie doch mal zu!)

Wenn morgen wieder irgendwo etwas passiert, dann drehen sich die Umfragen sehr schnell wieder. Es ist Aufgabe der Politik, auch einmal voranzumarschieren und einen Weg, den man beschreitet, konsequent weiterzugehen. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Sepp Müller (CDU/CSU), an die AfD gewandt: Populismus, was Sie machen!)

Ich sage Ihnen: Es war sicherlich ein Fehler, als man nach Ausbruch des Krieges durch Ihren Freund Putin, der die Energiekrise weiter verschärft hat, die drei verbliebenen Kernkraftwerke abgeschaltet hat; 

(Leif-Erik Holm (AfD): Kardinalfehler!)

da bin ich bei Ihnen. 

(Steffen Janich (AfD): Ihr macht sie jetzt aber auch noch kaputt!)

Nur wir sind vier Jahre später, und dieser grausame Krieg dauert immer noch an. Also lange Rede, kurzer Sinn: Es ist völlig unrealistisch, jetzt wieder zurückzugehen, und das wissen Sie auch.

Wenn Sie in Ihrem Antrag von den Entsorgungsproblemen bei Windkraftanlagen und von PV-Anlagen sprechen, haben Sie dann sicherlich auch die Antworten, wie wir das Problem mit dem Atommüllendlager lösen.

(Zuruf von der AfD: Ja, haben wir! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Das steht nicht im Antrag! Schreibt es doch in den Antrag! Im Antrag steht es nicht drin! - Gegenruf des Abg. Marc Bernhard (AfD): Beschäftigen Sie sich mal mit dem Thema!)

- Das haben Sie. - Und da werden Sie sicher auch Bürgerbefragungen stattfinden lassen, weil Sie ja die Volkstribune sind. Hören Sie doch auf, den Menschen einen solchen Unsinn zu erzählen, der mit der politischen Realität nichts zu tun hat. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Linken)

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe ist es, stabile Stromnetze zu schaffen.

(Steffen Janich (AfD): Dann machen Sie es doch!)

Unsere Aufgabe ist es, diese Energiewende technologieoffen zu gestalten. Und unsere Aufgabe ist es auch, Innovationen aus der Wirtschaft heraus nicht nur zuzulassen, sondern zu fördern. Ich glaube, dass unsere wirtschaftlichen Probleme 

(Zurufe von der AfD)

sicherlich auch zu einem Teil durch die hohen Energiepreise bedingt sind. Aber es gibt noch viele andere Komponenten, die wir, die diese schwarz-rote Bundesregierung jetzt Zug um Zug auch in eine andere Richtung lenkt, damit die Wirtschaft wieder ans Laufen kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das gelingt aber nicht mit solchen Schaufensteranträgen am Freitagvormittag, die uns nur eine Stunde später ins Wochenende kommen lassen, die keinerlei Aussicht haben, irgendwo verwirklicht zu werden.

Wir müssen mit den Menschen, wir müssen mit der Wirtschaft, wir müssen mit der Innovationskraft unserer Wirtschaft die Herausforderungen angehen und auch annehmen.

(Marc Bernhard (AfD): Dann machen Sie es endlich!)

Da sind wir auf einem guten Weg, aber nicht mit 180-Grad-Wenden, sondern

(Dirk Brandes (AfD): … mit 360-Grad-Wenden!)

mit einem Energiemix, mit einem Mix an Technologien,

(Zuruf von der AfD: Aber das machen Sie ja nicht!)

die im nächsten Jahr oder in zwei Jahren schon wieder völlig neue Gesichtspunkte mit sich bringen können.

Technologieoffenheit, Innovation und vor allen Dingen die Menschen im Blick und im Auge: Das ist die Politik dieser Bundesregierung.

(Marc Bernhard (AfD): Machen Sie erst mal endlich Politik!)

Dies werden wir konsequent fortsetzen. In diesem Sinne: Sparen Sie sich solche Anträge und hören Sie auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Leif-Erik Holm das Wort.

(Beifall bei der AfD)

Leif-Erik Holm (AfD): 

Liebe Bürger! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Andere Länder gehen einen realistischen Weg, Herr Koller und alle anderen hier, sie gehen den Weg der Kernkraft, weil er richtig ist, 

(Beifall bei der AfD)

während wir uns in Deutschland hier immer noch mit Vers eins der Klimakirche befassen: „Wind und Sonne stellen keine Rechnung“.

(Zuruf des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist natürlich Quatsch. Jahr für Jahr werden die Taschen der Bürger mehr geplündert für eine nicht funktionierende Energiewende, die bis zum Ende laut McKinsey 6 Billionen Euro verschlingen wird - ein Wahnsinn an Subventionen und explodierenden Preisen!

(Sepp Müller (CDU/CSU): 80 Milliarden Euro für Energieimporte im Jahr!)

Diesen Wahnsinn müssen wir dringend beenden, wenn wir weiter in Wohlstand leben wollen.

(Beifall bei der AfD)

Der ganze Murks ist unbezahlbar geworden. Wir haben die höchsten Strompreise der Welt. Bürger und Unternehmen zahlen sich dumm und dusselig. Sie schaufeln geradezu ihre Milliarden in ein Fass ohne Boden. Sie müssen es tun, weil der Staat es so will. Aber diese Strompreise sind nicht mehr durchzuhalten, und deswegen werden die nötigen Milliarden jetzt mehr und mehr den Steuerzahlern aus der Tasche gezogen. 6,5 Milliarden Euro für Netzentgeltentlastungen werden jetzt im Haushalt versteckt. Die Kosten des EEG sind schon versteckt: 15 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr. Beim Industriestrompreis wird das Gleiche geplant: 1,5 Milliarden Euro. Das sind dann summa summarum etwa 25 Milliarden Euro pro Jahr, die jetzt über den Haushalt laufen. Das ist „Linke Tasche, Rechte Tasche“. Das ist ein Taschenspielertrick, nichts anderes.

