Umstrittene Staatsgelder für Nichtregierungsorganisationen
Auf Widerspruch aller anderen Fraktionen ist ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „zum Verbot der Finanzierung von politischen Nichtregierungsorganisationen aus öffentlichen Mitteln“ (21/577) gestoßen, der am Freitag, 27. Juni 2025, in erster Lesung debattiert wurde. Die Vorlage wurde anschließend an den federführenden Haushaltsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
AfD kritisiert Fördergelder für „Hass und Hetze“
Für die AfD-Fraktion hob Tobias Matthias Peterka (AfD) die Bedeutung privaten Engagements hervor und erklärte: „Ohne echte Zivilgesellschaft gibt es keine Freiheit.“ Er sagte dann aber auch: „Kein freiheitlicher Staat darf sich seine eigenen Herolde oder Pseudo-Kritiker selbst finanzieren.“ Genau das geschehe aber in großem Umfang durch die staatliche Förderung politischer Nichtregierungsorganisationen.
Sebastian Maack (AfD) sieht bei vielen staatlich finanzierten zivilgesellschaftlichen Programmen die Neutralitätspflicht des Staates verletzt. Sie betrieben „Hass und Hetze gegen alle Konservativen, insbesondere gegen die AfD“. Besonders ins Visier nahmen die Redner das Förderprogramm „Demokratie leben“, das aus dem Bundesfamilienministerium im vergangenen Jahr 182 Millionen Euro erhalten habe, wie Sergej Minich (AfD) ausführte und fragte: „Was genau wird da mit unseren Steuergeldern finanziert?“
CDU/CSU: Angriff auf die demokratische Kultur
Diese Frage stellten durchaus auch Abgeordnete der Unionsfraktion und verwiesen auf einen Antrag vom Februar, in dem sie genauere Auskünfte dazu gefordert hatten. Den AfD-Gesetzentwurf allerdings nannte Lukas Krieger (CDU/CSU) „pauschal, undifferenziert, demokratiegefährdend“. Die AfD sei „mit dem groben Knüppel unterwegs, wo ein Skalpell vonnöten wäre“. In der Vergangenheit seien auch Gruppen gefördert worden, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden, sagte Krieger. Er sei deshalb „sehr dankbar“, dass die neue Koalition das Förderprogramm „Demokratie leben“ einer unabhängigen Überprüfung unterziehen werde.
Grundsätzlich fand aber die staatliche Förderung auch von Nichtregierungsorganisationen, die sich in politischen Fragen positionieren, Unterstützung aus allen Fraktionen außer der AfD. Philipp M.A. Hoffmann (CDU/CSU) nannte den AfD-Gesetzentwurf einen „Angriff auf die demokratische Kultur“.
Grüne: AfD will Zivilgesellschaft einschüchtern
Annalene Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete es in ihrer letzten Bundestagsrede vor ihrem Ausscheiden Ende des Monats als heute „fast die wichtigste Aufgabe für Abgeordnete, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen“. Das Vertrauen, das sie als deutsche Außenministerin überall gespürt habe, hänge auch damit zusammen, „dass wir sogar Zivilgesellschaft fördern, die die Opposition oder die Regierung kritisiert“.
Es sei der Verfassungspatriotismus, der alle anderen Fraktionen von der AfD unterscheide, führte Baerbock aus. Der AfD warf sie ein „Projekt der Einschüchterung der Zivilgesellschaft und unserer Freiheit“ vor.
SPD sieht sich an Trump, Orbán und Putin erinnert
Martin Gerster (SPD) nannte den AfD-Gesetzentwurf einen „Angriff auf alle, die dafür stehen, dass wir eine vielfältige demokratische Gesellschaft haben“. „Trump lässt grüßen“, bemerkte Gerster, und Svenja Stadler (SPD) sah sich an Viktor Orbán und und Wladimir Putin erinnert.
Stadler erinnerte an die vielfältige Tätigkeiten nichtstaatlicher Organisationen für das Gemeinwohl. Ohne ihre Förderung müsste der Staat die wichtigsten Leistungen selbst erbringen, sagte Stadler. „Das würde den Bundeshaushalt um ein Vielfaches mehr belasten, es würde aber auch die Demokratie und die vor allem die soziale Sicherheit schwächen“.
Linke nimmt auch Union ins Visier
Für die Fraktion Die Linke wertete Tamara Mazzi (Die Linke) nicht nur den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, sondern auch den Unionsantrag vom Februar zur Überprüfung von Fördermitteln als Angriff auf die Zivilgesellschaft. Die AfD wolle, „genau die Strukturen zerstören, die auffangen, was der Staat vernachlässigt“, und „auch die CDU macht da mit“.
An die „liebe Union“ gewandt erklärte Mazzi, es gehe „nicht nur darum, die AfD zu verhindern, es geht auch darum, AfD-Politik zu verhindern“. Zivilgesellschaftliches Engagement gehöre gestärkt statt kriminalisiert.
Gesetzentwurf der AfD
In ihrem Gesetzentwurf schlägt die AfD eine Änderung der Bundeshaushaltsordnung mit dem Ziel vor, „Zuwendungen an Vorfeldorganisationen von politischen Parteien“ zu untersagen. Eine Vorfeldorganisation soll demnach eine Organisation sein „die im politischen Meinungskampf für oder gegen eine politische Partei auftritt oder wesentliche Forderungen einer politischen Partei zur eigenen Zielsetzung macht“.
Zur Begründung führt die Fraktion an, dass die staatliche Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen einer Korrektur bedürfe. „Das staatliche Neutralitätsgebot verlangt es, dass die Regierung nicht mit öffentlichen Mitteln, die von der Gesamtheit aller Steuerzahler aufgebracht werden, ein politisches Vorfeld finanzieren darf, das über die Beeinflussung der Wähler die Macht der Regierung sichert“, heißt es weiter. (pst/scr/27.06.2025)