Katherina Reiche: Die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs bringen
Die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche (CDU) will die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs bringen. In der Befragung der Bundesregierung am Mittwoch, 25. Juni 2025, verglich die Ministerin die deutsche Wirtschaft mit einem Schiff auf hoher, stürmischer See. Neben externen Faktoren sei der Sturm, der ihr am meisten schade, hausgemacht. „Seit 2022 stagniert unsere Volkswirtschaft, Deutschland bleibt unter seinen Möglichkeiten“, stellte Reiche fest. Als Ursache nannte sie nicht mehr wettbewerbsfähige Steuern, hohe Lohnnebenkosten, lähmende Bürokratie, teilweise veraltete Infrastruktur, mangelnde Digitalisierung und hohe Energiekosten.
„Stillstand bedeutet Rückschritt“
Im globalen Wettbewerb bedeute Stillstand heutzutage Rückschritt, sagte die Ministerin. Die Regierung wolle weniger reglementieren, weil man den Unternehmen und Arbeitnehmern vertraue. Die Bürgerinnen und Bürger würden bei Energiekosten entlastet durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage oder die Senkung von Bestandteilen der Netzentgelte. Planungs- und Genehmigungsrecht solle vereinfacht werden, „damit wir unsere Infrastruktur schneller auf Vordermann bringen können“. Der Aufschwung erscheine ihr noch zu fragil, deshalb müssten Strukturreformen angepackt werden.
Reiche kündigte eine Reform des Vergaberechts an, um Investitionen zu beschleunigen. Die erneuerbaren Energien würden weiter ausgebaut, und es werde für Versorgungssicherheit, mehr Effizienz und Wettbewerb gesorgt. Bürokratie solle weiter abgebaut und das Arbeitsplatzangebot ausgeweitet werden, so die Ministerin: „Wir brauchen diese Wachstumsstrategie, damit Deutschland auch Europa wieder nach oben ziehen kann.“
Rainer: Entlastungen für landwirtschaftliche Betriebe

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer, CSU, während der Regierungsbefragung (© DBT/Juliane Sonntag/photothek)
Neben der Bundeswirtschaftsministerin stellte sich auch der Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat Alois Rainer (CSU) den Fragen der Abgeordneten. Die Regierung wolle für die landwirtschaftlichen Betriebe gute Perspektiven schaffen und sie finanziell entlasten. Rainer nannte die vollständige Wiedereinführung der Agrardiesel-Steuerrückvergütung zum 1. Januar 2026. Den tierhaltenden Betrieben wolle die Regierung Planungssicherheit und Verlässlichkeit geben.
Auch Rainer betonte den Bürokratieabbau, um Freiräume zu schaffen. Der Minister verwies auf die am 24. Juni im Bundeskabinett beschlossene Aufhebung der Stoffstrombilanz-Verordnung. Der Minister hob auch die Zusammenarbeit in der Agrarpolitik über Ländergrenzen hinweg hervor. Vieles werde auf europäischer Ebene entschieden. Mit seinen europäischen Amtskollegen sei er sich darin einig, dass man eine eigenständige gemeinsame Agrarpolitik mit klaren Rahmenbedingungen brauche.
Stromsteuer, Gasspeicherumlage, Netzentgelte
Leif Erik Holm (AfD) griff das Thema „hohe Energiekosten“ auf und wollte von der Wirtschaftsministerin wissen, weshalb die Stromsteuersenkung nicht für alle, also auch für die Privathaushalte, gemacht werde. Reiche betonte, die Energiepreise belasteten die Unternehmen. Michael Kellner, Sandra Stein (beide Bündnis 90/Die Grünen), Pascal Meiser (Die Linke) und Sepp Müller (CDU/CSU) erkundigten sich ebenfalls nach der Umsetzung der im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehenen Entlastung. Kellner beklagte, dass Privathaushalte und Handwerk nicht von der Stromsteuersenkung auf das EU-Mindestmaß erfasst würden.
Dazu merkte die Ministerin an, das Parlament könne im Gesetzgebungsverfahren Korrekturen anbringen. Sie bezifferte das Entlastungsvolumen bei der Senkung der Übertragungsnetzentgelte auf sechs Milliarden Euro und der Abschaffung der Gasspeicherumlage auf 3,4 Milliarden Euro. Die Stromsteuer werde nur für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft gesenkt. Diese Entlastung bezifferte sie gegenüber Sepp Müller auf rund drei Milliarden Euro.
Sandra Stein machte gelten, dass auch der Mittelstand und das Handwerk von der Stromsteuer entlastet werden sollten. Dem hielt die Ministerin entgegen, dass die Regierung ein neues Angebot an Versorgungssicherheit schaffe, „das Sie versäumt haben“. Pascal Meiser rechnete vor, dass die Senkung der Stromsteuer auf EU-Mindestmaß auch für Privathaushalte eine durchschnittliche Entlastung von 300 Euro bedeutet hätte. Mit Bezug auf die Entlastung bei Gasspeicherumlage und Netzentgelten wies Reiche die Behauptung zurück, dass es keine Entlastung gebe.
Industriestrompreis und Versorgungssicherheit
Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich nach dem Einsatz der Ministerin in Brüssel für einen Industriestrompreis. Reiche sagte dazu, es sei wichtig, energieintensive Unternehmen in Deutschland zu halten. Eine Rückkehr zu russischem Gas sei ausgeschlossen.
Der CDU-Abgeordnete Dr. Klaus Wiener sagte, die Ampelregierung habe es versäumt, für ein ausreichendes Energieangebot zu sorgen. Reiche bestätigte, dass das Angebot an gesicherter Leistung verknappt worden und das Angebot an volatiler Leistung erhöht worden sei. Die Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke würden gemacht, um die Versorgung zu sichern.