(Beifall bei der AfD)

Nur durch den großen Merz’schen Schluck aus der Sonderverschuldungspulle kann dieses Ponzi-Spiel erst mal weitergehen, bis der Haushalt komplett ruiniert ist. Sie sind Taschenspieler, die das unausweichliche fatale Ende nur hinauszögern wollen.

(Beifall bei der AfD)

Die Folgen dieser Politik sind doch klar. Das Industrieland Deutschland wird abgewickelt. Monat für Monat gehen Arbeitsplätze verloren. Deutschland ist auf der Rutschbahn. Malte Kaufmann hat die Zahlen gerade schon eindrucksvoll erwähnt. Dazu zerstören sie auch noch unsere Landschaft, unsere Natur. Fragen Sie mal die Leute im ländlichen Raum, die von immer mehr Windindustrieanlagen umzingelt werden. Bei mir in Mecklenburg-Vorpommern sind es jetzt schon 2 000 Anlagen.

(Zuruf des Abg. Lukas Benner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn dann wirklich die Flächen aus der 2-Prozent-Regelung auch noch mit diesen Ungetümen zugestellt werden, dann sind es 5 000, vielleicht 6 000 Anlagen, und das im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern. Das wollen wir nicht, und das brauchen wir auch nicht.

(Beifall bei der AfD)

Deswegen sagen wir Dankeschön für das bürgerschaftliche Engagement der vielen, die gegen diesen verordneten Wahnsinn kämpfen. Danke nach Greven, Werder, Mühlen Eichsen, Gadebusch, Altentreptow, an die Friedländer Große Wiese, Kladrum, Galenbeck. Wir sagen Danke den Bürgern, die diesem Widersinn die Stirn bieten.

(Beifall bei der AfD)

Die Bürger wollen nicht länger zusehen, wie die heimische Natur für eine ideologische Energiewende geopfert wird, die vorne und hinten nicht funktioniert. Bis zu 1 000 Kubikmeter Betonfundament, kaum recycelbare Kohlefaser-Verbundwerkstoffe für die Rotorblätter, geschredderte Vögel, ein verändertes Mikroklima, Infraschall, zerstörte Kulturlandschaft: Diesen Wahnsinn werden wir stoppen; denn er macht unser Land kaputt. Wir müssen zurück zur Vernunft.

(Beifall bei der AfD - Zuruf der Abg. Swantje Henrike Michaelsen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will noch mal klarmachen: Windenergie, Photovoltaik auf Dächern, nicht auf fruchtbaren Äckern, sind eine Ergänzung im Energiemix. Sie sind aber volatil. Sie können nicht die Basis einer Energieversorgung für ein Industrieland bieten.

Was wir für den Erhalt unseres Landes wirklich brauchen, sind Kernkraftwerke. 

(Lachen bei Abgeordneten der Linken)

Zur Erinnerung, man kann es nicht oft genug sagen: 6 Billionen Euro kostet der Popanz Energiewende. Für einen Bruchteil davon können wir ausreichend Kernkraftwerke neu bauen.

(Sepp Müller (CDU/CSU): Und wer liefert uns das Uran? - Zuruf der Abg. Dr. Franziska Kersten (SPD))

Deutschlands Bürger, die von heute und die von morgen, würden Billionen mehr in der Tasche behalten können. Dann wäre es auch Zeit für Entlastung. Sie wäre dann möglich. Das ist der Weg der AfD.

(Beifall bei der AfD - Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch!)

Sie alle hier gehen den falschen Weg weiter. Wer Kühltürme von nutzbaren Kernkraftwerken sprengt, der hat nichts verstanden und versündigt sich am heutigen und zukünftigen Wohlstand.

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Leif-Erik Holm (AfD): 

Vielen Dank. - Ich beende meine Rede.

Präsidentin Julia Klöckner:

Ja, die ist schon beendet.

Leif-Erik Holm (AfD): 

Wer also preiswerte Energie möchte, - 

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke schön. Ihre Zeit ist sehr überzogen.

Leif-Erik Holm (AfD): 

- der braucht die AfD.

Präsidentin Julia Klöckner:

Ich stelle Ihnen jetzt das Mikrofon ab, tut mir leid.

Leif-Erik Holm (AfD): 

Wer dies nicht tut, der gehört nicht auf die Regierungsbank, sondern -

Präsidentin Julia Klöckner:

Nein!

Leif-Erik Holm (AfD): 

- aufs Altenteil.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner: 

Vielleicht kurz noch mal - kognitiv eigentlich gar nicht so schwer nachvollziehbar -: Wenn 15 Sekunden vor Schluss „Präsident“ aufblinkt, dann heißt es, zum Ende zu kommen. Und wenn ich Ihnen ein paar Sekunden noch darüber hinaus gebe und dann sage: „Es ist beendet!“, dann ist es beendet. Darum bitte ich wirklich - wir haben heute Freitag -, dass wir die Zeit einhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Helmut Kleebank das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Helmut Kleebank (SPD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der AfD stellt den Umbau unseres Energiesystems grundsätzlich in Frage.

(Dr. Rainer Kraft (AfD): Ja!)

Wichtig in diesem Zusammenhang ist: Wie wird so etwas begründet? Deswegen will ich sehr grundsätzlich auf die Art und Weise eingehen, wie die AfD schriftlich, aber auch mündlich ihre so schrägen Anträge begründet. Es lohnt sich also, einen Blick auf die rhetorischen Tricks zu werfen,

(Zuruf von der AfD: Aha!)

auf die Methode, mit denen Klimawandelleugner und auch die AfD versuchen,

(Enrico Komning (AfD): Wir leugnen überhaupt nicht den Klimawandel! - Dr. Rainer Kraft (AfD): Es gibt keinen einzigen Klimawandelleugner bei uns!)

die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern, Stimmung zu machen und die Leute aufzuwiegeln.

Da sind zunächst mal, erstens, die Pseudoexperten. Man benennt unqualifizierte Personen oder Institutionen als Expertinnen und Experten, die andere Meinungen verbreiten,

(Enrico Komning (AfD): Das machen Sie doch auch!)

und deklariert diese als kompetent. Dann bläht man diese Meinungen, diese tatsächlich oder wahlweise auch nicht vorhandenen, nicht existierenden Gruppen zu einer angeblich großen Anzahl auf. Dann suggeriert man, es gebe einen unglaublichen großen Streit und man sei sich keineswegs in der Wissenschaft einig.

(Enrico Komning (AfD): Das ist ja eine Verschwörungstheorie, die Sie da verbreiten!)

- Dazu kommen wir tatsächlich noch.

(Zuruf von der AfD)

- Sie können das ja in Ihren eigenen Reden mal nachprüfen.

Zweiter Punkt. Weiterhin verbreitet sind Logikfehler - sehr beliebte Angelegenheit. Man zieht aus den Fakten falsche Schlüsse, verdreht sie und stellt sie als gegenteiligen Fakt dar, so nach dem Motto „Klimawandel gab es schon immer“ und Ähnliches.

(Enrico Komning (AfD): Gab es Klimawandel nicht schon immer?)

Oder auch: CO2 ist harmlos, weil sich Pflanzen davon ernähren. - Man verwendet also falsche Darstellungen, Mehrdeutigkeiten, übermäßige Vereinfachungen, falsche Analogien.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) - Marc Bernhard (AfD): Ah, okay! - Enrico Komning (AfD): Die sind ganz schön schlau von der SPD! - Gegenruf der Abg. Dr. Franziska Kersten (SPD): Danke für das Kompliment!)

- In der Hinsicht, würde ich sagen: raffiniert.

Dritter Punkt. Beliebt ist es auch, an die Wissenschaft oder wissenschaftliche Ergebnisse erkennbar unerfüllbare Erwartungen zu stellen, um sie dann eben wegen der Nichterfüllung anschließend zu diskreditieren. Ein Beispiel: Klimamodelle liefern keine präzisen Vorhersagen, daher taugen sie nichts.

(Marc Bernhard (AfD): Die liefern gar keine verlässlichen Vorhersagen!)

Unerfüllbare Erwartungen - raffinierte Methode!Allgemein bekannt ist die Rosinenpickerei. Man pickt sich also aus den Daten nur kleine Puzzlestücke heraus, die die eigene Meinung untermauern 

(Marc Bernhard (AfD): Aha!)

und im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Gesamtzusammenhang stehen. Was wir hier immer wieder sehen, ist zum Beispiel das Hervorkramen einzelner methodisch schwacher und ungeprüfter Studien, die scheinbar oder tatsächlich gegen den Konsens im Weltklimarat stehen. Das war der vierte Punkt. 

Und natürlich - jetzt kommen wir zu Ihren Verschwörungstheorien - 

(Enrico Komning (AfD): Nee, nee! Das sind ja Ihre!)

behauptet man, geheime Organisationen oder Bünde würden die Daten verfälschen, um die Öffentlichkeit zu täuschen. Hier sind konstruierte Widersprüche zu nennen. Man spricht Generalverdacht aus, unterstellt üble Absichten, man suggeriert, irgendetwas würde nicht stimmen, selbst begibt man sich in die Opferrolle. Und letztlich erzeugt das eine Immunität gegen das, was als Beweisen tatsächlich vorliegt. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sepp Müller (CDU/CSU) und Dr. Fabian Fahl (Die Linke) - Zuruf von der AfD: Zum Thema! - Gegenruf der Abg. Dunja Kreiser (SPD): Das ist das Thema!)

All diese üblen Zutaten mischen Sie von der AfD Woche für Woche, Sitzung für Sitzung zu einem toxischen Cocktail zusammen, 

(Marc Bernhard (AfD): Nee, das ist Ihre Regierungspolitik!)

fügen noch eine Überdosis beleidigende Zuschreibungen hinzu und malträtieren uns hier damit. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) - Enrico Komning (AfD): Na ja, so Parlamentarismus ist schon doof, oder?)

Ich kenne Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, die kriegen davon - ich entschuldige mich für meine Ausdrucksweise; aber es stimmt einfach - nur noch Brechreiz. 

(Beifall der Abg. Dr. Nina Scheer (SPD) - Zurufe von der AfD: Oh!)

Wir können ja mal eine kleine Umfrage dazu machen. 

Sie haben von mir etwas zum Antrag erwartet. Die Begründungszusammenhänge der AfD in Bezug auf den Klimawandel sind eigentlich immer gleich. Wenn man also diese rhetorischen Methoden mal entkleidet, mal beiseitelässt, erkennt man Folgendes: 

Ihre Behauptung ist: Den Klimawandel gibt es nicht. 

(Enrico Komning (AfD): Das stimmt doch gar nicht! Schon falsch! Natürlich gibt es den Klimawandel! Noch mal ausdrücklich: Ja, den Klimawandel gibt es! - Dr. Malte Kaufmann (AfD): Keiner behauptet das! - Weitere Zurufe von der AfD)

Falls es ihn dann doch gibt, ist auf jeden Fall nicht das CO2 schuld. Falls das CO2 doch schuld sein sollte, ist auf jeden Fall nicht die Menschheit mit ihren Emissionen schuld. 

(Dunja Kreiser (SPD): Genau!)

Im Zweifel gibt man an, die Wissenschaft sei sich nicht einig - darauf bin ich schon eingegangen ‑, 

(Enrico Komning (AfD): Das stimmt ja auch!)

oder alternativ: Wir können nichts dagegen tun, und deswegen müssten wir uns einfach anpassen. 

(Enrico Komning (AfD): Korrekt!)

Und beim neuesten Drive - Sie haben schon immer gesagt, es sei eine Ideologie; dabei sind Sie selbst zutiefst ideologisch - kommt allmählich der Begriff der Religion ins Spiel. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Klimakirche!)

Klimaschutz und der Umgang mit dem Klimawandel seien eine Religion. 

(Dr. Malte Kaufmann (AfD): Ja! Klimareligion!)

Ihre Kommunikation hat diese fünf Elemente. 

(Adam Balten (AfD): Was sagt der Klimamessias Bill Gates dazu?)

Und Sie können sie alle methodisch durch ihre Begründungszusammenhänge in Ihren Reden dieser und der letzten Wochen durchdeklinieren. Sie mischen das alles zusammen und versuchen, die Leute zu verwirren. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken - Enrico Komning (AfD): Aha! Und Sie klären jetzt auf?)

- Dafür reicht die Zeit nicht mehr; deswegen: Fortsetzung folgt. 

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wir haben ja noch weitere Gelegenheiten. 

Ich will vielleicht eine Sache zum Abschluss sagen. Der Klimawandel ist durch unzählige Messwerte, durch unzählige Messreihen, durch Beobachtungen der Natur absolut bewiesen. 

(Marc Bernhard (AfD): Klimawandel fand schon immer statt! - Weiterer Zuruf von der AfD)

Und es ist physikalisch absolut bewiesen - das werde ich an späterer Stelle noch mal ausführen -, welche Zusammenhänge bestehen. Die Naturgesetze sind verstanden, sie sind absolut zuverlässig beschrieben, sie sind durch Experimente belegt. 

(Zuruf des Abg. Marcel Queckemeyer (AfD))

Es gibt keinen Zweifel daran, dass Treibhausgase - vor allen Dingen CO2 - die entscheidenden Treiber des Klimawandels sind. Alles andere werde ich Ihnen später erzählen. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Der nächste Redner in der Debatte ist Dr. Alaa Alhamwi für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Haben Sie auch ein Déjà-vu? Schon vor der Sommerpause hat die AfD-Fraktion einen Antrag eingebracht, mit dem sie mal eben alle Klimaschutzgesetze abschaffen, internationale Verpflichtungen über Bord werfen und Deutschland zurück in die energiepolitische Steinzeit katapultieren wollte. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Das machen Sie schon ganz alleine!)

Und heute: ein neuer Quatschantrag, gleiches Spiel. Die AfD möchte bei den Erneuerbaren eine 180-Grad-Wende 

(Zuruf von der AfD: Ja!)

oder - das bedeutet es eigentlich - scharf rechts abbiegen. 

(Enrico Komning (AfD): Scharf rechts ist dann nur 90 Grad!)

Also, auf ein Neues! 

Ich fasse mal Ihre nicht sehr originellen Punkte zusammen: Abschaffung des Klimaschutzgesetzes, Abkehr von der Energiewende, 

(Zurufe von der AfD: Ja!)

Beendigung des EU-Green-Deals 

(Zurufe von der AfD: Ja!)

und Rückkehr zur teuersten und gefährlichsten Technologie, die wir alle kennen: Atomkraft. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Märchen! Märchen! Warum machen es dann die anderen Länder alle? Schauen Sie mal auf die Strompreise dort! Die sind niedriger als bei uns!)

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Sie fantasieren von explodierenden Kosten durch erneuerbare Energien, 

(Marc Bernhard (AfD): Schauen Sie mal auf Ihre Stromrechnung! Dann wissen Sie Bescheid!)

von Wind- und Solaranlagen, die unser Land angeblich in eine Müllhalde verwandeln. 

(Zurufe von der AfD: Ja!)

Und Ihre Lösung ist Atomkraft? 

(Zurufe von der AfD: Ja!)

Reaktorneubauten dauern Jahrzehnte, 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Genau!)

kosten zig Milliarden 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Genau! - Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)

und hinterlassen Atommüll für Hunderttausende Jahre - ganz zu schweigen von den Abhängigkeiten. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf des Abg. Dr. Malte Kaufmann (AfD))

Angenommen, es gäbe diese Atomkraftwerke: Woher soll das Uran denn kommen? Wollen Sie Abhängigkeit von russischem Uran, weil das beim Gas ja so toll geklappt hat? 

(Beifall der Abg. Dr. Nina Scheer (SPD) und Sandra Stein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

In meiner Rede zu Ihrem letzten Quatschantrag habe ich gesagt: „Man kann sich die Mühe sparen, Ihren ganzen Quatsch wieder und wieder zu falsifizieren.“ Ich will mal Fakten in diese Debatte bringen.

(Zuruf von der AfD: Dann bringen Sie doch mal die Fakten!)

Das hat dieses Hohe Haus verdient. Sie von der AfD können meinetwegen gerne weghören. 

(Zuruf des Abg. Bernd Schattner (AfD))

Es ist sinnvoller, mit einer Wand zu debattieren als mit Ihnen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD - Luigi Pantisano (Die Linke): Ja! Und deutlich schlauer!)

