Anhörung zum Energiesteuer- und Stromsteuergesetz
Zeit: 
Montag, 3. November 2025,
16
bis 17.30 Uhr
Mehrere Sachverständige haben sich in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag, 3. November 2025, für über die Pläne der Bundesregierung hinaus gehende Entlastungsmaßnahmen bei der Stromsteuer ausgesprochen. Der Entwurf der Bundesregierung für ein drittes Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes (21/1866, 21/2469) sieht die Fortsetzung der Senkung der Stromsteuer auf das EU-rechtliche Minimum für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft vor. Diese Entlastung würde ohne gesetzgeberische Maßnahmen ab Januar 2026 auslaufen, so dass die Strompreise für Unternehmen steigen würden. Außerdem ging es in der Anhörung um einen Antrag der AfD-Fraktion (21/2086), die eine Reduzierung der Stromsteuer „für alle“ auf das europäisch zulässige Minimum fordert.
„Falsches Signal“
In der vom amtierenden Vorsitzenden Christian Görke (Die Linke) geleiteten Anhörung erklärte Mareike Drexler-Röckendorf vom Zentralverband des deutschen Handwerks, die Verschiebung der im Koalitionsvertrag noch angekündigten allgemeinen Senkung des Stromsteuersatzes auf das europäische Mindestmaß gebe das falsche Signal an die Betriebe, die nicht zum Produzierenden Gewerbe zählen, und an die Verbraucher. „Ein solches Vorgehen ist den Betrieben nicht vermittelbar und schwächt das Vertrauen in das politische Handeln“, kritisierte sie. Es müssten auch die Betriebe entlastet werden, die energieintensiv sind, aber nicht zum Produzierenden Gewerbe zählen.
Florian Munder (Verbraucherzentrale Bundesverband) wies darauf hin, dass die privaten Haushalte in Deutschland im europäischen Vergleich nach wie vor einen der höchsten Strompreise zu zahlen hätten. Er kritisierte, dass Privathaushalte im Entwurf der Bundesregierung nicht berücksichtigt würden, obwohl dies im Koalitionsvertrag angekündigt worden sei. Das sei ein „Wortbruch“. Würde die Stromsteuer für Privathaushalte auf den europäischen Mindestsatz gesenkt, würde dies bei einem Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr eine Entlastung von 83 Euro jährlich bedeuten.
„Hochlauf klimaneutraler Antriebe unterstützen“
Dr. Karoline Kampermann vom Verband der Automobilindustrie begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehene Entfristung der Stromsteuerentlastung für Unternehmen. Es seien jedoch weitergehende Maßnahmen im Bereich der Strom- und Energiesteuer dringend erforderlich, „um den Hochlauf klimaneutraler Antriebe nachhaltig zu unterstützen und den Elektromobilitätsstandort Deutschland zu stärken“.
Franz-Josef Holzenkamp vom Deutschen Raiffeisenverband unterstützte die Ziele des Gesetzes zur Entlastung und Bürokratievereinfachung. Er forderte den Gesetzgeber allerdings auf, den Agrarhandel der Landwirtschaft gleichzustellen, um damit eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung zu korrigieren. Der Agrarhandel übernehme seit Jahren zunehmend Aufgaben, die auf landwirtschaftlichen Betrieben stattfinden wie etwa die Erfassung, Reinigung, Kühlung und Einlagerung von Getreide und Raps. Der Handel müsse daher mit Landwirtschaft und Industrie gleichgestellt werden.
„Steuerentlastung für betroffene Unternehmen“
Prof. Dr. Michael Rutemöller (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften) erklärte, die beabsichtigte Entfristung der Absenkung der Stromsteuer sei ausdrücklich zu begrüßen. „Diese Maßnahme sichert die Steuerentlastung für betroffene Unternehmen für die Zukunft ab und schafft damit dringend benötigte Rechtssicherheit.“
Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie forderte, es müssten jetzt endlich die Steuersätze für erneuerbare Kraftstoffe – wie E-Fuels und nachhaltige biogene Kraftstoffe – sowohl bei Verwendung in Reinform als auch in der Beimischung idealerweise auf den Mindeststeuersatz des Vorschlags der EU-Kommission gesenkt werden. Die Branche in Deutschland befinde sich in einer schwierigen Lage. Produktionskapazitäten würden reduziert, Wertschöpfungsketten seien unter Druck geraten, Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit seien perspektivisch gefährdet.
„Energiewende im ländlichen Raum nicht gefährden“
Dass Biomasse künftig nicht mehr zu den „erneuerbaren Energieträgern“ gehören soll, stieß auf massive Kritik von Sandra Rostek (Hauptstadtbüro Bioenergie). Dies widerspreche dem EU-Recht, wonach Biomasse ausdrücklich als erneuerbare Energiequelle gelte. „Eine nationale Einschränkung auf Wind, Sonne, Wasser und Geothermie verletzt das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und widerspricht dem systematischen Ziel der Steuerbefreiung für dezentrale Eigenversorgung aus erneuerbaren Quellen und dem faktischen Gleichbehandlungsgrundsatz im Steuerrecht“, erklärte Rostek. Dieser Forderung schloss sich der Raiffeisenverband an, der davor warnte, die Energiewende im ländlichen Raum zu gefährden.
Dr. Dirk Jansen (Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung) nannte den Gesetzentwurf eine sinnvolle Maßnahme zu Entlastung der Industrie. Auf Forderungen nach Einbeziehung aller energieintensiven Unternehmen reagierte er skeptisch. Im Gegensatz zur Industrie würden diese Unternehmen nicht so stark im internationalen Wettbewerb stehen. (hle/04.11.2025)