Gaskraftwerke und Rückbau der Kernkraftwerke
Der Grünen-Abgeordneten Lisa Badum hielt die Ministerin entgegen, diese Gaskraftwerke dienten der Stromproduktion, nicht der Heizung. Damit würden Reformen nachgeholt, die auf der Strecke geblieben seien. Der Ampel habe dafür zuletzt die Kraft gefehlt.
Dr. Paul Schmidt (AfD) stellte die Frage nach einem Rückbaumoratorium für die Kernenergie. „Die Entscheidung ist getroffen“, stellte die Ministerin klar. Der Rückbau sei bereits im Gange. Es gebe keinen gesetzlichen Rahmen mehr, der das ermöglichen würde.
Unterstützung für die Stahlindustrie
Die Lage der Stahlindustrie thematisierte Mirze Edis (Die Linke). Die Stahlproduzenten stünden vor Standortschließungen, sagte er und regte eine Verstaatlichung an. Dies lehnte die Ministerin ab. Die Situation der Stahlhersteller sei sehr unterschiedlich. Man wolle Arbeitsplätze in energieintensiven Unternehmen erhalten, „durch vernünftige Wettbewerbsbedingungen, nicht durch Unterstützung im Einzelfall“. Verstaatlichung wäre aus ihrer Sicht die Übernahme in staatliche Obhut. Stattdessen müssten unfaire Wettbewerbsbedingungen mit China verhindert werden.
„Die Stahlindustrie steht im Feuer“, erwiderte die Ministerin dem SPD-Abgeordneten Sebastian Roloff, und zwar durch unfaire Produktions- und Handelspraktiken. Dadurch sei die Stahlproduktion in Deutschland teuer geworden.
Gentechnik, Mercosur-Abkommen, Exportstrategie
Das Thema Gentechnik griff der Grünen-Abgeordnete Karl Bär gegenüber Agrarminister Rainer auf. Bär hatte eine Kennzeichnungspflicht und die Rückverfolgbarkeit entlang der Lebensmittelkette bei neuen genomischen Techniken gefordert. Diese seien aktuell in Europa in der Diskussion, sagte der Minister: „Wir wollen offen und wissenschaftsbasiert damit umgehen.“ Er könne noch nicht sagen, wie es ausgehe, man befinde sich mitten in Verhandlungen.
Das geplante EU-Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten sprach der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka an. Rainer sprach von einem „hochemotionalen Thema“. Allerdings würden Handelsabkommen gebraucht. Mercosur sei auch keine Einbahnstraße. Wichtig sei eine Stärkung der Exportorientierung der deutschen Landwirtschaft, damit diese ihre Produkte mit ihren hohen Standards auch in anderen Ländern verkaufen kann.
Die Exportstrategie interessierte auch den CDU-Abgeordneten Albert Stegemann. Die konkrete Ausgestaltung könne er noch nicht darstellen, antwortete Rainer, doch werde es eine Stärkung des Messeprogramms geben, um einheimische landwirtschaftliche Produkte vermarkten zu können.
Agrardiesel-Steuervergütung und Bürokratieabbau
Nach seinen prioritären Vorhaben fragte Dr. Franziska Kersten (SPD) den Minister. Rainer nannte die schon erwähnte Aufhebung der Stromstoffbilanz-Verordnung als Beitrag zum Bürokratieabbau, die Wiedereinführung der Steuerrückerstattung beim Agrardiesel ab 2026 und den Bürokratieabbau. Nach dem Handlungsbedarf gefragt, nannte der Minister die Tierwohlställe. „Hier müssen wir an praktikablen und sinnvollen Lösungen in Abstimmung mit den Ländern arbeiten.“
Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass der Minister die Stromstoffbilanz-Verordnung ohne Beteiligung des Parlaments aufgehoben habe. Dies sei mit dem Justiz-, Innen- und Umweltministerium abgestimmt gewesen.
Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte
Breiten Raum nahmen Fragen zur angedachten Absenkung des Mindestlohns für Saisonarbeitskräfte (Erntehelfer) auf 80 Prozent ein. Der Linken-Abgeordneten Janine Wissler sagte Rainer, sein Haus prüfe, ob es rechtliche Möglichkeiten für eine solche Absenkung gibt.
Prof. Dr. Armin Grau (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach der Angemessenheit einer solchen Maßnahme. Der Minister betonte, er wolle die bäuerliche Landwirtschaft im Land halten. Sonderkulturen könnten sonst in andere Länder abwandern, mit anderen Standards als in Deutschland. Johannes Steiniger (CDU/CSU) pflichtete dem bei. Gemüse-, Obst- und Weinbau wären sonst nicht wettbewerbsfähig.
Tierschutz und Tiertransporte
Dr. Zoe Mayer (Bündnis 90/Die Grünen) sah Defizite bei der Kontrolle von Tierhaltungsbetrieben. Die Kontrolle sei Aufgabe der Länder, erwiderte der Minister. Der Bund wolle Personal abbauen. Das Bundesprogramm Tierwohlställe werde fortgesetzt, teilte Rainer dem CDU-Abgeordneten Christoph Frauenpreiß mit.
Ina Latendorf (Die Linke) thematisierte Defizite beim Tierschutz und bei Tiertransporten. Hierzu sei man auf europäischer Ebene in der Diskussion, so der Minister. Viele Länder hätten eine andere Meinung. Tiertransporte seien notwendig. Nationalen Lösungen erteilter er eine Absage. Man müsse auf europäischer Ebene zu vernünftigen Lösungen kommen. (vom/25.06.2025)