Also los. Erstens. Wind und Solar sind heute die günstigsten Energiequellen weltweit. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Lachen bei Abgeordneten der AfD - Leif-Erik Holm (AfD): Lachhaft!)

Zweitens. Wind und Solar sind Teil eines Mixes und nicht alleinige Energiequellen. Dunkelflauten sind bekannt und technisch beherrschbar. Dafür müssen wir unsere Speicherkapazitäten ausbauen. 

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD - Zuruf von der AfD: Wo sind sie denn?)

Drittens. Die deutsche Wind- und Solarbranche beschäftigt schon jetzt mehr als 400 000 Menschen. 

Viertens. Unsere heimischen Erneuerbaren senken die Abhängigkeit von Autokraten. 

(Leif-Erik Holm (AfD): … und erhöhen sie vom Wetter!)

Und fünftens. Die Strompreise sind hoch, ja; aber das liegt vor allem an Netzgebühren und Steuern. 

(Zuruf von der AfD: Wer hat denn die Gebühren geschaffen?)

Und die Gaskrise durch den russischen Angriffskrieg hat die Preisspitzen verursacht. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf von der AfD: Wer war denn in der Regierung?)

Was brauchen wir also? Nicht weniger, sondern mehr Erneuerbare, 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

mehr Speicherkapazitäten und grünen Wasserstoff, eine Stromsteuersenkung für alle, mehr Flexibilität im Netz, eine Elektrifizierungsagenda und mehr Digitalisierung im Energiesystem. 

Und damit: Bis zum nächsten Mal, wenn sich die AfD einen neuen Quatschantrag ausgedacht hat, um Arbeitsplätze zu gefährden 

(Leif-Erik Holm (AfD): Wir wollen sie retten! Wir wollen Arbeitsplätze retten!)

und unser Land international abzuhängen. Bleiben Sie dabei! 

Vizepräsident Omid Nouripour:

Sie müssen zum Ende kommen. 

Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Die Energiewende werden wir weiter verteidigen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Nächste Rednerin ist Dr. Maria-Lena Weiss von der Unionsfraktion. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Maria-Lena Weiss (CDU/CSU): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Deutschland braucht eine Energiepolitik mit verlässlichen Rahmenbedingungen, eine Energiepolitik, die Sicherheit schafft und die unseren wirtschaftlichen Erfolg schützt. Wir sprechen hier über die Grundlagen unserer industriellen Stärke, unserer Arbeitsplätze und unseres Wohlstands. 

Mit Ihrem Antrag, liebe AfD, machen Sie eine 180-Grad-Wende direkt in die Sackgasse. Sie wollen darin das Klimaschutzgesetz abschaffen, Sie wollen die Förderung für alle erneuerbaren Energien - Sonne, Wasser, Biomasse, Geothermie - beenden, 

(Zuruf von der AfD: Ja, die bringen doch nichts!)

Sie wollen das EEG aufheben, Sie wollen den Green Deal stoppen, und Sie wollen alle Photovoltaik- und Windkraftanlagen zurückbauen. 

(Marc Bernhard (AfD): Nee, das haben wir nicht gesagt! Das steht da nicht drin!)

Das heißt: Sie wollen von 260 Gigawatt installierter Leistung der Stromerzeugungsanlagen im Jahr 2024 von heute auf morgen einfach auf 188 Gigawatt verzichten - also auf zwei Drittel der installierten Leistung. 

(Leif-Erik Holm (AfD): Nein, das ist doch Unsinn! Es gibt doch Bestandsschutz! Wir wollen den Ausbau stoppen! - Marc Bernhard (AfD): Kein Rückbau!)

Das ist kein Plan; das ist destruktiv. Es ist immer das gleiche Muster: Sie von der AfD sagen, was Sie ablehnen; aber Sie sagen nicht, wie Sie es besser machen würden. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei der AfD)

Sie sagen, was verschwinden soll; aber Sie sagen nie, was entstehen soll. 

(Marc Bernhard (AfD): Kernenergie! - Zurufe von der AfD: Doch!)

So gestaltet man kein Land, so löst man keine Herausforderungen; so gefährdet man Wohlstand und Versorgungssicherheit. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vorhin gesagt, wir sollen es doch so machen wie andere Länder. Ja, dann schauen Sie doch mal zu Ihren chinesischen Freunden: Die haben im ersten Halbjahr 2025 das Doppelte an Photovoltaik installiert wie wir in den letzten 25 Jahren.

(Marc Bernhard (AfD): Und wie viele Kernkraftwerke und wie viele Kohlekraftwerke in der gleichen Zeit?)

Aber das wollen Sie nicht sehen, und das wollen Sie nicht hören, weil Sie das gar nicht interessiert.

(Zuruf von der AfD: Doch, natürlich!)

Ich kann es mit einem Satz zusammenfassen: Ihnen fehlt jeder Gestaltungswille, und das ist das Problem. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Würden wir den in Ihrem Antrag vorgeschlagenen Weg gehen, dann würde die Energie in Deutschland nicht sicherer, sondern unsicherer. 

(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))

Sie würde nicht günstiger, sie würde teurer. Und unsere Industrie würde nicht gestärkt, sondern sie würde aus dem Land gedrängt. 

(Marc Bernhard (AfD): So teuer wie in Frankreich!)

Das wiederum beklagen Sie dann nächste Woche in Ihrem Antrag „Abwanderung der deutschen Industrie ins Ausland stoppen“; das ist die Ironie daran. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch klar: Wer Energie nicht selbst erzeugt, der macht sich abhängig. Das bedeutet im Zweifel Abhängigkeit von Staaten, die vielleicht Ihre Werte, aber nicht unsere Werte und auch nicht unsere Interessen teilen. Wir haben schmerzlich erlebt, wohin eine energiepolitische Abhängigkeit von Russland führt.

