Parlament

Kolumne der Wehrbeauftragten - Mai 2025

Porträtfoto der Wehrbeauftragten Eva Högl

Wehrbeauftragte Eva Högl (© DBT/Inga Haar)

Liebe Soldatin, lieber Soldat,

am 25. Mai 2025 endet meine fünfjährige Amtszeit als Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Es waren fünf intensive und bewegende Jahre – für unsere Gesellschaft, für die Bundeswehr und auch für mich.

Ohne Übertreibung lässt sich sagen: Die Bundeswehr erlebte die wohl wechselvollsten Jahre ihrer fast 70-jährigen Geschichte mit Ereignissen, Entwicklungen und Entscheidungen, die sie grundlegend verändert haben und nachhaltig prägen werden. Die Amtshilfe in beispiellosem Ausmaß bei Corona-Pandemie und Flutkatastrophen. Das Ende der Einsätze in Afghanistan und Mali, die längsten, umfangreichsten und gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr außerhalb Europas. Die Evakuierungsoperationen in Kabul und im Sudan. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Die massive Stärkung der NATO-Ostflanke. Das Novum einer dauerhaften Stationierung einer ganzen Brigade im Ausland.

Die Truppe war in ihrem gesamten Aufgabenspektrum gefragt und gefordert – von der Amtshilfe über das Internationale Krisenmanagement bis hin zu Landes- und Bündnisverteidigung. Und das in einer beispiellosen Intensität. Die Bundeswehr von heute ist eine andere als zu Beginn meiner Amtszeit. Ihre Struktur wurde verändert. Ihr Kernauftrag ist wieder die Landes- und Bündnisverteidigung. Ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro wurde eingerichtet und erst vor wenigen Wochen die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert. All das mit nur einem Ziel: die Wiederherstellung der vollständigen Einsatzbereitschaft. Für eine glaubhafte Abschreckung. Zur Wahrung unseres Friedens, unserer Freiheit und Sicherheit.

Vieles, was über Jahre und Jahrzehnte vernachlässigt wurde und was schon frühere Wehrbeauftragte in ihren Jahresberichten angemahnt hatten, ist mittlerweile ganz oben auf der politischen Agenda gelandet. Sei es der Personalbedarf, der Materialmangel oder die Modernisierung der Infrastruktur – überall gab und gibt es endlich Bewegung. Allerdings: Ergebnisse sind (noch) nicht überall sichtbar, spürbar oder messbar. Bis zu einem gewissen Grad mag das nachvollziehbar sein. Die Bundeswehr ist eben ein Tanker, kein Schnellboot. Und es braucht Zeit, bis ein Tanker vollständig saniert ist und den Kurs gewechselt hat.

Zeit, die wir nicht haben. Ungeduld ist geboten und Erwartungen sind gerechtfertigt. So müssen die bisherigen Initiativen, Maßnahmen und Anstrengungen ausgeweitet und intensiviert werden. Die personelle, materielle und infrastrukturelle Ausstattung der Bundeswehr muss schneller und spürbarer besser werden.

Was die Truppe grundsätzlich braucht, sind Vertrauen, Verlässlichkeit und Kontinuität. Angelegenheiten der Bundeswehr, der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sollten in langen Linien gedacht und mit großer Einigkeit entschieden werden. Das war in den vergangenen fünf Jahren oft der Fall. Viele Entscheidungen wurden von einer breiten Mehrheit im Bundestag unterstützt und aus der Mitte des Bundestages getragen, wie zuletzt die Lockerung der Schuldenbremse. Das war ein starkes Zeichen von Rückhalt und Vertrauen des Parlaments gegenüber der Parlamentsarmee.

Das Amt der Wehrbeauftragten ist etwas ganz Besonderes. Für mich war es Freude und Ehre. Fünf Jahre, in denen ich sehr viele Soldatinnen und Soldaten persönlich kennengelernt habe. Fünf Jahre, in denen ich rund 12.000 Eingaben gelesen habe. Fünf Jahre, in denen ich fast 400 Truppenbesuche im In- und Ausland gemacht habe.

Ich hatte mir das Ziel gesetzt, in meiner Amtszeit alle wesentlichen Standorte und Verbände zu besuchen. Dieses Ziel habe ich – mit ganz ganz wenigen Ausnahmen – erreicht. Zahlreiche Verbände und Standorte habe ich sogar mehrmals besucht, wie das KSK (13-mal) oder die eFP-Battlegroup und die Brigade in Litauen (siebenmal). Und manche haben zum ersten Mal überhaupt Besuch einer/s Wehrbeauftragten gehabt, wie die Marine-Funksende-Empfangsstelle auf Fehmarn oder der Abgesetzte Technische Zug 244 des Einsatzführungsbereichs 2 der Luftwaffe in Brockzetel.

Es sind vor allem die Begegnungen und Gespräche mit unseren Soldatinnen und Soldaten, die mir besonders viel bedeuten und die mir in Erinnerung bleiben werden. Denn unsere Soldatinnen und Soldaten sind eine Klasse für sich. Sie sind spitze. Bestens ausgebildet, hoch professionell, motiviert und engagiert.

Hoffentlich konnte ich durch meine Arbeit zumindest einen kleinen Beitrag zur Verbesserung ihrer Rahmenbedingungen leisten und ihnen die Wahrnehmung und Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdienen. Vor der Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit unserer Soldatinnen und Soldaten habe ich größte Hochachtung. Für ihren Dienst sage ich ,Danke‘. Von ganzem Herzen.

Mit herzlichen Grüßen

Eva Högl,

Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages