Fachgespräch „Kulturgutentzug in der SBZ und der SED-Diktatur“
Am 15. Mai 2025 hat die SED-Opferbeauftragte zu einem Fachgespräch „Kulturgutentzug in der SBZ und der SED-Diktatur“ in den Bundestag eingeladen. Der Einladung sind neben zahlreichen Abgeordneten, Vertreterinnen und Vertretern des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Mathias Deinert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK), der Mitautor der Handreichung „Kulturgutentzug in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR“ Alexander Sachse, der Betroffene Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg, die Landesbeauftragten von Sachsen-Anhalt und Brandenburg, der Geschäftsführer des Museumsverbandes Brandenburg Dr. Arne Lindemann, die Direktorin des Museums Schloss Bernburg Christiane Heinevetter gefolgt.
Die Bedeutung des gewaltsamen Entzugs von Kulturgut und das Erfordernis Wege des Ausgleichs zu suchen, wurden in den letzten Jahren mehrfach in der Bundespolitik thematisiert. Auch für die SED-Opferbeauftragte hat dieses Thema einen besonderen Stellenwert, da immer wieder betroffene Familien ihr von ihren dramatischen Erlebnissen und den bis zum Teil heute andauernden Folgen berichten. Zwischen 1945 und 1989 kam es zunächst in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und anschließend in der DDR immer wieder zu unrechtmäßigem Entzug von Kulturgut durch den Staat. Die Abgabe des Kulturguts erfolgte in der Regel zu für die Betroffenen nicht hinnehmbaren Bedingungen oder unter direktem Zwang. In ihrem heutigen Ringen um Aufklärung und Rückgabe steht für die meisten Betroffenen nicht der materielle Wert der Gegenstände im Vordergrund. Vielmehr geht mit der zwangsweisen Abgabe des Kulturguts der Verlust eines Teils der eigenen Identität einher, häufig verbunden mit vielschichtigen Repressionserfahrungen innerhalb der eigenen Familiengeschichte. Die schmerzvolle Erfahrung des Entzugs des Kulturguts verfolgt die Betroffenen und ihre Angehörigen bis in die Gegenwart. Rechtliche Möglichkeiten, entzogenes Eigentum zurückzuerhalten, bestehen für die Betroffenen regelmäßig nicht.
Aktuelle Forschungen zum Kulturgutentzug in der SBZ und der DDR zeigen, dass in den Sammlungen, insbesondere der ostdeutschen Museen, im weitaus größeren Maß entzogenes Kulturgut aus der SBZ- und DDR-Zeit vorhanden ist, als bisher angenommen wurde. Gleichzeitig fehlt es bisher an einer Strategie im Umgang mit den Folgen des Kulturgutentzugs.
Die SED-Opferbeauftragte begrüßt es daher ausdrücklich, dass im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD das Ziel formuliert ist, die Aufarbeitung des Kulturgutentzugs in SBZ und DDR zu stärken.
Deutlich wurde im Fachgespräch, dass es mittlerweile eine aufgeschlossene Haltung auf Seiten der Museen gibt, mit Betroffenen in Austausch zu treten und nach Lösungen zu suchen. Notwendige Voraussetzung ist jedoch hierfür, dass eine weitergehende Forschung zu den einzelnen Museumsbeständen erfolgt, durch die der Erwerbungskontext des jeweiligen Kulturguts nachvollziehbar wird. Denn nur auf der Grundlage einer fundierten Provenienzforschung ist es möglich, den Museumsbesucherinnen und -besuchern die Herkunftsgeschichte der jeweiligen Exponate näherzubringen und eine Stigmatisierung der Betroffenen zu vermeiden.
Gleichzeitig sieht die Bundesbeauftragte die Notwendigkeit, dass eine rechtliche Grundlage geschaffen wird, die es Museen rechtssicher ermöglicht, Kulturgut an die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. ihre Familien zurückzuführen oder sich über den Verbleib des Kulturguts in den Museen als Dauerleihgabe zu einigen.