(Georg Schroeter (AfD): Wer hat das denn gemacht?)

Sie macht uns verwundbar - wirtschaftlich, außenpolitisch, sicherheitspolitisch. Deshalb braucht ein souveränes Deutschland eine eigene, eine verlässliche Energieerzeugung im eigenen Land.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Leif-Erik Holm (AfD): Richtig! Deswegen sind wir für Kernkraft!)

Wir als Union wollen eine Energiewende, die realistisch, die wirtschaftlich, die sicher ist. Deshalb wollen wir eine Energiepolitik, die auf einer realistischen Bedarfsermittlung basiert statt auf ideologischem Wunschdenken. Deshalb wollen wir erneuerbare Energien, die system- und marktdienlich wirken, und deshalb wollen wir Netze, Erzeugung und Speicher koordiniert und gemeinsam ausbauen. Und vor allem: Wir wollen und wir werden die Versorgung durch moderne, flexible, wasserstofffähige Kraftwerke sichern, eingebettet in einen technologieoffenen Kapazitätsmarkt, der zu jeder Stunde Leistung garantiert. Das ist realistisch, das ist verantwortungsvoll, und das hält uns handlungsfähig. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gleichzeitig ermöglichen wir Zukunftstechnologien wie Wasserstoff und CO2-Abscheidung und -Nutzung, die vor allem der Industrie die Chance geben, klimaneutral zu produzieren, ohne das Land verlassen zu müssen. Wer diese Technologien blockiert, wie Sie das gestern beim Kohlendioxid-Speicherungsgesetz gemacht haben, der blockiert Zukunft, und zwar unsere eigene.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Helmut Kleebank (SPD) - Sepp Müller (CDU/CSU): Sie sind halt die Abrissbirne für Deutschland! - Leif-Erik Holm (AfD): Falsch! Das ist der falsche Weg! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Die Industrie fordert CCS und CCU seit zwei Jahrzehnten!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland braucht keine Energiepolitik, die 180 Grad zurück in die Vergangenheit führt. Deutschland braucht eine bezahlbare, eine sichere und innovative Energiepolitik mit Richtung, mit Planung und mit Verantwortung. Die AfD blickt zurück. Wir führen Deutschland nach vorne. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Omid Nouripour: 

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass es den Wunsch nach einer Zwischenfrage gab. Diese ist nicht zugelassen worden. Die Bundestagspräsidentin hat vorhin klar gesagt, dass für diesen Tagesordnungspunkt keine Kurzinterventionen mehr zugelassen werden können, weil wir im Verzug sind. Das ist nicht für den ganzen Tag in Stein gemeißelt, aber für diesen Tagesordnungspunkt. Ich bitte um Verständnis.

Der nächste Redner ist Dirk Brandes von der AfD.

(Beifall bei der AfD)

Dirk Brandes (AfD): 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Strompreiszahler! Herr Kleebank, Sie haben eben angeprangert, dass die AfD sich dem Klimawandel, der seit Menschengedenken, im Grunde seit Planetengedenken besteht, anpassen möchte. Ich sage Ihnen eins: Die Spezies, die sich in der Vergangenheit nicht dem Klima angepasst haben, sind ausgestorben. Und wer sich dem politischen Klima hier nicht anpassen möchte, der wird auch aussterben; das passiert ja auch bereits. 

(Beifall bei der AfD - Dr. Johannes Fechner (SPD): Ist das eine Drohung, oder was? Das hätten Sie wohl gerne, dass wir uns anpassen! - Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wollen Sie damit sagen?)

Herr Müller, dass Sie als CDU-Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt schlaflose Nächte haben, das kann ich absolut nachvollziehen; denn wenn man sich die Prognosen ansieht, weiß man, wer dort demnächst Ministerpräsident ist. Ich freue mich schon auf die nächsten Wahlen. 

Deutschland betreibt die dümmste Energiepolitik der Welt. Das ist kein Slogan der AfD, das sind Aussagen von wirklichen Experten. Der US-amerikanische Energy-Analyst Mark P. Mills sagte, Deutschland habe die teuerste Lektion der Welt darin geliefert, wie man Energiepolitik nicht betreibt. Recht hat er, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der AfD - Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil man sich abhängig von Putin gemacht hat!)

Und dieses Lehrstück, das Sie uns hier darbieten, haben Sie alle zu verantworten: CDU/CSU, SPD, Grüne und Linke. Es ist Ihr gemeinsames Werk. Sie haben funktionierende, grundlastfähige Kernkraftwerke abgeschaltet. Sie haben Kohle- und Gaskraftwerke systematisch diffamiert und Deutschland in die bisher teuerste Energiekrise geführt. 

(Dr. Nina Scheer (SPD): Sie nehmen Herrn Putin in Schutz! - Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie würden doch gerne mit Herrn Putin zusammenarbeiten!)

Eine solche Krise hat es in dieser Form hier noch nie gegeben. Mit uns wird es sie mit Sicherheit auch nie wieder geben. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Während die Menschen unter den Rekordpreisen leiden, setzen Sie auf immer neue Subventionen, auf Umlagen und Schulden, um die Folgen Ihrer eigenen katastrophalen Politik zu vertuschen und zu kaschieren. Das ist aber kein valides Energiesystem, was Sie hier aufgesetzt haben. Es ist ein politisch erzeugter Dauernotbetrieb, den wir abschalten werden. 

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Sabotage!))

