Aktuelle Stunde

Aussprache zum Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel

Aus Anlass des zweiten Jahrestages des Hamas-Terrors in Israel und dem Beginn des Krieges in Gaza haben sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 8. Oktober 2025, mit der Situation im Nahen Osten befasst. In einer auf Verlangen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD anberaumten Aktuellen Stunde gedachten sie der Opfer und der noch in den Händen der Hamas befindlichen Geiseln und äußerten die Hoffnung, dass der Friedensplan für Gaza, über den derzeit in Ägypten verhandelt wird, tatsächlich zu einem Frieden führt. 

Außenminister: Inakzeptable Welle des Antisemitismus

Die terroristische Hamas habe am 7. Oktober 2023 das Trauma der Shoah reaktiviert, sagte Bundesaußenminister Dr. Johann Wadephul (CDU) in der Debatte. Sie habe Israel in den längsten Krieg seiner Geschichte geführt, einen Krieg, der auch verheerendes Leid über die Menschen im Gazastreifen gebracht habe. Gleichzeitig habe die Bundesrepublik und hätten andere Länder seither „eine beschämende, eine inakzeptable Welle des Antisemitismus“ erlebt. 

„Kritik, Unverständnis und vielleicht sogar Entsetzen“ über die israelische Regierungspolitik sei legitim, betonte Wadephul. „Aber Kritik an der jeweiligen israelischen Regierung darf nicht automatisch Kritik am Staat Israel sein und erst recht nicht Kritik an allen Jüdinnen und Juden.“ Deutschland stehe fest und unerschütterlich an der Seite Israels und seiner Menschen, stellte er wie viele andere Abgeordnete klar. 

Den von US-Präsident Donald Trump vorgelegten Friedensplan bezeichnete Wadephul als kluge Kombination von Elementen, die zur Beendigung des Krieges seit Längerem auch mit deutscher Beteiligung diskutiert worden seien. Er beinhalte eine Perspektive für eine eigenständige palästinensische Staatlichkeit und eine Zweistaatenlösung, für die sich die Bundesregierung weiter einsetze. Nun sei es an der Hamas zuzustimmen. „Sollte es zu einer vorübergehenden internationalen Verwaltung des Gazastreifens kommen, werden wir unseren Beitrag leisten“, sicherte Wadephul zu. 

Entwicklungsministerin: Einmalige Chance auf Frieden

Es bestehe jetzt eine einmalige Chance auf Frieden, sagte Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD). Diese dürfe nicht vertan werden. Sie erinnerte unter anderem an die 48 Geiseln, die sich nach 733 Tagen immer noch in den Händen der Hamas befänden, darunter auch deutsche Staatsangehörige, aber auch an die israelischen Familien, die um mehr als 1.200 von der Hamas getötete Familienmitglieder trauern. „Und es zerreißt mir das Herz, das über 20.000 palästinensische Kinder in diesem Krieg getötet wurden.“

Es gehe jetzt darum, den Wiederaufbau Gazas vorzubereiten. Dafür habe sie im September in New York gemeinsam mit Ägypten, den palästinensischen Behörden und den Vereinten Nationen zu ersten Gesprächen eingeladen. Weitere Gespräche zur Steuerung und Finanzierung des Wiederaufbaus stünden an. „Bereits im Moment der Waffenruhe stehen wir bereit zu helfen, damit die Menschen Wasser und Energie haben, Lebensmittel herstellen können, medizinisch versorgt werden und in vorübergehenden Unterkünften leben können.“

AfD wirft Regierung „schweres Versagen“ vor

Markus Frohnmaier (AfD) sagte, der Friedensplan verdiene volle Unterstützung. Der Bundesregierung warf er „schweres Versagen“ vor. Nicht Bundeskanzler Friedrich Merz oder Außenminister Wadephul (beide CDU) hätten einen Friedensplan vorgelegt, sondern Donald Trump. Der amerikanische Präsident tue damit derzeit mehr für die deutschen Interessen als Merz, indem er eine Massenmigration aus Gaza verhindere.

Angesichts der deutschen Geiseln agiere die Bundesregierung ebenfalls „hilflos“. Sie führe „Debatten nicht etwa über die Befreiung unserer Landsleute, sondern über die Anerkennung von Palästina oder ein Waffenembargo gegen Israel“. Die Entscheidung des Kanzlers, keine Waffen mehr nach Israel zu liefern, beruht nach Ansicht von Frohnmaier auf der „Angst, eine wachsende islamische Bevölkerung in Deutschland zu verärgern“. 

Mit Kopfschütteln nehme er zur Kenntnis, dass die Bundesregierung neben der Ukraine nun auch noch Gaza beim Wiederaufbau unterstützen will, „obwohl viele Menschen hierzulande nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen“, sagte Frohnmaier. 

Grüne: Es gilt, Brücken zu bauen

Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die aktuelle Politik der israelischen Regierung als falsch. Diese trage Verantwortung für einen Kriegseinsatz in Gaza, „der sich nicht an die Grenzen des Völkerrechts hält“. Die Hamas habe ihrerseits am 7. Oktober einen grausamen Terrorangriff begangen, gehe in skrupelloser Weise mit der Zivilbevölkerung in Gaza um und sei schuld daran, dass die Geiseln nicht frei sind. „Sie muss die Waffen niederlegen.“

Ein Waffenstillstand und ein Friedensprozess, der zu einer Zweistaatenlösung führt, „ist der einzige Weg für Sicherheit und Frieden für alle Menschen in der Region“, urteilte Dröge. Es gelte, Brücken zu bauen und mit aller Klarheit für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels einzustehen, aber auch mit aller Eindeutigkeit den Terror der Hamas scharf zu verurteilen und für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza einzustehen.

Linke: Menschenrechte sind unteilbar

Jan van Aken (Die Linke) betonte, für seine Fraktion gelte der einfache Grundsatz: „Niemals darf ein Menschenrechtsverbrechen ein anderes Menschenrechtsverbrechen rechtfertigen.“ So könne der Verweis auf das Unrecht der israelischen Besatzung den brutalen Terror des 7. Oktober nicht rechtfertigen, begründen oder relativieren. Auch dürfe die brutale Kriegsführung in Gaza nicht mit dem 7. Oktober begründet werden. „Menschenrechte sind unteilbar für alle in Israel und in Palästina. Jedes Leben zählt.“

Das wichtigste Ziel sei jetzt die sofortige Freilassung aller Geiseln und das Ende des Tötens in Gaza. Van Aken rief die Bundesregierung auf, Druck auf Israel auszuüben, um einen Frieden zu erreichen. Bisher seien die Rechtsextremen in der israelischen Regierung nicht bereit für einen Frieden, daher brauche es auch wirtschaftlichen Druck. (joh/08.10.25)