Kommen wir doch mal zu den Verbrauchern, die das alles zahlen müssen. Eine vierköpfige Familie zahlt heute den doppelten Strompreis wie vor zehn Jahren.

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Das stimmt nicht! Und wir entlasten sie weiter!)

- Doch, das stimmt absolut. 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Nennen Sie mal Zahlen! Können Sie mal Zahlen nennen?)

Und der Grund dafür ist nicht der Markt. 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Jetzt mal konkrete Zahlen! - Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber natürlich: Ihr Freund Putin!)

- Der Grund dafür sind nicht der Markt und nicht Wladimir Putin. Es ist das politisch erzeugte Preisgepäck: Es sind EEG-Umlagen, 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Die haben wir doch abgeschafft!)

es sind Nutzentgelte, Stromsteuer, Mehrwertsteuer, Offshore-Umlagen, CO2-Bepreisung und wie Sie die ganzen Dinge noch nennen.

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Was erzählen Sie da?)

Das macht circa 50 Prozent des Preises aus. 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Stimmt nicht! - Zuruf der Abg. Dr. Nina Scheer (SPD))

Das Schlimmste an der ganzen Misere sind die Redispatch-Maßnahmen, die uns Milliarden Euro kosten. 

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da bräuchte man mehr Stromleitungen! - Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Netzausbau!)

- Dann bauen Sie doch mal aus, damit uns das Stromnetz hier nicht um die Ohren fliegt. 

(Sepp Müller (CDU/CSU): Also ist die AfD jetzt für Netzausbau? Das ist ja interessant! - Dr. Johannes Fechner (SPD): Immer noch keine Zahlen!)

Sie alle in diesem Hause sollten sich mal Gedanken machen, wenn nicht nur die Wähler Ihre Politik nicht mehr ertragen, sondern auch die Stromnetze nicht.

(Beifall bei der AfD)

Deutschland kann seine Energieversorgung nicht mehr autark sicherstellen. Wir sind abhängig vom Wetter und damit abhängig von Auslandsexporten, was Sie doch eigentlich so stört. 

(Zuruf der Abg. Katrin Uhlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber das wirklich Perverse an Ihrer Energiepolitik ist die Abhängigkeit der Menschen von der linken Politik. Wie viel Luxus und wie viel Leben möchte die linke Politik den Menschen eigentlich noch zugestehen?

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Wir entlasten die Leute!)

Während Sie hier mit Luxuslimousinen durch Berlin kutschieren, machen Sie die Bürger weiter zu Bittstellern. Das ist ein Hohn und eine Unverfrorenheit! 

(Beifall bei der AfD - Sepp Müller (CDU/CSU): Anscheinend gehen Sie von sich aus, Herr Brandes! Sie sollten von sich nicht auf andere schließen! - Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das, was Sie hier aufgesetzt haben, dieses ganze Programm, diese Energiewende, ist nichts weiter als eine Ersatzreligion. Und das Dogma dieser Religion ist: Wind und Sonne retten den Planeten vor dem Verbrennen. Die Bibel Ihrer Religion ist das Pariser Klimaschutzabkommen, aus dem Sie hier jeden Tag zitieren. Die Priester sitzen hier in unterschiedlichen Farben auf den Ministerposten, es sind NGOs, es sind zwangsfinanzierte, öffentlich-rechtliche Experten. Und der Altar, auf dem Deutschland geopfert wird, ist der Deutsche Bundestag. 

(Beifall bei der AfD - Dr. Alaa Alhamwi (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bla, bla, bla!)

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Sie haben ruiniert, wir werden hier reparieren. 

(Dr. Johannes Fechner (SPD): Sie haben keinen einzigen eigenen Vorschlag! - Sepp Müller (CDU/CSU): Sie sind die Abrissbirne! 100 000 Industriearbeitsplätze würden durch Ihren Vorschlag wegfallen!)

Wir werden reparieren, das verspreche ich Ihnen. Mit der AfD wird Energiepolitik wieder technologieoffen - nicht nur in Worten, sondern in der Realität -, marktwirtschaftlich, bezahlbar und verlässlich - für Vernunft, Wohlstand und ein starkes Deutschland. 

Glück auf, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Der letzte Redner in dieser Debatte ist Lars Rohwer für die Unionsfraktion. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lars Rohwer (CDU/CSU): 

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer den Kopf so tief wie die AfD in den Sand steckt, für den ist jedes Land verloren. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und wer so tief drinsteckt, der kann auch nicht mehr zuhören. Ihre ständigen Zwischenrufe, die Tatsache, dass Sie die Zahlen erneut falsch interpretieren, und Ihr marktwirtschaftlicher Irrweg sind der beste Beweis dafür. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie fordern eine sogenannte 180-Grad-Wende bei der Energiepolitik: weg von Wind und Solar hin zur Kernspaltung in Deutschland. Das klingt nach Revolution, ist aber in Wahrheit gefährlich und ein Rückschritt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Leif-Erik Holm (AfD): Gefährlich? Sie wollten das doch auch bis zur Wahl!)

Sie wollen nicht nur um 180 Grad drehen; Sie wollen um Jahrzehnte zurückdrehen.

(Leif-Erik Holm (AfD): Das wollten Sie doch auch! Jetzt ist es gefährlich?)

Sie reden von einer verfestigten Abhängigkeit von China. Das nehmen wir in der CDU/CSU sehr ernst. Ja, wir müssen die Lieferketten für Solaranlagen,

(Beifall des Abg. Steffen Janich (AfD))

Batterien und Rohstoffe diversifizieren.

(Zuruf des Abg. Georg Schroeter (AfD))

Und das tun wir mit dieser Bundesregierung und mit unserer Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche an der Spitze.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Enrico Komning (AfD): Was ist denn mit Ihrem versprochenen Wiedereinstieg in die Kernenergie?)

Vor allem für die digitale Technik, die hinter den Modulen steckt - -

(Enrico Komning (AfD): Sie haben es vor der Wahl doch versprochen!)

- Hören Sie doch jetzt einfach mal zu! Hören Sie, was wir zu sagen haben. Wir haben Ihnen ja auch zuhören müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem für die digitale Technik, die hinter den Modulen steckt, müssen wir in Europa Märkte entstehen lassen, um uns von marktdominanten Staaten wie China zu emanzipieren. Aber: Es ist schon bemerkenswert, wenn ausgerechnet Sie diese Sorge hier vortragen - dieselbe Partei, die politische Hasardeure in ihren eigenen Reihen duldet, die fremde Interessen in deutsche Parlamente trägt.

(Enrico Komning (AfD): Alte Märchenleier, die Sie da spielen! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Getroffene Hunde bellen!)

Ihre Empörung über Abhängigkeiten ist wenig glaubwürdig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Sepp Müller (CDU/CSU): Wo ist denn Herr Kotré? - Gegenruf des Abg. Steffen Kotré (AfD): Vermisst mich jemand?)

Frau Wissler, Sie haben vorhin einen - ich sage mal - Brötchenvergleich gebracht. Wird dann bei Ihnen aus der Merit-Order eine Mett-Order, oder was? Also, ich habe das Bild nicht verstanden.

(Pascal Meiser (Die Linke): Ihre Fraktion hat es auch nicht verstanden!)

Kommen wir zur Sache, zum Antrag, zurück. Ihr Vorschlag zur gesetzlichen Regelung des vollständigen Rückbaus von Wind- und Solaranlagen - das steht im Antrag der AfD - ist nichts anderes als eine staatlich verordnete Enteignung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Leif-Erik Holm (AfD): Unsinn! Es gilt doch Bestandschutz! - Marc Bernhard (AfD): Das stimmt doch gar nicht! Für Bestandsanlagen ausdrücklich nicht! Das steht da drin!)

Sie tun so, als wollten Sie Eigentum schützen. Tatsächlich greifen Sie es frontal an. Das sind alles Investitionen von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land,

(Enrico Komning (AfD): Es gilt doch Bestandschutz! Erzählen Sie doch keine Märchen hier! - Marc Bernhard (AfD): Es geht nicht um Bestandsanlagen, und das steht ausdrücklich im Antrag drin!)

von Landwirten, Genossenschaften und mittelständischen Betrieben.

(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))

Sind das die Eigentümer, die Ihnen einfach nicht passen, weil sie nicht zu Ihrer vermeintlichen Wählerklientel gehören? Oder gibt es in Ihrer Welt gutes und schlechtes Eigentum, 

(Enrico Komning (AfD): Es geht nicht um Bestandsanlagen! Haben Sie es nicht gelesen? Sie erzählen Unsinn!)

je nachdem, wem es nützt?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Sepp Müller (CDU/CSU): Lest doch mal euren eigenen Antrag! - Gegenruf des Abg. Marc Bernhard (AfD): Da geht es nicht um Bestandsanlagen! - Gegenruf des Abg. Sepp Müller (CDU/CSU): Lest doch mal den eigenen Antrag! - Gegenruf des Abg. Marc Bernhard (AfD): Das steht da nicht drin!)

Wir als Union stehen klar zum Schutz des Eigentums, zum Schutz der unternehmerischen Freiheit und zur Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen.

Vizepräsident Omid Nouripour:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus den Reihen der AfD?

Lars Rohwer (CDU/CSU): 

Nein, danke, Herr Präsident.

(Enrico Komning (AfD): Angst hat er auch!)

Gerade als ostdeutscher Abgeordneter ist es mir ein Kernanliegen, nie wieder einen planwirtschaftlichen Staat auf deutschem Boden zuzulassen.

(Leif-Erik Holm (AfD): Das ist doch Planwirtschaft, was Sie betreiben! - Weitere Zurufe der Abg. Steffen Janich (AfD) und Wolfgang Wiehle (AfD))

Was wir in unserem wunderbaren Deutschland brauchen, ist eine Energiepolitik, die uns nicht in ideologische Sackgassen führt, uns nicht in Abhängigkeit bringt, weder von Russland noch von China, und die nicht aus solch populistischen Luftschlössern besteht, wie Sie sie hier heute wieder präsentiert haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen eine Politik der Vernunft im Zusammenspiel aus Wind, Sonne, Wasserstoff, CCU und CCS, Energiespeichertechnologien und, ja, auch mit einem offenen Blick für neue Fusionskonzepte. Damit meistern wir die Energiewende.

(Adam Balten (AfD): Kostet nur viele Millionen!)

Was wir sicher nicht brauchen, ist ein Scherbenhaufen aus zerstörtem Vertrauen, zerstörtem Eigentum und zerstörten Investitionen.

(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))

Darum, meine Damen und Herren, lehnen wir Ihren Antrag entschieden ab. Er ist komplett unpraktikabel und ein Angriff auf die Grundlagen unserer Gesellschaft. 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Enrico Komning (AfD): Herr Rohwer, das war ja mal nichts!)

Vizepräsident Omid Nouripour: 

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 21/2545 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. - Weitere Überweisungsvorschläge sehe ich nicht. Dann verfahren wir wie vorgeschlagen.

 

Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 
38. Sitzung – wird am

Montag, den 10.11.2025

auf der Website des Bundestages unter „Dokumente“, „Protokolle“, „Endgültige Plenarprotokolle“ veröffentlicht.